5 Verticals – Wer hat noch Zeit, für wen ist es zu spät?

27. November 2020, mit Joel KaczmarekBoris Lokschin

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Innovate or Die Podcast von digital kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute ist der Name wirklich mal Programm Innovate or Die. Man kann ja auch dieses schöne deutsche Zitat daran ziehen, wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen. Wir reden nämlich über fünf Verticals und fragen, wer hat noch Zeit, für wen ist es zu spät?

Also, heute gibt es mit dem lieben Boris Lokschin von Spryker, der sich ja wirklich bestens auskennt mit Digitalisierung und speziellem Handel, fünf Branchen, die wir betrachten.

Das werden einmal sein Automotive, Food, Furniture, Manufacturing und Pharma. Über diese fünf Bereiche werden wir beispielhaft reden und fragen, sind die denn eigentlich gerade gut aufgestellt, was müssen sie noch tun, welche Chancen haben sie? und werden natürlich versuchen, das, was wir in der Reihe bisher so gesagt haben, auch mal fleißig anzuwenden. So, lieber Boris, that being said, herzlich willkommen, schön, dass du da bist.

Boris Lokschin: Hallo, Joel.

Joel Kaczmarek: Womit fangen wir an? Machen wir alphabetisch hier. Automotive, die erste Branche, die ja, glaube ich, wie kaum eine andere im Kreuzfeuer steht. Tesla, irgendwie ein großes Thema, weswegen man über Elektro redet. Also eigentlich gibt es ja diese A-System-Bereiche. Autonomous, Connected, Electrified und Shared. Das sind ja die groben Thematiken, die sich im Mobility-Bereich, im Bereich Automotive, jedes Mal wieder sozusagen abspielen. Also autonomes wäre selbstfahrende Autos. Connected ist das Thema Connected Cars, wenn Autos untereinander Daten austauschen. Electrified ist das ganze Thema, was durch Tesla sehr geschoben wird, nämlich E-Antrieb. Und Shared ist eigentlich mehr so im Sinne von Services, also teile ich Autos vielleicht eher, als dass ich sie mir einzeln kaufe. So, das wäre sozusagen so die große Themenlandkarte, die ich beim Thema Automotive im Kopf habe. Was ist denn dein Big Picture, wenn du an Automotive denkst?

Boris Lokschin: Ja, ich glaube erstmal grundsätzlich ist ja Automotive ein Standort, ein relevantes Vertical in Deutschland. Und als solches ist da natürlich sehr viel Attention drauf und politische Attention und da hängen viele Arbeitsplätze dran. Deswegen wird das auch durchaus hitzig diskutiert. Ja, und Tesla, glaube ich, hat da seinen guten Teil dazu beigetragen, um zumindest die Diskussion rund um Elektrifizierung oder um neue Antriebsformen auch zu beschleunigen. Auch wenn jetzt natürlich alle Hersteller sagen, dass das schon lange so geplant war und dass das ganz klar war und dass Tesla da Höchstens ein kleiner Accelerator war, glaube ich persönlich, nicht so sehr dran. Ich glaube, das ist tatsächlich maximal befeuert und beschleunigt worden durch die. Ich kann mich nicht erinnern, dass einer der großen Hersteller signifikant sich committed hatte zu der Triebsform oder signifikant auch den bestehenden Antriebsformmotoren irgendwie abgesagt hatte.

Joel Kaczmarek: Toyota vielleicht ein bisschen mit Hybrid, aber ansonsten eigentlich nicht.

Boris Lokschin: Genau, aber auch Hybrid. Hybrid ist jetzt nicht sozusagen volles Commitment oder auch nur ein Modell von, weiß ich nicht, ganz vielen. Also ich bin sehr besorgt, muss ich ehrlich sagen, und auch deutlich besorgter als vielleicht der eine oder andere über unsere Automobilindustrie aus mehreren Gründen. Also ich glaube zum einen, das ist so ein bisschen jetzt, dass wir in so einer Spirale sind oder in so eine Spirale geraten als Standort Deutschland, weil du Auf der einen Seite momentan sehe ich es eben, dass der Erfolg von Tesla, gerade natürlich an der Börse, wo ja Zukunft gehandelt wird, maximal beschleunigt wird, also über Börsenwerte, über Zukunftsvisionen. Das gibt ja quasi viele Effekte, die dann daraus resultieren. Zum Beispiel sowas wie einfacherer Zugang zu Kapital, einfacherer, besserer Zugang zu Top Talent. Das heißt also Ingenieur oder ein Softwareentwickler, der jetzt irgendwie im Markt zur Verfügung steht oder die Uni verlässt, überlegt sich eben natürlich, gehe ich jetzt zu einem der bestehenden etablierten Anbieter oder gehe ich eben zu einem Anbieter wie zum Beispiel Tesla. Und ich würde da wetten, dass wahrscheinlich eine Compensation und Stock und Reputation und CV gründen eine bessere Wette ist für viele momentan. Das heißt also, du hast einfacheren Zugang zu Kapital, Was wiederum dazu führt, dass du natürlich mehr und leichter investieren kannst in R&D, in Infrastruktur. Du hast besseren Zugang von Talent. Du hast einfach keine Legacy. Das heißt, du kannst Dinge leichter, schneller, besser bauen und ausrollen. Und das alles hast du eben auf der Downside bei den etablierten Herstellern. Das heißt, die haben auf der einen Seite eben, während Tesla die letzten Jahre hart geshortet wurde, werden jetzt die geshortet. Das heißt, in einer Zeit, in der sie eigentlich umso mehr investieren müssen. Das ist ja dieses typische Transformations-Innovations-Dilemma. jetzt, wo sie eigentlich unter Druck sind und eigentlich umso mehr investieren müssten, haben sie genau diese Fähigkeit eben nur eingeschränkt oder eingeschränkter als eben in den fetten Jahren, in denen sie Geld gedruckt haben. Sie haben eben nicht mehr den Zufluss, ja, es ist eben nicht mehr the place to go für jeden Maschinenbauer, Maschineningenieur, Softwareentwickler. Das heißt also, sie haben nicht mehr den Zugang zu Top Talent. Und ich glaube, was das Schlimmste ist, sie hängen halt voll mit Debt, ne? Also sie sind voll mit Schulden, ja, also wenn du auf die Balance Sheets guckst. Und Debt an sich ist erstmal gar kein Problem strukturell, solange du Geld aufgenommen hast und das in Assets investierst und nicht Aus heutiger Sicht dann eben auf einmal in Liabilities. Liabilities sind dann eben Fabriken, die zum Teil eben abgeschrieben werden müssen oder umgebaut, rekonstruiert werden müssen. Pensionszusagen an Leute, die nach vorne raus vielleicht in bestimmten Berufsgruppen nicht mehr so gebraucht werden, weil du einfach andere Skills brauchst. Rohstoffe, die du einkaufst, teilweise ja auch sieben, zehn Jahre im Voraus. Und das sind so, glaube ich, dann. in Summe ist das so ein bisschen ein sehr gefährlicher Mix. Weniger Kapital, mehr Investitionsdruck bei weniger Kapital, weniger Top Talent und gleichzeitig Debt, der aber nicht in Assets fließt. Tesla hat ja auch sehr viel Geld aufgenommen, was aber eben dann jetzt aus heutiger Sicht in Assets geflossen ist, in eben die Mitarbeiter, in Software, in Ladeinfrastruktur. Dinge, die jetzt auf einmal eben Assets sind für sie und eben keine Liability. Und ich glaube, das ist schwierig. Und dann hast du eben natürlich so die klassischen Standortthemen, die wir sonst ja auch in Deutschland immer diskutieren. Ja, wie gut sind wir eben als Software-Schmiede versus eben Ingenieurskunst, was da vorne raus, glaube ich, allen klar ist, dass es wichtiger wird. Alle deutschen Automobilhersteller haben jetzt, glaube ich, in den letzten Wochen announced, dass sie ihre VW, MB, OS und wie die sonst alle heißen, also ihre eigene Software-Plattform bauen wollen, dass sie ganz viele Leute einstellen wollen. Und dann hast du natürlich auch hier wieder das Thema, ja.

Du konkurrierst halt in einem Markt, in dem du als Softwareingenieur dann eben überlegst, gehe ich zu Tesla VW oder gehe ich vielleicht auch, wenn es eben Software ist, gehe ich dann zu einem der großen Softwareunternehmen oder eben zu einem Automobilhersteller, ja. Und wie spannend ist da der Job, ja. Wie interessant ist das? Also einfach Software als Nachteil, dieses vernetzte Denken, was wir, glaube ich, eher nicht haben in Deutschland, ja. Also dieses eher siloartige, sehr ingenieurskostgetriebene, ja, ich möchte So ein Auto wurde halt immer gebaut aus Kostengründen. Also ich habe immer so wenig Hardware verbaut wie möglich. Die Speicherplatte hatte immer so wenig Gigabyte, wie es nur ging, damit es halt günstig ist. Und jetzt hast du genau die anderen, denke ich, ich verbaue ganz viele tolle Hardware, die ich eben dann über Software und Services aktivieren können möchte. Ich glaube, das ist in Summe also schon challenging.

Joel Kaczmarek: Na, ich glaube, es ist ja auch ein schönes Beispiel für ein Produkt, was lange Zeit sehr analog war, dann elektrisch wurde und jetzt digital. Also, was meine ich damit? Wenn man mal in so einem Tesla drin gesessen hat, ist es ja so, als Ingenieur würdest du sagen, das ist ein mittelmäßiges Auto. Weil wenn ich so Tesla-Besitzer mal frage, dann sagen die, naja, das ist jetzt schon beim Produkt, was Hardware angeht, ein bisschen noch startupig, weil wenn so die Sitze klappern beim Fahren, die Spaltmaße sind nicht so, also da rümpft ein wirklich guter Ingenieur die Nase. Aber wenn man sich mal anguckt, was dort softwareseitig passiert, ist es ja schon so, ich hatte mit einem Freund mich mal unterhalten, der meinte, ja völlig faszinierend, Tesla hatte irgendwie per Software-Update mal die Stoßdämpfer anders eingestellt, weil sie irgendwie einen Kunden hatten oder ein Kundensegment, was gesagt hat, das liegt so unruhig auf der Straße. Effekt war, das Fahrzeug liegt jetzt ruhiger auf der Straße, es verbraucht weniger Kraftstoff im Sinne von Elektrizität und kommt weiter. Das heißt, dasselbe Produkt, was du irgendwie vor einem Jahr gekauft hast, hat auf einmal meinetwegen einen 20% Leistungsschub, einfach nur per Software. Und das ist ja eigentlich ein ganz schönes Beispiel, weswegen das ganze Thema irgendwie eigentlich komplex ist und auch interessant, dass dasselbe Produkt mit einem Software-Tweak auf einmal, wenn die gut gemacht ist und gut ineinander greift, eine viel, viel bessere Qualität abliefern kann.

Boris Lokschin: Oder anders ausgedrückt, das ist ja etwas, und das ist, glaube ich, das, was viele Leute einfach falsch einschätzen. Das ist ja, also das, was du gerade gesagt hast, ist komplett richtig. Das führt ja dazu, dass du komplett kontraintuitiv zu dem, was man aus der Mobilbranche kennt, dein Fahrzeug eigentlich einen Wert gewinnt permanent und nicht einen Wert verliert. Also jeder, der ein Auto gekauft hat, weiß, in dem Moment, wo ich hochfahre, ist das Ding 30 Prozent, 25 Prozent weniger wert und dann eben stark abfallen die Kurve über jedes weitere Jahr mit Abnutzung. So, und jetzt hast du auf einmal genau das umgekehrte Modell. im Markt, bei dem das Fahrzeug eigentlich an Wert gewinnt, weil Funktionalität, Komfort, Leistungsmerkmale sich eben verbessern, permanent. Das heißt also, du hast einmal investiert und dein Fahrzeug kann eben immer mehr und mehr und mehr. Das ist ja das, was wir so aus der Softwarebranche kennen. Du hast einmal dein Telefon gekauft und dann kommen bessere Feature und du kannst besser, schneller, weiter. Und diese Einordnung zwischen Ist Tesla jetzt eine Ingenieurskunst zu messen, also ist das primär ein Hardware-Device oder ist es eigentlich ein fahrendes Stück Software, ne? Und dazu kommen ja auch noch ein paar andere Dinge, ne? Also Software ist das eine und diese Wertsteigerung, aber auch sowas wie, was alle total unterschätzen ist, diese Vertriebsmethodik, ne? Also das jetzt, ich meine, da gibt es jetzt ja auch einige andere Anbieter, die das kopieren, ja? Aber dieser Direktvertrieb zum Beispiel, ja? Der Direkt- oder Online-Vertrieb, das ist ja ein riesen Ding, ne? Das wird immer so gesagt, naja gut, ja, Tesla hat jetzt kein Dealer-Netzwerk, ne? Das ist ja ein Riesending. Also überleg, was du eben nicht hast an Verträgen, an irgendwie Ausrollschwierigkeiten von neuen Modellen, ja, an irgendwie Absprachen zum Thema Werbung, an Kosten am Ende des Tages auch dazwischen, ja, weil du einfach auch hier wieder die Kundenbeziehung direkt ownst, ja, du hast den Kunden, der hat das Ding gekauft über einen Konfigurator, kannst über die App den Service triggern, ja, da kommt jemand vorbei, fixt dir das Ding, hast halt permanent die Interaktion, du hast die Software-Leistungsmerkmale des Autos, du kannst also genauso wie dein Mac permanent irgendwie an Apple sendet, ja, weißt du, welche Fehler es gab und wann, wie, wo was abgestürzt ist, bekommst du das und du kannst einfach in sehr kurzer Zeit Features unlocken, ja, und ich glaube, das ist in Summe deutlich weiter gedacht als, lass uns jetzt mal irgendwie ein Spaltmaß optimieren, was, glaube ich, deutlich leichter zu fixen ist, als dich die andere Kompetenz aufzubauen, wäre jetzt meine Theorie.

Joel Kaczmarek: Naja, und der andere interessante Aspekt ist ja eigentlich das ganze Thema Assetaufbau, was du vorhin angesprochen hast. Also wenn man sich jetzt mal Autobauer anguckt, ist es ja so, ich weiß nicht, wie viele Menschen sich damit auseinandersetzen, aber die haben ja teilweise Baukästenprinzipien. Also wenn du bei VW irgendwie einen Golf kaufst, sitzt der teilweise auf den gleichen Rahmenmodellen auf, wie meinetwegen Polo, aber du hast dann sozusagen Individualisierungsmerkmale. Das heißt, wenn du so ein Fahrzeug herstellst, hast du also ein Investment und dann kannst du ja relativ genau und sehr klar prognostizieren, wie viele Fahrzeuge können auf dem Band rollen, wo kommt mein Wachstum her? und lange war ja Wachstum eher so aus China. Also Gedanke war, wenn wir jetzt noch signifikant unseren Börsenwert steigern wollen, müssen wir mehr Fahrzeuge verkaufen, wo machen wir das, gucken wir mal Richtung Osten. So und dann hast du ja jetzt aber den Effekt, also wir sind jetzt sehr stark beim Beispiel Elektro, ich glaube es gibt noch andere Herausforderungen im Mobility-Bereich, aber wenn man sich jetzt Elektro auch mal anguckt, ist ja so, die ganzen Extrateile brauchst du nicht, das Fahrzeug liegt ganz anders auf der Straße, weil der Geschwichtsschwerpunkt ist viel tiefer, du brauchst gar nicht mehr so viel Zubehör, das heißt die ganze Automobilzubehörbranche wird irgendwie auf eine ganz andere Richtung gedreht. Das heißt, ich habe eigentlich, um den Bogen zu dir zu schließen, habe ich eine Situation, mir geht es eine Zeit lang sehr, sehr gut, ich treffe eine strategische Entscheidung im Sinne von Asset-Aufbau und auf einmal werden diese Assets aber, wenn ich in eine neue Richtung denke, nämlich Software und Elektro, gar nicht mehr so relevant. Und dann hat man eigentlich die Situation, dass ich in einer Komfortzone bin und muss was innovieren, obwohl ich den Druck noch gar nicht spüre. Also heute ist der spürbar, vor fünf bis zehn Jahren vielleicht nicht.

Boris Lokschin: Genau, es ist einfach klassisch wirklich auch Innovator's Deliver. Du bist halt einfach in dem Innovationszyklus gefangen, wo du inkrementell eben dein Produkt verbesserst. Und anstatt eben sozusagen in die nächste Kurve zu springen und vorausschauend und auch mutig die Investments zu tätigen, überlässt das Feld eben anderen, die dort leichter auf der grünen Wiese eben Dinge bauen können. Und wenn dann die Wette aufgeht, dann werden eben deine ehemaligen Assets zu Liabilities übernachtet. Das haben wir ja gesehen in ganz anderen Branchen schon so durch die Bank. Das ist kein neues Phänomen. Ich glaube, der große Unterschied ist einfach der große Grad an Investitions-Login, den du eben bei diesem Modell hast. Weil es ist ein Asset-Heavy-Modell, da muss man sich nichts vormachen. Das heißt, wenn du eben in anderen Branchen theoretisch, auch wenn das natürlich für die jeweiligen Akteure dann trotzdem immer schwierig ist, noch schwenken kannst und anfangen kannst, dein Handelsmodell zu digitalisieren und Revenues zu verschieben und Leute zu hiren, Dann hast du einfach im Automotive-Bereich einfach grundsätzlich das Problem, dass du einfach Long-Term-Investments triffst. Du hast halt teilweise Investitionsentscheidungen auf 10, 15, 20 Jahre, wenn du einen Standort wählst, eine Fabrik baust, wenn du als großer Konzern mit Betriebsrat Leute einstellst.

Also stell dir vor, du bist Maschinenbauingenieur, hast gerade dein Studium beendet und jetzt sind wir gerade in deinem ersten Jahr bei einem der großen Automobilmarken und in der Antriebstechnik. Und dann kommt dein Chef rein und sagt, die Generation von Verbrennungsmotor, die wir jetzt releasen, ist die letzte, in die wir investieren. Lieber Joel, ab jetzt, das ganze Thema Kupplung, das ganze Thema Antriebsstrang, wie das ist, der Motor, wird es nicht mehr geben. Wir werden das maintainen, wir werden diese Modellreihe noch fünf Jahre, aber es wird jegliche R&D, dass ja genau das passiert ist, bei Mercedes, bei VW, stellen wir ein. Du hast dann gerade dein Semester auf der Uni Aachen abgespult, mit gutem Abschluss rausgekommen und dann sitzt du da im ersten Jahr und denkst dir, fuck. Was mache ich denn jetzt? So, das ist natürlich überhaupt nicht cool. Wobei du da noch wahrscheinlich einfach aufgrund des Alters und Co. noch dich irgendwie umorientieren kannst. Aber stell dir vor, du bist einfach irgendwie mitten im Berufsleben und du bist bei einem Konzern, bist unbefristet da, hast einen Betriebsrat und Co. Das ist halt für die Company super schwierig. Da kannst du ja nicht alle Leute irgendwie umdisponieren. Und deswegen glaube ich, das ist schwierig und das Problem ist nicht nur das, sondern das Problem ist eben wirklich das neue Geschäftsmodell-Thema. Also neuer Vertrieb, neue Art von Vertrieb. Das Service-Modell, ich meine, das, was Tesla da annonciert hat, ist ja, wenn man das mal ein bisschen weiterdenkt im Hinblick auf Carsharing und autonomes Fahren, wenn du so diese, glaube ich, was ist das, diese Vision 2 oder 3 auch von Elon Musk, wenn man das mal weiterdenkt und sagt, okay, es gibt ja gar keinen Grund, ein Auto zu besitzen. Das mal so schön verglichen mit, es gibt ja auch Leute, die noch ein Pferd besitzen, aber es ist dann eher so aus Leidenschaft. Aber eigentlich, wenn du ein Pferd reiten willst, dann fährst du halt zum Reiterhof raus, reitest das zwei Stunden und fährst wieder weg. Und das ist ja quasi hier das Gleiche. Es gibt ja gar keinen ökonomischen Grund, ein Fahrzeug sich zu kaufen, was sofort dann Wert verliert, was 95 Prozent der Zeit rumsteht.

Das heißt also, bei ausreichender Flotte und jetzt bei mir irgendwie in Hannover oder auch in Berlin, wenn ich mir angucke, Uber, mein Taxi, die sind ja immer innerhalb von, keine Ahnung, zwei, drei Minuten spätestens da. Das heißt, wenn ich so ein Ride-Hailing machen könnte aus einem Netzwerk von Fahrzeugen, unabhängig vom Brand jetzt, und ich dort konfigurieren könnte, könnte ich sagen, ich brauche jetzt mal einen Viersitzer, ich brauche jetzt mal einen mit zwei Kindersitzen drin, jetzt brauche ich nur ein Einsitzer, ich will jetzt mal ein Cabrio, weil es gerade schön sonnig ist oder ich brauche jetzt mal ein Fahrzeug für eine lange Strecke, weil jetzt fahre ich mal nach Berlin runter nach München. Bei ausreichender Verfügbarkeit, was ja ein sehr lösbares Problem ist auf der Straße, gibt es ja gar keinen Grund, ein Fahrzeug zu besitzen. Das heißt, in dem Moment ist ja das gesamte Geschäftsmodell Fahrzeug verkaufen weg und wird zu einem Service-Modell. Bereitstellen, warten, dann bist du ja quasi wie so ein Tier-Mobility oder andere, die eben Dinge bereitstellen, die du fahren kannst. und einen Scooter kannst du ja auch kaufen. Ja, aber wofür? Macht ja meistens für die meisten keinen Sinn. Wenn sie ein guter Brauch haben, fahren sie ihn halt und zahlen halt ihre 2 Euro dafür. Und ich glaube, diese Art von Denken, da bin ich sehr gespannt. Also ich will da jetzt kein Abgesang hier machen auf die deutsche Turbibranche.

Aber ich bin sehr gespannt, weil die Transformationsaufgabe ist halt nicht nur, lass uns jetzt den Verbrenner tauschen mit einem Elektromotor, sondern Infrastruktur, Software, Vertriebsnetzwerk und dann eben auch das Modell, ich denke, ich muss mich eigentlich wandeln in den nächsten 10, 15 Jahren vom Hersteller zum Service Provider und das am besten auch noch mit irgendwie Software Features, weil, wie du gerade gesagt hast, wenn ich Value unlocken kann, wenn ich mich ins Fahrzeug setze, ich habe mir jetzt ein Fahrzeug geholt und für die Fahrt von Berlin nach Hamburg und da sage ich, ich brauche jetzt mal, weiß ich nicht, ich brauche jetzt mal das erweiterte Sicherheitspaket und mal die Halogen-Scheinwerfer, weil ich fahre nachts. Aber tagsüber brauche ich sie nicht. Ich bin auch gerne bereit, für diese Fahrt nochmal 2 Euro mehr zu zahlen. Habe ich einfach coolere Scheinwerfer und kann nochmal um die Ecke gucken und sonst was. Fair enough. Das heißt aber auch, dass ich das Fahrzeug ja von vornherein mit der ganzen Hardware ausliefern muss. Und das ist dann wieder ein ganz anderes Kostenmodell. Du merkst schon, die Aufgaben sind halt so vielfältig. Also ich will nicht in den Schuhen dieser Manager sitzen, weil das ist, glaube ich, einfach komplett radikal umzudenken. Und ob man sich auf der Größe, die haben ja auch alle Hunderte von Tausenden von Mitarbeitern, Ob man das Geschäft so transformieren kann oder ob es da nicht wirklich smarter wäre, sich vielleicht auch wirklich so ein bisschen greenfieldiger was hinzustellen und zu sagen, wir fangen mal langsam an, eben neben dem Kerngeschäft mal ein, zwei Marken aufzubauen. Das hat ja jetzt ja Volvo mit dem Polestar, haben sie das ja angefangen zu machen. Das ist eine große Frage aus meiner Sicht.

Joel Kaczmarek: Gut, also soviel mal zum ersten Vertical. Wollen wir mal ins naheliegende Vertical Manufacturing reingehen? Das ist ja, glaube ich, ein Stück weit artverwandt. Was würde da für dich drunter fallen? Also an was denkst du bei Manufacturing? alles?

Boris Lokschin: Also Manufacturing ist ja für mich erstmal primär unser geliebter Standort. Deutschland, ja, mit eben einfach der großen Anzahl an mittelständischen Firmen, die einfach produzieren, ja. Wir haben ja viele Hidden Champions, wir haben ja viel so produzierendes Gewerbe, Industrie, ja, Maschinenbau klassischerweise, ja. Da sind wir in ganz, ganz vielen Verticals ja weltweit auch Marktführer, ja, mit irgendwie Produkten, ja. die keiner kennt, ja, was ja super ist. Am Ende des Tages haben die ja den gleichen Druck jetzt, ne, so ein bisschen angelehnt auch in das Automotive-Thema, ne. Die haben auf der einen Seite Druck eben der Preisseite, ja, also dieses Made in Germany, was by the way, um hier mal eine Anekdote zu erzählen, die wahrscheinlich alle kennen und ich wieder der Letzte bin, äh, initial mal geprägt wurde von den Briten, um zum Kauf heimischer Produkte zu animieren. Also das ist quasi, das war nicht als Qualitätsstempel erfunden, sondern um einfach zu sagen, hey, das sind hier die miesen Produkte aus Germany, kaufst bitte hier unser eigenes British Product. Dann ist das aber dahin losgegangen, weil eben die Produkte, die aus Deutschland kamen, so gut waren, dass das eben zu einem Qualitätsprädikat quasi sich entwickelt hat.

Joel Kaczmarek: Ich wusste das nicht.

Boris Lokschin: Okay, ich habe es kurz vorher gelesen, das fand ich super spannend. Und ja, ich glaube einfach grundsätzlich ähnliche Challenges im Automotive-Bereich. Du hast auf der einen Seite eben massiven Preisdruck, die Märkte sind offen, China und Co. können viele Produkte ähnlich gut mittlerweile produzieren, teilweise besser, zu besseren Preisen. Logistik und Preisverfügbarkeitstransparenz ist ja so mein Lieblingsthema. Das ist natürlich online massiv gegeben. Also dieses, was ja viele deutsche Mittelständler so groß werden lassen, so hinten Champions hat wachsen lassen, ist ja Intransparenz, muss man ehrlicherweise sagen. Also Preisintransparenz, Verfügbarkeitsintransparenz, Sortimentsintransparenz. Das ist natürlich ein Markt, in dem du irgendwie bei Alibaba, Alipay und anderen Plattformen sofort irgendwie nach einem Produkt googeln kannst, eine Artikelnummer reingeben kannst, innerhalb von einigen wenigen Tagen weltweit sourcen kannst, also ähnliche oder gleiche Bauteile finden kannst, teilweise auch Dinge in Auftrag geben kannst zu sehr, sehr kompetitiven Preisen. Bei ausreichend guter Logistik in den allermeisten Fällen bricht dieser Vorteil oder diese competitive unfair advantage, ja, bricht quasi weg. So, und jetzt musst du dir halt überlegen, was mache ich jetzt? Ja, jetzt habe ich, weil ich der Hersteller von irgendwie Maschinen zur Produktion von, weiß ich nicht, Fenstern die Kohlenisolation, ja, mach jetzt mal eine, weiß ich nicht, Milliarde Umsatz oder zwei, dann finde ich irgendwie im Netz auf irgendeiner chinesischen Seite Produkte, die machen ja das Gleiche und die Qualität ist dann, wenn man ganz, ganz ehrlich ist, auch sehr vergleichbar, ja, vielleicht 5 oder 10 Prozent, dafür aber 40 Prozent, 50 Prozent geringer im Preis, ne. Und ich glaube, da sind die Challenges halt genauso groß, sich mit dem Thema Innovation, also wenn man nicht sterben will, Innovate or Die, Innovation zu beschäftigen. Was habe ich für Optionen? Über den Preis? Keine gute Strategie. Meistens auch nicht sustainable. Einfach andere Standortkosten, andere Produktionskosten. Wenn ich das dann auslagere und in dem gleichen Land produziere, dann habe ich ja sowieso keinen Vorteil. Brand? Ja, in einigen wenigen Bereichen schon. Wobei Die Brandtreue im Maschinenbau ist jetzt auch nur bedingt da. Also wenn die Qualitätsmerkmale gleich sind, wird es schwierig. Oder eben Innovation. Ich überlege mir, was ist ein smarterer Vertrieb? Wie kann ich mich einzecken bei meinen Kunden? Wie kann ich sicherstellen, dass sie gar nicht erst auf die Idee kommen, woanders zu suchen? Dass ich quasi dieses, was wir aus dem Digitalen ja als Gatekeeper-Tool bezeichnen, was die Plattformen ja gut machen. Wie kann ich sicherstellen, dass in der App des Handwerkers oder des Bauleiters auf der Baustelle, wenn er irgendwas vermisst, das Fenster, dass das meine App ist, die einfach eine coole Augmented Reality-Fähigkeit hat, das Fenster zu vermessen, sofort zu erkennen, welche Silikon das ist und eigentlich per Knopfdruck das direkt zu bestellen und dass der gar nicht erst auf die Idee kommt, das mit einem Lineal zu messen oder auszuschreiben. Wie ohne ich diese Kundenschnittstelle vielleicht? Wie mache ich, wenn ich vielleicht ein Gerät produziere, wie baue ich komplett neue Geschäftsmodelle auf? Wie kann ich, wenn ich ein Werkzeugteil produziere, das smart bekommen? sicherstellen, dass das eben sein Sägeblatt oder sein Öl oder was auch immer das Verbrauchsmaterial ist, das automatisch nachordert, am besten predictably. Wie kann ich sicherstellen, dass ich vielleicht ein Recurring-Revenue-Modell habe, wenn ich Drucker verkaufe, große Druckmaschinen, dass die automatisch Papier nachbestellen, dass sie automatisch Wartungsfenster schedulen, dass sie automatisch Software-Updates bekommen, die wieder, ähnlich wie bei Tesla, die Leistungsmerkmale der Maschine verbessern, weil wir einfach Push-Update mir sagt, hör zu Joel, deine große Druckmaschine, die du hier hast für 2 Millionen Euro, die du angeschafft hast, wir haben jetzt dein Druckerverhalten analysiert, was, wie oft, welche Farbe, also das ganze Profil quasi mal verglichen in unserer Super Cloud, unsere Machine Learning Algorithmen da drüber laufen lassen und das verglichen mit den Druckerprofilen von 10.000 anderen Kunden und mit diesem Update, wenn du das jetzt hier kaufst für 5.000 Euro, wird deine Druckereffizienz um 2,7% besser, was dazu führt, dass deine Kosten um so und so viel sinken und deine Geschwindigkeit so viel, deine Maschine besser ausgelastet werden kann zwischen Aufträgen, blablabla. Das heißt, in dem Moment hast du eigentlich nichts anderes gemacht als Software gepusht, die du im Hintergrund eben dir zurechtgelegt hast und daraus eben einen neuen Geschäftsbereich generiert. Also ich glaube, das sind dann die Dimensionen, in denen wir denken müssen. Recurring Revenue Models, Software Models, bessere Vertriebsmodelle, Besetzen von Kunden-Schnittstellen, weil das über den Preis zu entscheiden oder eben zu argumentieren, naja, ich habe aber 5% bessere Qualität als hier der chinesische Lieferant, das glaube ich, wird schwierig.

Joel Kaczmarek: Also wenn man es mal zusammenfasst, ist es eigentlich das Thema Product und Product dann auch sozusagen zusammengeführt mit Brand, Kundenzugang und Geschäftsmodell. Das sind ja sozusagen so die Achsen, wenn man das jetzt mal ein bisschen eindampft, die du gerade genannt hast. Ich meine, ich bin die ganze Zeit im Kopf so Beispiele durchgegangen. Ich dachte dann so, hm, okay, wenn ich jetzt an so eine Fisman-Heizung denke, da ist, glaube ich, schon so ein Wettbewerbsvorteil beim Produkt eher drin. Also ich glaube, das kriegst du nicht so schnell nachgebaut. Dann dachte ich an andere Produktkategorien, so etwas wie Schrauben. Da dachte ich, ja, okay, ob die jetzt von Spax kommt, von Fischer oder von was weiß ich. Das ist relativ arbiträr, keine hohe Markenkenntnis. oder denkst du an etwas wie Werkzeug. Handwerker schwören, glaube ich, auf Makita oder Bosch, blaue Serie. Da hast du dann sozusagen den Brandfaktor, den du meintest. Also wir scheren jetzt natürlich einen Kamm, will ich sagen, durch sehr, sehr viele Haare durch. Und wenn man mal versucht zu analysieren, was sind sozusagen die Stellschrauben, die man im Griff haben muss, wären es diese drei, die du gerade gesagt hast. Also Produkt angereichert um sowas wie Preis, Brand etc., Kundenzugang und Geschäftsmodell.

Boris Lokschin: Ja, ich glaube, das ist genau. Und auch hier wieder, also warum ist das schwierig, genau diese drei Themen aufzubauen? Weil mindestens zwei von den dreien ist nicht die Kernkompetenz des deutschen Ingenieurtumsstandorts. Und auch die dritte, das Produkt, da reden wir im Wesentlichen über nicht die Säge oder den Stahl der Säge ein bisschen besser zu bekommen, sondern wir reden ja im großen Stil eigentlich auch über digitale Produkte, also digitale oder digital nahe Produkte. Ob das jetzt irgendwie IoT-related Cases sind oder nicht, aber im Wesentlichen über Digitalproduktkompetenz. auch nicht das stärkste Hebel, ja, bei den meisten dieser Company. So, und dann hast du wieder den dritten Punkt oder den vierten, der noch dazukommt, nämlich, um diese drei Punkte auf die Straße zu bringen, was brauchst du oder wen brauchst du dafür? Sind wir wieder genau bei der Diskussion von vorhin. Du brauchst eigentlich wieder best in class digitales Talent, ja, das heißt, du brauchst Leute, die Software können, die vernetzt denken können, die Schnittstellen bauen können, die Hardware-Themen machen können, die neue digitale Vertriebswege und Modelle sich überlegen können, die überhaupt so ein Recurring-Revenue-Modell sich mal durchrechnen können, die sich das vorstellen können, wie das funktioniert, wie das gepusht wird. Und da würde ich jetzt behaupten, und das hatten wir ja schon in vielen anderen Folgen auch behandelt, und das sehe ich natürlich auch aus dem täglichen Leben, Leben und der täglichen Arbeit mit vielen solcher Firmen, da tun sie sich natürlich super schwer, ja, weil du bist einfach nicht the place to go, selbst als einer der großen deutschen Maschinenbaubrands, bist du für diese Art von Talent, bist du nicht die erste Anlaufstelle, ja, egal wie du es drehst und wendest, ja, du bist dann, sitzt du eben als Developer, überlegst dir, gehe ich eben zu Zalando, Spiker oder sonst was, ja, Amazon, Google arbeiten oder gehe ich eben zu Schraubwirt, ja, oder selbst dann irgendwie in den Bosch und Co., ne, es ist einfach schwieriger, das heißt nicht, dass es nicht geht, das heißt einfach nur, du bist einfach nicht der Lighthouse-Brand, für diese Leute. Das heißt, du musst da eben überproportional stark und überproportional viel investieren. Genau das, was wir in den anderen Folgen schon behandelt haben, in das Environment schaffen, die Kompensations- und Inzentivierungsstrukturen für diese Leute schaffen, den Purpose geben, also die Aufgabe muss ja geil sein, die ganzen Zwänge abbauen, die du sonst normalerweise hättest, aus deren Sicht, oder eben Setups schaffen, was diese Zwänge nicht hat. Und das ist halt, glaube ich, der große Hebel dann, wenn du das hinbekommst. Und wenn nicht, dann stehst du dir halt selbst auf den Schnürsenkel und kommst nicht von der Stirn.

Joel Kaczmarek: Also wenn ich mich richtig erinnere, ich war mit Marco Böris mal Essen vor, ich glaube so ungefähr zwei Jahren oder anderthalb und da meinte er zu mir, er sieht Deutschland so auf dem Weg in Richtung zweite Weltstart. Also dass man jetzt nicht in eine dritte Welt, ja, aber sozusagen nach dem Motto, diese Position, die wir lange genossen haben, die strategische Relevanz geografisch und die Produktstärken und den wirtschaftlichen Umsatz, ob das nicht auf Jahre hinweg, wenn man sich das anguckt, sozusagen verloren geht. Und bei dir klingt das auch so ein bisschen nach Abgesang, wenn ich jetzt mal den Manufacturing-Bereich sehe.

Boris Lokschin: Ich bin d'accord mit dieser Einschätzung. Ich glaube, dass es zumindest massiv im Risk ist. Und das ist ja jetzt auch, wenn man irgendwie guckt, was der Frank Thelen in seinem Buch dazu geschrieben hat, es geht ja alles in diese Richtung. Also es ist einfach eine Warnung. Ich glaube, es ist jetzt nicht so, dass es jetzt nicht mehr geht. Wir haben ja auch, glaube ich, super Unternehmer und Unternehmerinnen in allen Bereichen. Aber wir müssen halt massiv die Kurve kriegen, weil einfach all das, was uns eben wettbewerbsfähig halten kann, ist nicht unsere Paradedisziplin. Das ist so Du kannst halt einfach, wenn du nur linksaußen spielst und du kriegst eine andere Position, heißt das nicht, dass du das nicht mehr schaffst. Da kannst du halt nicht mehr so gut glänzen. Und ich glaube, und das ist so mein Appell dann an die meisten dieser Firmen, denen muss halt klar sein, dass sie sich eben überproportional stark ins Zeug legen müssen, um eben das Talent anzuziehen. Man darf jetzt nicht dann sparen an der Stelle. Man darf jetzt nicht in blöde Diskussionen geraten um Setup, Arbeitsmethoden, Arbeitsweisen, Büroausstattungen, also alles. Dann geht es. Du musst halt wettbewerbsfähig sein, kompetitiv. Und dann eben davon ausgehen, dass wenn du eben nicht diese Leute in der Zeit und in der Masse bekommst, die du brauchst. Softwarekompetenz, Digitalisierung ist einfach nicht Deutschlands Stärke. Punkt. Manufacturing vielleicht schon oder Herstellung, aber ist eben in einem globalisierten, transparenten Markt nach vorne raus, der eben zunehmend digitalisiert wird, ist das eben nicht mehr ausreichend.

Joel Kaczmarek: Gut, kommen wir mal zum dritten Vertical. Mal was ganz anderes. Food. Ist ja vielleicht auch ganz interessant, zumal wir ja dieser Tage irgendwie ein, also es ist ja nicht bestätigt, aber mit der Übernahme von Oetker von Flaschenpost irgendwie in eine Milliarde Exit und in dem Zuge habe ich mit dem Mitgründer, dem Alex Graf und mit Jochen Krisch auch einen Podcast gemacht. und so viel Sneak Preview darf ich sagen, weil ich glaube, deren Podcast kommt vor dem jetzt hier raus. Die waren beide so ein Stück weit enttäuscht, weil sie gesagt haben, naja Eigentlich schade, endlich mal ein Modell im Food-Segment, was irgendwie skalierbar war, wo man mit relativ klarem Kapitaleinsatz ein klares Wachstum aufzeigen konnte. Also das ist sozusagen so mein Startpunkt im Bereich Food. Jetzt kann man Food natürlich super weit sehen. Also man kann sagen Gastro, man kann sagen Tech, also welche Technologien gibt es. Wir können über Lebensmittel-Einzelhandel reden, wo jetzt irgendwie das erste Beispiel drin war. Aber was ist so dein Big Picture vom Thema Food?

Boris Lokschin: Vielleicht mal ganz kurz, um hier ein bisschen salzkontrovers einzustreuen. Ich glaube, schade oder nicht, ist immer die Frage, aus welchem Blickwinkel. Es gibt ja Leute, die sagen, super, dass das eben nicht an irgendeinen amerikanischen Konzern gegangen ist, was ja durchaus hätte locker passieren können. Es gibt ja genug sozusagen Kaufwillige und Leute mit vollen Taschen. Sondern gut, dass einfach ein deutscher mittelständischer Konzern genau diesen Mut eben aufbringt. in einer vergleichsweise frühen Phase für einen hohen Betrag, das zu tätigen und das eben auch in Deutschland dann zu halten und das eben nicht an Amazon geht oder an sonst wen, oder an andere. Ich glaube, der Sven Schmidt hat sich ja dann irgendwie ausgelassen darüber, wer da noch mitgeboten hat und die Namen gefallen von Coca-Cola und Co. Also gut für Deutschland, glaube ich. Gut wahrscheinlich für Dr. Oetker. Und jetzt das Traurige, ich finde, dass Flaschbrot jetzt nicht independent geblieben ist, ist jetzt eine andere Frage. Das muss dann die Gesellschaft entscheiden und das für sich bewerten. Aber zurück zu deiner Frage. Ich glaube, am Ende sozusagen Food ist, glaube ich, eins der spannendsten Würdiges aus meiner Sicht, ja. Warum? Weil A ist jetzt natürlich ein absolutes Grundgebrauchsthema, ja. Also es ist ja egal, was du machst. Es ist kein Luxusgut, es ist kein Konsumgut im klassischen Sinne. Das ist einfach, ja, das geht halt nicht weg, ne. Also Leute müssen essen, ja. Es ist so wie Bestattungsunternehmen und Lebensmittelverkäufer, glaube ich, total die sichere Bank, ja. Und das ist natürlich ein Riesenmarkt. Das ist einfach ein Riesenmarkt, egal ob jetzt nur Deutschland oder global, egal wie du den schneidest, ob das jetzt nur der Discounter ist oder der normale Lebensmittelmarkt oder selbst der Luxus-Lebensmittelmarkt, sind alles große, große Märkte, wo einfach sehr viel Potenzial drin ist. Was mich halt sehr wundert und wir sind jetzt auch aktiv oder sehr aktiv in diesem Bereich und haben da auch viele Insights, ist natürlich, wie wenig dieser Bereich wirklich, dieser Markt wirklich digitalisiert ist. Und da muss ich ehrlicherweise sagen, Ich glaube, hier ist nicht die Frage innovate or die, im Sinne von, dass jemand sozusagen aus dem Markt ausscheidet. Aber ich glaube, die Verschiebung der Anteile innerhalb der Akteure, das ist, glaube ich, das, was jetzt ein bisschen in Frage zu stellen ist. Also wer kann wirklich nach vorne raus die relevante Kundenschnittstelle sein? Und es ist natürlich immer ein bisschen schwierig, aus der eigenen Blase heraus zu argumentieren. Aber ich denke, du und ich werden wahrscheinlich das ähnlich sehen. Also ich bin so ein bisschen sehr progressiv, was angeht. Also ich finde, es gibt einfach aus meiner Sicht sehr wenig Gründe, in einen Supermarkt zu gehen. Fangen wir mal mit der steilen These an. Weil einfach der durchschnittliche Warenkorb, glaube ich, der allermeisten Menschen ist, sehr, sehr konkurrent. Woche zu Woche. Ja, ich glaube, die Varianz ist, weiß ich nicht, weil ich nicht auf mich gucke, 5%, 10%. Mal will man was von der Fleischtheke oder von der Fischtheke, mal will man mal ein neues Gericht ausprobieren. Aber ich denke, so der Grundbedarf an Getränken, Lebensmitteln, Hygieneartikeln, selbst bis runter zur Marke, ja, der Käse, die Wurst, das Shampoo, die Nudeln, der Honig, ja, die Eier, behauptet es bei den allermeisten sehr, sehr konkurrent. Das heißt also, Es ist kein, ich gehe jetzt mal in den Markt und lasse mich mal berauschen und entdecke mal was Neues. Da mag es Leute geben, die das mal einmal die Woche machen, aber im Wesentlichen ist es, glaube ich, sehr repetitiv. Es ist kein Inspirationsprodukt, ja, es ist kein Produkt, wo ich sage, wow, ich brauche jetzt ein Erlebnis, ich muss jetzt die Nudeln unbedingt sehen im Regal, ja, und sie mal anfassen und sie mal Probe mal auf die Packung drücken, ja, das ist, glaube ich, komplett irrelevant. Und es ist einfach auch, von der Convenience her, finde ich einfach komplett scheiß Experience. Du gehst einfach in den Laden, du stehst in der Kasse, packst dir die Dinge einmal in den Korb, du packst sie aus dem Korb in die Tüte, dann packst du sie aus der Tüte in den Kofferraum oder aufs Fahrrad, dann schleppst du sie hoch. Null Mehrwert. Also es steht ja sozusagen null Mehrwert auf deine eigene Zeit. Egal ob privat oder privat. Und da frage ich mich schon, ich glaube jeder, der eben auch regelmäßig die Lieferdienste für Food und natürlich vor allem auch für Getränke nutzt, wird wahrscheinlich mir das recht geben. Warum ist das Thema nicht deutlich flächendeckender ausgerollt? Also warum passieren immer noch so wenig Käufe des täglichen Grundbedarfs nicht einfach über deine App, wo du drei, vier, fünf Warenkörbe jetzt abgespeichert hast, wie Wocheneinkauf, Obst, Gemüse, weiß ich nicht, Kinder und dann zack. Hälfte davon im Abo-Modell, weil jetzt brauchst du sowieso immer die andere Hälfte per One-Click-Reorder. Und dann hast du halt nochmal, gehst du für mich einmal die Woche nochmal raus für irgendwie Fleischstücke, Fischstücke, Austern, weiß ich nicht, ja, Inspiration. Da habe ich große, große Fragezeichen, ja, warum da nicht eben deutlich mehr passiert ist, auch in den letzten Jahren, weil das für mich eigentlich ein so naheliegender Case ist. Also ich weiß nicht, ja, wie du da drauf guckst, ob es viele Gründe gibt, warum du dann sagst, ich gehe halt trotzdem in den Supermarkt, ich tue mir das trotzdem alles an, um am Ende die gleichen 90% Produkte zu kaufen, die ich eben sonst auch kaufe.

Joel Kaczmarek: Meine These wäre ja sogar, dass wenn man in den Supermarkt geht, der Einkauf vielleicht tendenziell sogar teurer wird, als wenn ich ihn digital abwickle, weil am Ende des Tages ist die Gefahr von Spontankäufen sozusagen da und dann nimmst du wahrscheinlich sogar mehr mit, als wenn ich jetzt so genau wie im Flaschenpost Sinne sage, die letzte Bestellung bitte nochmal genau wiederholen, weil Es stimmt ja, es gibt so 80 Prozent ist quasi Commodity. Also das sind die Eier, die Milch, Wurst, Käse, Brot, vielleicht Müsli, Obst, Gemüse, zack, bumm, Fleisch, Fisch, that's it. Und dann kommen irgendwie so, ach, heute hätte ich mal Lust, Gulasch zu machen und zur Vorspeise oder Nachspeise will ich einen Joghurt, bumm.

Boris Lokschin: Und auch die Proximity ist ja in Deutschland, also die Dichte der Läden ist ja sehr, sehr hoch. Das heißt also, selbst für den Fall, dass du eben Gulasch haben möchtest, Ja, da gibt es ja verschiedene Modelle in den USA, auch in Deutschland, wenn du dann sagst, okay, für diesen Spontankauf möchte ich jetzt das geliefert bekommen und dann hast du entweder, ja, die Flotte oder den Lieferanten, Lieferdienst des Anbieters oder von mir aus so irgendwie aller Instacart und wie ein Modell, wo Leute im Netzwerk dann zur Verfügung stehen und dann einfach den Einkauf für dich machen. Und dann sagst du auch, für diesen einen Einkauf bin ich auch bereit, dann von mir aus auch zwei Euro mehr für Delivery zu zahlen, weil das war jetzt wirklich ein Spontankauf. Da verstehe ich auch, dass das jetzt nicht Liefermenge, Lieferzeit optimiert vom Hersteller mir zur Verfügung gestellt wird. Komplett fein. Das ist einfach, glaube ich, super irrational in Deutschland. Also gerade im Discounter-Bereich merke ich natürlich, dass die Leute teilweise bis zur Irrationalität bereit sind, um 20 Cent, 15 Cent bei einem Joghurtbecher zu sparen, dafür zwei Kilometer mit dem Auto zu fahren und irgendwie die doppelte Menge an Benzin zu verbrennen und an Zeit. Einfach Das Ding eben von dem Discounter zu holen und nicht von dem Laden, der gleich irgendwie um die Ecke ist. Also komplett irrationales Verhalten, was den Zeiteinsatz angeht. Also wie viel Zeit allokiere ich auf was, was total repetitiv vorhersagbar ist. Unconvenient aus meiner Sicht. Heute Corona könnte man sogar sagen gefährlich. Unnötige Kontakte, unnötiges Aus-dem-Haus-Gehen. Klar, ich verstehe, dass das natürlich ein Kost- und Margenthema ist, weil das ist ja gerade der deutsche Lebensmittelmarkt natürlich mega hart umkämpft. Da sind ja die Margen so gering, dass da eben sozusagen Logistik und Kauf zu bauen mega reinhaut und dann eben Lieferungen. Aber da frage ich mich zwei Dinge. Punkt eins, also A ist natürlich eine Scale-Frage. Ich meine, die deutschen Discounter haben ja auch gelernt, sehr, sehr kosteneffizient zu sein at scale und dann eben herauszufinden, was braucht der Kunde an Auszeichnung, wie schön muss der Laden sein. Teilweise werden Sachen auf Paletten einfach hingestellt und die Leute kaufen es trotzdem, weil sie eben dann einfach diese Preissensibilität haben. Eine Banane aus irgendwie einem Land aus Südamerika zu verschiffen, einfach viel, viel teurer ist als 100 Tonnen Bananen, ist auch klar. Genau das Gleiche gilt ja für den Online-Bereich auch. Deine Logistik, deine Lieferwege, deine Auslastung wird der Zeit eben optimiert. Das ist ja ein lösbares Problem, will ich damit sagen. Das ist ein lösbares Problem über Zeit, über Software, über die richtigen Investitionen. Und da frage ich mich auch, ob das eben nicht dazu führt, über die Zeit, dass wir so ähnliche Diskussionen haben werden, wie im Automotive-Bereich irgendwann, dass eben sich Player finden werden, die eben nicht ihre Kompetenz primär nur im Einkauf haben, sondern in den Besetzen der Kundenschnittstellen und dem Sicherstellen sozusagen, dass dort eben der Zufluss, die Experience gut ist und dann eben sich die Einkaufsfähigkeit dazukaufen oder dann quasi unten drunter setzen. Ich glaube, da müssen eben wirklich die Deutschen sehr viel jetzt und mutig investieren und ich weiß auch, dass eben viele spannende Programme momentan laufen, also dass Da bin ich deutlich zuversichtlicher noch als in anderen Branchen, ja, dass da jetzt was passiert. Aber es ist einfach, für mich jeden Tag frage ich mich das, ja, warum? ich lese irgendwie deutscher Food-Markt irgendwie, keine Ahnung, im unteren einstelligen Bereich, Digitalisierungsanteil doesn't make sense, ja, aus meiner Sicht.

Joel Kaczmarek: Naja, ich meine, man muss ja mal ein paar Faktoren in dem Bereich hervorheben. Also das eine ist, es hat natürlich eine gewisse Komplexität, es ist auch Asset-heavy, also auch wieder ein Segment, wo man irgendwie Assets hat im Sinne von Ware und im Sinne von Logistik und oder Supermarkt, so. Dann hast du eine gewisse sozusagen so Oligarchien, ja, also egal, ob es jetzt Restaurantlieferung ist, da hat man ja gefühlt sogar ein Monopol mit Lieferando. Also es ist so, dass gefühlt 15% sind, glaube ich, nur digitalisiert der Bestellungen in Restaurants, aber wenn du online bestellen willst, wie viele Player gibt es, fallen mir außer Volt und Lieferando jetzt nicht so viele ein. Delivery Hero hat sich ja zum Beispiel aus Deutschland zurückgezogen und das ist ja gefühlt fühlt bei Supermärkten genauso. Also du hast irgendwie Rewe, du hast Edeka und bei den Discountern hast du meinetwegen Lidl, Netto und Aldi. Und ich glaube, also was so meine Vermutung wäre, ich habe mich halt immer gefragt, nach welchen Modellen machst du das, weil du musst ja dann Tourenplanung machen. Also du kannst ja unterschiedliche Ansätze fahren. Du kannst sagen, ich mache das so DHL-mäßig, großer Transporter, lad die Dinger voll oder du machst es eher Picknick-mäßig, kleiner Transporter, trotzdem lange Route geplant, dass ich alles irgendwie durcheffizient baue. Und Weiß ich nicht, wenn, dann wäre meine erste Antwort noch gewisse Sättigung, Innovators-Dilemma durch große Anbieter plus irgendwie Komplexität in der Umsetzung, weil frische Kette halten und so weiter, ist ja auch nicht ganz trivial. Und dann hast du das Workforce-Thema natürlich, dass irgendjemand das Zeugs irgendwie laden muss, weil dankbar ist es eigentlich.

Boris Lokschin: Aber es ist ja alles lösbar, das ist ja alles, was sagt, es ist ja A, lösbar und B, sind es ja auch wieder, zurück zu unseren anderen Folgen, das ist ja alles sozusagen vom Backend wieder gedacht und nicht vom Kunden gedacht. Das, was ich ja vorhin versucht habe aufzubauen, ist halt vom Kunden, also wenn ich mir die Frage vom Kunden stelle, ist, was macht für den Kunden Sinn? Convenience, Geschwindigkeit, Zeitersparnis und Co., ja, dann muss man ja eigentlich zwangsläufig zur Erkenntnis kommen, dass eben ein zu großen Teilen, ja, also das heißt nicht, dass du die Läden zumachen musst, aber vielleicht sind es dann eben deine lokalen Hubs und Warehouses und aus denen pickst du dann, ja. Aber eigentlich auch vom Kunden rückwärts gedacht, für eben den Grundbedarf täglich, habe ich große Fragezeichen, warum man eben da bei beratungsunrelevanten Produkten quasi größtenteils, man eben nicht sagt, die Kunden-Schnittstelle müssen wir deutlich intensivieren. Und klar, wir müssen diese ganzen Backend-Themen lösen und das muss kosteneffizient sein und kostenlos. Aber das ist alles lösbar. Das ist nicht, dass da eben unlösbare Probleme wären. Und auch hier wieder, siehe Automotive und Kapital, gerade ist das Kapital ja auch da. Also denen geht es ja allen gut, die verdienen gutes Geld. Also sich da unnötig, das finde ich aber auch ein bisschen gefährlich bei so margenschwachen Modellen, wenn die eben unter Druck geraten, also unter Druck heißt sozusagen aus Digitalisierungsgründen, Und deine Marge sowieso schon auch bei einem gut laufenden Geschäft sehr, sehr gering ist. Also in absoluten Werten ist sozusagen dein Ertrag zwar gut, aber eben über eine sehr kleine prozentuale Marge. Und wenn du dann eben unter Druck gerätst, ist dein Modell sehr, sehr schnell disbalanced. Also es ist halt ein großer Unterschied, ob du 1 oder 2 Prozent Marge machst auf Produkte oder ob du eben 30, 40 Prozent hast. Und wenn du von 30, 40, 5 verlierst, hast du dann immer noch 25 oder 35 versus von 1, 2 Prozent, 50 zu verlieren, ist halt schon echt hart. Und dann hast du wieder die Fähigkeit, nicht zu investieren. vielleicht, ne?

Joel Kaczmarek: Ich glaube, es ist wahrscheinlich zu wenig externer Druck da. Also auch so ein Amazon Fresh hat ja jetzt hier nicht die große Bewegung gedacht. Also du hast ja eine gewisse Lokalität auch bei Food drin. Das heißt, du hast nicht den Faktor, dass jetzt China kommt, produziert das dreimal billiger, verkauft es hier, nimmt dir irgendwie den Kundenzugang weg. Und ich meine, man kann es ja mal zuspitzen, ehrlich gesagt. Also ich bin total bei dir. Bei uns ist es so, wir haben teilweise unsere Haushaltshilfe dafür bezahlt, dass sie für uns einkaufen geht, weil ich das total stupide finde, Sachen in einen Korb reinzutun, wieder raus aufs Band. Wieder rein in den Korb und dann wieder rauszunehmen in mein Auto rein. Also alleine die Anzahl, wie oft ich dieses Wagen hin und her fülle, ist ja total dumm. Da fängt es ja bei Kleinigkeiten an. Also ich weiß nicht, wie es dir geht, ich erinnere mich noch an die Zeiten, wo Aldi-Mitarbeiterinnen, es waren damals an der Kasse gefühlt immer Frauen, noch mit Zahlen eintippen mussten, also die eher Aldi-Barcodes genommen hat. All die Passierer waren, glaube ich, die Besten im Markt, weil die sich diese ganzen Zahlen merken konnten. Wie lange hat das gedauert, bis die fucking Barcodes eingeführt haben? Und ich meine, das ist ja genauso, weiß ich nicht, warum gibt es keine digitalen Preisschilder, wie kann es sein, dass es eine Höhle der Löwen braucht, damit da irgendwie in den Regalen mal eine gewisse Durchwälzung kommt, aber da hast du ja auch wieder Oligarchien, also Oetker ist ja gefühlt für, ich weiß gar nicht, 30, 40 Prozent aller Produkte in einem Supermarkt, zeichnen die verantwortlich und und und, also Long story short, was ist also dein Fazit?

Boris Lokschin: Es ist ein schwer zu durchbrechender Markt, ja, das ist ja auch gar nicht sozusagen Substanz. jetzt von unserer Folge, ne, sondern ich glaube, worum es wirklich geht, ist eben zu sagen, ja, ich innovate or die, ja, ich glaube, das Risiko, was ich wirklich sehe, ist eben, dass wenn die das nicht machen, dann wird es eben andere Player geben, die versuchen werden, diese Kunststücke zu besetzen, wer auch immer das ist, ja. ob das neue digitale Player sind oder ob das die bewährten Gaffers sind oder sonst irgendwer, um dann eben mit dem Risiko, dass das im Zweifel eben der eine oder andere Anbieter dann eben wirklich nur noch auf seine Einkaufskompetenz, ja sozusagen im Backend und als Bereitsteller sozusagen von Ware dann runter dezimiert wird, was glaube ich nicht cool wäre. Ich glaube, da gibt es viel Potenzial, gerade auch über die Daten, über die Kauffrequenz, über Empfehlungen, Kaufverhalten, ja auch smarte neue Modelle, also so ein Modell wie zum Beispiel über Rezepte eben zusammenzustellen. Es muss ja kein Modell sein, was jetzt irgendwie eine neue Company macht. Also jeder Discounter könnte das ja super intensivieren, wenn sie genau wissen, hey, was kauft der Joel, was mag er, was hat er für Unverträglichkeiten, welche Lebenssituation hat er, hat er jetzt Kinder, hat er keine Kinder, was mag seine Frau, ja. Also da überpersonalisiert aus den Daten dir Rezeptempfehlungen zu geben, die du wieder mit einem Klick-Convenient zusammenstellen kannst, dir Empfehlungen zu geben für Feiertage, für Feiern. Ich weiß, dass du Geburtstag hast und ich weiß auch, dass du eigentlich eher jemand bist, der im großen Kreis feiert und nicht nur mit irgendwie Opa, Oma, Mama, Papa, So, und ich kenne auch deine Freunde vielleicht und ich weiß auch über die Integration mit deinem Facebook-Account, wer jetzt zugesagt hat für deine Feier und ich kenne auch deren Präferenz und ich weiß, dass da zwei dabei sind, die glutenfrei essen, eine, die Veganerin ist. Du hast halt so viel Potenzial, da wieder vom Kunden gedacht, sehr viel Mehrwert zu schaffen, sehr viel Convenience und trotzdem zu inspirieren, trotzdem zu upsellen, trotzdem zu crosssellen. Du kannst ja auch viel leichter dann zum Beispiel im Bereich Upselling auch an neue Marken heranführen, also zum Beispiel Eigenmarken und mal leicht anzufangen, die mal beizumischen, sagen, okay, ich tausche jetzt mal ein bisschen die Nudeln aus, sage, hey Joel, guck mal hier, gleiche Marke, Besser bewerten bei Strukturarentest, kostet dich 10% weniger, by the way, habe ich auch noch mehr Marge. Das kannst du halt smart machen. Da würde ich mich freuen, wenn das eher dann auf die Aldis dieser Welt dann eben umfällt und die das eben für sich claimen und das auch so konsequent bauen und dann nicht irgendwie wieder nur ein Digital-Startup oder irgendein amerikanisches Unternehmen ist.

Joel Kaczmarek: So, kommen wir zu unserem vierten Vertical. Boris, wann warst du das letzte Mal in einem Möbelhaus?

Boris Lokschin: Oh, das kann ich gar nicht mehr sagen. Ich glaube, Jahre her, Jahre, Jahrzehnte her. Jahre her. Ja, und die Experience war nicht cool. Da bin ich tatsächlich bei Furniture super kritisch. Das ist, glaube ich, ein gefährliches Vertical. Das ist für mich so ein bisschen immer, ich muss ja aus der Commerce-Brille da immer mit Schmunzeln draufgucken, weil es gibt einfach Verticals, die in den letzten 20 Jahren nach und nach digitalisiert wurden. Und jedes Mal hieß es, das ist ein Vertical, das wird niemals digital gehen. Hat ja angefangen mit irgendwie Fashion, das macht doch keiner, keiner kauft doch schuhe, die er nicht anprobiert hat online. Okay, zack, geht das dann. So ein Furniture, du kaufst doch kein Sofa, wenn du nicht drauf gesessen hast. So, jetzt wird es irgendwie im großen Stil dein Möbelverkauf. Dann dieses Parfüm-Kosmetik, das ist auch das Vertical, da musst du doch die Experience haben. So, und jetzt mittlerweile hast du natürlich alles bis hin zu eben, dass du ein Auto dir konfigurierst. Und bei Franchise bin ich immer sehr kritisch, weil es A sehr, sehr asset-heavy ist für die Möbelverkäufer. Das heißt, du hast natürlich immer diese riesigen Läden. Du hast einfach 40, 50, 60.000 Quadratmeter, die du einfach hinstellen musst erstmal. Dann packst du sie voll mit der Ware, was schon mal gefährlich ist. Du hast auch nicht so die riesen Marge in dem Bereich. Und du hast eigentlich einen komplett undigitalisierten Verkaufsprozess. Also das letzte Mal, als ich da war vor ein paar Jahren Negative Experience par excellence. Also A, künstlich unterdrückte Internetverbindung, anstatt mal vernünftiges WLAN extra anzubieten, wird das Internet künstlich gedrosselt, damit du ja nicht irgendwie Preise vergleichen kannst und das dann doch bei West Wing oder Home24 bestellt, also wo du da denkst, so Jungs, ihr habt es nicht mehr alle. Dann hast du die Verkäuferin, die mit ihren dicken Katalogen rumlaufen und dann statt mal schnell auf dem iPad das Modell, die Farbe, den Ottoman links oder rechts zu wählen und zu sagen, das ist der Preis, einfach so dieses Übereinanderlegen von diesen Preismatrizen, teilweise mit Lineal und Bleistift, dann hier irgendwelche, wo du auch sagst, hey, das ist ja der Grund, warum es Excel-Tabellen gibt oder in schönerer Form irgendwie einen Konfigurator gibt, den du einfach als iPad bei dir irgendwie dabei haben solltest. Dann irgendwie alles über den Preis verkauft. Jetzt erkennt man so schön, so Streichpreis-Hüpfburgen als einziges Vertriebsinstrument. Einfach ein schwieriges Modell. Und ich glaube, in der Zeit, in der die Logistik gut ist, um dann am Ende, und das ist, glaube ich, das Schönste dann, die Weißprodukte ja trotzdem nicht dabei zu haben. Also am Ende hast du quasi eine nicht so schöne Experience und dann wartest du ja trotzdem die gleichen vier, fünf, sechs Wochen wie bei den anderen auch. Das heißt, der Unterschied für mich ist, wieder zu Hause, ohne Stress, mir irgendwas zusammen zu konfigurieren, in Form und Farbe, mir das anzugucken, sofort die Preise zu sehen, mittlerweile auch mit coolen Augmented Reality Apps mit meinem iPad, das ins Zimmer zu halten, zu sehen, wie das Sofa aussieht. Das ist ja ein sehr leicht zu lösendes Problem sozusagen, also technisch sehr leicht zu lösen Problem. Und eigentlich die gleiche Experience oder sogar eine bessere Experience, weil ich habe ja das Sofa in meinem Zimmer, an dem richtigen Ort, in der richtigen Proportion und Größe und Farbe. Das ist ja viel geiler, als dass in irgendeinem abstrakten Raum von 40.000 Quadratmeter, abgesessen, weil da schon 15.000 andere Leute draufgesessen haben, sich das anzuschauen. Oder mit einem kleinen Stoffmusterkatalog, wo dann so ein kleines, kleines 10-Zentimeter-Stückchen in der Farbe Blau dann da ist. Also bessere Experience, gleiche Lieferzeit, besserer Preis, wo ich mich dann auch frage, wie sustainable ist das Modell? Also was ist denn der Grund, dass du da nach vorne raus investierst in Quadratmeter de facto und nicht in Digitalkompetenz? Also halte ich für schwierig.

Joel Kaczmarek: Naja, ich meine, man kann ja mal noch weiter abstrahieren. Also es ist ja eine Branche, die a, eine gewisse, was du meintest, Asset-Heaviness hat. Also es ist sehr komplex. Dadurch ist es logistisch irgendwie sehr herausfordernd. Also wenn man sich mit so einem Thilo Haas von Conox mal unterhält, der hat lustige, unterhaltsame Geschichten, wie ihm schon Möbel zurückgeliefert wurden mit irgendwelchen Gabelstaplerlöchern drin und solche Sachen. Plus, und ich glaube, da haben wir noch gar nicht drüber geredet, super geringe Markenbekanntheit. Also damit ja eigentlich riesige Chance, Dinge zu tun, weil ich glaube, wenn du auf der Straße mal Leute anfasst, dann senden sie mal eine Möbelmarke. Die meisten sagen dann Ikea und dann sagst du, das ist ja eigentlich kein, also ja, ist auch ein Hersteller, aber mal eine wirkliche Marke und dann kennen die Leute ja nichts. So, das heißt, ich würde fairerweise sagen, Ikea hat eine gute Produkterfahrung im Laden, aber die sind ja auch eigentlich, darüber machen viele Leute sich gar nicht so viele Gedanken. Eins von deren Assets ist ja Nutzerströme führen. Deswegen machen die ja mittlerweile auch eigene Einkaufszentren, weil sie sozusagen Nutzer- oder Kundenführungsstrategien entwickelt haben. Aber wenn man das mal alles so zusammennimmt, gebe ich Ihnen eigentlich total recht. Also diese damalige Kampagne von Home24 mit dem Arsch der Welt, wo die Möbel hinfahren und so, da ist schon was dran. Und ich glaube aber, diese Heaviness bei der Logistik hält wahrscheinlich viele so ein Stück weit von ab. Ja, genau.

Boris Lokschin: Also ganz klar. Wobei auch das halt, finde ich, ist halt ein lösbares Thema. Also das ist jetzt nichts, wo ich sage, Logistik ist ja sowieso gefordert. Im Sinne von im Food-Bereich gefordert, neue Lösungen im Bereich von schweren Möbeln gefordert. Ja, und Auch da ist halt die Frage, wie ist halt die Preisbereitschaft des Kunden, ja, also da Dinge zu machen. Also wenn ich jetzt irgendwie darüber nachdenke, was mein letzter großer irgendwie Kauf oder Bestellung war, nämlich so einen großen Kühlschrank, ja, ganz ehrlich, also das war halt ein Entscheidungsmerkmal für mich, ja, weil das Kühlschrankmodell, das hatten dann alle, ja, die Großen von Asus über Amazon über Otto und Co. bei sich im Katalog, Aber wer liefert mir das? Und zwar nicht bis zur Hauskante, verpisst sich dann und lässt das Ding dann da einfach stehen, sondern wer schleppt das hoch? Wer schließt das an? Wer schleppt den alten, wer nimmt den mit und schleppt den runter? Also da war ich tatsächlich bereit, eben teilweise, glaube ich, irgendwie 10% oder mehr des Kaufpreises auch zu bezahlen. Das kann ich mir im Möbelbereich genauso vorstellen. Da sagst du, okay, da kommt eben das Sofa, das wird vielleicht sogar zusammengebaut und ich bin jetzt nicht der Student, der jetzt jeden Euro, zwei Euro umdreht, sondern ich sage, ey, da kommt jemand, der baut das zusammen, der nimmt das alte Ding aus der Vielleicht hat derjenige sogar ein angeschlossenes Second-Hand-ähnliches Modell und veräußert das und ich kriege dafür quasi, also nimmt das de facto in Ankauf und sagt, okay, das Ding sieht noch gut aus. Da haben wir nochmal einen zweiten Marktplatz parallel, wo wir das einstellen und kriegst nochmal 100 oder 200 Euro dafür. Mega geile Wertschöpfungskette in Summe. Und das offsetet vielleicht die Logistikkosten ein Stück weit, dass du sagst, okay, ich kriege 200 Euro, dafür zahle ich 100 Euro für den Versand. Für alle immer noch ein gutes Business. Also ich glaube, das ist lösbar, aber auch hier wieder, also nicht vom Backend gedacht, sondern vom Kunden gedacht. Und ich frage mich immer einfach aus Kundensicht, was ist die Ratio für mich als Kunde, anstatt ranzufahren mit dem Auto in so ein Riesending, dort ganz viel Zeit zu verbringen mit einer Experience, die schlechter ist, als wenn ich mein iPad ins Wohnzimmer halte und das Ding dann hinstelle. Mehr zu zahlen, irgendwie, weiß ich nicht, diejenigen, die vielleicht Kinder haben, die noch mitzunehmen und dann ist das Kinderland auch noch zu in der Woche ausgerechnet. Ja, dann laufen die Kinder da komplett verrückt rum. So, ist einfach schwierig. Also mir fehlt es halt einfach an entsprechenden Argumenten. Und auch dieses, ich habe da einen Trödelmarkt oder ich kaufe noch ein paar Köttbullar. Ja, dann hat der Ikea perfektioniert und macht ja auch einen guten Teil seiner Umsätze damit. Aber das gilt natürlich nicht für den normalen Möbelhändler aus meiner Sicht. Und da ist halt wieder so ein bisschen auf dieses Thema Asset und Liability zu kommen. Was da wirklich das Problem ist, ist eben aufgrund der Größe dieser Märkte, ja, ist da sehr voraussehbar, dass wenn eben der Online-Anteil nochmal um einiges steigt, dann haben halt die Märkte, sind halt über Nacht unprofitabel, jetzt mal ganz plakativ gesagt. Also es ist halt nicht so ein Abgesang. dann, die Wenn du dann 10, 15 Jahre bist, wie in anderen Branchen auch, wo du einfach auf einmal so einen Markt hast, der hat ja eine Grundausstattung an Personal, der hat eine Grundausstattung an Quadratmetern, an Reinigung, an Strom und Versicherung. Das heißt also, dieser Kostenblock, den kannst du halt nicht runterfahren oder nicht signifikant runterfahren. Das heißt, wenn so ein Markt dann einfach ein bisschen weniger, 5%, 10% weniger Besucher hat, hast du halt ein Problem. Da wäre ich sogar bei Food und Automotive noch ein bisschen mehr Zeit ist. Ich glaube, in dem Segment müsste man echt Gas geben, um sich da vernünftig aufzustellen erstmal.

Joel Kaczmarek: Also ich war zuletzt mal im Möbelhaus und ich fand ganz lustig, als dann da mit einem Nadeldrucker gedruckt wurde. Ich wusste gar nicht, dass sowas noch gibt, dass die noch funktionieren.

Boris Lokschin: Meinst du das Ding mit den löchrigen Hand?

Joel Kaczmarek: Ja, wo links und rechts so eine Lochdinger sind und dann machen die so. Also Und dann sagt der Kollege dir, ja, das haben wir vorher übernommen, das war ja schon beim Vorbesitzer drin und so weiter.

Boris Lokschin: Und by the way, um das vielleicht abzuschließen, also ich glaube, der Höhepunkt, der negativste ist natürlich dann auch, dass du gerade dann auch noch in einem Checkout oder Kaufprozess, also wenn du da natürlich das vergleichst mit, ja, ich meine, viele Leute kaufen natürlich Möbel auf Raten oder haben da irgendwie bestimmte Finanzierungskonditionen, also dann Machst du das da, das heißt, dann hast du mit dem Berater schon ganz lange verbracht, der hat dann anscheinend sofort die Konfiguration auf seinem iPad zu konfigurieren, der hat dann 20 Minuten das Ding gemacht für dich und die ganzen Tabellen und dann kommst du dahin und zahlst deiner Kasse den Check, dann gehst du in einen extra Raum, fühlt sich schon so ein bisschen wie bei so einem Verhör, gehst in so einen extra Raum, wo du dann auch noch die Finanzierungsanfrage und Dokumente alle auszufüllen hast. versus du machst das eben live in deinem Checkout, ja, und dein, was auch immer der Finanzierungs- oder Rechnungskaufpartner ist, der angebunden ist, das eben in Echtzeit macht und eigentlich nur eine Verzögerung von vielleicht 10 Sekunden erzeugt, auch hier wieder. bessere Experience, mehr Convenience, auch der Teil der Wertschöpfungskette, glaube ich, muss angeschaut werden.

Joel Kaczmarek: Mit Blick auch auf die Zeit, letztes Vertical, Pharma. Ja, Pharma ist super spannend.

Boris Lokschin: Ich glaube, im Pharma oder im ganzen MedTech-Bereich, glaube ich, gibt es ganz, ganz viel Innovation. Also ganz viel Upside, ganz viel Opportunity. Ich glaube, nicht so super viel Risk, aber super viel Upside. Weil du einfach da die Grenzen zwischen B2B, B2C, Wholesale verschwinden halt. Und ich glaube, auch hier wieder vom Kunden gedacht, Es gibt ja diese ganzen super coolen Modelle mit irgendwie Video-Doktor-Termin vereinbaren und im Hintergrund direkt dann das Medikament liefern lassen aus der Apotheke und die Subscription direkt vom Arzt ausstellen lassen und den Krankenschein dann an den Arzt irgendwie verschicken. Und parallel vielleicht ein Marktplatzmodell, wo du eben eigene Produkte hast und andere nochmal mit bieten lässt. Also ich glaube, da ist die Fähigkeit und die Möglichkeit, B2B, B2C Marktplatz-Capabilities zu bauen in einem margenguten Business bei nicht so vielen Playern und mit ganz, ganz vielen Vorteilen für den Kunden super, super groß. Da wäre ich sehr bullisch, da viel zu machen, weil du da natürlich schon per Definition eigentlich alles hast, was so digital Herzen höher schlagen lässt. Du hast Marktplatz-Modelle, du kannst Plattform-Modelle gut bauen, du kannst Recurring-Modelle, also Subskriptions-Modelle gut schaffen. Es ist null digitalisiert an der Kundenschnittstelle momentan, also wie es das Erlebnis für den Kunden, du kannst Convenience optimieren, ja, auch da hast du irgendwie die meisten verschreibungsfreien Medikamente, jeder weiß, welche Kopfschmerztabletten er nimmt seit Jahren, jeder weiß, was er in seiner Hausapotheke, in seinem Hausschrank an Hustensaft drin hat und an irgendwie Grippemitteln, ja, also da, glaube ich, kann man sich super leicht ausbreiten, ja, also da wäre ich super bullisch und wenn ich sozusagen im Pharma-Medtech-Bereich wäre, würde ich massiv investieren.

Joel Kaczmarek: Aber gut, du denkst jetzt vor allem eher daran, wie man Medikamente zum Endkunden bringt. Also es ist natürlich auch so ein Thema Forschung und Entwicklung, riesig teuer, riesig komplex, dann hast du die ganzen Generikathematiken, da kommt ja eigentlich ganz viel zusammen.

Boris Lokschin: Deswegen macht es halt auch Sinn, als Pharmaunternehmen sich natürlich da eben auch, also ähnlich wie Dr. Oetker als Lebensmittelbrand, sich da eben auch bereit aufzustellen, sich dann weiterzuentwickeln, sich zu fragen, bin ich hier wirklich nur der Hersteller, kann ich auch ein Endkundenmodell bauen, kann ich selber, es gibt jetzt natürlich auch große Pharmazien oder Hersteller, die teilweise eigene B2C-Marken besitzen. Also in Deutschland ist das schwierig, aber in anderen Ländern in Europa geht das. Das heißt also, ich kann eigene Endkundenmarken bauen, eigenen Endkundenzugang. Ich kann eben ein Marktplatzmodell bauen, mit dem ich mich vielleicht zusammenschließe mit anderen Herstellern und dann eben ein Modell habe, was für den Kunden wieder Sinn macht, weil es ein gemischter Warenkorb ist. Ich kann das integrieren mit Anbietern von Endkunden, Schnittstellen für zum Beispiel Arzttermine. Ich kann die B2B-Wertschöpfungskette optimieren, also wie kriege ich Medikamente besser, schneller, weiter, wiederbestellbarer zum Apotheker. Also da habe ich so viel Potenzial. Also wenn man da drauf guckt, da geht die Sonne auf. Also da muss ich einfach nur machen. Da brauche ich gar nicht so super viel nachzudenken. Das ist einfach nur mein Team oder zwei, drei Teams mal hiren und einfach die ersten Modelle auf die Strecke. Da wäre ich auf der Innovation-Seite total dabei, dass da ganz viel Potenzial ist bei vergleichsweise wenig Disruptionsdruck oder Angst, die man haben wird.

Joel Kaczmarek: Warum ist das so? Warum steht man hier so viel besser da als jetzt? zum Beispiel irgendwie Food oder Automotive? Was ist hier anders?

Boris Lokschin: Automotive ist, glaube ich, einfach ein Thema, wo du einfach über Langzeit-Asset-Heavy-Investitionen irgendwie Themen machen musst und da deutlich stärker auch angegriffen wirst von anderen Digitalmarken. Das ist halt im Fahrerbereich noch relativ gering. Da ist der Druck, glaube ich, einfach noch kleiner. Du hast einfach mehr Opportunity, weniger Druck. Klar, du hast je nach Forschung sehr, sehr viele Investitionen. Da wird sich jetzt auch nichts daran ändern. Das ist aber nichts, was über Digitalisierung besser oder schlechter wird, erst mal per Definition. Das ist einfach eine bessere Möglichkeit, den Weg zu ownen, ähnlich wie im Food-Bereich auch. Einfach selber diese Kundenstiftstelle zu besetzen oder eben mit anderen zu partnern. Und du hast einfach auch eine sehr geringe Eintrittshürde digital, weil eben die Kunden noch gar nicht so viel erwarten. Das ist genau wie im Food auch. Also mach mal einfach einen vernünftigen Warenkorb, eine vernünftige App, wo du deine fünf, sechs Food-Warenkörper abspeichern kannst und dann sind die meisten ja schon happy. Lass das Ding vernünftig nach Hause schicken. Also auch hier wieder, ich würde behaupten, die Hausapotheke der allermeisten ist zu 90 Prozent wahrscheinlich mit Jahren gleich befüllt. Du hast die gleichen Themen drin. Ich weiß genau, wenn ich Husten habe, was ich dann nehme, wenn ich schnupfen habe, was ich dann nehme, was die Kinder bekommen, wenn sie Fieber haben, was man einnimmt bei Kopfschmerzen, Magenschmerzen, Säure und so die üblichen Bewege, die eben nicht verschreibungspflichtige Medikamente irgendwie erfordern. Also da wäre ich relativ politisch.

Joel Kaczmarek: Na, ich glaube, was noch hinzugekommen ist, ist ja auch Regulierung lange Jahre ein starkes Thema. Wenn ich so an die Kämpfe denke, die so ein Doc Morris ausfechten musste, war glaube ich nicht ganz ohne. Plus, es wird natürlich immer zu so einem Vertrauensthema stilisiert, dass wenn ich im Internet Pillen bestelle, boah, wer weiß denn, was da drin ist, könnten ja Fälschungen sein. Und ich glaube, Corona war da jetzt auch wieder so ein Booster, dass man halt aus der reinen Notwendigkeit, auf einmal siehst du halt irgendwelche Schilder mit, ah, das E-Rezept kommt, wo du denkst, ja, das hätte auch schon vor fünf Jahren kommen können.

Boris Lokschin: Genau, das war witzig, was ich gestern auch gesehen habe in der Apotheke, da habe ich auch geschmutzelt und dachte, okay, ja, das ist jetzt aber, weil das genauso aussieht wie ein normales Rezept, also mit dem QR-Code drauf, also das ist jetzt nur wirklich mehr als überfällig, ja. Ich glaube, das ist einfach eine Branche, die einfach schwer zu knacken ist, ja, weil wir einfach da natürlich auch Apotheker und Ärzte und niedergelassene Ärzte und jeder muss irgendwie auch irgendwie Hardware, Software irgendwie ein Stück weit dann. dann umstellen und das ist ja so ein bisschen so wie, mittlerweile feiern wir uns ja dafür, dass man eben Termin beim Arzt irgendwie über die entsprechenden Portale gibt, ja so zwei, drei Anbieter machen kann, ja, aber wenn du darüber nachdenkst, ist das eigentlich ein Witz, ne, also da sagst du ja, das ist doch selbstverständlich, ja, ich kann meine Pizza schon seit 15 Jahren bestellen, aber irgendwie nur ein kleiner Teil der Summe der deutschen Ärzte ist eigentlich über eine zentrale oder über ein, zwei zentrale usable Terminvereinbarungsplattformen verfügbar, ne, So, das kann eigentlich nicht sein, ne, kompletter Quatsch. Das ist ja, 90% der Ärztinnen müssen drauf sein mit Bewertungen und Filtern nach Region, Hausarzt, Hannover, Postleitzahl, zack, soziiert nach Bewertung, soziiert nach irgendwie, weiß ich nicht, ja, anderen Präferenzen. So, verfügbare Termine anzeigen, draufklicken, fertig, die Sache, ne. Kalendereintrag drin und nicht drei Praxen anrufen, wer welcher Augenarzt jetzt irgendwie gerade wieder in vier Wochen mich empfangen kann, ne. Teilweise große Fragezeichen noch, ja.

Joel Kaczmarek: Gut, was ist so dein Gesamtfazit? Diese fünf Verticals nochmal durchdekliniert, also Automotive, Manufacturing, Food, Furniture, Pharma haben wir jetzt besprochen. Hast du so wiederkehrende Momente, die du nochmal irgendwie für die Hörerinnen und Hörer zusammenfassen kannst?

Boris Lokschin: Ja, ich glaube, also wie gesagt, ich glaube, die Asset-Heavy-Modelle, die Industrie-Modelle, die müssen einfach massiv Gas geben. Ich glaube, das, was die Büros stark und kompetitiv gemacht hat, ist eben nach vorne raus weniger bedeutend. Das heißt, sie müssen ganz, da ist es noch nicht zu spät, aber sie müssen eben mutiger und ein Stück weit progressiver jetzt investieren ins Hiring, die nötigen Assets nach vorne raus, um eben da den Anschluss nicht zu verlieren. Also ich glaube, gute Produkte, solide Ingenieursprodukte werden nach vorne raus auch wichtig bleiben, aber eben kundige Stille Software, vernetztes Denken muss eben aufgebaut werden. Bereiche Food Pharma, glaube ich, sehr viel Upside, sehr große Märkte und vergleichsweise noch niedrige Kundenerwartungen, also einfach massives Go, ja, sozusagen wenn man so in Short und nicht Shorten denkt oder irgendwie da als Hebelzertifikat würde ich darauf setzen, ja, und sagen, hey, macht es, ihr könnt mit vergleichsweise wenig Kapital und Mitteleinsatz überdurchschnittlich viel Boden gut machen. noch, ja, überlasst das Feld nicht den anderen, ja, ganz viel Opportunity, gut zu protegieren, sehr skeptisch bin ich bei Furniture, ich glaube, einfach ein schwieriger Markt, also da muss halt super radikal jetzt auch wirklich in Richtung neuer Modelle gedacht werden, ja, weil es einfach Ich mache jetzt auch mal einen responsiven Shop für Sofas. Ja, ich glaube, das ist nicht das Modell, was eben da vorne raus einrennt.

Joel Kaczmarek: Gut, so viel heute also mal als Anwendungsfolge zu dem, was du hier mal mit uns gemeinsam postulierst. Ich freue mich schon das nächste Mal wieder mit dir zu quatschen. Vielen, vielen Dank, lieber Boris. Und da kommt dann vielleicht mal wieder ein bisschen mehr Theorie, die wir dann auch mal wieder auf die Praxis anwenden. Danke dir.

Boris Lokschin: Danke, ciao.

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