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FLOW –Wie Spryker sein integriertes New-Work-Modell entwickelt hat
29. Januar 2021, mit Joel Kaczmarek, Boris Lokschin
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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Innovate or Die-Podcast von digital kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und an meiner Seite wie immer der kompetente und nun äußerst wohlhabende, weil toll finanzierte Boris Lokschin. Hallo Boris.
Boris Lokschin: Hallo und guten Morgen.
Joel Kaczmarek: Also an dieser Stelle nochmal herzlichen Glückwunsch zu eurer potenten Finanzierung, die ja Ausdruck eures Könnens ist, also sowohl was schon hinter euch liegt, als auch noch was vor euch liegt. Das möchte ich natürlich nicht verpassen, wenn ich es nicht schon gemacht habe, dir zu gratulieren. Und wir wollen aber nach vorne blicken, weil ihr habt ja auch Großes vor und da plauderst du heute mal wieder ein bisschen aus dem Nähkästchen. Wir sprechen heute über New Work. Also, was heißt eigentlich wirklich New Work post-Corona? Was gibt es für neue Ansätze? Wie kann ich auch große Unternehmen, digital orientierte Unternehmen eigentlich führen? Das heißt, heute werden wir über solche Konstrukte reden wie, wie sieht Accountability in New Work-Zeiten aus? Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Outcome und Output? Was ist mit Remote Work? Brauche ich noch ein Office? Ja, nein. Wie sehen Arbeitszeiten aus? Wie verhält es sich mit Urlaub? Also eine ganze Menge an wirklich hands-on, praxisnahen. So, wie ist das bei euch? Wie seid ihr zu dem Thema gekommen? New Work, hat euch das so durch die Corona-Welle erfasst oder hattet ihr auch schon länger darüber nachgedacht, da mal anzufassen?
Boris Lokschin: Genau, also wir haben länger darüber nachgedacht. Das hat so ein bisschen verschiedene Facetten bei uns. Das eine ist natürlich, dass wir eben zunehmend wachsen und einfach international wachsen. Das heißt also mehr Zeitzonen, mehr Lokationen, einfach mehr Leute, die auch in unterschiedlichen Teams miteinander integriert sind. irgendwie zu arbeiten haben. Und dann natürlich durch Corona bedingt ja auch die veränderten Arbeitsbedingungen. Ich glaube, das war nochmal so eine Akzentration für uns, auch über dieses Thema nochmal nachzudenken und uns dann eben zu fragen, wie sieht es eigentlich in so einer Welt, in der wir zunehmend globaler, breiter aufgestellt werden als Team, einfach Best Talent rekrutieren wollen, wie bleiben wir wettbewerbsfähig? Das ist ja eine Innovator-Die-Folge und da muss man auch als Digitalfirma natürlich immer wieder hinterfragen, wie man dort neue Dinge auf die Straße bringen kann.
Joel Kaczmarek: Gut, und wie jetzt eben schon angedroht, eines der ersten Themen, über das wir beide so im Vorgespräch geredet haben, war eigentlich dieser Unterschied zwischen Outcome und Output. Vielleicht kannst du ja mal auseinandernehmen, das klingt vielleicht auf den ersten Blick gleich für die Leute, also was rauskommt, ja, Outcome, Output, hä, ist das nicht dasselbe? Was meinst du damit, wenn du sagst, das ist irgendwie so eine zentrale Stellschraube, die man einmal verstanden haben muss?
Boris Lokschin: Genau, also ich glaube, das ist ein Thema, mit dem man sich relativ früh beschäftigen muss und das ist auch sozusagen ein fundamentaler Baustein auch für unser neues Arbeitsmodell. Man muss sich fragen am Anfang, möchte man eben Output- oder Outcome-orientiert arbeiten, beziehungsweise wie möchte man sein Modell umstellen? Und Output-orientiertes Arbeiten ist relativ klar umrissen. Es gibt zum Beispiel das Tracking von Arbeitszeit. Wie viel Stunden? Wie viele Stunden leistet mein Mitarbeiter oder wie viele Päckchen produzieren wir, wie viele Zeilen Code schreiben wir, wie viele Anrufe schaffen wir, wie viele Angebote geben wir raus, wie viele Belege kann ich einscannen. Also je nach Berufszweig oder je nach Abteilung wirklich hart gemessener Output. Bei outcome-orientiertem Arbeiten geht es um etwas anderes. Da geht es grundsätzlich darum, dass man als Company das Was definiert, also was ist die Vision? Ist es die oberste Aufgabe dann vom Management oder von den Eigentümern, sicherzustellen, dass die Leute, die Kollegen, die Mitarbeiter verstanden haben, was man erreichen möchte? Und man hat eben Flexibilität oder gibt Flexibilität bei dem Wie, bei dem How. Das ist ein ganz, ganz großer Unterschied. Also ich muss sicherstellen, dass Joel weiß, was ist unser Ziel? Wenn du eben Sales, was ist unser Revenue-Ziel? Und ich gebe dir eben nicht mehr vor, wie viele Calls oder wie viele E-Mails du pro Tag, pro Woche oder Meetings, Demos du zu leisten hast, sondern ich lasse eben deutlich mehr Flexibilität und übertrage dir deutlich mehr Verantwortung oder Accountability dafür, das eben zu erreichen, das Tool zu nutzen oder die Art und Weise, wie du das eben schaffst. Das heißt, das Suchen nach der Lösung. Und auch das Erreichen des Values, den man sozusagen versucht dann zu definieren, dass es dann eben deutlich mehr die Mitarbeiter überlassen. Die Verantwortung, dass die Person eben das Ziel verstanden hat und den Impact auch verstanden hat, der erwartet wird, das liegt eben dann beim Management oder bei der Unternehmensführung. Also Outcome versus Output-orientiertes Arbeiten ist, glaube ich, ein sehr, sehr wichtiger Punkt, mit dem man am Beginn sollte. Wenn man das verstanden hat, wo da der Unterschied ist und wie das auch die Management-Kultur dann zu verändern hat, dann, glaube ich, hat man schon einen ganz großen Schritt nach vorne gemacht.
Joel Kaczmarek: Aber ist das nicht gefühlt schon länger so ein Thema, alte Welt versus neue Welt? Also ich hätte gesagt, das ganze Output-orientierte Denken ist so sehr alter, hierarchischer Management-Style, oder? Also ist das nicht schon länger angesagt eigentlich?
Boris Lokschin: Nee, also in den allermeisten kann man natürlich trotzdem immer noch sehr, sehr viel Output-Messung, direkt oder indirekt. Also es kommt natürlich darauf an, wo du arbeitest, wie viele Stunden leistest du, kommst du auf die nötige Zahl an Billable-Stunden, wenn du in irgendeinem Beruf bist, wo du irgendwie Services erbringst. Wie viele Minuten verbringst du irgendwie mit dem Kunden, wenn du im Customer Success Support bist? Am Telefon, ich war jetzt erst vor ein paar Tagen mit einem Freund von mir im Gespräch, der auch eine Software-Company hat, die messen tatsächlich die Zeit, die eben ein Call-Center-Agent durchschnittlich mit dem Kunden verbringt und freuen sich dann, wenn sie diese Zeit senken, also wenn derjenige dann eben mehr Calls schafft pro Tag. Ob das jetzt sozusagen eine gute Metrik ist oder nicht, sei mal dahingestellt, da kann man unterschiedliche Meilen zu sein, aber genau das Gleiche, ja, mit was ist der Content Output, ja, den irgendwie ein Content Editor schafft, wie viele Feature Releases, ja, schaffst du irgendwie in der Softwareentwicklung, also es gibt schon ganz viele direkte und indirekte Metriken, das heißt nicht, dass immer irgendwie der Bonus oder sonst was dranhängt, aber Output-orientiertes Arbeiten ist schon noch in den allermeisten Berufen, natürlich, also Außerhalb von den Digitalberufen ja noch deutlich mehr. Ja, da würde ich behaupten, dass das für die allermeisten noch relativ, relativ gang und gäbe, dass da Arbeitszeiten und eben andere Outputmetriken hart getrackt werden.
Joel Kaczmarek: Sind denn beide Ansätze auch wirklich unvereinbar? Also kannst du outcome-orientiert arbeiten und trotzdem Outputs tracken oder lässt sich das nicht miteinander vereinbaren?
Boris Lokschin: Nee, kannst du tracken, die Frage, also das ist natürlich vereinbar, die Frage ist halt am Ende des Tages, was ist sozusagen das übergeordnete Modell, ja, was halt nicht vereinbar ist, ist, dass du Accountability und Empowerment gehen immer sehr, sehr stark einher, du kannst das nicht trennen, wenn ich sage, dass du Accountable bist für etwas und die Verantwortung trägst, egal welche Hierarchiestufe du hast, dann muss ich sicherstellen, dass du auch das Empowerment hast, Dinge auf deine Art zu lösen. Zumindest für die sogenannten Knowledge-Worker, die wir, glaube ich, alle sind. Das funktioniert eben nicht, dass ich sage, du hast die Accountability, ich möchte von dir folgendes Arbeitsergebnis, aber das ist das Tool und das ist die Art und Weise und das ist der Prozess und das ist die Zeit und das ist der Ort, an dem du das so zu erbringen hast. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Wenn ich es trenne, wenn ich sage, du bist empowered, aber nicht accountable, ist blöd, weil dann kannst du es zwar machen, wie du willst und trägst dafür am Ende nicht die Verantwortung. Aber Accountable zu sein und nicht Empowered, möchte eigentlich heute auch kein Knowledge Tracker mehr. Das heißt, an der Stelle muss ich sozusagen eintot sterben. Und wenn ich mich dann eben auf das Outcome-Orientierte fokussiere, dann kann ich natürlich die Metriken messen, aber sie können eben kein primärer Grund mehr sein, Dinge so zu tun, wie sie getan werden.
Joel Kaczmarek: Welches Tooling benutzt ihr, um diese ganze, wie sagt man eigentlich dazu, ist das irgendwie dieses Arbeitsmodell oder dieses Wertemodell quasi zu messen und umzusetzen? Macht ihr zum Beispiel OKRs oder wie arbeitet ihr da?
Boris Lokschin: Genau, OKRs ist jetzt ein Modell, das ist etwas, was wir jetzt letztes Jahr eingeführt haben und jetzt nochmal weiter in die Organisation tragen, wobei bei OKRs man auch aufpassen muss, das ist so ein bisschen so wie agile Software-Methodik, das ist am Ende ja auch nur ein Framework, das ist nichts, was man sozusagen stumpf umzusetzen hat, da muss jede Company für sich auch eine Adaption finden und schauen, welche Elemente daraus dann eben, eben genommen werden oder nicht. Ich glaube, fundamental, wenn man es ganz, ganz einfach machen möchte, dann ist es wirklich dieses Sicherstellen, dass der Mitarbeiter eben das Was verstanden hat und bei dem Wie eben flexibel ist, dass die Vision klar ist, weil wenn das nicht funktioniert, wenn ich nicht in der Lage bin als Unternehmenseigentümer, Manager, whatever, zu erklären, was ich erwarte und was sozusagen der Impact ist, den deine Tätigkeit haben soll, dann steuert das Schiff natürlich gleich in eine falsche Richtung. Dann gebe ich dir Flexibilität bei dem Wie und du kennst irgendwie das Ziel nicht. Dann ist das so ein bisschen wie ein Schiff ohne Kurs.
Joel Kaczmarek: Gut. Nächster Themenkomplex, was ja glaube ich bei vielen Aufschlägen dieser Tage, weil sie quasi dazu gezwungen sind, ist das Thema Remote Work. Also dieser Gedanke Work from Anywhere ist ja auch was, was ich aus deinen Sphären oft höre. Wie seid ihr das Thema denn über die letzten Monate angegangen und plant es über die nächsten Jahre anzugehen?
Boris Lokschin: Genau, also was haben wir gemacht? Ich glaube, relativ nah an dem, was eben auch die anderen Firmen gemacht haben, ist natürlich die Leute sicherzustellen, dass das Team eben safe ist und dass wir da auch nicht unnötig dazu beitragen, dass da gesellschaftlich irgendwie Infektionen entstehen. Das heißt, die Leute haben natürlich überwiegend von zu Hause gearbeitet, mit ganz, ganz wenigen Ausnahmen. jetzt die letzten Monate, sozusagen seit Herbst wieder auch komplett von zu Hause. Und das gab natürlich eine Findungsphase und für uns grundsätzlich wahrscheinlich trotzdem noch sehr viel leichter als für viele andere Firmen.
Natürlich waren immer schon die Leute alle ausgestattet mit irgendwie MacBooks und mit iPhones und alle unsere Tools sind natürlich internetbasiert und es gibt irgendwie keine Probleme, darauf zuzugreifen. Diese ganze Infrastruktur war natürlich schon immer gegeben, das ist jetzt nichts, wo andere Firmen noch teilweise Probleme hatten. Ja, trotzdem, ja, gerade wenn man auf irgendwie so eine häusliche Situation guckt, nicht jeder hat ein Arbeitszimmer, nicht jeder hat einen dedizierten Arbeitsschreibtisch, ja, viele hatten eine Zeit lang die Kinder zu Hause, ja, vielleicht hast du einen Schreibtisch, musst ihn dir aber mit deinem Partner, Partnerin teilen, also einfach auch viele wohnliche, bauliche Bedingungen, ja, wo man dann teilweise eben Leute monatelang Zoom-Calls vom Sofa aus hat machen sehen. Das sind natürlich Dinge, die Zeit gebraucht haben, um sich einzupendeln, aber die uns auch sehr wichtige Erkenntnisse über die letzten sechs bis neun Monate gegeben haben.
Das war eben unter anderem die Tatsache, dass das am Ende des Tages, also A, jetzt auch nach mehreren Umfragen, ganz großer Teil der Leute, also deutlich über 75 Prozent, eben uns zu verstehen gibt, dass sie eben auch nachhaltig und post-Corona langfristig große Teile ihrer Arbeit gerne machen. flexibler bringen wollen. Das muss nicht, da kommen wir gleich zu, das muss nicht zu Hause sein, aber einfach flexibler bringen wollen. B, haben wir gesehen, dass nach dieser kurzen Einfindungs- und Einpendelungszeit die Effizienz und auch die Produktivität gestiegen ist. Also wir haben keine Verluste in der Produktivität gesehen, also im Gegenteil sogar. Bei Routine-Tasks hat man ganz klar gesehen, also Abarbeiten von Themen, Dass Leute einfach im Homeoffice deutlich effizienter sind, weil du einfach diese Störungen nicht hast. Du hast keine Ablenkungen, du kannst einfach relativ hart deine E-Mails oder deine To-Dos eben drunter rocken. Was natürlich ein bisschen schwieriger ist, ist das ganze Thema Kollaboration oder an neuen Ideen arbeiten. Das funktioniert dann ein bisschen anders, da kommen wir auch gleich zu. Aber grundsätzlich höhere Effizienz. Höhere Produktivität und nach kurzer Findungsphase eigentlich auch, und das zeigen ja jetzt die Umfragen, auch zufriedene Mitarbeiter. Zufriedener, weil sie verbringen mehr Zeit mit den Kindern, mit dem Hund, mit dem Partner. Sie kriegen mehr zu Hause hin. Sie müssen nicht mehr so oft zur Post laufen, weil der Postbote ja immer schon nach Hause Dinge bringt. Sie müssen nicht morgens eine Stunde durch Berlin zur Arbeit fahren. Sie sparen vielleicht ein bisschen Geld für Berufskleidung und können in ihren Shorts und Trainingshosen rumlaufen. Also grundsätzlich einfach ein höheres Zufriedenheitslevel über die Company verteilt.
Joel Kaczmarek: Ja, da staut man eigentlich ein bisschen. Also ich habe es auch bei uns bemerkt, dass ich weniger Ablenkung habe, dadurch mehr schaffe. Und wenn man sich so umhört, es gibt ja auch ganz viele, die gesagt haben, endlich nicht mehr so viel reisen. Ich führe ähnlich viele Verkaufsgespräche, ohne dass ich durch die ganze Republik muss und spare dadurch eigentlich massiv Zeit. Also eigentlich wirkt alles so ein bisschen entschlackt. Ich kriege selbst mit Florian Heinemann jetzt teilweise mal kurzfristig Telefonate hin, der sonst auf vier Wochen ausgebucht ist. Das war so mein Moment, wo ich dachte, okay, wenn man richtig heavy User ist, du kriegst natürlich mehr durchgeschliffen in der Zeit. Ja,
Boris Lokschin: also gerade natürlich die reiseintensiven Berufe, wenn du da irgendwie Management willst oder Sales natürlich, also wenn ich mir überlege, was unsere Sales-Kollegen, die teilweise eine ganze Tagesreise voll gebraucht haben, um mal einen Zwei-Stunden-Workshop in München wahrzunehmen, dann haben die jetzt die Chance, drei, vier solche Workshops pro Tag wahrzunehmen. Und dann auch noch Kosten zu sparen natürlich und dann auch noch weniger Risiko für sich zu generieren und dann nicht nur in Corona, sondern auch die üblichen Dinge, Grippe und Co. Und am Ende ist ja auch Lebenszeit, dieses im Zug Zeit verbringen, im Flieger Zeit verbringen, das ist zwar alles lustig, wenn man das mal so ein bisschen macht und mir fehlt es ja auch ein bisschen, weil ich natürlich vorher auch viel gereist bin, aber wenn das eben sozusagen einen Großteil deines Lebenstags ausmacht, im Stau zu stehen, U-Bahn zu sitzen, Und einfach nur von A nach B zu pendeln, dann merkst du irgendwann, hey, in die halbe Stunde kann ich den Kindern vorlesen oder mit dem Hund rausgehen oder meinen Workout zu Hause machen. Wie cool ist das denn? Ich glaube, das ist das, was wir definitiv gelernt haben und gesehen haben in den letzten Monaten, was für uns dann eben auch nochmal der Punkt war, das nochmal weiterzudenken und zu überlegen, wie kann denn eigentlich ein Modell aussehen, was da nochmal einen Schritt weitergeht.
Joel Kaczmarek: Und wenn wir uns jetzt langsam mal rüberrobben zum Thema Kollaboration, wie hast du das in den Griff bekommen, was du auch schon angedeutet hast, die Zeitzone, die ihr zum Beispiel habt, weil wir haben ja auch in einem vorherigen Podcast mal darüber diskutiert, wo du meintest, hire the best, du holst jetzt teilweise Leute aus Chile oder aus Georgien oder keine Ahnung wo, also all around the globe, dann wird ja das ganze Thema Kollaboration über Zeitzonen hinweg noch komplexer. Wie schaffst du es denn, wenn die einen vielleicht auch vormittags arbeiten, die anderen nachmittags, weil der eine nimmt seine Familie dann, der andere dann, wie hast du das unter einen Hut gekriegt?
Boris Lokschin: Da gibt es zwei Themen. Vielleicht bevor wir über Zeit sprechen, nochmal ganz kurz einfach dieses, um das Remote oder Work from Anywhere nochmal abzuschließen, weil das eine Voraussetzung ist für dieses Zeitmodell. Also was wir uns eben sehr stark überlegt haben im Sommer ungefähr war, wie kann man eben Arbeit neu interpretieren und wenn man so ein bisschen sich auch historisch mal anschaut, wie die Arbeitsmodelle im Markt waren, dann so dieses Classic Work, was eine relativ statische ähm, sequentielle Trennung war von Arbeit und Beruf, ja, dieses, ich gehe zur Arbeit, ich habe meine acht Stunden abgeleistet und dann habe ich irgendwie Freizeit, ja, früher sogar teilweise wirklich auch ohne Digitalmedien, ich habe dann keinen Laptop, ich habe kein, kein Smartphone, was ich mitnehme, also relativ strikt getrennt, ich habe meinen Jahresurlaub, da habe ich meine zwei, drei Wochen, ja, die nehme ich dann. und Co., das war so ein bisschen so Classic Work, ne. Dann gab es ja große Versuche in dem Work 2.0-Modell, insbesondere Firmen wie Google und natürlich viele andere, die eins versucht haben, sie haben eben versucht, das Leben in die Arbeit maximal zu integrieren. Also eigentlich alles dafür zu tun, damit du auf der Arbeit all das hast, was du brauchst. Dein Hundesitter ist da, dein Babysitter ist da, dein Gym ist da, dein Friseur ist da. Also eigentlich dir gar keinen Grund zu geben, dich zu beeilen, um von der Arbeit runterzukommen, weil einfach der Campus, wie sie dann meistens hießen, alles hatte. Also diese Integration, die maximale Integration von Leben in die Arbeit, war, glaube ich, das Modell, was eben viele geprägt haben. Und was wir jetzt machen wollen, ist eigentlich genau das Gegenteil. Einfach zuzusehen, dass man Arbeit in das Leben integriert und nicht das Leben in die Arbeit. Also einmal umgedreht und das eben noch ein paar Schritte weiter gedacht und sich zu überlegen, wie kann ich sicherstellen, dass ähnlich wie wir das jetzt ja auch alle lernen mussten in den letzten Monaten, dass du eigentlich so einen konstanten Flow hast an deiner Lebenssituation. Kinder in die Kita bringen, dich um deinen Hund kümmern, deinen Workout machen, einkaufen, Dinge zu Hause erledigen, deine Großeltern besuchen, mit Freunden dich treffen. Und in einer Welt, in der das auch geht, und das haben, glaube ich, jetzt alle gelernt, dass eben diese Integration, dass Dinge on the go machen, Dinge von unterwegs machen, sie digital erledigen, trotzdem erreichbar sein, dass das eben funktioniert. Das ist, glaube ich, dieser ganz fundamentale Unterschied, also Integration von Arbeit in das Leben und nicht umgekehrt. Und dazu gehört eben das Work from anywhere. Damit geht es halt los. Also du musst in dem Moment, wo du eben verstanden hast, Outcome versus Output und wie integriere ich eigentlich Arbeit in das Leben, bricht der erste Damm und das ist die Lokation. Also dieses, ich schreibe dir vor, wo du deine Arbeit zu erledigen hast. Du hast ins Büro zu kommen, du hast irgendwie ein statisches Konzept, in dem früher, also auch in den meisten Firmen pre-Corona, wahrscheinlich bei dir auch, Homeoffice ja eher eine Option war. Ein Mitarbeiter muss nicht fragen, Joel, kann ich morgen irgendwie einen Tag von zu Hause aus arbeiten? Ich habe einen flexiblen, ich habe einen festen Arbeitsplatz. Ich arbeite, ist es schwierig, aus anderen Ländern zu arbeiten? Ist es schwierig, für längere Zeit zu sagen, Joel, ich möchte jetzt mal aus Südfrankreich irgendwie mal eine Woche arbeiten? Das war ja mehr oder weniger für die meisten die Realität. Und das eben zu wandeln zu einem Modell, bei dem man sagt, okay, ich habe eigentlich Remote-First bei meinem Hiring. Das heißt also, ich suche grundsätzlich global und international Leute. Ich mache mobiles oder Remote-Arbeit als komplett gleichwertige Optimierung. Das haben wir zum Beispiel so ausgerollt, dass wir sagen, work from anywhere nennen wir das. Also es ist gar nicht home. Ob das jetzt ein Café ist, ob du bei Starbucks arbeiten willst von zu Hause oder sagst, ich miete mir für zwei Monate ein Haus in Südfrankreich, weil ich das einfach machen will. Oder ich habe mit vier Kumpels eine Villa in Spanien mir für den Sommer genommen. Es spielt keine Rolle mehr, von wo du diese Arbeit erbringst. Du hast da volle Flexibilität. Und unsere Aufgabe als Company ist das eben auch als gleichwertige, Klammer auf, in Deutschland arbeitsrechtlich und Co. nicht ganz so einfach, das zu regeln. Da gab es jetzt viel To-Dos für uns.
Aber es ist eine gleichwertige Option gemacht worden. Also sprich, wir beteiligen uns zum Beispiel an Mietkosten. Wir beteiligen uns an Strom- und Internetkosten. Wir beteiligen uns an Möbelkosten. Also es ist eben keine mehr, naja, du kannst mit ein bisschen Gnade auch mal zwei Tage zu Hause machen, sondern wenn du dich entscheidest für eine komplette Remote-Position, ob zu Hause oder im Café oder aus deinem Minivan heraus, dann ist das dir komplett überlassen. Du brauchst kein Approval dafür. Und wir haben sozusagen sicherzustellen, dass wir das genauso behandeln und das eben auch wirtschaftlich für dich ermöglichen. Und das ist, glaube ich, ein ganz wichtiges Konzept, was eben bei dem Work from Anywhere dann gebraucht wird.
Und das hat sehr viele Vorteile, weil du dann eben merkst, also A, haben wir zum Beispiel keine Verpflichtung mehr, dass Menschen umziehen an einen unserer Hauptstandorte. Was gibt dir das? Das gibt dir sofort einen deutlich breiteren Recruiting-Funnel. Du hast einfach viel mehr Möglichkeiten, Leute zu hiren. B Leute ziehen weg. Wir haben jetzt die ersten Leute, die sagen, ich ziehe raus aus Berlin und aus Hamburg, weil da kann ich mir eh keine Wohnung, kein Haus leisten. Einfach komplett überbewertet. Oder ich mag das nicht, ich möchte auf dem Land wohnen, ich finde das cooler in einer anderen Umgebung. Und die ersten ziehen raus, kaufen sich Immobilien, ziehen in klimatisch bessere Bedingungen. Wir haben jetzt das Beispiel in Frankreich, das ist jetzt ein reales. Wir haben Leute, die dann sagen, ich verbringe jetzt den Sommer irgendwo anders. Also Menschen organisieren halt ihr Leben anders. So wie es eben für sie sinnvoll ist, für sie, für ihre Familie, für ihre Gesundheit. Und die Arbeit hat sich dann eben in das Leben zu integrieren und nicht umgekehrt. Das sind dann so Effekte, die dann zu eben mehr Happiness führen. Leute sind zufriedener, du kriegst besseres Talent, Leute haben eine bessere Wohnsituation und eben nicht mehr so dieses Statisches, du kommst ins Büro und du hast jetzt sozusagen an diesem Ort deine Arbeit zu erbringen.
Joel Kaczmarek: Da schließen sich ja ganz viele spannende Fragen an. Vielleicht mal als erstes dieses Formale, was du angesprochen hast. Was musstet ihr tun, damit das auch rechtlich sauber abgebildet ist hierzulande?
Boris Lokschin: Es ist ein bisschen schwierig in Deutschland, weil natürlich die Arbeitsbedingungen oder die Arbeitsregelungen da nicht alles erlauben. Also da wäre Interesse halt einfach, mich bitte kontaktieren mit unserem Legal- und HR-Team. Die haben da jetzt sehr, sehr viele Guidelines und sehr, sehr viele Prinzipien dafür zusammengefasst. Aber es ist möglich. Also es ist am Ende nicht In Deutschland noch am schwersten, in anderen Ländern ist es für uns ein bisschen einfacher, das auszurollen, aber es geht. Es ist am Ende, musst du einfach als einen Punkt zum Beispiel, du musst halt sicherstellen, dass du es nach oben öffnest und sagst, okay, du kannst eben mehr machen, aber dass du den Mitarbeitern nicht die Minimalbedingungen wegnimmst und sagst, bei Arbeitszeit ist es zum Beispiel so, dass du sagst, okay, oder bei Urlaubszeiten kommen wir nachher nochmal zu, dass du irgendwie die Minimalgrenzen, die der Gesetzgeber vorsieht, nicht den Leuten wegnimmst, aber es eben dann nach oben halt öffnest und flexibel machst.
Joel Kaczmarek: Und wie ist es so mit dem ganzen zwischenmenschlichen Gefühl? Also ich finde, das ist sehr richtig, was du sagst. Alle haben gemerkt, es geht. Ach und toll, ich kann auch immer ganz viele Dinge vereinbaren. Aber ich finde, man verliert ja auch Sachen. Also dass man so dieses, sich mal in den Arm nehmen, die Hand schütteln, im gleichen Raum diskutieren können. Ich finde diese ganzen, wir machen jetzt mal eine virtuelle Kaffeeküche und jeden Mittwoch um sieben sitzen da alle drin. Das ist ja irgendwie nicht das Gleiche. Habt ihr da Wege gefunden, wie ihr diese Sozialkomponente auch abgefangen kriegt?
Boris Lokschin: Ja, absolut. Also am Ende des Tages auch hier wieder zurück zum Thema Accountability und Outcome. Also das Gute ist, viele Dinge muss man gar nicht regeln, weil sie einfach uns als Human Beings, als Menschen sowieso einen. Das gehört eben zum Beispiel das, was du gerade gesagt hast, der Wunsch nach sozialer Nähe und auch sozialer und auch physischer Interaktion. Das braucht keine Arbeits Was wir da eben sehen, das ist eben relativ klar, also auch beim Thema Arbeitszeit, zu dem ich gleich komme. Wenn man es den Leuten überlässt und wenn man so dieses statische Konzept entfernt und sagt, das musst du so machen und sagst, okay, organisiert euch auf eine Art und Weise und auch das Thema Office kommt ja gleich auch nochmal. Du musst halt diese Interaktionspunkte natürlich digital schaffen und das tun wir, indem wir verschiedene digitale Aktivitäten haben und Social Activities und Work Activities und all das, was du gerade auch irgendwie angedeutet hast. Ja, aber du musst natürlich auch die Offline-Formate bringen. Also wir sind große Freunde von alle zusammenbringen zum Sommerfest. Ja, wir sind große Freunde von irgendwie ganz großen Weihnachtsfeiern. Wir sind große Freunde von irgendwie auch anderen lokalen Themen und Social und Brainstorming. Also das musst du schon alles anbieten und die Leute nehmen es auch wahr, weil genau aus dem Grund, den du gesagt hast, sie wollen das auch. Also das ist nicht, weil es eine Pflichtveranstaltung ist, sondern weil sie wollen ihre Kollegen eben auch sehen. Wir sind große Freunde von einmal im Quartal auch jeden New Hire, egal wo er auf der Welt ist, auch anzubieten. ins Headquarter zu bringen zum Beispiel, für ein Bootcamp von mehreren Tagen, wo es natürlich um Wissen geht und Dinge bekommen und vermittelt bekommen, aber eben auch ganz viel Leute kennenlernen, Kollegen kennenlernen, rum gemeinsam trinken und vieles andere.
Joel Kaczmarek: Okay, verstanden. Wenn du sagst, du willst die Arbeit ins Privatleben bringen, ich habe die Erfahrung gemacht im Leben, dass ganz viele Menschen das gar nicht so gerne wollen und dass es für sie auch ganz gut ist, wenn sie beides eigentlich sehr sauber trennen und wenn jetzt natürlich der Arbeitsplatz zu Hause neben dem Wohnzimmer gelagert ist und man, wenn man über Arbeitszeiten gleich redet, vielleicht auch nicht mehr so diese zeitliche Trennung hat, beobachtest du nicht auch, dass das auf der, sage ich mal, kognitiven, sozialen, emotionalen Ebene auch Nachteile hat?
Boris Lokschin: Ja und nein. Ich glaube, das ist eine Transitionsphase momentan. Ich glaube gar nicht, dass es, also was ist die Realität? Ja, also wenn wir gerade über Digital und Knowledge Worker reden, dann ist die Realität ja, dass es ja schon so ist. Es geht ja nicht darum, das grundsätzlich komplett in Frage zu stellen, sondern sich zu überlegen, wie kann man es eben am besten organisieren. Wir haben gesehen, dass es, sonst wären die Werte ja nicht nur bei uns, sondern bei allen anderen Firmen ja nicht so hoch und auch die Happiness Rate, der Mitarbeiter hat ja sozusagen All-Time-Highs erreicht nach den ersten Monaten. Warum ist das so, ja? Weil eben die Leute gemerkt haben, hey, ja, ich kann eben mit dem Baby, was gerade neu geboren ist, kann ich auch zwei Stunden in den Wald gehen und ich bewege mich ein bisschen, anstatt am Schreibtisch zu sitzen, verbringe Zeit mit meinem kleinen Sohn, ja, und kann aber trotzdem zwei Stunden Calls nebenher machen, weil der Kleine pennt. eh, ja, und ich brauche jetzt, ja, ich kann die Zeit sozusagen auch sinnvoll nutzen und am Ende sind alle happy, ja, der Kleine war draußen, ich habe mich bewegt und irgendwie die Arbeit ist nicht liegen geblieben. Ich glaube, die Frage ist, in dem Moment, wo du Menschen die Möglichkeit gibst, das zu organisieren und eben diese Zwänge entfernst, finden sie das bestmögliche Setup, um zum Beispiel kurz über Arbeitszeit zu reden. In der alten Welt hast du halt das Konzept von statischer Arbeitszeit. Du hast irgendwie Kernzeiten, du hast statische Arbeitszeiten, du hast relativ fixe Zeiten, die du vorgibst, an denen eben die Teams alle da zu sein haben. Dann sind sie eben von 9 bis 18 Uhr da. Du achtest nicht auf persönliche Attribute wie, wer ist eine Nachteule, wer steht irgendwie gerne früh auf, wer muss vielleicht die Kinder in die Kita bringen und bräuchte vielleicht nur eine Stunde irgendwie Break zwischendurch und könnte dann, muss aber dafür irgendwie zweimal in Berlin hin und her fahren. Auch Dinge wie Zeitzonen und Co. Also das sind Dinge, die halt nicht wieder, wenn du so outcome-orientiertes Arbeiten hast, die einfach nicht funktionieren. Was wir jetzt ausgerollt haben, ist eben, dass wir das entfernt haben, dass wir gesagt haben, okay, ja, wir schreiben dir nicht mehr vor, wo du deine Arbeit zu leisten hast und wir schreiben dir auch, also work from anywhere, wir schreiben dir nicht mehr vor, wann du deine Arbeit zu leisten hast. Es gibt eben diese core working hours, gibt es nicht mehr, sondern was wir eben machen, ist, dass wir sagen, du kannst das an deinen eigenen Lifestyle anpassen, ja, du musst natürlich, also Für alles, was ich sage, gibt es natürlich trotzdem Guidelines und irgendwie Rules, wo wir Leute encouragen, natürlich jetzt so ein bisschen wie im Grundgesetz auch, nicht die eigene Freiheit jetzt auf Kosten aller zu nehmen. Aber auch da merkt man sehr schnell, die Leute organisieren sich selber. Du kannst halt sagen, guck mal, wenn du ein Finance-Team hast, was wenig Überschneidung hat mit dem Rest des Engineering-Teams zum Beispiel, Und im Finance-Team sind halt alle Nachteulen und arbeiten irgendwie gerne. oder meistens ist es genau umgekehrt, die Techies arbeiten vielleicht gerne, stehen ein bisschen später auf und arbeiten dafür gerne länger abends. Und dann die Leute im Finance-Team fangen dafür sehr, sehr früh sehr gerne an und sind da total produktiv. Ja, lasst die Leute das sich im Team organisieren. Die sprechen das und das geht super schnell. Die Leute, wir haben sofort eineinhalb von Tagen gesehen, wie schnell sozusagen die Teams ihren Rhythmus gefunden haben. Wenn wir beide in einem Team arbeiten und sagen, Joel, guck mal, ich muss jetzt hier nochmal zwei Stunden mein Kind wegbringen und dann bin ich wieder da, dann ist das das halt, dann ist das das Modell. Dann habe ich quasi einen gebrochenen Tag mit vielleicht einer Pause von zwei Stunden und mache dann abends, wenn das Kind wieder schläft oder wenn der Hund schläft oder wenn die Oma gepflegt und im Bett ist, mache ich einfach meine Arbeit weiter. Und du merkst dann eben, dass das den Leuten viel mehr Happiness bringt und sie entstresst, weil du eben nicht mehr dieses statische Konzept hast, wo du einfach von links nach rechts eilst, vom Kindergarten zum Einkaufen, zum Wiederabholen, zum Doktortermin und immer das Gefühl hast, dass du wem was schuldig bist, dass du ein Approval brauchst, dass du ein Erlaubnis beten musst, dass deine Kollegen dich schief anschauen, weil du irgendwie schon das zweite Mal innerhalb des gleichen Tages irgendwie eine Sonderwurst bekommst. In dem Moment, wo das alles wegfällt, Und das flexibel zu handhaben ist, merkst du einfach, wie dieser Flow, wie dieser Fluss sich einpendelt und einfach komplett sozusagen gleichmäßig dann über den Tag verteilt dann funktioniert. Und die Leute sind schon gut in der Lage, dann auch ihre Arbeit zu sortieren, zu sagen, hey, ich habe Routinetasks, die kann ich auch abends machen, wenn alle pennen und wenn auch die anderen Kollegen vielleicht nicht mehr online sind. Während es Themen gibt, bei denen brauche ich einfach Syncs und Interaktionen, Und das regeln Menschen dann auch innerhalb ihres Teams und vereinbaren dann eben genau diese Kernzeiten auf ein kleineres Inkrement hin. Oder auch Sync-Points mit den anderen Teams. Also natürlich merken wir jetzt mit verschiedenen Zeitzonen, dass du Leute hast, die in Amerika sitzen mit 6 Stunden Zeitunterschied oder in anderen Teilen der Welt. Aber auch hier, es reguliert sich selbst, weil die Teams, die Syncs brauchen, finden diese Points und arrangieren sich eben mit den anderen Teams. Das muss sich als Arbeitgeber nicht von oben statisch vorgeben und quasi künstlich erzwingen, sondern Du kannst deine Arbeit so erledigen, wo du es möchtest und auch wann du es möchtest. Und die Happiness steigt einfach, weil es einfach deutlich weniger Stress ergibt.
Joel Kaczmarek: Okay, also diese Kollaborationsfrage, die ich quasi eingeleitet habe, wo du dann nochmal das ganze Modell so ein bisschen rückblickend erklärt hast. Die hast du jetzt eigentlich gerade damit beantwortet, dass du sagst, es ist ein selbstregulierendes System, wo ich nicht top-down vorgebe, wie es von der Struktur, also ich gebe keinen steifen Rahmen vor, sondern ich sage, löst das sozusagen problemorientiert auch wieder mit einem Outcome im Blick, das, was ihr braucht, um eure Outcomes zu erzielen, das schafft ihr euch selber.
Boris Lokschin: Ja, und Kommunikation, also das ist bei allem, also deswegen habe ich gesagt, wir haben natürlich auch Guidelines und irgendwie so ein Rule-Code, ja, der eben auch den Leuten natürlich, das ist um das mal auch zu sagen, das ist schon auch eine Managementaufgabe, diese Guidance auch zu geben und die Leute, also A, ironischerweise, den Leuten wirklich immer wieder zu erklären, was sie denn alles machen können, weil nur, dass du sagst, es geht, da merkt man, das ist ganz witzig, nicht jeder traut sich sofort von dieser Freiheit Gebrauch zu machen, weil natürlich der Mensch auch ein soziales Wesen ist und alle gucken dann okay, ja, aber irgendwie kommen die Kollegen trotzdem alle noch um neun, ja, so, ne, da traut sich noch keiner, da muss man auch als Manager immer wieder drauf gehen, Leute, ja, schaut euch an, was ist euer Rhythmus, wann wollt ihr machen, ne, du brauchst das Approval nicht zu erfragen, ne, das ist okay, wenn du das dann und dann machst, ja, du brauchst ein paar Regeln, ja, wie du den anderen aufzeigst, irgendwie bei Slack, dass du da bist, ja, von wann bis wann dein, ja, du vielleicht einen Break hast, dass die Leute auch verstehen, dass du jetzt gerade irgendwie, ja, einen Doktortermin hast, also am Ende Kommunikation ist key, du musst einfach kommunizieren mit deinem Team, ja, und auch mit dem Rest, Das ist kein Modell, was einfach sagt, okay, dann mache ich jetzt alles, wie ich will und nach mir die Sinnflut. So funktioniert es halt nicht. Aber wenn du Kommunikation enables und förderst, dann funktioniert es und dann ist es eben auch ein Modell, was halt gut läuft.
Joel Kaczmarek: Wie schaffst du es als Führungskraft, aber in einem Modell, wo das Wann und das Wo herausgenommen sind, für dich noch Transparenz zu haben und auch Leistungsbewertung vornehmen zu können? Also üblicherweise hast du ja irgendwann Mitarbeitergespräche, machst Zielvereinbarungen und misst die dann hinterher. Da hast du natürlich harte KPIs, aber man braucht ja auch irgendwie, also mir geht das immer so, als Mensch ein bisschen ein Gefühl, was macht der gerade, wo steht der oder sie. Also weißt du, was ich meine? Also diese Intransparenz, die dadurch entsteht, diese Unsichtbarkeit des Arbeitens.
Boris Lokschin: Auch hier Kommunikation, also A, also erstmal der erste Punkt ist, wie gesagt, Outcome, ja, du musst natürlich den Outcome messen und auch hier immer wieder, kann ich nur betonen, ja, die Leute müssen vorher verstehen, was der Outcome ist. Das ist sozusagen der Schlüssel, ja, wenn nicht klar ist, was eigentlich der erwartete Outcome ist, im Product, im Engineering, im Sales, im Marketing, dann ist es super, super schwer, dann endest du halt, endest du in Diskussionen und, und, ja. Interpretation und Co. Und man ist dann überrascht, wie einfach das Gespräch denn ist. Weil wenn der Outcome klar ist, um das vielleicht so ein bisschen spitz auch mal zu sagen, das ganze Modell hat natürlich noch einen sehr weitreichenden Effekt. Und der Effekt ist eben, in dem Moment, wo du diese Accountability den Personen gibst oder den Menschen überträgst, nimmst du ja auch Austrägen. Das heißt, du hast eigentlich ein Modell, bei dem es keine Austrägen gibt. Wenn ich sage, Joel, hast du verstanden, was wir gemeinsam vorhaben in diesem Bereich? Ja, habe ich verstanden. Okay, super. Hast du verstanden, was der Impact ist in deiner Arbeit? Ja, warum du da bist? Was von dir, habe ich verstanden? Gut, so, guck mal Joel, ja, du kannst hire, wen du willst, ja, mach deine Arbeit, wann du willst, wo du willst, ja, wie du willst, wie lange du willst, ja, wenn du sie in der Hälfte der Zeit machen kannst, super, dann kannst du die zweite Tageshälfte die Füße hochlegen. Du hast einfach, der Grad an Accountability ist halt viel höher, ja, und an Freiheit und die Leute müssen das Tool halt effizient nutzen. Heißt aber auch, dass du eben deutlich weniger Ausreden zur Verfügung hast, ja, und das macht die Gespräche leichter, ja, und dann ist der zweite Punkt eben Kommunikation, Kommunikation, trotzdem kommunizierst du mit den Leuten, trotzdem, ja, hast natürlich soziale Interaktionen, aber glaub mir, Outcome-orientierte Erfolgsmessung ist einfacher teilweise als Output-orientierte, weil bei Output hast du sehr viel Interpretation, ja. Ich konnte aber nicht so viele Calls machen, weil das Internet war nicht gut und weil der war so laut im Raum oder ich konnte nicht so viel verkaufen, weil es war doch das und es war doch Corona. Das ist halt für alles eine Austrete. Es gibt immer 100 Rahmenbedingungen und das hast du. bei outcome-orientiertem Arbeiten hast du das deutlich weniger, weil du eben maximale Freiheit gegeben hast.
Joel Kaczmarek: Aber du kaufst dir wahrscheinlich auch deutlich mehr Risiko ein. Du brauchst dann halt stark selbstverantwortliche, sehr kompetente Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, weil wenn die mit dieser Freiheit nicht umgehen können, hast du natürlich genau den Effekt, was du gerade skizziert hast, dass man dann irgendwie eine Non-Performance hat. Also du kannst ja nicht gegensteuern, sondern es liegt dann wirklich in der Verantwortung der Person.
Boris Lokschin: Also du kannst immer steuern, du kannst natürlich immer sicherstellen, das haben wir sehr lange diskutiert auch, also ja, das Risiko hast du, fairerweise hast du das Risiko immer. Du hast in jedem System Menschen, die das missbrauchen, egal was das für ein System ist. Selbst wenn es das Stempeln von Lochkarten ist, hast du auch da findige Leute, die Tricks haben, wie sie sich mehr Zeit stempeln auf die Karte. Also du hast in jedem System Missbrauch und du hast in jedem System Leute, die eben da nicht performen. Und ich behaupte mal, wenn man sich sozusagen trennt dann von Menschen, dann trennt man sich nicht, weil sie die flexible Arbeitszeitregelung oder das Arbeiten aus Ibiza heraus falsch ausgelegt haben, sondern weil man trennt sich eben aus dem höher liegenden Grund, weil derjenige einfach das Outcome- und Output-Prozess nicht verstanden hat oder eben nicht in der Lage ist, dieses Outcome zu generieren. dann ist das Gespräch auch relativ klar. Das ist vielleicht ein guter Übergang auch zum Thema Urlaub. Das ist nochmal so ein letzter Baustein, über den wir auch sehr lange drüber nachgedacht haben, wie man das eben auf die nächste Ebene bringen kann. Wenn man verstanden hat, dass es Outcome ist, orientiertes Arbeiten ist, wenn man verstanden hat, dass die Arbeit ins Leben zu integrieren ist, nicht umgekehrt, dass ich in so einem Konzept nicht vorschreibe, wo du die Arbeit machst und wie, dann passt eigentlich das Thema Urlaubszeit nicht mehr so sehr in das zeitgemäße Arbeitsmodell mehr rein. Was wir jetzt gemacht haben, ist, dass wir quasi das Thema Urlaub komplett gekippt haben. Und zwar die Urlaubsbegrenzung. Also es gibt quasi keine Begrenzung mehr. Du kannst so viel Urlaub nehmen, wie du brauchst. Es gibt keine Restriktion mehr. Es gibt keine 25, 28, 30 Urlaubstage-Diskussion mehr. Sondern wir lassen es komplett offen. Wir sagen, ja, schau, nimm dir so viel Urlaub. Nicht wie viel du willst, sondern wie viel du brauchst. Und ich möchte nicht mehr vorschreiben, wie viel Zeit jeder an Urlaub irgendwie zu machen hat. Ich will nicht mehr vorschreiben, wann er sie zu nehmen hat, ich möchte nicht mehr vorschreiben. Und ich möchte vor allem auch nicht, dass die Leute das Gefühl haben, dass sie, das ist ja auch die Realität, sehr häufig während des Urlaubs trotzdem irgendwie arbeiten. Sie gehen trotzdem noch ans Telefon. Also dieses Konzept, was irgendwie Generationen unserer Eltern vielleicht noch hatte, wo man wirklich Urlaub gemacht hat, zwei Wochen vorher ganz viel übergaben, sich in Stress gearbeitet hat, um das zu übergeben, dann zwei Wochen nach Spanien gefahren ist und dann zwei Wochen nach dem Urlaub wieder total gestresst versucht hat, die Scherben wieder aufzusammeln. Das ist ja heute nicht mehr so. Die meisten von uns, würde ich behaupten, sind trotzdem erreichbar auf die eine oder andere Weise, gucken trotzdem einmal pro Tag in die E-Mails rein oder in Slack rein, kriegen trotzdem irgendwie einen Anruf. Und das ist irgendwie nicht cool, weil du immer das Gefühl hast, dass du quasi übers Ohr gehauen wirst. Du hast immer das Gefühl, meine Uhr tickt, meine zwei Wochen laufen hier gerade. Aber ich habe doch schon wieder zwei Stunden irgendwie Dinge gemacht für die Firma. Und das gibt mir ja keiner zurück. Und dieses Modell kannst du halt aufbrechen. Du kannst einfach sagen, hör zu, ich schreibe dir nicht mehr vor, wie viel du zu ruhen hast. Wenn du aus gesundheitlichen oder familiären Gründen 35 Tage Urlaub benötigst, dann mach es. Nimm dir diese Zeit. Ich vertraue darauf, dass du eben outcome-orientiert weißt, was du zu erreichen hast. Und wenn das sozusagen vereinbar ist, dann wirst du das eben auch machen. Und es gibt aber auch Leute, und das ist ja auch jetzt schon so, die einfach ihren Jahresurlaub regelmäßig nicht aufbrauchen. Daran sieht man ja jetzt schon, auch in so einem normalen Modell, dass eben nicht die Leute versuchen, es einfach unnötig auszureizen, sondern sie nehmen eben so viel Urlaub, wie sie können oder so viel, wie gebraucht wird. Das ist ein sehr, sehr cooler Punkt, weil der zu so ein paar Dingen führt. Also erstens, du hast eben die Freiheit zu entscheiden, wie viele Tage du benötigst. Zweitens, Du kannst das komplett flexibel handhaben. Also ein Beispiel, das ich persönlich am meisten glaube, nach vorne raus, ist dieses Konzept vom flexiblen Urlaub. Also dieses, ich mache halt nicht mehr zwei Wochen Spanien, sondern ich bin halt sechs Wochen in Griechenland mit der Family oder mit Kumpels. Aber dafür mache ich halt jeden Tag zwei, drei Stunden. Ich wache morgens auf, mache eine Stunde irgendwie Mails, gucke, dass die Sachen irgendwie laufen. Ich mache halt nicht mehr acht, neun, zehn Stunden Dauermeeting, mache eine Stunde Mails. Dann gehe ich mit den Kindern zum Frühstück mit der Family, gehe ich zum Pool, bade ein bisschen. Die Kinder sind zwei Stunden am Pool schwimmen. Ich mache irgendwie nochmal eine Stunde, mache vielleicht einen Call. Und abends gehe ich mit Freunden dann eine Paella essen und irgendwie Sangria trinken. Was ist der Vorteil? Der Vorteil ist, in dem Moment, wo du nicht mehr das Gefühl hast, dass dein Zeitkonto quasi abläuft, Ist dir das komplett egal? Also du kannst quasi auch hier wieder deutlich happier sein, weil du einfach auch vier, fünf, sechs, sieben, acht Wochen in einem anderen Ort irgendwie sein kannst. Du brauchst dieses Übergeben in beide Richtungen nicht mehr. Du hältst die Sachen trotzdem am Laufen. Deine Arbeit leidet weniger. Dein Privatleben leidet weniger, weil deine Frau die ganze Zeit dich schief anguckt, weil du schon wieder den zweiten Call pro Tag machst. Und das macht dich natürlich auch attraktiver als Arbeitgeber, weil du einfach diese Flexibilität komplett den Menschen geben kannst und sagen kannst Ich vertraue darauf, also auch hier wieder Thema Missbrauch. Es wird immer die zwei, drei Leute geben, die halt dann aus 30 Tagen Urlaub sich 50 machen. Aber glaubt mir, auch von denen würde man sich, glaube ich, nicht trennen wegen fünf Tagen mehr Urlaub, sondern wahrscheinlich sind es genau diejenigen, die eben das gesamte Modell und Tool nicht verstanden haben. Und die allermeisten werden eben genauso viel Urlaub nehmen, wie sie benötigen oder den eben als flexiblen Urlaub nehmen, ja, und das einfach die Arbeit in diesen Urlaub so integrieren, dass sie einfach das Beste aus beiden Welten für sich haben können, Erholung, ja, und gleichzeitig eben die Dinge halt am Laufen halten können.
Joel Kaczmarek: Ich weiß nicht, ich finde, das klingt in der Theorie total gut, meine Erfahrung besagt, und wenn ich es mir so durchdenke, habe ich das Gefühl, dass es in der Praxis ganz oft nicht aufgeht. Also wir haben bei uns auch eine Urlaubsflatrate schon seit einem Jahr so halboffiziell kommuniziert, weil wir immer unsicher waren. Ich habe es deswegen nicht fixiert, weil ich gelernt habe, auch von anderen Unternehmern aus unserem Space, dass wenn du eine Urlaubsflatrate gibst, dass der Effekt ist, dass die Leute weniger Urlaub machen als mit vorgeschriebenen Tagen. Also dass die im Gegenteil eher sich unter
Boris Lokschin: Ja, das Problem ist, du musst auch hier Kommunikation und ganz, ganz viel, also da gibt es auch viele spannende Bücher dazu, das ist ganz stark eine Managementaufgabe. Du musst hier mit gutem Beispiel vorangehen, ja, als Management-Team, denn es passiert genau das Gleiche wie bei den flexiblen Arbeitszeiten. Die Menschen nehmen sich diesen Vorteil nicht automatisch. Im Gegenteil sogar, sie haben eben Angst, ja, im Peer-Vergleich, wenn sie merken, naja, die anderen machen es aber auch nicht oder die anderen sind trotzdem irgendwie, ja, nur zwei Wochen weg. Ja, wenn ich jetzt hier vier nehme, dann denken irgendwie alle, ich bin hier irgendwie der Lazy Guy, ja. Das heißt, du Hier ist es wirklich ganz stark eine Managementaufgabe, mit einem guten Beispiel voranzugehen, also auch diese Ruhepausen oder dieses Urlaubskonzept eben auch zu nutzen, auch zu zeigen, guck mal, ja, ich bin jetzt hier vier Tage weg, ja, ich bin trotzdem erreichbar. Mein Kalender ist jetzt aber auch nicht acht Stunden pro Tag für Meetings freigegeben, sondern, ja, mein Zeitfenster im Urlaub ist irgendwie, ja, 11 bis 13 Uhr, ja, da bin ich gut für Calls und Mails erreichbar und antworte da auch jeden Tag drauf, da braucht ihr nicht zu denken, dass ihr zwei Wochen was liegen bleibt, ja. Also du musst das kommunizieren, du musst das vorleben, du musst auch Leute dazu ermutigen, zu sagen, hey, ja, auch Stichpunkt Minimalurlaub und auch gerade sozusagen in Deutschland gesetzlich geregelt, also es gibt auch Minimalurlaubstage, du musst schon darauf achten, dass die Leute natürlich auch Erholung bekommen. Was auch immer Erholung bedeutet, also es geht ja gar nicht so sehr darum, dass jetzt im Urlaub gearbeitet werden soll, sondern es geht darum, dass die Leute das eben frei definieren können. Ja, das kann genauso bedeuten, dass du eben trotzdem zwei Wochen einfach offline bist, wenn das dein Urlaubsmodell ist für dich, fair enough, Ja, aber wir haben eben gesehen, auch im Vergleich jetzt zu den anderen Jahren, gerade letztes Jahr, waren sehr, sehr viele Leute, die das eben sehr, sehr flexibel ausgelegt haben, die gesagt haben, super, da mache ich eben nicht zwei oder drei Wochen am Stück, da mache ich lieber, ja, bin ich vielleicht drei, vier Monate auf Reisen übers Jahr verteilt. Ja, aber habt halt trotzdem irgendwie meine Arbeitszeitfenster, das ist ein viel besseres Lebensmodell, das passt zur digitalen Gesellschaft, das passt zu Work from Anywhere, das passt zu flexible Arbeitszeiten, also du kannst halt diese einzelnen Bausteine nicht isoliert betrachten, kannst jetzt nicht so Urlaub raustropfen oder Zeit, ja, du musst es halt als großes Ganzes sehen, also wir nennen das Modell Flow für uns, ja, für Flexible, Live, dann Oryx für Spiker und dann Work, ja. und finden eigentlich, dass sozusagen Flow auch vom Wort her das sehr, sehr gut abdeckt, dass du eben nicht diese harte Trennung, diese sequentielle mehr hast, sondern dass du eben Dinge in so einen gewissen Fluss bringst und damit am Ende einfach weniger Stress generierst.
Joel Kaczmarek: Also das Label ist super cool und ich versuche jetzt einfach mal hier hart Sparring mit dir zu machen, weil wenn ich eben gesagt habe, ich glaube, das ist in der Theorie gut, klingt in der Praxis nicht, versuche ich mir halt so auszumalen. Man ist doch aber gefühlt bei diesem, wenn wir jetzt mal bei dem Urlaubsmodell von euch bleiben, so, dass man nie in einer der beiden Welten richtig ankommt. Also du schaltest nie richtig urlaubsmäßig ab, weil immer um die Ecke nochmal ein Call wartet oder ich nochmal eine Stunde Mails mache und du bist auch nie richtig in der Arbeit, weil du eigentlich, wenn du ein Call hast, die, Deliverables, die du dann haben musst, gar nicht richtig machen kannst, weil du ja eigentlich im Urlaub bist. Und dann frage ich mich auch, wenn du irgendwie so eine Sechs-Wochen-Kiste Griechenland machst, wo du dann, was Paella hast du gesagt? Ich glaube, eigentlich ist man eher Gyros, aber Gyros, Paella, whatever ist. Deine Frau ist aber meinetwegen Kindergärtnerin und kann sich gar nicht sechs Wochen Urlaub nehmen. Oder die Frau arbeitet bei euch und der Mann ist aber irgendwie Buchhalter und muss irgendwie vor Ort sein, dann geht das ja auch schon wieder nicht auf. Also es fühlt sich so ein bisschen an, aus der Ferne, wie eine coole Idee, die aber relativ schwer mit Leben zu befüllen ist. Oder tue ich dem Unrecht? Also ich
Boris Lokschin: glaube, du tust dem Unrecht, also klar, du hast natürlich verschiedene Lebenssituationen und jetzt gerade, was du gesagt hast, nicht jeder Beruf, also gerade wenn du irgendwie statischere Berufe hast, du hast vielleicht erst der eine Partner, irgendwie Beamter oder Lehrer oder sonst irgendwas, dann funktioniert es natürlich anders, aber nicht fundamental anders, weil klar, und ich habe nochmal, also keiner sagt, du musst im Urlaub arbeiten, sondern du hast halt diese Option, das so zu machen, du kannst halt sagen hey, ja, ich habe eben den Jahresurlaub, ja, mit meiner Frau, die Lehrerin ist gemeinsam, da bin ich auch zwei Wochen offline, ja, aber ich nehme lieber nochmal ein paar mehr Tage verteilt, wo ich irgendwie im Haus Dinge reparieren möchte und Dinge mache, da brauche ich aber auch nicht zehn Stunden offline zu sein, da kann ich auch, während ich einen Ikea-Tisch zusammenschraube, kann ich auch in eine Telco mit reinhören oder ich kann auch zumindest meinem Team, hier auch wieder Kommunikation, kann ich im Abstimmung mit meinem Team ja auch sagen, dass ich irgendwie morgens eine Stunde irgendwie Mails gucke und abends nochmal Slack lese, ja, und dann nochmal eine Stunde darauf antworte, dann machst du halt zwei Stunden pro Tag, das sind halt keine acht, aber zwei, was dann gar kein Problem ist, weil wie gesagt, deine Urlaubszeituhr tickt nicht, ja, also dieses Stretchen und Verteilen ist halt, Die große, große Flexibilität. Und da muss halt jeder für sich sehen. Es gibt Menschen, die brauchen eben diesen harten Cut. Das ist auch fair enough. Und dann sollen sie den auch haben und auch nehmen. Es gibt aber auch Menschen, die sagen, ich brauche vielleicht drei, vier, also ich persönlich bin so, ich brauche so drei, vier Tage Cut. Und danach habe ich jetzt persönlich zum Beispiel gar kein Problem, ja, mit so einem Modell, wo ich sage, hey, ich gucke irgendwie alle zwei Stunden mal in Mails rein und halte lieber die Dinge irgendwie ein bisschen am Laufen, anstatt dass sie irgendwie überkochen und ich danach eine Mailbox habe mit 700 irgendwie E-Mails. Wir haben jetzt Leute, die zum Beispiel Städtereisen gern machen, ja, jetzt post-Corona, ja, die halt sagen, hey, mega, ja, ich stehe total auf diese Extended Weekend Trips, ja, drei, vier Tage. Ich mache anstatt irgendwie zwei, drei Wochen, mache ich irgendwie gefühlt jede Woche drei Tage Trip, Und kompensiere diesen Zeit dabei, indem ich diesen einen Tag, den ich dann eben dranhänge oder die zwei Tage verteile oder indem ich einfach während ich im Bus durch Barcelona fahre eben auch auf einen Call antworten kann. Also ich glaube, das ist so ein bisschen so wie diese flexiblen Budgets für die Einrichtung von Arbeitsplätzen. Also ich glaube, die Möglichkeit alleine, dass du das halt machen kannst und in dem Moment, wo du verstanden hast, dass du das eben dass du keine Freigaben dafür brauchst, dass es eine gleichwertige Option ist, dass es sozusagen für dich selbst zu organisieren ist, dass sich keiner schief anguckt, dass du nicht dadurch sozusagen weniger Karriere-Opportunities hast, ja, und dass du einfach deine Accountability hier, dass dir ganz viel Trust gegeben wird, das, glaube ich, ist ein Mega-Empowerment, ja, und das, klar, du brauchst natürlich Menschen, die, das ist schon so eine hohe Bewusstseinsstufe, die du sozusagen haben musst. Aber da würde ich behaupten, dass in den Berufen, in denen wir zumindest unterwegs sind, ist das so. Und in anderen Berufszweigen, klar, wenn du natürlich irgendwie in der Produktion bist oder in der Logistik, kannst du nicht sagen, ich komme jetzt rein, wann ich möchte. Oder das Band läuft zwar nicht mehr nachts, aber ich bin jetzt gerade mal zur Arbeit gekommen. Das funktioniert natürlich nicht. Du brauchst schon auch die Berufsstände, bei denen du eben distribuiert, digital, Zeit und Ort unabhängig deiner Arbeit erledigen kannst. Das ist schon relativ klar. Aber in den Berufen geht es dann, glaube ich, auch gut.
Joel Kaczmarek: Letzter Fragenkomplex, also wahrscheinlich ist er auch gar nicht so groß. Welche Rolle nimmt denn bei euch eigentlich noch das Büro ein? Habt ihr noch eins? Und wenn ja, wofür?
Boris Lokschin: Ja, wir beziehen es tatsächlich unter neues Headquarter am 1.3. in Berlin, gleich gegenüber vom Bahnhof in diesem neuen Büroviertel. Ja, es gibt tatsächlich ein Office, es ist aber komplett anders gedacht als eben vorher. Also was wir ganz klar eben als Feedback bekommen, in Kombination mit diesem, hey, die Leute wollen irgendwie 75% der Zeit zu Hause verbringen oder im Café oder im Kornfeld in Südfrankreich, ja, ist eben ganz klar dieses, ich komme ins Office, um eben Dinge abzuarbeiten, das sehen wir eben nach vorne raus nicht mehr und das wollen wir eigentlich auch fairerweise nicht, ja, also das ist sozusagen dieses Vorhalten von überteuerten Büroflächen für eine geringere Produktivität, als sie in anderen Orten möglich ist, macht halt keinen Sinn. Also das neue Offset, was wir beziehen, ist minimalst eigentlich mit Desks noch ausgestattet und die Desks, die da sind, sind eben komplett flexibel. Es gibt keinen einzigen permanenten Platz. Ich glaube, auf die Leute, die sozusagen in Berlin da sind, glaube ich, haben wir nur für 20 Prozent oder für unter 20 Prozent der Berliner überhaupt Desks. Die sind flexibel Komplett flexible, da gibt es eine App, da kannst du quasi sozusagen deinen Tisch dir reservieren, wenn du überhaupt einen brauchst, genauso wie du dir einen Schrank reservieren kannst oder einen Meetingraum. Also das ist dann ganz cool. und der Tisch, wenn du dich an ihn ransetzt, erkennt automatisch, dass da jemand sitzt und blockt den quasi aus aus dem System. Und der Großteil der Fläche, also weit über 90% der Fläche, sind eben wirklich Hardcore auf Kollaboration, auf Meeting, auf Social, auf Kaffee trinken, auf Jede Wand ist ein digitales Whiteboard, ist einfach auf Ideenfindung ausgelegt. Mit dem Prinzip, dass du eben sagst, okay, wir wollen eigentlich das Office, genau wie wir vorhin gesprochen haben, eigentlich als Basecamp, als Touchdown-Space nutzen, um eben diese zwei Tage die Woche oder drei Tage die Woche, an denen die Leute zusammenkommen oder auch aus anderen Ländern eintrudeln, Sie eben zusammenzubringen, ja, diesen sozialen Austausch zu haben, ja, für dich als vielleicht Führungskraft die Leute zu sehen und vor allem an neuen Ideen zu hauen. Das ist, glaube ich, das, was im Homeoffice nicht so gut funktioniert, also einfach weniger, wo man einfach weniger produktiv ist. und Meetings, Networkings, das sind so Dinge, die, glaube ich, im Office nach vorne raus besser laufen. Und deswegen ist das Office eben komplett anders, ja, es ist eben Hardcore auf Kollaboration, Networking. und eigentlich wollen wir keinen sehen, der ins Büro kommt, um seinen Code zu schreiben oder seine Mails abzuarbeiten, ja, sondern ausschließlich eben für andere Treffen, Teamtreffen, ja, gemeinsam irgendwie essen, ja, neuen Konzepten arbeiten, das ist, glaube ich, so die Grundidee nach vorne raus, ja. Und dann macht es auch Sinn, dann kannst du eben wirklich, wenn du dir anguckst, wir haben eine Campus-Fläche, wir haben eine Event-Fläche, wir haben eben Möglichkeiten dann eben für die New-Joiners einmal im Quartal, wir können dann Partys feiern, wir können, wie gesagt, größere All-Hands oder Trainings oder Seminare abhalten. Und das ist fein, dann hast du quasi dieses Remote-First als Modell. Wir heiern immer Remote-First, wir haben immer Work-From-Anywhere als Basismodell. Aber es ist eben nicht Remote-Only, sondern es gibt eben trotzdem diese Fläche, die eben für alle zur Verfügung steht. Wir als Arbeitgeber geben eben fixe Punkte vor, ja, Ramp-Up, Onboardings, gewisse Events und den Rest buchen sich die Leute eben selber und organisieren sich im Finance-Team oder im Tech-Team und sagen, wir wollen jetzt hier ein Zwei-Tages-Workshop haben und dann müssen sie auch nicht ins WeWork oder sonst wohin, sondern haben eben ein eigenes Headquarter zur Verfügung.
Joel Kaczmarek: Jetzt wollen bestimmt ganz viele Hörerinnen und Hörer wissen, was hast du denn da bitte für krasse Schreibtische, die messen, dass wenn man sich ransetzt und was für Smartboards hast du an der Wand?
Boris Lokschin: Da kann ich, zu den Firmen kann ich jetzt keine Auskunft geben, ich weiß gar nicht, was das für ein Modell ist, aber es ist eine ganz coole Technik, die da eingerichtet ist. Kann ich, kann ich im, nach dem ersten März für mich eingezogen, kann ich dir das genau sagen, kann ich da ein bisschen Werbung für machen, für die Anlage, aber es ist ganz cool gemacht, also da setze ich halt dran, da wird so die, die Wärme dann, gemessen, ja, der Tisch erkennt quasi, dass eben ein lebendes Objekt da sitzt und wenn du quasi vergessen hast, den Tisch auszulocken, dass der jetzt besetzt ist, dann wird der eben automatisch als belegt markiert. Hat nichts mit Corona-Temperaturwässern zu tun, um das hier mal ganz klar zu sagen, ja.
Joel Kaczmarek: Gut, wenn sich da Vampire oder Zombies ransetzen, dann gilt er als frei und wenn Menschen da sitzen, okay, geblockt, alright. Ja, cool, lieber Boris, vielen Dank, hat Spaß gemacht, mal eure New Work Reise und Flow quasi zu begleiten. Cooles Label, muss ich dir erlassen, ja, ist nicht schlecht. Und ja, wir sind gespannt, vielleicht machen wir irgendwann mal ein Update, wie das angekommen ist, so erste Praxis-Know-How-Erfahrung nach einem Jahr oder sowas.
Boris Lokschin: Ja, absolut. Also das ist, ich meine, der Grund ist einfach auch für die Zuhörer, vielleicht sind Dinge dabei, die auch für euer Arbeitsmodell irgendwie Anregungen geben können. Am Ende ist das eben super individuell. Jeder muss dann gucken, ja, was man irgendwie entwickeln kann. Was ich als letzten Tipp wirklich mitgeben kann, ist, denkt immer integriert. Also man darf nicht, ja, wir haben jetzt auch im Bekanntenkreis ja immer, wenn man sozusagen über dieses Thema spricht, ja, alle picken sich zuerst das Urlaubsthema raus, dann wie, ich kann so viel Vacation, das heißt, ich kann auch drei Monate Urlaub nehmen, ja, weil es sozusagen das Thema ist, was natürlich die Leute am coolsten finden, aber man darf eben nicht diese einzelnen Bausteine isoliert betreiben, du kannst nicht Unlimited Vacation ohne Outcome orientiert oder Work from Anywhere denken oder Flexible Hours, ja, ohne irgendwie die anderen Bausteine, also nur integriert macht es halt Sinn, also findet euer integriertes Modell und wie gesagt, hoffentlich waren vielleicht ein paar Inspirationen für euch dabei. Hervorragend.
Joel Kaczmarek: Lieben Dank dir und viel Erfolg damit. Und vor allem im neuen Büro.
Boris Lokschin: Danke, danke.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Digitalisierung: Sag hallo zu unserem Co-Moderator, dem Spryker-Gründer Boris Lokschin. Boris spricht mit Joel regelmäßig über IT-Projektmanagement und strategische Steuerung im IT-Bereich. Ob Startup oder Mittelständler in der Digitalisierung – in diesen Episoden erhältst du praxisnahe Lernanregungen und pushst deine eingestaubte IT-Beziehung zu einer wahren Tech-Romanze.