Budgetierung: So kriegen IT-Projekte Geld zur Umsetzung

20. März 2019, mit Joel KaczmarekBoris Lokschin

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Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Innovate or Die Podcast von digital kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und ich sitze wieder mit dem guten Boris Lokschin zusammen. Hallo Boris. Hallo, guten Morgen. Du wirst ja nachgefragt hier, wie geschnitten Brot. Hätte ich nie gedacht, dass man zu IT-Projektmanagement hier so voll durch die Decke geht.

Boris Lokschin: Ja, ich bin auch überrascht. Freut mich natürlich, dass scheinbar viele Leute unterwegs sind, die ähnliche Erfahrungen machen, ähnliche Probleme sorgen. Von daher tatsächlich für so einen Fachpodcast bin ich auch positiv überrascht der Nachfrage.

Joel Kaczmarek: Dein Kompagnon Alex Graf, den haben wir jetzt schon angestachelt, der macht ja mit mir ein E-Commerce-Format und der hat gesagt, es fuckt ihn ab, dass du hier den erfolgreichsten Podcast hast, der muss sich mehr anstrengen. Um mal die interne Rivalry hier, Rivalität zu füttern. So und apropos Rivalität, gutes Stichwort. Heute soll es um ein Thema gehen, was glaube ich extrem viele Menschen beschäftigt. Gar nicht mal fairerweise nur im IT-Projektmanagement, von daher vielleicht nimmt auch der ein oder andere aus anderen Bereichen hier heute was mit. Es geht um Budgetierung. Also wie kriege ich Budgets für Themen, wie verkaufe ich intern, wie schaffe ich es, Sachen auf die Straße zu kriegen, weil am Ende des Tages brauchen die immer ein gewisses Geld. Was ist so dein erster Gedanke, der dir zu diesem Thema kommt? Was für eine Lebenswelt begegnet dir draußen an der Front, wenn du über das Thema Budgets mit Menschen redest?

Boris Lokschin: Der erste Gedanke, der mir kommt, ist, dass die Herangehensweise oder die Situation schon ein Stück weit schizophren ist aus meiner Sicht. Warum? Zum einen redet, glaube ich, jeder und alle heute über Digitalisierung, digitale Transformation. Jeder nickt einem auf die Bühne hoch oder von der Bühne runter, wenn es darum geht, dass man kundenzentrisch werden soll, dass ganze Branchen, Industrien von der Disruption betroffen sind, dass neue digitale Geschäftsmodelle gebaut werden müssen und, und, und, und, und, und, und. Gleichzeitig scheint es mega schwierig zu sein für die Stakeholder, mit denen man dann eben täglich im Doing ist, die notwendigen Budgets zu bekommen. In der nötigen Höhe, in der nötigen Geschwindigkeit, auch im nötigen Verhältnis zu der eigentlichen Challenge. Ich glaube, ich kann heute auch so ein paar Dinge erzählen aus dem täglichen Doing bei Spryker. Wir sind ja selber quasi als Softwarehersteller dem ausgesetzt und führen ja verschiedenste Gespräche, Verhandlungen mit Kunden, haben ein breites Partner-Agentur-Netzwerk.

Das heißt, unsere Partner kämpfen häufig und pitchen um Budgets und Freigaben, reporten uns auch viele spannende Storys und Anekdoten. Und ich glaube, das ist so das Erste, was mir einfällt, dass man auf der einen Seite morgens da die Zeitung aufmacht und eben liest von horrenden zwei-, teilweise dreistelligen Millionensummen, die nach wie vor bei vielen Unternehmen in Legacy- und Backend-IT-Systeme fließen, so Stichpunkt SAP, Lidl und Co. Und auf der anderen Seite, man eben dann dem E-Commerce-Leiter, dem Digitalisierungschef, dem Chief Marketing Officer begegnet, der sechsstellige Beträge Probleme hat durchzubekommen bei seinem Vorstand oder bei den Eigentümern für sehr häufig sehr nachvollziehbare Dinge eigentlich. Also noch nicht mal was, was man als gewagte Wette bezeichnen würde, siehe vorherige Podcasts, dass man so einen Scope ein bisschen smart balancet. Und das, glaube ich, ist total schwierig. Ich glaube, da gibt es ein paar Learnings, da gibt es sicherlich auch ein paar To-Dos und Best Practices, aber Es ist und bleibt einfach ein schwieriges Feld und auch ein nicht nachvollziehbar schwieriges Feld, weil der Akzent, der eigentlich darauf zu setzen sein müsste, so gefühlt, wenn jeder doch sagt Digitalisierung, Disruption und Co., dann müsste doch irgendwie jeder da mit totalem Fokus und Elan auch auf der feinen Seite drauf schauen. Tatsächlich scheint es aber noch nicht so zu sein.

Joel Kaczmarek: Dann sollten wir diese Ambivalenz mal etwas nachspüren. Also auf der einen Seite hast du ja recht, hat jeder irgendwie den Schuss gehört. Und wenn man sich auch mal so mit den ganzen Mittelständlern unterhält, also was ich auch von anderen gespiegelt bekomme, ist, die haben schon verstanden, dass sie was tun müssen und was passiert, wenn sie nichts tun. Gleichzeitig hat man genau diese Situation, dass eigentlich vermeintlich klare Sachen irgendwie nicht durchsetzbar sind. Woran liegt denn das in erster Instanz? Ist das ein Verständnisthema, dass die sozusagen bei Technologiethemen zum Beispiel, du Budgetentscheider hast, die einfach den Technologiefaktor nicht verstehen und deshalb quasi nicht entscheidungsfähig sind? Oder woran liegt das?

Boris Lokschin: Also ich glaube, das sind so zwei, drei Dinge, vielleicht so bottom-up mal gedacht. Das Erste ist, Ich glaube, dass nach wie vor in den allermeisten Unternehmen IT immer noch als klassisches Cost-Center gesehen wird. Das heißt also, die Kosten denke versus, dass eigentlich IT, Technologie, Daten auf der Umsatz- oder Value-Generierung-Seite anzusiedeln sind. Weil dort entsteht ja Wertschöpfung in dem digitalen Modell nach vorne raus. Wir hatten, glaube ich, das ja auch schon thematisiert, dass zunehmend Differenzierung über das Produkt, was im Lager ist, oder ein Warehouse hängt, in den seltensten Fällen noch gelingen kann. Das heißt, die meisten Möglichkeiten, sich eben abzusetzen von seinem Wettbewerb, der eben das gleiche oder ein ähnliches Produkt verkauft oder den gleichen Service anbietet, sind eben technischer Natur. Deine technischen Fähigkeiten, dein Commerce-System, die Art und Weise, wie du mit Personalisierung umgehst, die Art und Weise, wie dein BI-System funktioniert, die Fähigkeiten im Performance-Markt, in Geschwindigkeit, die Möglichkeit, Kunden an neuen Touchpoints zu adressieren, Logistik, alles technische Themen kannst du alle ohne sozusagen Developer-IT nicht machen.

Und trotzdem, glaube ich, dominiert diese Kostdenke, die immer noch aus der ERP-Welt überschwappt, glaube ich, stark auch noch sozusagen getrieben von dem, nennen wir den mal idealtypisch EDV-Leiter, bis diese Gattung quasi sich verabschiedet aus dem Berufsleben, werden sicherlich noch ein paar Jahre vergehen und solange diese Herren und Damen noch am Zug sind, ist natürlich häufig diese Art und Weise, auf die IT zu blicken, eher kostgetrieben, das heißt, Kost, Effizienz, Nachhaltigkeit, lange Planungshorizonte, also große Anschaffungen mit einem großen Refinanzierungs- oder ROI-Horizont. Ich kaufe ein großes, teures System, weil das wird ja zehn Jahre da sein. Das sind natürlich alles so Denkmuster, die alle total valide sind in einem Standardsystem oder Standardprozessumfeld. Wenn ich ein großes kaufmännisches System, Buchhaltung, Finanzbuchhaltung, Lagermanagement vielleicht, HR-Systeme, Lieferantensteuerung, Alles, was ich so klassisch im ERP ansiedeln wollen würde. Wenn ich sowas kaufe, da habe ich natürlich nicht die Geschwindigkeit, die Agilitätsanforderungen eines Frontends.

Da mache ich keine 10 Deployments pro Tag. Da mache ich keine permanenten Änderungen und da mache ich auch keine MVPs von meiner Finanzbuchhaltung. Sondern da plane ich relativ strikt durch, implementiere das Wasserfall ähnlich, habe da meine ein-, zweimal pro Jahr ein Update von der Standardsoftware. Ich kann sehr, sehr viel standardmäßig einkaufen, weil die Geschäftsprozesse sind dann irgendwie häufig angelehnt auch an irgendwelchen gesetzlichen oder Geschäftsprozessen. Prozessregulatorien, die dann statischer sind. Und deswegen ist sozusagen die Refinanzierbarkeit irgendwie auf die nächsten zehn Jahre auch leichter zu rechnen. Ich kaufe das System, ich habe 20 Prozent Wartungskosten pro Jahr dagegen, irgendwie noch ein bisschen Weiterentwicklung und gut ist. Das heißt, Punkt eins ist wirklich Cost-Center versus Business-Enabler-Denke. Also das ist, glaube ich, das Erste. Können wir gleich ein bisschen darauf eingehen. Das Zweite ist, ich glaube, einfach auch aufgrund dessen auch das mangelnde Verständnis oder Intransparenz über das, was dort eigentlich gekauft wird. Weil Es ist ja schon ein Stück Magic und ein Stück Voodoo. Ich habe eben nicht, wenn ich eine Lösung habe, die nicht Standard ist.

Was bedeutet das? Das bedeutet, ich kann diese nicht nach Standardbewertungskriterien greifen. Ich kann also nicht einfach einen Bewertungskatalog von der Unternehmensberatung dagegen legen und einfach funktional Feature für Feature abgleichen. Ist das drin? Ist nicht drin? Wie ausgebaut ist es? Wie wenig ausgebaut ist es? Also das fällt mir schwierig. Was steht da für ein Preis darunter? Wie sind die Wartungssupportkosten? Also die Vergleichbarkeit wird schwieriger. Ich kaufe irgendwas ein. Was, wenn ich mir so die heutigen Commerce-Systeme, die modern angucke, die da sind, inklusive dem, was wir mit dem Spyker Commerce OS anbieten, das ist schon nicht unkompliziert. Das ist jetzt nicht von der Stange Standardsystem mit fünf bunten Features. Das ist schon relativ komplex, das Modular, API-first, Headless. Headless heißt erstmal, ich kann irgendwie vielleicht wenig sehen. Ich kann jeden Touchpoint anbieten, ich habe APIs, ich kann irgendwie alles und nichts an Funktionalität erreichen. Ich habe irgendwie einzelne Bausteine. Was brauche ich jetzt davon genau? Brauche ich alles? Brauche ich nichts? Wie tief gehen die Bausteine? Das erfordert schon ein anderes Level an Verständnis, auch ein anderes Level an IT.

Das sind Technologien, mit denen dann diese Entscheider häufig nichts zu tun gehabt haben, die sich auch permanent wandeln. Das ist schon schwierig. Da muss man schon mit Verständnis sozusagen rangehen. Wenn etwas intransparent ist, wenn ich eine Dienstleistung oder ein Produkt einkaufe, von dem ich erstmal nichts verstehe, dann tue ich mir natürlich total schwierig, auch im Privatleben, da einen Preistag dran zu machen. Wenn man die Hose in der Hand hält im Laden und sie fühlt und das Gefühl hat, das ist ein guter Stoff und eine gute Verarbeitung und ich kenne die Marke, dann habe ich irgendwie ein Preisgefüge. Wenn ich irgendwas komplett Virtuelles einkaufe, dann weiß ich gar nicht, ob das jetzt irgendwie den Value hat. Also das ist das Zweite. Ich glaube einfach Verständnislosigkeit darüber, was ich da kaufe und die Unfähigkeit damit, das sozusagen auch sauber zu budgetieren. Und das Dritte ist, glaube ich, es wird auch sehr viel Schindluder getrieben, muss man fairerweise sagen, im Markt. Es gibt viele Anbieter, viele Dienstleister, die mit dieser Unwissenheit auch Kasse machen. viele Dienstleistungen, viele Produktangebote, die das ausnutzen, dass dort ein unfähiger Käufer auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches sitzt, der nicht weiß, was er da genau kauft, der den Vertrag auch nicht genau framen kann, der mich dann nochmal verwurschtelt in ein irgendwie agiles Konstrukt. Eigentlich diese typische Diskussion um so einen Werkvertrag wie Dienstleistungsvertrag, der mich dann auch noch in eine Methodik reinzwinge, bei der er nichts Greifbares bekommt, also kein klares Deliverable dann erhält. Ich glaube, das sind so die drei Kernfaktoren.

Und wenn man dann nochmal die drei Dinge in einen Topf wirft und gerade den letzten Punkt, wenn dann noch der eine oder andere ein paar negative Erfahrungen macht, dann wird man halt zunehmend vorsichtiger. In einer sehr Risikomanagement getriebenen Kultur, gerade in Deutschland, wird man eher vorsichtiger, was so Budgets angeht, was Freigaben angeht, was so Persönliches aus dem Fenster lähen angeht, weil du dann Schwierigkeiten hast, dich dann eben für irgendwas zu verantworten. Ich glaube, das ist ein bisschen die Schwierigkeit. Es sieht ein bisschen anders aus, um das schon mal vorwegzunehmen, wenn ich ein Umfeld habe, was quasi komplett Legacy-frei startet. Also mal ganz vereinfacht gesagt, wenn wir Gespräche führen mit so Greenfield-Companies oder Ausgründungen, wo sozusagen das gesamte Setup eine digitale DNA hat, wo diese ganzen vorherigen Ängste, denke ich, gar nicht vorherrschen, dann funktioniert es ein Stück weit anders. Wobei Man wird auch selber immer Opfer seiner eigenen Herangehensweise.

Also zum Beispiel bei uns, wir führen jetzt gerade ein BI-System ein oder BI-Systeme, gucken uns auch verschiedene Angebote und verschiedene Partner und Produkte und Dienstleistungen an. Man erwischt sich dann selber auch dabei, wenn dann auf einmal auf der anderen Seite des Tisches irgendwie ein Berater sitzt, der einem eigentlich auch in so ein agiles Projekt reinbewegen will und du eigentlich gar nicht greifen kannst, was du dann am Ende bekommst und wie viel das kosten wird. Und eigentlich von deiner Argumentation her, ihn immer wieder versuchst, in die Richtung zu bewegen und zu sagen, hey, lass uns jetzt mal den Scope fixen und ich will da ein Preisschild dran haben. Ja, sag mir, wann das fertig ist, ja. Man sagt ja immer, eat your own dog food. Was ich einfach damit sagen will, es ist nicht so leicht, wenn man glaubt, dass selbst für uns selber, die das unseren Kunden und Partnern predigen, man erwischt sich dann, wenn man auch in das gleiche Muster zurückfällt, weil natürlich einfach dieses Risikobedürfnis da ist.

Joel Kaczmarek: Gut, so jetzt hatten wir diese vier Punkte. IT wird als Kostcenter gesehen, fehlendes Verständnis und Intransparenz. Man hat ein gewisses Schindluder und unterliegend sozusagen negative Erfahrungen, die aus den ganzen Sachen resultieren können. So, wir können das ja mal Stück für Stück in Sachen Herangehensweise angehen. Wenn du jetzt sagst, IT wird als Kostcenter gesehen, Sagen wir mal, du bist jemand, der ein Budget benötigt in einer Organisation, wo dies der Fall ist. Was kann ich nun tun, um, wenn so eine Denke vorherrscht, diese Denke vielleicht aufzuweichen oder mit ihr zu arbeiten, um ein Budget zu bekommen?

Boris Lokschin: Ich glaube, es kommt ein bisschen darauf an, wie das Setup der Company ist. Ich habe natürlich in so klassischen Corporates oder in so klassischen Unternehmen mit mehreren Management-Levels, muss ich schon akzeptieren, dass das Risiko-Management-Framework von diesen Firmen es eher schwierig machen wird, dort so missionarisch unterwegs zu sein. Also was ich damit sagen will, ist, ich sollte natürlich immer den Versuch unternehmen, entweder selber oder durch externe Gäste, Impulsvorträge, Schulungen, Besuche von relevanten Events, dort einfach das Mindset zu verändern, zu erklären, hey Leute, wir sind an der Digitalisierungs-Challenge, guck mal unser Produkt ist doch auch bei Amazon und bei zehn anderen Wettbewerbern da, ja guck mal alles, was wir uns jetzt hier ausgedacht haben, sind alles Tech-Themen, natürlich müssen wir da irgendwie Gast geben, natürlich müssen wir das verstehen. Das sollte ich alles tun, Ja, und auch methodisch und technologisch. So, nichtsdestotrotz, das beobachten wir schon, dass in den meisten Fällen das entweder nur sehr, sehr, sehr langsam, also eigentlich zu langsam für das, wie der Markt einem zusetzt, ja, oder man stößt dann auf so dieses verständnisvolle Nicken und jeder sagt auch in jedem Meeting dazu, ja, ist so.

Aber am Ende, wenn die Entscheidungsvorlage auf den Tisch liegt, sieht das PowerPoint-Slide eigentlich genauso aus, wie es immer ausgesehen hat. Das heißt, was kann ich machen? Ich kann natürlich überlegen, in so einem Setup, und das ist wahrscheinlich so das, womit man zumindest kurzfristig die meisten Erfolge erzielt, ich muss halt verpacken. Ich muss halt zusehen, dass ich schon nach den Regeln spiele. Ich kann das nicht unendlich aushebeln. Ich werde nicht einem Vorgesetzten, der auf Umsatz oder Kost oder EBITDA-Ziele instintiviert ist, der vor allem ein Risikomanager ist, der auch nur in zwei, drei Jahren Karrierezyklus sozusagen nach vorne plant und denkt. den werde ich jetzt nicht hart außerhalb seiner Komfortzone bewegen können und ihn in irgendwie das mega Risikoprojekt schieben, was er auch gar nicht versteht, was dort passieren soll. Also das ist schon sehr, sehr unwahrscheinlich, dass jemand ein so hohes persönliches Commitment und Risiko eingeht, ist unwahrscheinlich. Deswegen muss ich leider nach den Spielregeln spielen. Ich muss mir überlegen, wie verpacke ich das, was ich dort tun möchte. so dass es compliancefähig wird. Also wie kriege ich da irgendeine Form von Scope-Greifbarkeit dran?

Also mich da vielleicht mit einem komplett agilen Modell durchzuschummeln und zu sagen, hey, ich kaufe jetzt hier einfach ein Team ein von zehn Leuten und die werden es schon machen und dann wird es schon irgendwas geben. Das ist vielleicht methodisch alles richtig und auch sauber, ist aber in den meisten Fällen schwierig durchzubekommen. Das heißt, ich muss vielleicht mich mit dem Partner, Dienstleister hinsetzen, ich muss vielleicht zumindest mal eine initiale Scoping-Phase machen, ich muss das Projekt irgendwie inhaltlich umreißen. Ich muss das vielleicht, wenn wir das schon nicht auf sechs Monate planen können, vielleicht die ersten zwei, drei Monate in so kleinere Häppchen schneiden. Ich muss gucken, dass ich vielleicht mit dem Partner auch irgendwie einen smarten Deal finde und sage, guck mal, lass uns doch mal hier den Scope, den wir gemeinsam definiert haben, vielleicht mal schneiden. Was sind denn die No-Brainer-Punkte? Wo nimmst du jetzt mal an unserem Beispiel eine Spryker, installierst das, konfigurierst das, also machst du Dinge, die straightforward sind, wo auch dein Risikobedürfnis sehr klein ist, wo du dich auch kaum verschätzen kannst, wo du kaum Unsicherheiten hast, weil du mich nicht verstanden hast und nicht weißt, wie meine SAP-Schnittstelle funktioniert.

Und vielleicht können wir das in den festpreisähnlichen Koffer legen oder in eine Kiste legen und sagen, komm, das ist hier die erste Projektphase, die heißt ABC, da gibt es ein festes Preistag dran, da gibt es auch ein festes Preisschild. Und dann zu sagen, hey, aber es gibt jetzt nochmal ein zweites Bucket, das sind Komponenten oder Anforderungen, die sind einfach schwerer zu greifen, das ist hier meine Schnittstelle, da brauche ich natürlich Zuarbeit, das ist hier der kreative Part, den kenne ich noch nicht, der muss noch gemacht werden. Da habe ich drei, vier Feature, einer Logistik oder einen neuen Preising, dynamisches Preisen von Produkten. Das muss ich mir noch überlegen, wo ich auch intern, auch inhaltlich transportieren kann. Guck mal, da ist eine Preisunsicherheit dran, weil es eine Anforderungsunsicherheit gibt. Und die kann ich auch nicht beseitigen, indem ich jetzt noch zwei, drei Tage sitze. Ich muss jetzt loslegen. Deswegen ist dieser Teil vielleicht variabler gehalten. Das sind so Dinge, die man vielleicht dort tun kann. Was kann ich noch machen? In einem Setup, in dem ich eher Gründer oder Familien getrieben bin, also in dem ich ein sehr hohes Incentive habe von Menschen, die auf einen längeren Zeitraum inzentiviert sind als nur auf zwei, drei Jahre, die sozusagen auch bereit sind, mal einen Hit zu nehmen, einen Dip zu nehmen, wohl wissen, dass sie strategisch die richtigen Dinge nach vorne tun. Ist das vielleicht ein bisschen leichter?

Gerade in so familiengeführten Unternehmen merken wir, die haben zwar ein sehr hohes Bedürfnis, was auf der Corporate- und Social-Responsibility-Seite angeht. Die verwetten dann nicht die Mitarbeiter und sind dann nicht bereit, so radikal Leute auszutauschen oder Rollen abzubauen. Aber die sind zumindest langfristig genug inzentiviert. Da sitzt keiner da, der in zwei, drei Jahren Abteilungsleiter werden muss oder Director werden muss. Sondern dann geht es darum, nicht derjenige zu sein, der das Familienunternehmen abmoderiert oder das Licht ausmacht. Opa und Papa das irgendwie erfolgreich geführt haben. Das heißt, der hat schon ein hohes Incentive. So, da kannst du schon durchaus mehr mit Vision und durchaus auch mehr mit, hey, was sind die richtigen Dinge, was sind die richtigen Learnings am Markt, punkten. Trotzdem wird derjenige am Ende das auch kaufmännisch verstehen wollen. Das heißt, auch dem musst du irgendwie die Hand reichen. Auch dem musst du dann irgendwie was hinlegen, was er halbwegs nachvollziehen kann. Da ist einfach die Erfahrung umgekehrt. Da würde ich wahrscheinlich von der Methodik, anstatt das zu tun, was wir vorher in diesem Corporate-Umfeld definiert haben, da würde ich wahrscheinlich eher rangehen und versuchen, in so klassischen MVP-Schnellboot-Projekten anfassbare Resultate zu produzieren. Einfach dem zu sagen, hey Joel, guck mal, wir wollen jetzt hier eben nicht verfallen in methodisches Vorgehen, was auch deine Wettbewerber aus dem Markt treibt, sondern wir müssen jetzt hier agil sein. Agil soll aber nicht heißen, dass du nicht weißt, was du bekommst und was das kostet.

Wir definieren jetzt mit dir die Business KPIs, also wir überlegen uns, was wollen wir eigentlich beweisen, weil MVP ist ja auch erstmal nichts anderes als ein Versuch, irgendwas nachzuweisen. Du hast eine Business-Hypothese, du glaubst, du kannst deine Brillen online besser verkaufen, wenn du einen Konfigurator hast, du glaubst, du kannst Winterreifen besser verkaufen, wenn du deine Hardware ins Auto plackst und das Auto selber auf Termine gibt. Scheduled für dich. Also erstmal alles andere. Du glaubst, dass Customer Support über WhatsApp besser funktioniert als über eine 0800-Nummer. Das kann alles sein, kann aber auch nicht sein. Musst du vertesten. Das heißt, du überlegst dir vorher, was möchte ich beweisen, was die Hypothese, du überlegst dir, was die Metrik, also an welcher Zahl, an welchem KPI lese ich das hinterher ab. Du überlegst dir, was ist irgendwie klein genug, aber trotzdem valuable enough, viable product. Du musst schon sozusagen noch das Ergebnis produzieren, was man sich da erhofft. Und bau das halt auf.

So, wenn ich dann eine kleine Erfolgsstory habe und zurückgehen kann und sagen kann, guck mal hier, ja Joel, wir haben uns mit dir gemeinsam hingesetzt, wir haben uns überlegt, das wollen wir vertesten, das haben wir gemacht. So, hat funktioniert, ja. Funktioniert in beiden Fällen. Hat funktioniert im Sinne von, wir haben es gemacht, es hat bewiesen, dass es geht. Oder auch, dass es nicht geht. Ja, dass du einfach sagst, guck mal her, wir haben jetzt aber auch nicht 500.000 Euro verbrannt, wir haben jetzt hier für 30.000 Euro, 50.000 oder 500.000 Euro, ja, diesen Versuch gemacht. McKinseys, PowerPoint-Slides hätten uns auch nicht weniger gekostet. Aber wir haben es am Kunden vertestet, wir haben Feedback gesammelt, wir können damit auch weiterarbeiten, in die nächste Iteration unserer Gedanken einsteigen. Dort funktioniert so eine Methodik besser in diesem Umfeld. Und klar, wenn ich ein komplettes Greenfield-Startup-Szenario habe, dann gibt es da nochmal ganz andere Möglichkeiten. Die haben ja dann primär andere Constraints. Sind dann irgendwie Finanzierungsrunden getrieben, müssen den Investoren was zeigen, müssen irgendwie von einer Cash-Spritze zunächst Da gibt es einfach andere Regeln. Ja, aber für die ersten beiden Gruppen, glaube ich, wären das so die Erfahrungswerte.

Joel Kaczmarek: Gut. Also, Transparenz schaffen war ja auch ein Thema, was bei deinem ganzen Maßnahmenkatalog jetzt aufgekommen ist. Wenn ich jetzt ein Entscheider bin, ist immer die Frage, ob die sozusagen diese Selbstreflexion haben, zu realisieren, dass sie technische Faktoren teilweise nicht verstehen und Intransparenz begegnen. Ob sie diese dann auflösen wollen, also ob der Geist willig ist und nur das Fleisch schwach oder ob der Geist auch schon kein Interesse hat, wäre mal Frage 1. Aber wenn wir uns die zweite Achse anschauen, das fehlende Verständnis und die Intransparenz von IT, wollen die Leute sowas angehen? Und wenn ja, wie können sie das tun?

Boris Lokschin: Also ich glaube, da gibt es zwei Gruppen. Ich glaube, der Versuch, eine Legacy IT oder einen Legacy IT Manager, und Legacy ist jetzt hier nicht negativ gemeint, sondern im Sinne von Backend-Welt orientiert, aufzuschlauen und aus einem EDV-Leiter, der die letzten 20 Jahre SAP-Systeme gepflegt und gemanagt und weiterentwickelt hat, Mit allem Positiven, da hängt ja meistens auch ein deutlich signifikanterer Umsatz- und Business-Anteil dran. Nehmen wir uns mal wirklich jemanden vor, ich bin jetzt irgendwie bei einem Fashion-Unternehmen, ich bin dort der CIO, der EDV-Leiter, da läuft eine komplette ERP-Landschaft, an der hängt meine Beschaffung, meine Logistik, an der hängen meine 50 Filialen, also POS und ich bin sozusagen für einen großen Außenumsatz von irgendwie einer Milliarde Euro beteiligt. verantwortlich direkt oder indirekt, was IT angeht. Das ist ja kein Zuckerschlecken. Das ist ja eine große Business-Verantwortung, wenn da irgendwas nicht funktioniert. Wenn ich da irgendwie Dinge falsch forecaste oder wenn meine Inventur falsch funktioniert oder meine Finanzbuchhaltung nicht läuft, habe ich ein businessgefährdendes Problem.

Es ist ja ganz klar, dass so jemand, der das auf der Agenda hat und der dann häufig auch in so drei bis fünf Jahresupdates Migrationsprojekten, Konsolidierungsprojekten, gerade wenn häufig Unternehmen gekauft werden, habe ich drei, vier ERPs, das zu konsolidieren, das sind ja immer so fünf-Jahres-Projekte. dass derjenige wahrscheinlich die nächsten Jahre auf seiner täglichen Agenda nicht gerade mal überspitzt hat, dass 200.000 Euro Website Responsive Design Projekt hoch priorisieren wird. Ist relativ klar. Würden wir wahrscheinlich auch beide so machen. Und deswegen ist das gar nicht so sehr eine Frage von, ob der das verstehen will oder nicht. Die Frage ist einfach, was sind sozusagen die Zwänge oder die Rahmen, in denen er operiert. Häufig wird derjenige ja nicht frei gemacht von den anderen Themen. Und dem jetzt zu unterstellen, und er hat das jetzt die letzten 20 Jahre gemacht, macht das auch gut und steuert auch komplexes Geflecht aus internen Ressourcen, Dienstleister, Beratern, die da irgendwie alle rumwerkeln.

Dem jetzt sozusagen noch einen Fast-Track-Karrierepfad in digitaler Technologie sozusagen aufzuerlegen, das ist eher unwahrscheinlich, dass derjenige das macht. Klar, gibt es Leute immer, gibt es immer Ausnahmen und Leute, die persönlich interessiert sind und die immer noch irgendwie techie-hard sind und abends dann irgendwie noch rumspielen und auch noch coden und sich auch alle neuen Frameworks angucken, aber das ist wirklich die Ausnahme, ja. Das ist gar nicht so sehr eine Frage von wollen oder nicht, ich würde das sozusagen anders schneiden, ich würde einfach sagen, es gibt eine Gruppe von Leuten, die das versteht, die das sozusagen zur Kenntnis nimmt und einfach sagt, hey, das ist sozusagen meine Situation und die damit aber auch offensiv, also positiv und offensiv umgehen, sagt, hey, ich verstehe das und deswegen brauche ich Hilfe, ich brauche deswegen einen CTO, Technical Architect, Lead Developer, eine coole Agentur, einen coolen Berater, ich brauche sozusagen diese Kompetenz. Die habe ich selber nicht. Ich habe sie selber nicht technologisch, ich habe sie selber nicht methodisch. So wie diese Jungs dort arbeiten wollen, da kann ich nicht mitreden, ich kann das nicht voranbringen. Ich verstehe die Tools nicht, was sie dort machen, wie das Deployment und die Container und Docker. Verstehe ich nicht und das mir jetzt anzueignen, bringt mich auch persönlich nur minimalst weiter.

Und deswegen bin ich offen dafür, mir diese Hilfe zu holen. Das ist die eine Gruppe. Und dann gibt es die andere Gruppe, das ist die gefährliche, leider aber auch die häufiger anzutreffen ist, die es eigentlich nicht versteht, aber so tut, als ob sie es versteht. oder nach außen hin sich so verhält, als ob sie es verstehen würde, gerade nach oben hin, sozusagen zum Management hin, als hätte man es im Griff, aber eigentlich sehr weit weg ist von dem, wie man eigentlich vorgehen muss und die eigentlich nur in so einer Cover-my-ass-Methodik unterwegs ist. Das ist super, super schwierig, weil Leute, die sich hinsetzen und ganz klar sagen, hey, ich verstehe es nicht, ich brauche Hilfe, super. Leute, die es wirklich verstehen, super. Leute, die sagen, sie verstehen es, aber nicht verstehen, schwierig. An der Stelle trennt sich ein bisschen die Spreu von Weizen und das zu erkennen, ist glaube ich schon so die erste Hürde. Zu erkennen, kämpfe ich eigentlich gegen Windmühlen, habe ich eigentlich eine Verkaufschallenge, also müssen wir gemeinsam mit demjenigen das Projekt einfach sauber verpacken, aufbereiten. Financial Engineering nennt sich das auch, Financial Engineering, so dass auch der CFO, der Controller das durchnickt, das in so ein Konstrukt gießen, was für alle fein ist. Oder kämpfe ich eigentlich schon gegen den, also ist er gar nicht mein Sponsor, ist er gar nicht mein Champion, tut aber die ganze Zeit so. In dem Moment, wo er das erste Mal einen Vertrag oder Angebot von mir hat, wird alles, was wir vorher besprochen haben, wieder zurückgedreht und plötzlich brauche ich doch einen Festpreis und eine feste Timeline und eine feste Summe und eine Bonus-Malus-Regelung. Das muss man für sich sehr, sehr schnell qualifizieren, weil man sonst, glaube ich, auch unendlich viel Zeit da verbringen wird in dieser Diskussion.

Joel Kaczmarek: Hast du noch ein, zwei Tipps, wenn der dritte Faktor war, dass oft Schindluder mit einem getrieben wird, wenn man nicht aufpasst, wie man sich davor schützen kann? Also wie kann ich mich vor den negativen Erfahrungen durch Abzocke quasi bewahren?

Boris Lokschin: Erstmal sozusagen mit negativen Erfahrungen. Es ist leider so, ja, und das wird auch nicht weggehen. Ich meine, wir alle sind ja so ein bisschen durch diese Digitalisierungswellen durchgegangen. Ich erinnere mich noch sehr gut an die gute alte SEO-Zeit, ja, SEO-Hochzeit, ja, wo es ja auch unendlich viele SEO-Seher-Berater gab, ja, mit teilweise sehr windigen Angeboten und da wurde ja auch Das ganze SEO und Suchmaschinenoptimierungsthema mit verschiedenen Blackhat-Methoden wurde ja auch stark negativ dann belastet mit der Zeit, weil es einfach unendlich viele schwarze Schafe gab, die einfach Leute ausgenommen haben, die einem Geld abgenommen haben, versprochen haben, dort irgendwie Keywords zu optimieren, dann irgendwie einen hoch zu pushen, obwohl ganz klar war, dass keiner versprechen kann und dass natürlich man da total irgendwie dem Algorithmus unterlegen ist. und wenn die einen Change machen, dann fliege ich wieder raus. Also das habe ich immer. Ich glaube, was ich einfach grundsätzlich machen kann, ist so die klassischen Dinge. Ich sollte mir natürlich Reference Calls legen, ja, auch nicht nur die, die mir der Dienstleister selber gibt, ja, sondern sollte mal ein bisschen recherchieren und gucken in meinem Umfeld, Netzwerk, wer ist denn da, der da gearbeitet hat.

Ich sollte vor allem hart challengen, was wirklich das Business Outcome war, ja, also hat mir das geholfen. Es geht gar nicht so sehr darum, ob das jetzt in Time oder im Budget gelaufen ist. Es gibt eine Milliarde Gründe, warum Projekte irgendwie anders verlaufen, ja, aber einfach hart zu hinterfragen, hey, wie waren die Jungs, wie flexibel oder Mädels, wie flexibel waren die, Wie verständnisvoll hatten die das Ziel vor Augen und haben dann sozusagen einen agilen Weg gesucht, dieses Ziel zu erreichen. Da haben sie einfach stoisch oder statisch den Anführungskatalog abgearbeitet. Haben die sich immer wieder in die Position zurückgezogen. Naja, das steht hier aber so im Vertrag. Das häufigste Risiko ist ja, mit Agilität verstehen beide Seiten halt irgendwas anderes. Also die nicht so guten Partneragenturen sehen, dass er als Risikomanagement für sich selber, also ganz klar, ich habe kein hartes Werk deliverable abzugeben, sondern ich stelle einfach jeden Monat die Rechnung über Stunden. und was dann der Kunde dafür bekommt, das ist ihm überlassen, der muss das ja steuern. Wenn der doof ist und mir nicht genau sagen kann, was er will, dann kriegt er halt nur das, was er bestellt hat. Wenn er nicht mehr genau spezifiziert hat, wie das Feature aussehen hat, dann kriegt er auch nur genau das, was in diesem Ticket steht.

So, und ich mache an der Stelle einfach meinen Kopf aus, ja, und programmiere das runter. So, und wenn der Joel sagt, aber hey, warum hast du nicht daran gedacht, das? Dann sagst du, naja, hast du mir nicht gesagt. Dem Kunden wird das aber anders verkauft. Dem Kunden wird das verkauft als, hey, du weißt ja gar nicht, wo die Reise hingeht und das wird sich alles ändern. Deswegen machen wir das. Und an der Stelle gehen halt so die Erwartungen sehr stark auseinander. Der Kunde hofft trotzdem darauf implizit, dass der Partner das Gesamtwerk vor Augen hat. Das ist ja mal ein ganz einfaches Beispiel. Du redest mit jemandem darüber und es ist schon klar, dass du am Ende einen Warenkorb und eine Suche und einen Checkout haben musst. Du verstehst aber als Kunde, dass es schon nochmal einen Spielraum gibt darin, was die Suche genau kann. Wenn du am Ende gar keine Suche bekommst, weil der Partner das nicht gemanagt hat und dir nicht gesagt hat, hey Joel, das, was du dir jetzt hier links und rechts wünschst, das wird dieses Budget einfach auch übersteigen.

Du wirst auch außerhalb dieses Budgets landen, weil ich weiß ja implizit, dass es so diese Steuerung der Kosten fällt dann halt unter den Tisch häufig. Was ich ja erwarten würde als Kunde ist zu sagen, hey Joel, ich habe dir jetzt 100.000 Euro gegeben und du weißt auch im Grundsatz, was ich eigentlich dafür bekommen möchte. Wir beide sind uns einig, dass sich die Details noch, dass sie sich ändern können, aber das gemeinsame Verständnis muss sein, dass wir eigentlich darauf hin managen oder dass du als Dienstleister sozusagen das Projekt darauf hinstößt, dass ich nach fünf Monaten auch ein einen funktionierenden Shop habe. Und nicht, dass du fünf Monate lange Rechnungen geschrieben hast und ich hinterher eigentlich gar nichts habe mit dem Argument, naja, du hast aber gar nicht gesagt, dass es einen Checkout geben soll und eine Suche. Oder dass ich bei 100% Budgetverbrauch, aber bei 30% Scope stehe. Weil du mir sagst, naja, ich habe dir doch immer gesagt, dass das Feature fünf Tage wert sein wird. Und ich habe dir doch gesagt, dass das zehn Tage kostet und 15. Ja, aber du hast mir nie gesagt, dass unsere ursprüngliche Budget-Schätzung, die wir getroffen haben, dadurch gesprengt wird. Weil das ist ja die entscheidende Information.

Also Joel, guck mal, du wünschst dir jetzt was, das sind fünf Tage. Initial haben wir beide mit dir darüber gesprochen, dass wir X machen, dass wir in einen Tag, also diese fünf Tage sind um vier Tage mehr. Das heißt, virtuell musst du deine Budget-Linie schon mal nach vorne ziehen, es sei denn, wir sparen irgendeine andere Stelle ein. Und was wir ganz häufig sehen in der Realität ist, dass genau das nicht passiert. Dass mit diesem kleinen, feinen Detail halt gespielt wird. Und hinterher bist du zwar juristisch sauber, weil ich als Dienstleister stelle mich hin und sage, guck mal Joel, du hast hier Tickets, so habe ich dir immer geschrieben, was mein Verständnis deiner Anforderung ist, ich habe dir auch geschrieben, dass es 5.000 sind, du hast sie auch freigegeben, aber du hast mir nie gesagt, was der Impact auf den Gesamtkuchen ist, dass ich davon jetzt mehr oder weniger abtrage, als initial geplant und deswegen bin ich jetzt bei 100.000, habe aber nur 30% bekommen von dem, was eigentlich initial gedanklich geplant war. Also ich muss Reference Calls machen, ich muss meinen Partner stark dazu bewegen, auch in einem agilen Modell trotzdem das Gesamtkonstrukt zu managen, zumindest mir ganz klar aufzuzeigen, was verändert sozusagen die Gesamt-Timeline und das Gesamtbudget. Ich muss mir initialerweise, wenn ich unsicher bin, muss ich eher das Risiko eines POCs gehen, vielleicht sagen, guck mal, ich möchte auch den Dienstleister, den Partner vertesten.

Joel Kaczmarek: Was ist denn das, ein POC?

Boris Lokschin: Ein Proof of Concept. Ich muss dann vielleicht sagen, okay, ich möchte gar nicht jetzt das gesamte Riesenprojekt anschieben, sondern wir machen erstmal eine Teilbeauftragung. Wir beauftragen zuerst mal die Planungsphase gemeinsam oder die Discovery. Wir uns ein bisschen detaillierter mit den Anforderungen beschäftigen. Dann beauftrage ich vielleicht einen zweiten Teil. Also ich muss das in kleine Häppchen schneiden, sodass auch der Partner quasi fortlaufend revolvierend inzentiviert ist und nie so diese Sicherheit hat. Naja, machen wir so ein Beispiel. Es wäre so, als wenn ich die Emirates Airline wäre und ich würde immer nur 5, 6 Airbusse bestellen, aber nie zu Airbus gehen und den Auftrag erteilen über 100 Airbusse. Wenn ich denen 100 Airbus beauftrage, dann sind die halt erstmal entspannt, bauen das irgendwie sich so zurecht, wie sie meinen. Wenn ich immer wieder fünf beauftrage und die immer wieder zittern müssen, dass es auch weitergeht, ob ich als Kunde happy bin, ob die Flugzeuge das halten, was sie versprechen, ob die Wartungskosten so sind, ob ich sie pünktlich ausliefere. Dann habe ich halt immer eine gewisse Spannung, eine Grundspannung, die vielleicht gar nicht so verkehrt ist in manchen Umfeldern. Und so muss ich versuchen, das einzufangen als Auftraggeber. Gut.

Joel Kaczmarek: Jetzt hangeln wir uns mal Stück für Stück rüber zum internen Verkaufen. Bevor wir das tun, sollten wir aber vielleicht mal eine ganz grundlegende Frage beantworten. Was sind denn eigentlich gute Budgets? Was empfiehlt sich denn an Höhe, an Strukturierung, an Portionierung sich auszumalen?

Boris Lokschin: Also ich glaube erstmal grundsätzlich Ich hatte ja eingangs kurz gesagt, dass es ein Stück weit schizophren ist, was im Markt passiert. Und ich glaube schon, woran die Branche und die Welt heute kränkelt, ist das, was eigentlich kundenzentrisch ist, das, was kundenzentrisch passieren muss. Die Frontend-Systeme dieser Welt, die Customer Experience, Content Management, Commerce, was auch immer, Marktplatzlösung, die vorne dran ist, wo ja auch ein Großteil der Wertschöpfung entsteht und Differenzierung. Die Differenzierung entsteht ja nicht zwangsläufig darin, ob ich effizienter Lieferschein ausdrucken kann oder PDF-Rechnung ausdrucken kann in meinem ERP, sondern es passiert halt vorher, habe ich einen besseren Preisalgorithmus, zeige ich die Produkte cooler, kann ich Kunden besser, günstiger akquirieren, ist mein Loyalty-Customer-Service-Programm besser, kann ich Kunden abholen an Touchpoints, wo ich sie günstiger akquirieren und erhalten kann als meine Wettbewerber.

Da entsteht ja die Wertschöpfung und Differenzierung. und Und wenn man jetzt einfach mal so ganz simpel sich das zurechtlegt, dann so ein bisschen in den Markt reinguckt und teilweise auf Partner und Dienstleister hört, dann sagen die eigentlich alle das Gleiche. Da läuft der EDV-Leiter rum, der erzählt dir, dass sie gerade ein Logistikzentrum bauen, dass sie gerade eine Warenwirtschaft-Update-Migrationsprojekt haben, was mit 5, 10, 15, 40, ich glaube EasyJet 40 Millionen, Lidl ist jetzt vielleicht das Ausnahmebeispiel, budgetiert sind, also sozusagen ausreichend budgetiert und ausreichend hoch. Aber derjenige diskutiert gerade mit dir um irgendwie 100.000 Euro, 200.000 Euro, 500.000, selbst eine Million. Beträge, für die es dann total schwierig ist, ein Konzept zu finden. Das finde ich erstmal grundsätzlich ein komplett falsches Verhältnis. Ich glaube, ja, das Backbone, sozusagen die ERP-Welt, Logistik, muss funktionieren.

Sonst macht vorne dran jene Spielerei gar keinen Sinn. Aber wenn das ein Verhältnis ist von irgendwie 1 zu 100, 1 zu 1000, was ich im Frontend versus, nennen wir das mal ganz vereinfacht, im Backend investiere, das scheint nicht der Digitalisierung dann gerecht zu sein. Wenn ich sage, hey, da entstehen 90%, 95% der Wertschöpfung nach vorne raus, eine Differenzierung. Ich kann das beste Logistik- und Warenwirtschaftssystem der Welt haben, wenn ich vorne dran nichts verkaufe, wenn ich nicht in der Lage bin, meine Schuhe loszuwerden, weil einfach Zalando sie viel besser verkauft, dann ist diese Investition ja komplett für den Arsch. Genau so, ich kann natürlich ein Logistikzentrum bauen, ein Warehouse oder mir ein neues Office-Gebäude hinstellen, wenn ich nicht in der Lage bin, meine Kunden zu begeistern und meine Reifen, meine Computer oder sonst irgendwie was besser zu verkaufen. Alles unnötige Investitionen. Also zuerst eigentlich am Kunden entlang, da wo die Wertschöpfung entsteht, da muss eigentlich das Budget hin. Das bedeutet nicht, dass man jetzt irgendwie sagt, okay, jetzt kriegt die Warenwirtschaft nur 100.000 Euro, jetzt kriegt der Shop irgendwie 40 Millionen. Das ist nicht das Extrem, auf das ich hinaus will.

Aber jeder Entscheider ist sehr, sehr gut beraten, für sich selber mal diese Matrix mal aufzumachen und zu sagen, hey, wohin steht Wertschöpfung? Wo habe ich auch eine höhere Unsicherheit? Wo muss ich mehr ausprobieren? Wo muss ich mehr experimentieren? Und das wird zwangsläufig eigentlich dazu führen müssen, dass ich ganz, ganz anders damit umgehe. Egal, ob das jetzt interne Kosten sind, also Aufbau von Personal. Wir hatten, glaube ich, in der letzten Folge auch darüber gesprochen, dass dann die Willigen dann sagen, okay, ich habe es verstanden, ich baue ein Team auf. Und dann guckst du rein in den Businessplan oder in den Plan für das Jahr, dann sind da irgendwie zwei lächerlichen Stellen bewilligt worden. Das ist natürlich gar nichts, ne? Zu den Budgethöhen, das ist natürlich super unterschiedlich und auch wenn es eine doofe Antwort ist, kommt drauf an.

Joel Kaczmarek: Die Anwaltsantwort.

Boris Lokschin: Die Anwaltsantwort, genau. Aber einfach, um vielleicht so ein bisschen Klarheit zu schaffen. Am Ende des Tages, die ganze Methodik zu sagen, hey, ich kann heute, glaube ich, so schnell und so günstig Scope liefern, wie noch nie zuvor. Weil einfach Tooling günstig ist, ich habe Cloud, ich kann Instanzen launchen, meine Tools, meine Developer-Tools, ich habe Systeme, die mit vielen Funktionen kommen, Frameworks. Also ich glaube, wir leben in einer Zeit, in der ich grundsätzlich sehr, sehr viel schneller verwertbare Resultate produzieren kann, als noch vor 10, 15 Jahren. Das ist am Ende eigentlich nicht so eine Frage von, kann ich ein Feature A oder B bauen, sondern was ist der MVP, also was ist sozusagen das viable product. Ich glaube, Einfach so als Größenordnung. Ja, man sagt ja, so ein MVP sollte, wenn man sowas baut, nicht die magischen 100 Tage sprengen. Das heißt also, wenn ich versuche, in 100 Tagen maximal irgendeinen verwertbaren Business Case zu bauen und dann habe ich irgendwie ein Team drauf von vielleicht zwei, drei Leuten, dann kann ich da relativ leicht mir sozusagen diese Größenordnung ausrechnen und kann sagen, hey, ich habe da zwei, drei Leute drauf, die vielleicht 100 Tage in Summe irgendwie drauf arbeiten mit irgendwie Planung und Test und Rollout etc. So, was kommt eigentlich dabei raus?

Und die Tagessätze sind relativ klar. Ich kann aber auch mit 50 oder 100.000 Euro Dinge machen. Das kommt halt davon an, wie klein meine Wette ist. Wenn ich einen in sich abgesteckten Case habe, wenn ich sage, ich möchte zum Beispiel ein neues digitales Produkt oder einen digitalen Service vertesten. und ich mache jetzt erstmal so klassisch Landingpage, gucke mal, ob ich so ein bisschen Traffic einfangen kann, ja, habe ich ein paar Keywords in Facebook, Amazon, wo auch immer schalte, ob sich jemand auf so eine Seite verfängt. oder ich mache einen kleinen Prototypen, der vielleicht nur einen Teil der Funktionalität hat. Ich mache diesen besagten Customer Service Chatbot, der kann aber nicht 100 Fragen beantworten, sondern nur ein oder zwei Fragen erstmal. Das sind aber die Top 2, die bei mir in der FAQ des Callcenters immer aufschlagen. So, dann ist sowas vielleicht auch für ganz kleines Geld in zwei, drei, vier Wochen machbar. Also es kommt gar nicht so sehr darauf an. Ich will ja grundsätzlich, glaube ich, darüber im Klaren sein, wenn ich heute ein komplettes Commerce-Digitalisierungsprojekt mit Anbindung in die Warenwirtschaft, mit Anbindung an Payment und Logistik und so, dann Dann wird es, glaube ich, schwierig sein, heute so ein Projekt für unter 500.000 Euro auf die Straße zu stellen, ja, mit irgendwie einem coolen User-Interface, mit Mobile, ja, mit irgendwelchen innovativen Features.

Ich glaube, so vom Gefühl her eher so diese Größenordnung und höher, nach oben keine Grenzen gesetzt. Ich kann es aber auch kleiner schneiden. Das ist immer ein bisschen eine Frage zurück zu dem, was wir vorhin besprochen haben. Wie muss ich es verpacken? Also wenn ich relativ klar weiß, was ich baue, wenn ich ein Marktplatz-Szenario bauen möchte, ich habe viel Lieferant zu umbauen, ich habe viel Daten zu harmonisieren irgendwie vorne dran, dann wird das wahrscheinlich ein siebenstelliges Projekt. Da muss man sich gar nichts vormachen. Wenn dann jemand irgendwie zuckt intern, wenn ich da hingehe und sage, das kostet jetzt einmal ein, zwei, drei Millionen, das jetzt hier hinzustellen und kostet auch genauso viel in den Folgejahren, weil dann ist das nicht im Betrieb und dann können wir alle entlassen und dann sitzt da noch ein Entwickler und der pflegt das dann, sondern da geht es genauso weiter, dann habe ich halt diese Größenordnung. Wenn ich aber politisch schlau agieren muss und erstmal reinkommen muss, dann komm mal her. Ich habe hier gewisse Budget-Thresholds. Auch das ist übrigens eine gute Best Practice, glaube ich.

Ich kann mich natürlich auch, es gibt ja diesen Begriff Design to Budget, ich kann natürlich auch schlau sein, ich kann ja so einen Bottom-Up-Approach verfolgen und sagen, hey, ich setze mich hin, ich höre mir alle Anforderungen an, alle Wünsche und die designe ich dann zusammen und dann schätze ich die und dann versuche ich dafür das Budget zu bekommen. Meistens in der Realität keine so gute Vorgehensmethodik, weil die zu fünf, sechs Loops führt. Dann gehe ich zu irgendjemandem, der sagt mir, das ist viel zu viel, speck mal ab, mach mal zwei Milestones drauf. Das mache ich dann so zwei, drei, vier Mal, total frustrierend für alle. Oder was schlauer ist, Design to Budget. Das kann man entweder als Unternehmen offen spielen mit seinen Partnern oder auch nicht. Offen wäre, ich weiß eigentlich, was Größenordnungen sind, die entweder unter bestimmte Approval-Grenzen fallen, wo ich nicht zum Vorstand gehen muss, wo auch ich selber oder mein Abteilungsleiter das approven können. Oder ich habe ein Gefühl dafür, vielleicht weiß ich es nicht, vielleicht ist es nicht in irgendeinem Compliance- oder Approval-Framework festgestellt, aber ich habe ein Gefühl dafür, dass eine Größenordnung ist, wo keiner zucken wird oder wo ähnliche Projekte auch schon gemacht wurden.

Wenn ich das weiß, kann ich damit offen umgehen, dann gehe ich zu meinem Partner und sage, du Joel, hör zu, ich habe Vertrauen in dich, das ist gerade natürlich mit bestehenden Partnern, mit denen man schon Dinge gemacht hat, meistens leichter, weil es für beide Seiten viel, viel effizienter ist. Ich kann sagen, Joel, guck mal, du weißt, wir haben jetzt hier die große Mobile-Initiative, wir wollen hier dieses Drohnen-Thema ausprobieren, wir müssen da irgendwie eine Lösung finden, ja, ich möchte das gerne vertesten, wir glauben da total dran. Aber ganz ehrlich, wenn ich jetzt im ersten Wurf über 250.000 Euro gehe, dann ist der Freigabeprozess nicht zwei Wochen, sondern drei Monate und die Wahrscheinlichkeit sinkt von 80% auf 10, dass ich das Geld bekomme. Lass uns mal gucken, wie können wir so ein Design-to-Budget, was kriegen wir in diesen Scope-Container rein? Das ist ja relativ leicht, wie sagt man so schön, reverse zu engineeren. Hey, ich habe 52.000 Euro, ich kenne deinen Tagessatz, das ergibt dann, weiß ich nicht, 200 Tage. Wir haben ein bisschen Planung, ein bisschen Tests, da gibt es eigentlich nur noch so viele Entwicklertage. Kriegen wir da was? Und wenn ja, was kriegen wir sinnvoll in diesen Container rein?

Kann natürlich eine total offene Methode sein, das so zu spielen. Die weniger offene wäre, ich weiß es, ich sage es dir aber nicht und ich manage das quasi im Workshop die ganze Zeit darauf hin, das heißt, ich challenge dich, ich lasse immer wieder abspecken und sage, komm Joel, das ist ein bisschen zu viel, wo kann ich näher am Standards-Breaker-Produkt bleiben zum Beispiel. Das ist dann out of the box, wie weit ist denn mein Wunsch weg von dem, was ich hier direkt bekomme und manage das in die Richtung. Aber das kann ein super smarter Weg sein, um einfach ganz, ganz, ganz viel Zeit zu sparen. Man muss so ein bisschen aufpassen, in bestimmten Unternehmen kann es dazu führen, dass man da sich selbst ins Knie schießt, weil wenn man zu oft solche Spiele macht, ja, das fällt ja auch irgendwann auf, dass da einfach immer jemand magischerweise bei 249.000 Euro landet oder aus einem 500.000 Euro Projekt zwei 250.000 Euro Projekt Etappen gemacht hat. So, das heißt, ich setze mich da auch schon so einen gewissen Druck dann intern aus, aber das ist trotzdem eine sehr sinnvolle Methodik, ja, Design to Budget und dann schauen, dass man da sinnvoll vorankommt.

Joel Kaczmarek: Okay, verstanden. Ein Faktor, den ich jetzt auch gerade bei diesem Thema MVP rausgehört habe, ist ja unter dem Strich Erfolg nachweisen. Also kleine Etappenerfolge, kleine Etappen, die man nimmt, die einen schon mal näher ranführen an den gewünschten Effekt. Was würdest du denn sagen, ist eine gute Möglichkeit, um Erfolg nachzuweisen generell? Also wie kann so ein Erfolgsreporting zum Beispiel aussehen?

Boris Lokschin: Ich glaube, super wichtig ist erstmal für sich selbst zu definieren, egal ob das jetzt ein MVP ist oder nicht, was denn der entscheidende Erfolgs-KPA hier ist. Und das ist auch wirklich wichtig, ist auch einer der häufigsten Fehler, den wir sehen, denn es ist gar nicht so selbstverständlich, wie man vielleicht glaubt. Ich kann Projekte machen mit ganz unterschiedlichen Startvoraussetzungen und Zielen. Ich kann ein Projekt machen mit einem ganz klaren Umsatzziel, das ist erstmal so das naheliegendste. Gerade im Commerce-Umfeld möchte ich natürlich irgendwas machen, irgendwas verkaufen, Produkte, Dienstleistungen. Wenn so da nicht genug Umsatz drüber fließt, ist es gescheitert, funktioniert nicht gut. Ich kann aber auch ein Projekt machen mit einem ganz klaren Profitabilitätsziel zum Beispiel. Ich kann sagen, ja, das geht gar nicht so sehr darum, ob ich jetzt hier den Umsatz verdopple, aber irgendwie der Verkauf von den Produkten oder die Art und Weise, wie wir Produkte verkaufen, da sind wir so stark unter Margen, Profitabilitätsdruck, weil es ist ein teurer Prozess. Kundenakquise, Accountmanager, Vertriebler, Außendienstler, Fax abtippen, was auch immer. Das ist an Protestkosten super teuer.

Ich mache es eigentlich aus dem Punkt. Ich möchte einfach profitabler werden. Es geht mir gar nicht in erster Linie um Wachstum. Ich kann das auch komplett losgelöst von kaufmännischen KPIs machen. Ich habe festgestellt, dass ich Market Shares gewinnen möchte. Ich verliere Marktanteile digital. Ich habe irgendwie vielleicht nur das Produkt in der Dienstleistung in der analogen Welt und ich habe da jetzt irgendwie eine Umfrage, Studienauftrag gegeben und merke eigentlich, obwohl ich hier der Category Leader offline bin, spiele ich eigentlich online gar keine Bedeutung. Das heißt, mein primäres Ziel ist erstmal, in Marktanteile zu investieren oder in Market Share und danach muss ich gucken, dass ich diesen Umsatz irgendwie profitabel und spannend für mich irgendwie gedreht bekomme. Aber mein KPI ist, ich möchte in den nächsten drei Jahren 10% Marktanteil haben oder Ich habe ein Transformationstarget. Ich möchte, dass von meinem Umsatz 10% digital sind. Das ist der entsprechende KPI. Für mich gar nicht so sehr abhängig davon, was eigentlich der Market Share ist.

Oder ich denke irgendwas, was komplett am Kunden entlang ist. Ich merke, die Kunden sind unzufrieden, sind unhappy. Der NPS oder was auch immer mein Satisfaction Scoring ist, ist nicht gut. Meine Kunden beschweren sich und ich möchte eigentlich Initiativen jetzt lostreten und meine digitalen Projekte sollen erstmal darauf abzielen, die Customer Happiness zu optimieren oder Satisfaction zu optimieren und ich möchte das messbar machen. Also einfach waren jetzt so ein paar Beispiele, das muss ich für mich vorher festlegen und das, wie gesagt, kann sehr unterschiedlich sein, ja, von kaufmännischen KPIs bis hin zu prozessualen, internen, bis hin zu kundengetriebenen. Dann muss ich mir überlegen, wie messe ich das, weil nur, weil ich gesagt habe, ich möchte jetzt Kunden-Satisfaction-KPI definieren, wenn ich nicht mehr von vorne überlege, okay, wie erfasse ich das denn, wie mache ich es jetzt, also wie habe ich einen Vorher-Nachher-Vergleich, also ganz konkret auch mit welchem Tool mache ich das, ja. Wo landet das? In welchem Report? Wer macht das? Das muss ich mir vorher überlegen, weil nichts wäre döver, als einen MVP darauf aufzubauen oder ein Projekt zu bauen, um eine bestimmte Annahme zu vertesten und hinterher nicht in der Lage zu sein, die zu vertesten. Das wäre, glaube ich, nicht so schlau.

Das überlege ich mir vorher, schiebe das an und daran orientiert sich dann auch die Erfolgsmessung. Und ich glaube, was super wichtig ist, und das ist, glaube ich, ein ganz, ganz entscheidender Punkt, weil diesen Teil kriegen tatsächlich noch Unternehmen hin, nicht alle, aber viele. Entscheidend ist, und da, wo der Bruch dann entsteht, ist an dem Übergang hin zu dem eigentlichen Stakeholder, für den ich das beweisen muss. selten bin ich das ja selber, ich bin gerade der Grüne oder der Geschäftsführer. Das heißt, wenn ich jetzt der E-Commerce-Leiter bin oder der Marketing-Verantwortliche oder Sales-Verantwortliche und ich habe mir das alles überlegt und jetzt muss ich das aber dem Joel pitchen, weil du bist jetzt mein Abteilungsleiter, Geschäftsführer, Eigentümer und wenn ich nicht 100% sichergestellt habe, dass wir beide das gleiche Verständnis von den KPIs haben und das gleiche Verständnis der Motivation dieses Projekts haben.

Das passiert ganz, ganz, ganz häufig in der Realität, dass du dir was überlegst, wie du deine Kunden happy machst oder wie du deine Marktanteile gewinnen kannst, baust das Projekt, kommst hinterher zu mir und ich sage zu dir, Joel, was ist denn hier los? Das ist kompletter Käse, was du hier gebaut hast. Mit dem Geld, was du da ausgibst, da hätte ich eine Filiale mehr bauen können oder hätte nochmal hier einen Store mehr aufmachen können, da hätten wir das gleiche Geld schon eingespielt. Da sagst du, ja, aber Boris, geht noch gar nicht mit dem Revenue. Wir werden schon Geld damit machen. Wir müssen erstmal hier gucken, dass wir mal ein bisschen Traktion bekommen, dass die Kunden uns auch wahrnehmen, als digitale Marke, dass wir auch mal mehr machen, als nur das analoge Produkt. Wenn an der Stelle eine Diskrepanz entsteht, wenn die Erfolgsmessung zwar da ist, aber das Alignment oder das gemeinsame Verständnis für die Wichtigkeit der Metrik nicht da, wenn ich eigentlich erwartet habe, dass du Umsatz generierst oder dass du Geld verdienst, du aber ein ganz anderes Target verfolgt hast, was vielleicht sogar auch richtigerweise ein anderes Target ist, dann wird es total schwierig für dich sein, dann ein weiteres Budget zu bekommen, wird total schwierig sein, weitere Freigaben zu bekommen. Das heißt, diesen Schritt, den muss man super, super, super, super genau machen, Und in Zweifel ist das auch die Sollbruchstelle, an der dann auch so ein Projekt dann zu stoppen ist oder vielleicht gar nicht jetzt initiiert werden sollte, wenn ich merke, mein Geschäftsführer fordert von mir, der Klassiker ist ja gerade im Commerce, das Unternehmen, das machen und wollen sofort profitables Wachstum haben.

Das heißt, die Erwartung ist, ich bin komplett analog, ich bin 2019 null digitalisiert, ich trete an gegen den internen Vertrieb, der seit 30 Jahren mit dem Außendienst rausfährt, die finden das alles scheiße, was ich mache. Und die Erwartung von mir ist, Joel, du kriegst jetzt hier mal Mickey-Maus-Geld, ja, auch nicht vernünftiges Budget, um das mal vernünftig aufzubauen, mal ein B2B-Ersatzteil des Shops, sondern du kriegst jetzt mal so Mickey-Maus-Geld, dieses Mal 2.000 Euro. Und wehe dir, wenn du nicht sofort erfolgreich bist und wenn nicht 10% mit hoher Marge sofort gedreht werden können für die gleichen Produkte, die die Wettbewerber schon längst bei Amazon seit Jahren verkaufen, ja. Das ist natürlich total schlechte Startvoraussetzung, ja. Die Wahrscheinlichkeit, dass das erfolgreich wird, die Wahrscheinlichkeit, dass du dann weitere Phasen bewilligt bekommst, ist eigentlich gleich null. Weil wahrscheinlich werdet ihr dann sitzen in einem Quartal oder in zwei Quartalen und alles, was du als Erfolg verkaufst, wir haben was gelauncht, wir haben viel Traffic, Kunden nehmen das wahr, wir kriegen gutes Feedback von unseren Lieferanten, wir kriegen gutes Feedback von dem und dem, auf der Messe haben wir das gezeigt, wird alles abgewertet. Deswegen Alignment der Expectations, mega wichtig, weil sonst bekommt man vielleicht seine erste Budgetphase, aber auch keine zweite mehr.

Joel Kaczmarek: Gut, also wir haben jetzt schon mal MVPs als erstes aufzeigen von Effekten. Wir haben irgendwie Erfolgsmessungen, Erfolgsreportings. Was ist denn generell politisch schlau? Wir sind ja mitten im Verkaufsprozess eigentlich drin, im Internen. Wie verkaufe ich denn politisch schlau meine Budgetanfragen?

Boris Lokschin: Na ja, politisch schlau, also der Begriff sagt es ja schon so ein bisschen. Politisch schlau kann ja zwei Dimensionen haben. Politisch schlau für mich, wie verpacke ich irgendwas, sodass ich nichts anbrennen lasse, dass ich mich hinterher nicht zu sehr aus dem Fenster lehne. Das führt meistens dann zu sehr aaligen Vorgehensweisen, weil wenn ich selber unsicher bin und wenn ich selber eigentlich auch im negativen Fall nicht verbrannt sein möchte, dann versuche ich das natürlich entweder so zu verpacken, dass am Ende jemand anders schuld ist, also der Dienstleister ist schuld, blöder Vertrag, schlechter Scope, oder Ich versuche sicherzustellen, dass ich von vornherein mit Maximalforderungen reingehe, die mir dann nicht bewilligt werden und hinterher sagen, naja Leute, ich habe doch gesagt, das muss ganz anders sein, ihr habt mir nur die Hälfte gegeben, ihr habt mir nur ein Drittel der Zeit gegeben und den Partner, den ich wollte, den habt ihr auch nicht freigegeben. Das System, das ich kaufen wollte, war euch auch zu teuer. Ich habe jetzt versucht, das Beste daraus zu machen, hat nicht geklappt, tut mir leid. Politisch kann auch eine andere Dimension haben, das ist wahrscheinlich die wichtigere, ja, wie verpacke ich das so, dass ich erfolgreich werde, ja, weil die wenigsten, selbst die E-Commerce und Marketing und Sales-Verantwortlichen, die wollen ja die Projekte machen. An Willen scheitert das ja meistens nicht, ja, sondern es ist meistens die Frage von, habe ich die Möglichkeit, das intern durchzubekommen? und da wieder zurück zum Anfang.

Ich muss verstehen, wie die Kampagne tickt, ich muss verstehen, wer dort wie entscheidet, also wie ist das Entscheidungsframework? und ich muss auch verstehen, wie viel davon kann ich verbiegen, ne. Das Beste, was mir passieren kann, ist, wenn auf einmal alle total verständnisvoll sind für digitale Vorgehensweisen, Methoden, Tooling, mir freie Hand geben und sagen, du Joel, du Boris, wir haben von überhaupt gar keine Ahnung, aber wenn du meinst, es kostet 10 Millionen Euro und wenn du meinst, wir müssen das mit dem Partner, mit dem Produkt machen, bitte sehr. Gib einfach Gas, du bist unsere Hoffnung, dafür haben wir dich eingestellt, du bist der Experte, dafür haben wir dich. Das passiert in der Realität natürlich leider nicht so häufig. Deswegen muss ich verstehen, wie tickt die Company, was sind Budgets, mit denen ich hantieren kann, wie viel Geld kann ich denn realistisch anfragen, also wieder Design to Budget. Welche Risiken, welche Erfahrungen hat denn die Company grundsätzlich gemacht? Vielleicht gar nicht in meinem Umfeld, aber mit anderen Projekten. Vielleicht gab es schon vorher CMS, PIM, Marketingprojekte, die gut oder nicht gut gelaufen sind. Vielleicht gibt es gewisse Allergien gegen bestimmte Art von Verträgen oder von bestimmter Art von Vorgehensweise. Wenn ich bei mir im Haus schon von meinen fünf Marketingkollegen gehört habe, dass es da schon drei gescheiterte Social Media, CMS und E-Mail-Marketing-Automation-Projekte gibt, die alle mit Dienstleistern auf diese Art und Weise abgelaufen sind, Ist vielleicht das Signaling nicht das Richtige? Vielleicht muss ich dann tatsächlich eher zu meinem Partner gehen und sagen, komm, lass uns mal schauen, wie können wir das festpreisig aussehen lassen? Wie können wir einen Teil davon so verkaufen, wie, hey, wir haben hier eine hohe Konfidenz? Wie kann ich vielleicht auch mit einer schlauen Bonus-Malus-Regelung auch Signaling aufsetzen in Richtung, da kann man ja gucken, ich habe hier einen Dienstleister, ja, ich weiß, die wollen agile arbeiten, ja, ich weiß, wir haben bisher keine guten Erfahrungen, aber das habe ich jetzt hier geregelt und das anders aufgesetzt.

Wir haben jetzt hier gesagt, Partner hat jetzt hier verhandelte Tagessätze von X. Der ist aber bereit zu, weiß ich nicht, 60, 70 Prozent des Tagessatzes zu arbeiten. Das tut ihm richtig weh. Und den Bonus, das Delta, bekommt er nur, wenn er tatsächlich dann in Time und in Budget liefert. Das heißt, es hat zwar so einen Time and Material Charakter, tut aber weh und lohnt sich eigentlich für den Partner nur, wenn er liefert. Und es gibt auch einen Bonus, wenn er schneller liefert, besser liefert und wenn es weniger Tage sind und der Dienstleister nicht nur davon lebt, dass er sich manche Tage aufgeschrieben hat, dann vielleicht auch nochmal 10% abseits. Das heißt, es kann Konstrukte geben, bei denen ich auch intern politisch signalisiere, dass ich das Risikobedürfnis bediene, dass ich Verstand habe, was man eigentlich hier managen möchte und dass ich auch Maßnahmen dagegen ergriffen habe. Sowas wäre halt politisch schlau. Das richtig zu schneiden, in die richtige Größe, in so ein richtiges Vertragskonstrukt, vielleicht nicht den schon fünfmal verbrannten Partner nochmal anzufragen und auch vom Scope her. Manchmal kann das auch wichtig sein, zu überlegen, was ist eigentlich die digitale Agenda und was sind Dinge, die eine hohe Wahrscheinlichkeit von Verständnis haben.

Wir haben einige Kunden gerade im B2B-Umfeld, wenn man da jetzt als digital Erfahrener drauf schaut, würde man sagen, von diesen zehn Projekten müsste eigentlich ein Projekt C als erstes kommen, weil das ist das, was für euch als Kampagnen strategisch am wichtigsten. danach D, danach A, danach B. Aber du weißt ganz genau, C und D sind vielleicht Projekte, die deutlich schwerer zu greifen sind. Und der Buy-in politisch ist für das A-Projekt viel, viel höher. Auch wenn das eigentlich nicht notwendig ist oder wenn das eigentlich wahrscheinlich nichts bewirkt. Aber wenn jetzt nicht so ein Klassiker gerade im Commerce-Umfeld ist, naja, wir müssen ja erstmal irgendwie die Produkte online abbilden. Wir müssen erstmal so den Katalog hinstellen. Es muss erstmal einen Warenkorb geben. Dann sagst du, hey, warum machen wir das denn? Warum machen wir nicht gleich Schritt A, B? Warum machen wir nicht gleich irgendwie eine Subscription? Hardware Smart. Ja, ja, ja, ja, ja, aber wenn die Leute da Schwierigkeiten haben, sozusagen diesen Vorstellungssprung zu machen, sich das vorzustellen, dass das cool ist und eigentlich gedanklich eher das PIM-Projekt zuerst machen wollen, dann kann es manchmal schlau sein, das herzugeben. Sagen, komm, dann machen wir das zuerst, dann habe ich euch auch alle nicht mehr im Nacken, dann ist allen klar, das PIM-Projekt ist da, die Daten sind da und ich mache dann in Ruhe weiter, anstatt mich sechs bis neun Monate daran aufzureiben, zu erklären, warum ich nicht PIM machen muss.

In der Zeit hätte ich wahrscheinlich das PIM-Ding schon längst gerissen, zwei Monate, dann hätte ich dann mit meinem anderen Thema begonnen. Sowas ist politisch schlau. Dafür muss man ein bisschen seine eigene Organisation verstehen. Und man muss vor allem verstehen, was sind eben die Treiber und auch die Metriken, an denen man als Gesamtbusiness gemessen wird. Wenn ich in einem Business bin, wir haben hier ein schönes Beispiel jetzt hier. Alex Graf, mein Co-CEO, der war jetzt bei Klöckner, die ja auch so ein bisschen als Digitalisierungsexample der industriellen Welt jetzt herhalten. Und hat sich mit dem CEO dort getroffen, um ihm da was Gutes zu tun. Live zitiert, hat gesagt, wenn man so eine Digitalisierung-Checkliste machen würde von 10 Punkten, dann hätten die 12. Machen irgendwie alles richtig gefühlt. Wenn ich natürlich so ein Unternehmen habe, was auch von Top-Level-Management sozusagen den Buy-In hat, Themen zu machen, zu treiben, dann kann ich anders rangehen, auch als interner Mitarbeiter, der versucht, ein Projekt zu platzieren, weil ich mich auch berufen kann auf den CEO, der gesagt hat, wir wollen in den nächsten fünf Jahren 50% unserer Umsätze digital haben oder das ist für uns die größte Challenge, dafür sind jetzt Budgets frei, also ich habe dann Rückendeckung. Als wenn ich in einem Unternehmen bin, was gerade total kämpft mit sinkenden Umsätzen, sinkender Profitabilität, komplett unter Kostendruck ist, gerade von den Gesellschaften nicht nachfinanziert wird, Filialen abbaut, mit dem Betriebsrat darum kämpft, Mitarbeiter freistellen zu müssen. Da mögen bestimmte Themen noch so richtig sein, ich kriege es einfach nicht durch.

Ich sage immer, so ein bisschen Tageszeitung lesen oder so ein bisschen intern Newsletter lesen. manchmal total sinnvoll, weil leider, und das klingt jetzt total schizophrenisch wahrscheinlich für viele, aber man glaubt gar nicht, wie viel so Möchtegern, so Wunderpreneurs in diesen Unternehmen unterwegs sind. Und diese Wunderpreneurs sind total gefährlich, weil das sind Leute, die sich selbst Projekte ausdenken in ihrem kleinen Kämmerlein, die null Rückenwind, null Budget, also null Authority haben, überhaupt irgendwas zu tun, die ganz, ganz viel Zeit von sich selbst und von Partnern, Dienstleistern dafür dann verschwenden, wo am Ende gar nichts mehr rauskommt. Warum? Weil sie haben die einfachsten Hausaufgaben intern nicht gemacht. Und das ist so. der Aufruf dann an die Unternehmen hier an dieser Stelle. Setzt euch hin, guckt euch eure politische Lage an, guckt euch an, wofür könnt ihr Buy-in bekommen, in welcher Größenordnung. Und wenn ihr das Glück habt, in so einem Unternehmen zu sein, wie, war jetzt selber nicht in dem Interview dabei, aber wie Alex sagt jetzt bei Klöckner, wenn ich da ganz viel Rückenwind habe, die Organisation auf links gedreht werden soll und viel Push und viel Budgets, die Dinge zu tun, dann ist es wahrscheinlich viel leichter, sowas zu platzieren.

Joel Kaczmarek: Wie viel bei der Entscheidungsfindung über Budgets hat eigentlich mit persönlichem Risiko zu tun? Also Stichwort cover your ass. Ist das ein Faktor, der sowohl für mich als Budgetanfragenden als auch für den Budgetfreigebenden immer so ein wichtiger Stellhebel ist?

Boris Lokschin: Absolut, absolut. In den wenigsten Unternehmen oder vielleicht in gar keinem Unternehmen gibt es ja so eine Position eines Chief Geldverbrennungsofficers. Das ist ja keine Standardposition, die man so bekommt normalerweise. Das heißt, du bist ja immer dafür da, um irgendeine Art von Business-Outcome, Business-Result zu generieren. Ich glaube, was sich unterscheiden kann, wo man so ein bisschen auch Einfluss darauf nehmen kann, ist das Verständnis von Trial and Error als Methodik. Das ist ja so der allererste Punkt von vorhin, das Kosten-Denke versus Business-Value-Denke, dass das nicht da ist. Ja, zu Business-Value-Denke und zu Kundenzentrik gehört auch zu verstehen, dass Die eigentliche Best-Practice-Digital ist halt leider Trial and Error.

Ganz wenig Dinge, die ich empirisch oder durch Unternehmensberatungs-Slides mir vorher schließen kann. Ganz, ganz schwierig. Auch bei den simpelsten Sachen wird dieses Feature die Conversion um 0,2 Prozentpunkte steigern. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Es kann eine Milliarde Punkte haben, es kann noch so schlau sein, es können sich alle dafür aussprechen. Sollte ich jetzt schon, ich bin Möbler, sollte ich schon mit irgendwie AR anfangen? Das macht doch total in dem Shop, dass ich meinen Stuhl nehmen kann, in meinem Wohnzimmer. Total nachvollziehbar. Soll ich das machen oder nicht? Soll ich jetzt ganz viel Geld investieren und aufhören, in 3D-Objekte der Produkte und in diese Experience? Mag total schlau sein, vielleicht aber auch nicht. Ich muss es am Ende vertesten. Trial and Error ist sozusagen die Ultimative Digital Best Practice. Trial and Error funktioniert aber nur, wenn die Versuche eben klein sind. in sich abgegrenzt und auch budgetär reasonable sind.

Wenn jeder Versuch mich immer 2 Millionen Euro kostet, dann ist das vielleicht schwierig. Das ist by the way auch so ein bisschen der Loop auch zu allen anderen Themen. Dieses ganze Thema Agilität, viele Deployments, Geschwindigkeit, MVP und Co. ist kein Selbstzweck. Das ist nicht dafür da, weil das irgendwie Joel cool findet oder Boris oder irgendeine Agentur. Das ist dafür da, um am Ende des Tages sein Risiko des Vertestens zu senken. Das ist nur ein ROI-Optimierungs-Framework. Nicht mehr. ist das nicht dafür da, um Kosten zu senken, das ist einfach nur dafür da, ich bin ein Portfolio-Manager, ich manage 10 Aktien, ich habe viele Pferde im Rennen, die eine performt besser, die andere schlechter. Ich muss diese Wetten schnell erkennen können, ich muss sie greifen können, ich muss Dinge abstellen können, die nicht funktionieren, nur dafür ist es da. Und an der Stelle ist es schon so, dass ich natürlich mit persönlichem Risiko umgehen muss. Also in den allermeisten Unternehmen habe ich eben nicht die Bereitschaft zu sagen, also ich stelle niemanden ein und sage, Joel, deine Aufgabe ist es und das ist uns ganz klar, dass du jetzt 10 Wetten machen wirst, 100.000 Euro und wir erwarten von dir, dass du ein oder zwei findest, die funktionieren. Das funktioniert vielleicht, wenn du in einem Investmentfonds arbeitest, Geld zu verwalten hast und dann wird dir gesagt, guck mal, wir wollen jetzt hier in 20 Firmen investieren und einer soll dir das Unicorn werden und den Fonds zurückzahlen und noch ein paar sollen so okayische Returns erzeugen und beim Rest statistisch werden wir wahrscheinlich unser Geld verlieren oder zu Null rausbekommen. In einem normalen Unternehmen funktioniert das so nicht.

Das heißt, man erwartet schon von dir relativ schnell Erfolg. Das heißt, man kann sich vielleicht ein, vielleicht zwei Misserfolge erlauben und deswegen ist natürlich auch dieses Risikobelöfnis so hoch. Und deswegen schon alleine zum Thema Politik, schon alleine deshalb tue ich mir selber ja total einen Gefallen, mir selber und meinem Chef und seinem Chef einen Gefallen, wenn ich diese Wetten klein und in sich abgegrenzt und budgetär schlank halte. Weil es ist sehr viel leichter, auch Dinge zu kippen. Also Try and Error heißt auch, take it behind the bar and shoot it, sagt man immer. Das heißt, ich muss auch eine Idee, die nicht funktioniert, muss ich auch schnell kappen können. Und jetzt mache ich mal ein persönliches Beispiel. Du kannst ja selber mal darauf antworten. Stellen wir uns vor, du bist ein E-Commerce-Leiter in einem Unternehmen. Jetzt hast du mobile total verpennt und wachst morgens auf und denkst so, doof, geht nicht mehr weg. Internet auch nicht. 2019 muss ich was machen. Jetzt hast du aber mittlerweile nicht mehr ein Mobile im Sinne von Responsive Design.

Du kannst Mobile machen, kannst eine native App programmieren lassen. Du kannst irgendwie ein mobiles Template bauen. Du kannst ein Responsive Template bauen. Du kannst eine Single-Page-Application bauen. Du kannst das mit React oder mit dem oder dem Framework machen. Du kannst vielleicht Mobile gar nicht mehr als eigene Applikation begreifen. Du kannst das embedden als Widget oder in einem Chatbot oder in WeChat oder was auch immer. Oder in Facebook Messenger. Du kannst dir überlegen, ob du all diese Dinge machst. irgendwie zehn Optionen. Jetzt überlegst du das, gehst los, willst dich total absichern, fragst die Unternehmensberatung deines Vertrauens, ehemals Buchhalter, jetzt Digitalexperte, nach was die besten Strategien sind. So, hier, komm zurück, haben 30 schöne Slides mit sehr werthaltigen Logo da drauf, die sagen, responsive design it is. Sag, Sagst du, okay, super, dann gehst du los, schreibst das alles aus, guckst dir fünf Agenturen an, meinst das Risiko immer noch super zu managen, in der Zeit tickt natürlich die Uhr, gibt schon wieder drei neue mobile Optionen, aber egal, Joel will komplett safe sein, guckt sich nochmal fünf Partner an, findet dir den Partner, der macht ein paar Wireframes, zeigt dir das alles, du sagst, cool, fängt an loszulegen, drei Monate später umgesetzt. Und deine Annahme war, dass natürlich, wenn ich eine mobile Experience habe, wird deine Conversion viel, viel besser sein, weil du siehst ja schon in deinem Google Analytics, dass 50% des Traffics mobile ist.

Jetzt launchst du dieses Responsive Design und guess what happens? Leider hat das nicht so gut funktioniert. Deine Conversion ist nicht um 0,5 Prozentpunkte hochgegangen, weil es war wahrscheinlich die falsche Wette, weil die Welt hat sich weitergedreht. Jeder will irgendwie eine coole Single-Page-Application oder eine Progressive-Web-App oder was auch immer haben. War halt die falsche Wette. zufällig von 10. Kann passieren. Der ganze Prozess hat jetzt neun Monate gedauert, du hast vorher deinen Chef überzeugt, du hast das gepitcht, du hast ihm die Slides von deinem Unternehmensberater gezeigt, hast gesagt, guck mal, ich habe hier meine Hausaufgaben gemacht. Er dachte, das kostet 20.000 Euro, weil viel mehr kann eine Webseite nicht kosten, hat das Ding erklärt, nee, das sind schon 150.000 Euro, das ist irgendwie das Siebenfache von dem hast das Budget freigekämpft, hast einen schönen Rechner gebaut, ROI, hast geguckt, wenn die Conversion 0,5 hochgeht, dann haben wir das in zwei Monaten wieder drin und, und, und, und. Und dann, guess what, hat nicht geklappt.

Das einfach so abzusägen, also du hast ja so viel politisches Kapital eingesetzt, so viel Zeit, so viel Energie, so viel Überzeugungskraft, so viel Geld, also wer geht denn dann hin? Gehst du dann hin und sagst, hm, hat nicht geklappt, wir haben jetzt hier zwei Monate bei uns in der Analytics reingeguckt, war eine blöde Idee, stellen wir ab, alles zurück von vorn, wir bauen jetzt eine native App. Das macht doch keiner. Das ist doch total, also da stehst du doch total mit runtergelassener Hose da. Also du hast so viel politisches Kapital eingegangen. Und genau deshalb nochmal an alle Leute, haltet euch nicht so sehr an diesen Methodiken, an diesen Begriffen fest. Das ist am Ende, also wenn ihr alles weg, das ganze Bullshit-Bingo wegschiebt vom Tisch und wenn ihr es am Ende ausschließlich tut, um selber vernünftig dazustehen, ja, tut euch selber den Gefallen, schneidet es so klein, budgetär von der Vorgehensweise, dass ihr auch die Chance habt, sozusagen auch einen Fehler, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreffen wird. Das ist Sehr, sehr unwahrscheinlich, dass ihr immer von den 10, 20 Optionen, immer und jedes Mal, vielleicht sogar beim ersten Mal, ja, kann gut sein, aber dann steht ihr beim zweiten Mal wieder da und auf Los und müsst quasi wieder in ein großes Wetter eingehen auf 10 Themen. Die Wahrscheinlichkeit ist nicht so hoch, dass ihr immer richtig liegt. Das heißt, haltet eure Experimente klein, investiert nicht zu viel zu früh, um hinterher eben genau dieses politische Kapital von sich selbst und seinem Chef nicht zu verbrennen, weil das macht ihr halt einmal. Das zweite Mal wird schwer.   Joel Kaczmarek: Gut, also, ich stelle fest, es gefällt mir nicht so richtig, meinen Namen in deinem Beispiel immer zu hören. Wie kommt man da mal schlecht weg? Und ich würde, glaube ich, hingehen und denjenigen, der so eine Idee hinter der Kneipe so konsequent erschießt, auch noch mal auf eine Milch in die Kneipe einladen. Aber abschließend, um es mal zusammenzufassen, um nochmal den Bogen rund zu machen. Magst du mal deine Best-Practice-Liste, so eine Art Do's und Don'ts in Schnellform zusammenfassen, wenn es um das Thema Budgetierung geht?

Boris Lokschin: Also Don'ts, ich glaube, nicht gut ist. Bottom-up-Planungen, scheitern in den meisten Fällen, führen meistens zu unzählig vielen komplexen Loops und machen es total schwer für den Partner und für einen selber, das hinterher durchzubekommen. Die Don't dagegen, top-down, überleg dir selber, egal ob du es jetzt transparent machen willst oder nicht, was sind realistische Größenordnungen, politisch oder budgetär, versuch den Scope da klein zu halten, vor allem unter dem politischen Aspekt aus dem vorherigen Themenblock. Weitere Don'ts, super schwierig zu versuchen, die Organisation digital zu missionieren, führt meistens dazu, in den meisten Setups, dass Projekte gar nicht initiiert werden oder viel zu spät oder viel zu klein, sondern man muss ein bisschen die Spielregeln begreifen, wenn ich nicht die Chance habe, das Spielfeld zu verschieben, indem ich dann mir einen Greenfield Case oder sage, komm mal her, lass uns da jetzt ein Setup schaffen, in dem man dann diese Dinge auch anders machen kann.

Wenn das nicht gegeben ist und ich in den Rahmenbedingungen agieren muss unter denen ich agieren werde, dann sei politisch schlau und formuliere Projekte und Projekte reinfolgen und Projektprioritäten so, dass sie eine hohe Chance haben, auch durchzukommen. Das heißt nicht, dass man jetzt kompletten Bullshit machen muss, nur damit da jemand zunickt, aber man hat meistens schon ein bisschen Flexibilität bei dem Sortieren der Themen und kann sich ein bisschen politisches Kapital auch erarbeiten, indem man auch anderen Leuten die Chance gibt, gut dazustehen oder zu gewinnen. Das ist am Ende immer so eine Pay-and-Gain-Analyse, auch innerhalb der Firma. Wer gewinnt konkret? Wenn ich ein Projekt baue, bei dem keiner gewinnt, also kein interner Stakeholder, außer mir vielleicht, Aber ganz viele Leute verlieren können. Der Außendienstleiter wird verlieren, weil ich nehme den Umsatz weg. Der Marketingleiter wird verlieren. Der CFO wird verlieren. Der IT-Leiter, der die ganze Zeit gesagt hat, dass Projekte so nicht gehen. Wenn zehn Leute ihr Gesicht verlieren, wenn ich erfolgreich bin, das ist ein ganz doofes Setup zum Starten. Also versucht ein Setup zu finden, was maximal viel Konkurrenz erzeugt zwischen sozusagen auf der Gewinnerseite, auf der Sonnenseite des Lebens. Versucht da diese Allianzen entsprechend zu schmieren.

Eine weitere Don't ist, versucht nicht zu viel Future Engineering zu betreiben, also Anforderungen, Probleme zu lösen, die zu weit in der Zukunft liegen, die Projekte künstlich groß, schwierig, teuer machen, sondern versucht so sehr, sehr klar euch sozusagen von einer Hypothese zunächst, egal ob ihr das jetzt MVP nennt oder nicht, zu hangeln. überlegt euch vorher sehr, sehr klar die KPIs, schafft vor allem das Alignment mit euren Stakeholdern, also dass allen klar ist, was wir hier beweisen wollen, was wir jetzt hier tun. Also don't dagegen, versucht nicht durchzudrücken, dass dieser KPI jetzt der einzig Wichtige ist, wenn ihr komplett konsequent ignoriert, dass euer Vorstand, ich sag jetzt mal ganz einfach, wenn da vier Herren im Vorstand sitzen, die alle einen Umsatzwachstums- oder einen EBITDA-Target haben, um ihren Bonus zu bekommen am Ende des Jahres, dann kannst du denen zwar erklären, dass NPS mega geil ist und dass das in drei Jahren dann darauf einzahlen wird, wird wahrscheinlich nicht dazu führen, dass du allzu viel Zustimmung bekommst in den drei Jahren auf dem Weg dahin, wenn du nur Geld verbrennst.

Also da muss man versuchen, einfach ein Alignment herzustellen. Eine weitere Duo ist, sucht euch richtige Partner, die euch da helfen können, Partner, die auch Verständnis aka Flexibilität zeigen bei der Gestaltung, die euch so ein bisschen mitnehmen können. Das wird natürlich zunehmend schwieriger, da ist so ein bisschen auch Divergenz. dann da, weil auf der einen Seite gerade die erfolgreichen Agenturen, Dienstleister, die gehen natürlich auch deutlich breitbrüstiger in so ein Termin mit euch rein, ja, die sind da noch deutlich weniger bereit, die sagen, hey, ich habe das jetzt hier schon für Brand A, B, C gemacht, so musst du mir schon vertrauen, kannst die gerne anrufen, aber da musst du dich schon so ein bisschen auf mich verlassen. Nichtsdestotrotz habe ich gute Erfahrungen damit gemacht, ja, wenn so ein bisschen, ich nenne jetzt mal so Business Empathie da ist, wenn ich merke, Da ist jemand, dem ist nicht nur daran gelegen, am Ende die gesamte Upside zu nehmen, aber gar keine Downside für seine Arbeit. Es geht nicht darum, dass es ein Werkvertrag sein muss, aber zu verstehen, hey, guck mal, Joel, du weißt doch. Und da muss man auch offen spielen.

Häufig wird da auch viel zu unnötig, wenn Dinge kaschiert. Also ich habe immer gute Erfahrungen einfach auch mit persönlichen Targetzeugen, die sagen, guck mal, Joel, mein persönliches Ziel, ich bin hier verantwortlich für. Mein persönliches Ziel ist A, B, C. Daran werde ich gemessen. Das Projekt wird von unserem Vorstand an den und den KPIs gemessen. Das ist auch ganz transparent, das ist unser Risikobedürfnis hier an der Stelle. Wir würden das gerne machen mit euch. Dieses Risiko sehen wir. Uns ist auch klar, dass wir jetzt hier nicht irgendwie das einkaufen können, wie die 10 Tonnen Stahl, die wir gestern eingekauft haben. Aber wo kannst du uns helfen? Und das muss nicht immer nur schwarz-weiß, Time-Material-Werkvertrag sein. Das können Bonus-Malus-Regelungen sein. Man kann vielleicht den Scope zerschneiden in sichere Teile versus etwas unsichere Teile. Vielleicht sagt der Dienstleister auch, hey, guck mal her, ich habe jetzt hier eine Konfidenz von 50% auf dem Thema. Aber wenn wir vorab nochmal eine Discovery machen von 4 Wochen, dann steigt sie auf 85%. Es gibt Möglichkeit, das zu greifen und schaut sehr stark danach, welcher Partner euch das Gefühl gibt und das auch sich materialisiert dann in den Verträgen, dass er dieses Bedürfnis irgendwie mitdecken möchte und sich auch ein Stück weit auch an dem Erfolg messen lassen möchte.

Es ist immer so Geben und Nehmen. Wenn ihr ihm was wegnehmt, gebt ihm auch was dafür, gebt dem Partner dann auch eine Upside, gebt ihm quasi auch einen Bonus für eine Übererfüllung, eine bessere, schnellere, günstigere Erfüllung der Arbeit. Versucht nicht, das ist vielleicht noch so. Ein letztes Don't: Sehr, sehr viele, vor allem aus der IT getriebene Prozesse sind halt auch von ihrem Einkaufsverhalten sehr weit weg von dem, was eigentlich sozusagen digital heute angemessen ist, nennen wir das mal so. So eine angemessene Business Attitude. Wir haben viele Partner und auch selber treffen wir manchmal auf Kunden, die mal ganz doof gesagt sehr hilfebedürftig sind, wo man eigentlich sagt, hey, du brauchst eigentlich hier die Unterstützung von uns, um das Modell mal in Gang zu bekommen. Die dann mit dir aber verhandeln in einer Arroganz, in einer Selbstverständlichkeit, auch teilweise in einer Dreistigkeit, wie sie vielleicht mit den Lieferanten von ihren Papiertüchern für die Toiletten verhandeln. Und du denkst, Was versuchst du nicht eigentlich zu optimieren? Du versuchst dir irgendwelche paar tausend Euro rauszudrücken, irgendwelche Klauseln reinzuverhandeln. Also du managst gerade das falsche Risiko. Du sorgst eigentlich dafür, dass die Partner, auf die du angewiesen bist, maximal pisst in so ein Projekt reingehen oder maximal pisst in so eine Digitalisierungsinitiative reingehen. Ob das jetzt so schlau ist, weiß ich nicht. Da kann ich nur empfehlen, Leute, so ein bisschen Augenhöhe, auch so ein bisschen Demut im positiven Sinne. Ja, Kunde, Dienstleister, Kunde, Partner, aber so ein bisschen demütig und so ein bisschen auf Augenhöhe.

Joel Kaczmarek: Hervorragend. Das waren ja super viele konkrete Tipps. Ich glaube, die ganze Folge werden weg. Wir müssen nicht mal mehr transkribieren. Wenn man hier mal eine Minute verpasst, hat man gleich drei wichtige Infos nicht mitbekommen. Ich danke dir ganz herzlich für deine Zeit und diesen tollen Input. Ich hoffe natürlich, dass ganz viele Leute jetzt besser und genussvoller an ihre Budgets kommen und freue mich schon sehr auf das nächste Mal mit dir.

Boris Lokschin: Danke.

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