Jameda 🩺: Wie KI das Gesundheitswesen revolutioniert

27. Mai 2025, mit Joel Kaczmarek

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Constanze Zipfel: Digital Kompakt. Heute aus dem Bereich digitales Unternehmertum mit deinem Moderator Joel Kaczmarek. Los geht's!

Joel Kaczmarek: Als ich dann mal den Kontakt hergestellt bekommen habe zur lieben Constanze Zipula, da dachte ich mir, ey, da will ich mal wissen, was dahinter steckt, weil ich bin ja immer ein ganz großer Fan davon, A, zu verstehen, wie so Businesses funktionieren und B, gerade wenn sie schon ein bisschen gesetzter, etablierter sind, auch mal zu betrachten, wie entwickeln die sich denn weiter. Also das interessiert ja viele von euch da draußen bestimmt auch. Vielleicht hat man die ersten Meter schon gemacht und fragt sich jetzt, das ist ja ein Marathon, wie schaffe ich denn die letzten, worauf kommt es denn darauf an? So, und die liebe Constanze hat mir schon erzählt, so angedeutet, da gibt es einiges im Köcher bei Jameda, weil sie hat ja ihr Handwerk unter anderem bei Amazon gelernt. Und ich habe gerade schon gelernt, sie ist dort geboren, wo Martin Luther seine Thesen angeschlagen hat. Also wenn die hier nicht mit offenen Augen und Ohren durch die Welt geht, weiß ich auch nicht. Von daher, liebe Constanze, schön, dass du da bist. Hallo.

Constanze Zipfel: Ja, vielen Dank für die Einladung. Freue mich.

Joel Kaczmarek: Ja, vielleicht mal so in a nutshell. Ist ja wahrscheinlich dein täglich Brot. Lass uns doch mal so. für Menschen, die Jameda jetzt noch nicht kennen, vielleicht mal eine ganz kurze Standortverordnung machen. Also was ist das für ein Produkt? Vielleicht hast du so einen kleinen Input zu Umsatz, Mitarbeitenden. Etwas in der Art.

Constanze Zipfel: Ja, gerne. Also Jameda ist 2007 gegründet als Arzt-Patienten-Plattform, war damals das erste seiner Art. Das heißt, Patienten konnten dort Bewertungen publizieren über Ärzte und damit war es dann Orientierungshilfe für Patienten, die auf Arztsuche waren. Man konnte sich sozusagen informieren, was sind die Fachgebiete, was sind die Spezialisierungen, wie wird der Patientenkontakt wahrgenommen und empfunden. Darauf aufgesattelt hat sich dann eine Kalenderfunktionalität. Das heißt, wir haben ein reines Plattform- und Marketing-Business weiterentwickelt. entwickelt in Software-Business. Die Kalenderfunktion wurde 2016 gelauncht, also auch recht früh. Und dann wurde ein kleines Unternehmen noch dazugekauft, Patientus, eine Online-Videosprechstunde. Beides waren Funktionalitäten, die während der Corona-Zeit dann glücklicherweise aus Business-Perspektive große Aufschwünge erlebt haben. Und in der Corona-Zeit ist dann ja Meda mit diesen drei Standbeinen, Marketing-Plattform, Arzt-Patienten-Plattform, SARS-Lösung für Kalender- und Online-Terminvergabe und Patientus, also Online-Videosprechstunde, aufgekauft wurden von einer globalen Gruppe namens DocPlanner. DocPlanner ist ein globales Unicorn in 13 Ländern, aktiv ursprünglich in Polen gegründet, also eine der relativ wenigen osteuropäischen Erfolgsstories im Tech-Bereich. Und Jameda war sozusagen der deutsche Zukauf, so geht DocPlanner klassischerweise vor. Entweder sie kaufen auf oder sie gründen neu in noch völlig unerschlossenen Gebieten, zum Beispiel Lateinamerika. Alles immer mit dem gleichen Tech-Stack, das heißt im Wesentlichen Plattform- und Terminkalender mit angehängten Patientenkommunikationsfeatures. Und das war 1922, war das? Und danach gingen wir sozusagen in eine Phase der Migration. Das heißt, die alte Jameda-Plattform wurde abgeschalten. Kunden, die Features wurden transportiert auf die DocPlanner-Plattform. Und seit 2023, September, bin ich jetzt an Bord. In dem Zuge wurde auch die Geschäftsführung ausgetauscht, wie das eben häufig ist, mit dem Mandat aufzuräumen und neu zu starten. Und das machen wir jetzt seit anderthalb Jahren.

Joel Kaczmarek: Jetzt mal ehrlich aus dem Nähkästchen geplaudert. Bei Amis ist es ja oft so, die regieren ja immer so, ich der König hier in den Vereinigten Staaten, du mein Umsetzer. Wie ist es bei euch so von der Struktur her? Also hast du da viele Freiheiten, viele Möglichkeiten auch? Weil gerade bei Gesundheit sind ja die Märkte oft individuell. In Frankreich sind Sachen anders als in Deutschland etc. etc. Wie ist da so eure Handhabe?

Constanze Zipfel: Ja, sehr gute Frage. Stimmt, ich habe ja vorher zehn Jahre bei Amazon gearbeitet. Das war sehr von oben runter sozusagen durchorganisiert. In der Matrix, wir sitzen auch in einer dotted line Matrix. Das heißt, ich reporte an den Global COO. Aber ansonsten sind die Ownerships alle lokal. Das heißt, es gibt keine globalen Teams, außer eines Product. Das heißt, die Plattform ist für alle Länder gleich. Es wird aber je nach gesetzlichen Vorgaben pro Land unterschieden. Es gibt bestimmte Feature Sets, die gibt es nur in bestimmten Ländern. Ganz klassisches Beispiel in Deutschland, der Unterschied zwischen privater und gesetzlicher Krankenkasse. Das ist ein Feature. dass etwas so in anderen Ländern nicht gebraucht wird, dass man das durchgängig auf der gesamten Patient Journey mitverfolgt und das wurde gesondert für uns entwickelt.

Joel Kaczmarek: Ja, ich kenne sowas. Also ich weiß, mit Mister Spex habe ich es damals gehabt, dass in Frankreich zum Beispiel Brillen nicht verschreibungspflichtig sind oder die sind verschreibungspflichtig, die kriegen die sozusagen voll bezahlt und deswegen war denen das egal, wie sie die kaufen im Vergleich zu uns oder umgekehrt. Ich bringe es mal durcheinander, aber das sind ja manchmal so die Marktelemente, die dann halt dein Business mal so vollkommen auf den Kopf stellen können, wenn du eine Brille voll bezahlt bekommst oder halt gerade nicht. Und Versicherung genauso. Also nimmst du da viel mit aus den anderen Märkten? Also kannst du da viel Transferwissen trotzdem auch ziehen?

Constanze Zipfel: Ja, man kann vor allen Dingen gut antizipieren. Also der Gesundheitsmarkt an und für sich ist sehr strukturiert. Das war auch neu für mich das echte Learning über gesetzliche Änderungen. Ganz klassisches Beispiel im Koalitionsvertrag von SPD, CDU und CDU steht drin, dass wir ein Primärarztsystem kriegen sollen. Das heißt, die freie Arztwahl sei Bismarck im deutschen System verankert. wird Adapter gelegt und es wird eingeführt, dass du ausgenommen, ich glaube mit Augenärzten und Frauenärzten, gehst du als erster Ansprechpartner, als gesetzlich Versicherter immer zu deinem Hausarzt und der überweist dich weiter. Das ist ein System, was die Dynamik auch unseres Geschäftsmodells sehr verändert, weil momentan kann der Patient, wenn er zum Augenarzt will, wenn er zum Orthopäden will, direkt über Jameda sich einen aussuchen und den buchen. Das gleiche gilt für die Konkurrenz. Wenn wir dieses Primärarztsystem verpflichtend bekommen, ist der Hauptansprechpartner immer der Hausarzt. Das ändert die gesamte Dynamik des Systems. musst du dich anpassen und ich sehe dieses System zum Beispiel und habe mir das auch schon intensiver angeguckt jetzt, in anderen Ländern, in Italien zum Beispiel, da funktioniert es genau so, funktioniert auch sehr gut und sehr stabil. und dann kann man antizipieren, okay, was müssen da jetzt für Feature-Sets in die Hausarztlösung rein, damit der diese Patientenströme, sagt man, gut regulieren kann.

Joel Kaczmarek: Jetzt mal ganz ehrlich, also ich weiß nicht, wie es dir so geht. Ich finde unser Gesundheitssystem ja mittelschwer zum Kotzen, ehrlich gesagt. Und wenn ich die armen Arztpraxen sehe, die da alle Land unter sind, also die arm gequälten Seelen da, dann würden die das wahrscheinlich ähnlich sehen. Was ist denn so dein unverstellter Blick auf dieses ganze System?

Constanze Zipfel: Oh ja, also es ist problematisch an allen Ecken und Enden. Und meine Erfahrung mit dem Bundesministerium für Gesundheit oder auch mit den entsprechenden Verbänden, die mit denen zusammenarbeiten, ist aber so, dass alle gewillt sind, es gut zu lösen. Es ist nur wahnsinnig komplex. Es ist komplex zum Beispiel von diesem Ursprung her, dass wir eine freie Arztwahl haben, dass der Patient ungeprüft zum Arzt gehen kann. Das ist natürlich im Sinne einer demokratischen Gleichberechtigung und so weiter gut, finanziell aber sehr schwierig, wenn das ist. Das ist ein Begriff, der in der Branche viel diskutiert wird, das so Gesundheitskonsumismus ausartet. Das heißt überflüssige Behandlungen, überflüssige Therapien, die eben vom Patienten eingefordert werden, auch zu Recht eingefordert werden, die aber nicht finanzierbar sind über so ein System, wie wir das haben. Das ist jetzt nur ein Beispiel aus vielen. die das System langsam zum Kollabieren bringen. Die Beitragssätze sind at its max. Also da ist nicht mehr viel Puffer. Und es gibt jetzt auch vom BMG selbst, aber auch von den Krankenversicherern mehrfache Initiativen, um mehr Struktur und mehr Kontrolle auch in das System reinzubekommen, damit eben vor allen Dingen die Redundanz in den Behandlungen und damit die Redundanz in den Kosten reduziert wird. Aber es ist, das ist so, mein Lieblingsbeispiel ist ja immer die Deutsche Bahn. Das ist ein großer laufender Kahn. zu reparieren, während er stabil weiterlaufen soll, ist eine riesige Aufgabe. Und wir begleiten, um ehrlich zu sein, wir begleiten das freundlich und sehr kooperativ, weil mehr können wir da nicht machen. Aber also allen Respekt vor denen, die das Problem lösen müssen.

Joel Kaczmarek: Lass uns doch mal eine Sekunde noch aus Interesse dableiben. Wir surfen so ein bisschen weg von deiner Company, aber ich glaube, die Expertise, die du da zeigst und der Blick, den du hast, ist einfach total interessant. Weil genau das, was du gerade angesprochen hast, diese digitale Patientenakte ist ja auch so lange in aller Munde gewesen. Da werdet ihr ja theoretisch auch prädestiniert, irgendwie anzudocken oder sich in Stellung zu bringen. Wie siehst du das? Wie nimmst du das wahr? So langsam tut sich ja was, aber es war ja lange irgendwie ein heißes Eisen und dann schmiert es ja auch immer wieder ab, wenn es als nicht hackbar gilt und dann doch wieder so nach zehn Minuten irgendwie die Dämme brechen.

Constanze Zipfel: Ja gut, also dass das so attackiert wird, ist glaube ich natürlich. Also es ist auch gut, dass es da Instanzen gibt, die das immer wieder pentesten sozusagen und damit auch. diejenigen, die es bauen, an die Grenzen der Möglichkeiten treiben, also das sicher zu gestalten, dass diese Daten hochsensibel sind und stark geschützt werden müssen, ist, glaube ich, außer Zweifel. Nichtsdestotrotz ist die digitale Patientenakte der Durchbruch, was Effizienz und Transparenz des Systems angeht. Also wie ich vorhin gesagt habe. Es gibt Redundanzen, die kostenproblematisch sind. Und wenn ich zum Beispiel vor drei Wochen ein Blutbild habe machen lassen und jeder Arzt kann darauf wieder zugreifen und kann sich dann bestimmte Benchmarks rausnehmen oder sieht, Leberwerte sind in Ordnung, die werden sich jetzt nicht in drei Monaten ohne Indikation verschlechtert haben, dann ist das ein Kostenfaktor auch. Redundanzen zu reduzieren, Zugang möglichst unkompliziert zu allen möglichen Befunden zu geben, dadurch auch den Patienten auf seiner Reise durchs Leben vollumfänglich begleiten zu können und dann eben dank der Transparenz und Effizienz auch entsprechende Hebel fürs Gesundheitswesen als solches zu haben. Der letzte Punkt ist auch noch... Da bin ich ein großer Fan von, dass man den Patienten eben wirklich in den Driver Seat seiner Gesundheit setzt. Also als ich mit 16 beim Arzt war, kann ich mich noch genau erinnern, dass mich die Krankenschwester erwischt hat, wie ich in die Akte geguckt habe, bevor der Arzt reinkam. Da habe ich riesen Ärger bekommen. Und das damals schon nicht verstanden. Weil ich dachte, das sind doch meine Daten, die gehören mir. Niemand braucht mehr Zugriff drauf als ich. Und auch das wird ja jetzt mit der elektronischen Patientenakte, kurz EPA. gewährleistet. Also das ist ein riesen Hebel. Es ist nur noch in den frühen Anfängen. Das ist ein minimal viable product, was man da sieht. Du hast zum Beispiel Befunde in PDF-Form. Damit kannst du nichts weiter machen. Die kannst du abrufen und dir angucken. Du kannst aber die Daten nicht im Verlauf in Diagrammen ziehen oder sowas. Das kommt noch. Aber es ist ein riesen Milestone.

Joel Kaczmarek: Aber ich finde es interessant, dass du das sagst, weil du bist ja genau an den Ärzten dran. Also ich glaube, es gibt wenige, die näher dran sind als du. Ich erlebe es auch immer so, dass sie halt, weil sie glaube ich auch oft in diese Rolle gedrängt werden, so diese Götter in Weißhaltung haben. Also wenn ich einen Arzt mit Fragen bombardiere... und mich mit der ersten Antwort zufrieden gebe, erlebe ich oft totalen Widerstand, totale, also manchmal richtig Wut, weil die so ein bisschen, die sind sozusagen auch überfordert. dann in der Sekunde. Da stellt jemand Fragen, es wird hier interaktiv, was soll denn das hier? Also dieses Beispiel mit der Patientenakt, was du gerade geschildert hast, du guckst da rein, kann ich mir so leber vorstellen. Glaubst du denn, dass dieses Mindset langsam auch durchsickert? Also A, Datengetriebenheit, vernetzte Daten, den Patienten im Driver-Seat, das ist halt ja fast für Zukunftsmusik so ungefähr, traue ich denen gar nicht so zu, aber du weißt es im Zweifel wahrscheinlich besser.

Constanze Zipfel: Naja, das wissen wir ja, der, der die Daten hat, hat die Hoheit, die Handlungshoheit. Das heißt, wenn man die Patienten mit ihren eigenen Daten ausstattet und sie werden das gar nicht alle nutzen, auch aus Unverständnis, weil sie nichts damit anfangen können, aber die, die das möchten, können das für sich nutzen und das kann ich dir auch... Oder das würde ich fast prophezeien, da wird sich eine ganze Industrie von Featuren draufsetzen, die sagen, gib mir deine Daten. Ich sage dir, wie dein gesundheitlicher Verlauf ist, wo Problemfälle sitzen und so weiter. Also da ist natürlich auch eine Industrie im Werden, die mit diesen Daten dann versuchen wird, zugunsten des Patienten zu arbeiten. Links und rechts am öffentlichen Gesundheitssystem vorbei. Ich glaube, das ist nicht aufhaltbar.

Joel Kaczmarek: Ich meine, da kommen ja langsam auch schon in deine Domäne Daten. Was glaubst du denn, was sich so insgesamt da an Chancen auftut? Also bevor wir jetzt mal zu deinen Daten kommen, vielleicht mal die, über die wir jetzt noch reden, die Patientendaten. An und für sich hätte ich ja angenommen, dass mit KI da auch einiges gehen müsste. Dass du zum Beispiel vor Wechselwirkung von Medikamenten warnen kannst, dass du vielleicht Krankheitshinweise schon geben kannst bei bestimmten Werten und und und. Also die Potenziale scheinen ja eigentlich groß und vielfältig zu sein. Was sagst denn du?

Constanze Zipfel: Genau. Und das ist jetzt in erster Linie eine Aufgabe auch der Versicherungsträger. Also man muss sich vorstellen, für einen gesetzlich Versicherten, die elektronische Patientenakte hängt ja in der Versicherungs-App, beziehungsweise ist es eine Extra-App. Ich bin bei der BARMER, da ist es eine Extra-App. UX wollen wir hier nicht diskutieren, aber es ist eine extra App und du kannst darauf zugreifen. Und die Idee ist langfristig schon dort auch vom Versicherer selbst Gesundheitsalgorithmen im Prinzip walten zu lassen. Das heißt, wenn in deiner Rezepthistorie drinsteht, du nimmst immer Medikament A und das korrespondiert nicht gut mit Medikament B, dann würdest du einen Warnhinweis bekommen. Genauso basierend auf den Vorsorgeheften, dem Bonusheft in der Zahnmedizin oder deinem Impfstatus, eine Push-Up-Notification, die dir sagt, oh, hier ist was fällig, das solltest du dir mal angucken. Also diese Interaktion wird erstmal gesteuert, übrigens anonym. Also die greifen auch auf die Daten nur anonymisiert zu von den Krankenversicherern beziehungsweise den Trägern dort. Die Privatwirtschaft, die sich daran anbindet, das ist jetzt nicht unser Schwerpunkt, aber das war eher ein Hinweis darauf, dass ich mir relativ sicher bin, dass es naheliegend ist. dass eben, wenn diese Datensätze dann mal interoperabel zur Verfügung stehen, das heißt wirklich, du die Rohdaten rausziehen kannst, da natürlich Dinge gibt, die passieren werden auch im freien Markt. Die Rohdaten als solche, also nehmen wir an, du hast deine Laborbefunde nicht mehr als PDF, sondern sie sind mit einem bestimmten, also da steht meinetwegen Diabetes-Kennzahl, habe ja ein C-Wert, das ist der Langzeit-Blutzucker und du ziehst den in ein generisch vorliegendes Datenfeld rein, was universell teilbar ist. Das sind dann Datensätze, die die Forschung auch braucht und der Gesetzgeber denkt momentan vor allen Dingen daran, die der Forschung zur Verfügung zu stellen und interoperabel auszuspielen. Das heißt, viele Daten Forschenden zur Verfügung zu stellen, um dort medizinischen Fortschritt im Prinzip zu organisieren. Aber ja, das wird alles kommen. Es ist noch eine Frage der Ausbreitung der Daten. So spannend.

Joel Kaczmarek: Und sag mal, du hast ja wirklich den marktübergreifenden Überblick dadurch, dass ihr eine Gruppe seid. Was siehst du denn in anderen Märkten, was wir vielleicht auch ad hoc besser machen könnten? Weil du hast ja gerade schon gesagt, privat versus gesetzlich versichert als ein System. Ich finde es ja auch schwierig, so diese Zweiklassengesellschaft. Siehst du denn Elemente, wo du sagst, hey, guck mal, aus Island können wir das mitnehmen oder in Slowenien haben sie jenes oder von Frankreich könnten wir etwas lernen. Hast du da so ein paar Bausteine, wo du sagst, das finde ich spannend?

Constanze Zipfel: Ja, also ich gucke, um ehrlich zu sein, immer mit ein bisschen Neid nach Lateinamerika. Also insbesondere, was die DocPlanner-Plattform angeht. Also unsere Muttergruppe und zwar deshalb, weil dort die Digitalisierung an einem anderen Punkt ansetzt. Das heißt, im deutschen Gesundheitswesen, die Erstdigitalisierung des deutschen Gesundheitswesens kam mit stationären PCs in den 80ern. Und wir schleppen diese Systeme mit bis heute. Und das ist ein Problem. Das heißt, unsere cloudbasierten Lösungen, wenn du die aufpluggen willst auf bestehende Software-Systeme, die rein stationär sind mit einem lokalen Server in irgendeinem Raum in der Arztpraxis, dann ist das ein ständiges Synchronisationsproblem. In Lateinamerika, wo quasi mit der Cloud und mit dem Internet überhaupt die Digitalisierung erst startet, da sind sie viel schneller im Integrieren von neuen Lösungen, auch im Fortschreiben der bestehenden Systeme, als wir das hier sind. Für uns ist als Jameda, wir sind ja so eine Art Sekundär-Service, wir bringen Patienten in die Praxis, wir begleiten den Patienten und wir haben jetzt ein neues KI-Tool. können wir vielleicht gleich noch darüber reden, was auch wieder aufplackt auf einem bestehenden Software-System. Wir nennen das Primärsysteme, Praxisverwaltungssysteme, Krankenhausinformationssysteme. Diese Systeme sind alt. Das ist alter Code. Und das kommuniziert Mittel, muss ich sagen. Das bringt unheimlich viel Komplexität ins Handeln.

Joel Kaczmarek: Da sind wir ja auch an einer Verführung, die mir einfallen würde, wenn ich jetzt bei euch aktiv wäre. Wo fängt ein Jameda an? Wo höre ich auf? Also ihr könntet ja zum Beispiel hingehen und könntet sagen, alles klar, wir haben jetzt hier irgendwie eine Arzt-Patienten-Plattform mit Bewertung, wir haben die Kalenderfunktion, wir haben die Videosprechstunde. Hey, liebe Ärzte und Ärztinnen, how about it? Warum können wir nicht irgendwie die Software stellen, mit der ihr eure Praxis schmeißt und ihr haut mal diesen ganzen alten Müll raus, dann wird das eh digital. Oder das, was du gerade angerissen hast mit, hey, wir könnten diese Rohdaten der Patienten nehmen und da was Schönes draus machen und denen nämlich weiterhelfen. Denkt ihr in solchen Dimensionen oder ist es bei euch eher, dass ihr sagt, Bestandsgeschäft, sage ich mal, effizienter machen und über die Gruppe hinweg konsistent halt vielleicht auch bauen?

Constanze Zipfel: Sehr interessante Frage und die Antwort ist nicht einfach. Also wir haben ein gut funktionierendes Bestandsbusiness, was diese Arzt-Patienten-Plattform und Kalenderfunktionalität angeht. Patientenkommunikation nennen wir das so als Überbegriff. Dann haben wir ein neues System gelauncht, was ein Feature ist, das aus einem Hackathon geboren wurde. Ja, MedaNoirNotes ist eine KI-basierte Dokumentation des Arzt-Patienten-Gespräches. Das ist natürlich entstanden und das lässt sich auch als Additional Feature auf ein bestehendes Primärsystem draufpluggen. Wenn du mich fragst, ob wir das bestehende Primärsystem nicht selbst sein wollen, dann ist meine klare Antwort Nein. Warum nicht? Um in Deutschland ein Praxisverwaltungssystem zu bauen und dann zu unterhalten, und da gab es diverse Pleiten auch in den letzten Jahren von Anbietern, die das versucht haben, Dr. Lee ist einer der letzten, musst du die gesetzlichen Vorschriften der Krankenversicherer in 16 Bundesländern erfüllen. Es gibt sozusagen so eine Art Pflichtenheft. wo drinsteht, wie dein Code funktionieren muss, damit du mit diesen Krankenversicherern abrechnen kannst. Das ist eine unheimliche Markteintrittsbarriere, die dazu führt, dass nur ganz wenige sich das überhaupt wagen, weil das ist ein Investment, was du quasi über drei Jahre Rüstzeit mindestens machen musst, bevor du überhaupt ein marktgängiges Produkt hast. Und dann orientierst du dieses Produkt an den Gesetzesänderungen entlang. Immer wenn was Neues auf den Markt kommt, musst du deinen Code wieder umschreiben. Und wenn du Pech hast, auch noch für die verschiedenen Bundesländer in unterschiedlicher Art und Weise. Das heißt, der Markt, der organisch gewachsen ist, es gibt so einen Riesenplayer, CompuGroup und dann medatixx, das sind so die Großen. und dann sind etwa 100 Anbieter teilweise sehr klein und sehr spezialisiert. und der Launch von unserem Befreundeten Konkurrenten Doctolib ist eminent, das heißt, die kündigen ihr PVS auch schon seit Jahren jetzt an. Es ist aber auch immer noch nicht gelauncht, was wieder für mich ein Hinweis darauf ist, oh ho ho, das ist aber riskant, das zu tun. Und deswegen haben wir uns nach der Übernahme von DocPlanner dazu entschlossen, nicht... in diesen Markt reinzuwollen, der so gesättigt ist, der so hart umkämpft ist, sondern uns zu sagen, lass uns lieber da, wo wir stark sind, in der Arzt-Patienten-Kommunikation weiter auftrumpfen und diese Lösung aufbauen und dort sozusagen unsere Marktanteile sichern und ausbauen, anstatt dass wir jetzt dieses neue Schiff aufmachen. Das ist ein Investment, was wir momentan nicht machen möchten, aus gerade dargelegten Gründen.

Joel Kaczmarek: Wir sind aber auch manchmal so furchtbar deutsch. Ich habe mal einen Podcast gemacht mit der Bundesbauministerin unter der letzten Koalition und ich weiß noch genau, wenn du dann da sitzt und sagst, warum haben wir denn eigentlich 16 verschiedene Bauordnungen? Also vielleicht machen wir für Mallorca als 17. Bundesland bald auch noch eine. Dann platzt dir ja der Kopf. Also das ist echt... Aber ich meine, du hast ja die Innenperspektive. Würdest du sagen, das, was als Draufblick immer so nach super viel Bürokratie aussieht, hat innen drin schon sein Gutes? So wieder denkend an sensible Daten, an wichtige Prozesse oder liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen?

Constanze Zipfel: Also was den Datenanschluss angeht, ja, da hat es sein Gutes. Da bin ich ein großer Fan auch von den sehr rigiden deutschen Richtlinien. Was das Thema... Effizienz der Verwaltung, ich glaube, darauf kann man es vielleicht runterbringen, angeht nein, da kann man kein Fan von sein. Das ist am Ende schlimmster Föderalismus. Das ist aber auch was, das wird natürlich immer mal wieder, hebt jemand seine Hand im Bitkom oder bei den anderen Verbänden und sagt, muss nicht der Föderalismus weg. Also das ist ausweglos, das fässt keiner an. Also lasst uns damit leben und produktiv umgehen.

Joel Kaczmarek: Jetzt bin ich aber neugierig. Jetzt hast du also eben schon mal so eine Seek-Preview gegeben. Also du sagst, ihr baut jetzt auch auf KI. Du hast gesagt über einen Hackathon. Also finde ich ja schon mal ganz interessant, dass ihr eigentlich eine multinationale Gruppe seid, die irgendwie als Direct Report einen COO hat, der sozusagen bei mehreren Ländern hinweg guckt, so hey, wie kriegen wir alles zusammen orchestriert. Gleichzeitig seid ihr aber auch so beweglich, dass ihr mal eben in so einem Hackathon sagen könnt, hey, wir haben hier eine Feature-Idee, let's go give it a try.

Constanze Zipfel: Ja, genau. Ja, ich bin auch ein großer Fan von unseren Gründern. Das war 2023, also vor ChatGPT-Launch und so weiter, also vor der großen KI-Blase. Da hat Doppliner global einen Hackathon gemacht, wie wir das regelmäßig machen, so alle halbe Jahre. Ist super beliebt bei den Developern. Und da hat das deutsche Team, was Patientus und also unsere Online-Videosprechstunde auch, im Prinzip mit Hilfe von ChatGPT oder... einer Vorstufe davon, wie wir das kennen, im Prinzip ein Tool entwickelt, was bedeutet medizinische Dokumentation. Der Arzt, bei dem du als Patient bist, der muss, was ihr besprecht, was seine Diagnose ist, was seine Behandlungsempfehlung ist, alles dokumentieren. Das ist gesetzlich vorgeschrieben. Und diese Dokumentation erfolgt in der Regel im Praxisverwaltungssystem, in deiner Patientenakte dort. Und die Dokumentation ist häufig in der Privatsprache geschrieben. Das heißt, er benutzt seine eigenen Abkürzungen, er benutzt Codes, also zum Beispiel einen ICD-Code, das ist der Diagnose-Code. So funktioniert das. Und was die Jungs in dem Hackathon gebaut haben, ist, ChatGPT hört die ganze Zeit mit sozusagen das Arzt-Patienten-Gespräch und überführt das hinterher in was wir eine strukturierte Dokumentation nehmen, die aber in Allgemeinsprache geschrieben ist, sodass ich als Patient das auch mitnehmen kann und verstehe, was da gesprochen wurde. Das haben sie geprototypt in sechs Stunden und dann abends vorgeführt. Und das hat natürlich alle Awards gewonnen global. Und dann haben die Gründer sozusagen gesagt, okay, wie viele Leute braucht ihr, um das zu bauen? Und so kam das und die Endlösung, das haben sie gemacht. Und dann haben wir ungefähr acht, neun Monate Entwicklungszeit gebraucht. Du musst natürlich dann erstmal Anbieter finden, die Daten müssen sicher sein und so weiter. Es muss eine Produktstrecke gebaut werden. Das heißt, Chat-GPT als solches, also jeder, der damit schon rumgespielt hat, weiß ja dann auch, dass die Antworten manchmal viel zu generisch sind. Also das ist das eine Element, die KI für dich wirklich zum Wirken zu bringen, für deine spezifische Nutzersituation. Und das zweite ist, das einzubetten in eine User Experience, die für die Nutzungssituation Sinn macht. Und den Prototypen haben wir in Deutschland gelauncht im Juni. hatten dann so eine Beta-Phase, haben getestet, also 24 und jetzt seit Oktober verkaufen wir und es ist ein Bestseller. Also es kommt unheimlich gut an, der Vertrieb macht gerade sehr viel Spaß, weil du Ärztinnen und Ärzte, die das zum ersten Mal vorgeführt bekommen und dann die Qualität der Dokumentation auch sehen, die sind einfach begeistert. Im Schnitt verbringt ein Arzt durchschnittlich etwa 90 Minuten pro Tag nur mit medizinischer Dokumentation. Das heißt, es geht zum einen um die Erfassung dessen, was im Patientengespräch gesagt wurde. Und dann gibt es diverse davon abgeleitete Dokumente, zum Beispiel den Arztbrief, Gutachten und so weiter, die auch noch erstellt werden müssen. Das ist 20, 23, 25 Prozent seiner Arbeitszeit. Und das zu reduzieren, und wir schätzen, dass wir es reduzieren um ca. 75 Prozent, ist für Ärztinnen und Ärzte der absolute Game-Changer. Und hinzu kommt, dass je nachdem, wie der Arzt es möchte, du kannst quasi deine Vorlage selbst erscheinen. Du kannst auch selbst erstellen, ob das eher ein längerer Text oder nur Bullet Points sein sollen. Du kriegst bei Diagnosen den ICD-Code schon mit ausgegeben. Das ist eine wichtige Vorstufe für die Abrechnung dann. Also der Arzt kann sich das für seinen Fachbereich, für seine speziellen Präferenzen so vorkonfigurieren, wie er es möchte. Und dann fließt es hinterher in die Patientenakte rein und da ist dann ein Check dran.

Joel Kaczmarek: Jetzt verstehe ich auch, warum die alle immer so eine krakelige Handschrift haben, weil die keinen Bock haben, so lange dieses Zeugs zu schreiben, deswegen immer so kürzel, so steno-mäßig. Okay, aber macht natürlich total Sinn, weil ich erlebe ja, dass viele Ärzte leider so Kassenknechte sein müssen, dazu gezwungen sind, dass die immer in diesem hierarchischen, durchstrukturierten System, also ich weiß bei mir, wenn er einen Arzt praxist, gab es immer so einen Tag im Monat wenigstens, wo die dicht machen, um die Abrechnung zu machen. Und dann verstehe ich total, was du gerade beschrieben hast. dass sowas halt einen Impact darauf hat. Und jetzt lasst uns doch nochmal ein Stück weit in euch als Produkt auch eintauchen. Also für den geneigten Laien ist es ja so, ich schaue mir eine Plattform an, ich kann Ärzte finden, sehe eine Bewertung, kann mit denen telefonieren, Termine machen, Haken hinter. Wer zahlt denn eigentlich für die Party und in welcher Form?

Constanze Zipfel: Der Arzt. Der Arzt zahlt. Die Ärzte, die bei uns ihre Kalender pflegen und befüllen lassen, die haben eine SARS-Subscription, kostet 99 Euro im Monat, beziehungsweise 159, wenn man die Platin-Variante nimmt, da wirst du höher ausgespielt für dein Fachgebiet. Und das zahlt der Arzt.

Joel Kaczmarek: Und ich habe mich ja dabei immer gefragt. Ist es jetzt mittlerweile eher zum Schutz? Also dass die sagen, wir werden so überrannt, wir wollen die Termine managen, um die uns ein bisschen fernzuhalten, weil mangelnde Nachfrage haben die ja garantiert nicht, oder?

Constanze Zipfel: Kommt auf die Praxis an. Also die Hausärzte in der Regel nicht. Die Hausärzte optimieren über uns ihren sogenannten Patientenstrom. Das heißt, die steuern aus. Es gibt zum Beispiel Hausärzte, die bestimmte... Tage, Dienstag, Vormittag machen die nur Erstpatienten. Und dann Dienstagnachmittag machen sie nur diagnostische Verfahren, längere Untersuchungen, die vorher eingeplant sind. Dann haben sie Impftermine, die sie immer in einem bestimmten Slot zu einer bestimmten Uhrzeit freigeben. Das heißt, diese Patientenstromsteuerung, die wird... über ein Tool wie Jameda optimiert. und dann auch die Patientenkommunikation, weil du die eben komplett digital abbilden kannst. Buchung, Umverlegung, Stornierung von Terminen, das geht alles mit Jameda. Dann muss keiner mehr ans Telefon gehen. Das heißt, da generiert sich der Mehrwert so. Es gibt andere Fachgebiete, wie zum Beispiel Orthopäden, Dermatologen, die dann auch einfach Umsatz machen wollen. Das muss man klar so sagen. Kürzlich ist wieder sehr kritisiert worden. Vielleicht kurz zur Einordnung. Der Arzt ist freier Unternehmer. Das heißt, wenn der sich eine Praxis nimmt und für diese Praxis zum Beispiel einen Kredit aufnimmt, um bestimmte Gerätschaften anzuschaffen, dann muss er selbst dafür sorgen, dass er rentabel wirtschaftet. Und das führt dazu, dass die Ärzte immer anbestrebt sind, einen bestimmten Anteil am Privatpatienten zu haben. Das ist normal. Du willst einfach High-Value-Services dann auch in einem bestimmten Umfang haben. um wirtschaftlich arbeiten zu können. Das heißt, es gibt bestimmte Fachrichtungen, die gezielt Jameda auch dazu nutzen, um diese Patienten zu akquirieren. Öffentlich häufig in der Kritik, aber also konstitutionell total fair. Und dann gibt es Fachrichtungen, die sowieso nur Privatleistungen anbieten, ästhetische Chirurgie zum Beispiel, kosmetische Medizin, die an Jameda einfach wirklich zur Kunden-AKA-Patientenakquise nehmen. Also es gibt verschiedene... Motivation, warum man ein Tool wie Jameda nutzt. Am Ende geht es immer um Patientenstromsteuerung, entweder mit einem Effizienzgedanken oder mit einem Marketinggedanken. Ich will meinen Wunschpatienten haben.

Joel Kaczmarek: Okay, also habt ihr quasi verschiedene Personas, könnte man sagen, um die gleiche Steuerungseinheit drumherum. Und ich habe mich ja immer so ein Stück weit gefragt, bei solchen Bewertungen ist ja immer das Thema. Wird ein Veto eingelegt? Ja, habe ich so die Erfahrung gemacht, kommen solche Sachen auch ganz schnell weg. Also wie offen und ehrlich könnt ihr denn dabei sein, wenn jetzt ein Patient hingeht und sagt, der Arzt hier, der war aber richtig unfreundlich oder hat sich kaum Zeit genommen oder hatte schon eine Fahne oder whatever it is, muss ja nicht mal was Verrücktes sein. Also wie offen und ehrlich könnt ihr denn da sein?

Constanze Zipfel: Also wir machen ja gar nichts, sondern die Patienten bewerten und die Patienten bewerten über unsere Bewertungstool. Es wird auch angezeigt, wenn der Patient laut unserem Tracking wirklich in der Praxis war. Das ist so eine Art Qualitätssiegel dann. Und dann muss der Patient die Richtlinien einhalten. Also uns wurde, sagen wir mal so, die Ärzteschaft, als Jameda gelauncht wurde, war nicht happy darüber bewertet zu werden. vorsichtig formuliert. Es gab sehr viele Gerichtsprozesse, die gegen Jameda angestrebt wurden und mein Vorgänger, der Dr. Florian Beiß, der hat sich da durch mehrere BGH-Urteile auch kämpfen müssen, bis es dann 2021 zum Finalen kam. wo eben die gesellschaftlich nützliche Funktion von Jameda als Bewertungsportal die Transparenz in den Betrieb reinbringt, nochmal bestätigt wurde. Gleichzeitig wurden uns juristisch auch bestimmte Qualitätsrichtlinien auferlegt. Das heißt, ein Patient, der bei Jameda bewertet und dessen Bewertung vom Arzt so nicht akzeptiert wird, die Ärzte feilen dann ein Complaint im Prinzip. Der wird eingeladen, erstens seine Patienteneigenschaft nachzuweisen, zum Beispiel eine Terminbestätigung über ein Rezept, was ausgestellt wurde. Also er muss sich ausweisen als Patient und dann muss er seine Bewertung aus seiner persönlichen Perspektive schildern. Das heißt, er darf zum Beispiel nicht die fachliche Eignung des Arztes. in Frage stellen, weil er ist nicht kompetent, um das zu tun. Aber er kann sagen, ich habe mich nicht gut behandelt gefühlt an der Rezeption, weil die Rezeptionistin zickig zu mir, der Arzt hat mir nicht richtig zugehört, solche Dinge darf er sagen. Im Zweifel kommt es dabei bis zu einer juristischen Auseinandersetzung und dann je nachdem, wie das finale Urteil ist, ist das eine Bewertung, die sich im Rahmen dessen bewegt, was juristisch korrekt ist, also was subjektiv ist, was die fachliche Eignung nicht infrage stellt und was auf einer echten Patienteninteraktion basiert. Dann wird die publiziert oder wieder publiziert, wenn nicht, muss sie runtergenommen werden. Also die Ärzte können das steuern, sie steuern es aber natürlich am besten. darüber, dass sie einfach einen guten Job am Patienten machen. Aber jeder hat mal einen schlechten Tag. Also ich habe auch die besten Fünf-Sterne-Ärzte haben dann zwischendurch irgendwann mal einen Patienten, der unzufrieden ist. So ist das.

Joel Kaczmarek: Also ich meine, ich finde es per se immer ein bisschen schade. Es erinnert mich früher an Spickmich, wo man Lehrer bewerten konnte und dann gingen ähnliche Wellen los. Also es ist ja ein bisschen komisch zu sagen, warum darf ich nicht bewertet werden von meiner Kundschaft. Auf der anderen Seite verstehe ich es auch. Mittlerweile muss man denen ja fast eher Tribut dafür zollen, dass sie sich das noch antun, so wie manche von denen überrannt werden und wie denen so begegnet wird. Also ich merke schon, komplexes Thema, auf dem ihr da sitzt. Und jetzt habe ich natürlich noch so als Überlegung, was ist denn so eure große strategische Vision? Also ich habe jetzt schon gelernt, ihr wollt jetzt keine Software sein, die in den Praxen arbeitet, also keine Praxensoftware. Haken hinter, macht Sinn. Geht es über Features, mit denen ihr noch arbeitet oder habt ihr jetzt so dezidierte Bereiche, wo ihr sagt, da wollen wir hinwachsen?

Constanze Zipfel: Ja, also KI ist der dezidierte Bereich, also das erste Feature, was jetzt eben auf den Markt kommt und was auch unabhängig von den anderen Jameda-Lösungen nutzbar ist. Das heißt, wir passen uns da voll dem, das richtige Software ist ein Service, B2B-Business. Wir integrieren uns auch in andere Systeme mit der Lösung. Das wollen wir erstmal groß machen. Es wird momentan bewertet von Kunden und anderen Stakeholdern als die beste Lösung auf dem deutschen Markt. Und das ist jetzt meine Hauptsorge und mein Hautauftrag, das möglichst breit in den Markt reinzudrücken, muss man wirklich sagen. Das heißt, da sind wir gerade voll drauf fokussiert. Und dann gibt es ein nächstes KI-Produkt. Dieses Produkt heißt ja wieder Noah Notes. Das nächste Produkt wird heißen Jameda Noir Booking. Also Noir macht auch dann die Telefonrezeption in der Praxis und bucht den Patienten durch, reschedult Termine und so weiter. Ist eine Lösung, die auch schon verschieden in anderen Services. Da es muss eben wieder datenschutzkonform sein für den Gesundheitsmarkt. Und dann gibt es weitere KI-Feature, die schon in der Planung sind, über die ich aber noch nicht reden möchte. Aber also KI und KI-basierte Feature, die auch weiter auf diesen Patienten-Arzt-Kommunikations-Set aufsetzen, da liegt unsere Zukunft.

Joel Kaczmarek: Ich meine mal frech gesagt, wie weit darfst du das denn treiben? Also ich denke gerade so... Ich finde Anamnese noch einen ganz spannenden Bereich, also dass du die Patienten vorher schon mal abfragst, so können sie ja per Sprachnotiz eingeben, hier sprich mal 15 Minuten ein, zack hast du schon mal eine Vordefinition, der Arzt spart sich eventuell Zeit. Du könntest ja theoretisch auch was mit Chatbots machen, also wenn die nochmal Fragen haben, kannst du auf Basis des Beratungsprotokolls in Anführungsstrichen halt Fragen beantworten. Oder vielleicht, weißt du, wenn es so dieser Klassiker ist, ich habe versetzte Blähungen oder ich habe irgendwie das und das gegessen oder mein Zeh tut weh, sollte ich zum Arzt gehen oder zum Podologen? Da kannst du ja vielleicht das eine oder andere schon abfangen. Also wie weit darfst du dieses KI-Game denn treiben?

Constanze Zipfel: Ja, also immer bis dorthin, bevor es ein Medizinprodukt wird. Also das Medizinprodukt ist auch für die deutsche Gesetzgebung unterliegt einer gesonderten Zertifizierung. Dann wird es wieder sehr investitionsheavy. Das würden wir jetzt erstmal ausschließen. Aber Anamnese zum Beispiel, das heißt, dass der Patient anstatt, dass er vorab einen Bogen ausfüllt, wo er so seine Kernangaben macht, das mündlich macht und man das dann zusammenfasst und schon in die Patientenakte überträgt. Das ist zum Beispiel eine relativ naheliegende Lösung.

Joel Kaczmarek: Okay, weil das sind ja zum Beispiel auch so Beispiele, wo ich jedes Mal wieder irgendwie, da sind wir wieder bei dieser elektronischen Patientenakte, warum muss ich jedes Mal diese fucking Papierbögen ausfüllen? Und es ist immer dasselbe, die Adresse, die Krankenkasse, der Name. Habt ihr denn eigentlich auch Zugang zu so einer elektronischen Patientenakte? Ist es vorstellbar, dass man sowas ankoppelt oder bestehen da chinesische Mauern zwischen?

Constanze Zipfel: Nee, also das ist absolut gesichert. Zugang zu diesen Daten hat eigentlich primär erstmal nur der Patient, der behandelnde Arzt und der Apotheker, ich glaube für drei Tage. Das heißt, es sind immer so Zeitabschnitte draufgesetzt und der Patient muss dem zustimmen. Das heißt, defaultmäßig hat der Gesetzgeber das ja jetzt so gemacht, dass man Widerspruchsrecht hat. Das heißt, automatisch werden die Akten erstmal freigegeben. Wenn man das nicht möchte, muss man Widerspruch einlegen. Aber ansonsten bleibt zwischen dem Prinzip im System. Der jeweilige Ad-Hoc oder dem Patienten zugeordnete Behandler oder Apotheker sieht die Daten und der Patient selbst niemand anders. Wie ich vorhin schon sagte, ist natürlich denkbar, dass Patienten auch anderen Zugriff auf diese Daten geben. Muss man abwarten, wie sich das entwickelt. Aber wir haben da keinen Zugriff drauf, nein.

Joel Kaczmarek: Und wie ist das so mit den Daten, die ihr habt? Sind die monetarisierbar, um als Kapitalist zu reden? Weil wenn ihr da 100.000 Gespräche im Jahr auswertet, die ihr per KI für den Arzt zusammenfasst, dann habt ihr ja 100.000 mal signifikant viele Datenpunkte und könnte theoretisch auch, also es kann ja für so vieles nützlich sein.

Constanze Zipfel: Genau, nee, das machen wir nicht. Also es wird in anderen Ländern KI und da aber auch in anonymisierten Snippets benutzt, die Aufnahmen benutzt, um die KI zu trainieren. Für Deutschland haben wir das jetzt erstmal ausgeschlossen. weil das die ganze UX unheimlich behebig macht. Das heißt, wenn wir das anmachen wollten, ist selbst wenn wir dann danach sozusagen die Daten anonymisieren und nur einzelne Snippets nehmen, müsste man jedes Mal ein Opt-in machen. Und nicht machbar. Der Arzt hat keine Zeit, der will da nicht fünfmal noch drüber nachdenken. Das heißt, momentan ohne Training ist das Produkt sehr leichtgängig. Wenn wir das Training anschalten würden in Deutschland, wäre es sehr schwergängig. Da ist die Entscheidung relativ klar. Gott sei Dank ist es mittlerweile auch so, dass es relativ gute generische Trainingsmethoden gibt. Das heißt, unser LLM profitiert sowieso dann von den Daten der anderen Länder auch. Das muss man klar so sagen. Und was die Speech-to-Text-Lösung angeht, kann man gut generisch trainieren. Das heißt, dieses Aufnahmeprotokoll, was erstellt wird, im Prinzip kann man sich das vorstellen, man führt ein Gespräch. Das Gespräch wird von einer sogenannten Speech-to-Text-Lösung erstmal in einen Rohtext übersetzt. Also alles wird mittranskribiert und dieser Rohtext wird dann ins LLM gegeben. Und dort wird diese Dokumentation rausgeholt. Und in der ersten KI-Lösung, dem Speech-to-Text-Modul, da ist es eben wichtig, dass Begriffe verstanden werden, dass Dialekte verstanden werden, dass Pharmazeutika, Gerätschaften, Behandlungsmethoden, die vielleicht auf Latein ausgesprochen werden, verstanden werden und richtig transkribiert werden. Und diese Elemente, die ein generisches Speech-to-Text-Modell von unserem unterscheiden, die kann man feintunen über andere Methoden als über... konkrete Daten. Und da geht der Datenschutz im Gesundheitsbereich immer vorne.

Joel Kaczmarek: So, und jetzt seid ihr ja auch nicht alleine auf der Welt, auch wenn ihr schon viel von der Welt erobert habt. Du hast ja Doctolib als ein Beispiel angesprochen, wenn ich mich nicht täusche, aus Frankreich. Wahrscheinlich noch den einen oder anderen. Wie nimmst du denn so die Marktsituation insgesamt wahr?

Constanze Zipfel: Also unterschiedlich. Auf unserem Hauptprodukt, dem Marketplace und Saas, da ist unsere stärkste Konkurrenz eindeutig Doctolib und die sind auch führend auf dem Markt. Also wir sind die kleine Schwester sozusagen. Doctolib hat diesen einen riesen Growth Hack hingelegt, den ich auch sehr bewundere. Sie haben 2020 die Impfcenter für Berlin erst organisiert und dann für diverse andere Städte und Gemeinden. Und das hat ihnen sozusagen einen riesen Patientenzufluss gebracht. Und dann, weil eben das die Default-Lösung war, um an eine Impfung für Corona zu kommen, auch sehr viele Ärzte reingebracht. Das ist ein ganz tolles Ding, wieder gesetzesgetrieben. Ich hatte ja vorhin schon mal gesagt. dass eigentlich der Gesundheitsmarkt sich an der Gesetzgebung entlang entwickelt. Und das hat ja Meda wirklich verschlafen. Das haben wir verschlafen. Das heißt, da haben sie uns überholt. Und mittlerweile sind sie der größte Anbieter, was Arzt-Patienten-Terminierung angeht. Gleichwohl sind wir weiterhin der größte Anbieter und da auch nicht mehr einholbar, was Plattform angeht, also Arztbewertung. Arzt-Marketing auch, muss man klar sagen, oder Leistungs-Marketing im Gesundheitsbereich. Also da sind wir unangegriffen. Und jetzt gerade entwickeln wir uns eben zum führenden Anbieter für KI-gestützte Dokumentation. Da gibt es zwei, drei kleinere Anbieter. Viele Anbieter hatten am Anfang das Problem, nicht datenschutzgrundverordnungsgemäß zu handeln. Das hatten wir Gott sei Dank von Anfang an. Das bringt uns jetzt eine Pole Position und auch. Da unsere Entwicklung 23 angefangen hat und wir sozusagen jetzt 25 sind, haben wir einfach mittlerweile einen gewaltigen Entwicklungsvorsprung. Und es wird oft unterschätzt, was das eigentlich bedeutet, ein KI-Produkt zu produktifizieren. Also daraus wirklich ein Produkt zu machen, mit dem ich im Alltag arbeiten kann. Wenn man viel mit ChatGPT rumspielt, kriegt man vielleicht eine Ahnung davon, weil dann doch auf einmal geht es in die falsche Richtung und so. Aber die Elemente, die unser eigenes, insbesondere Prompt Engineering betreffen, aber auch das Feintune und das Lernen oder Anlernen von der Speech-to-Text-Lösung, das ist richtig aufwendig. Das ist nicht was, was du nebenbei mal mit zwei Engineers machst. Und da ist jeder Entwicklungsvorsprung dann auch einer, der sich natürlich im Markt manifestiert.

Joel Kaczmarek: Was habt ihr denn da für eine Unit am Start? Also wie viele Leute? Produzieren das denn für euch?

Constanze Zipfel: 30 in etwa global. Also es ist ein globales Entwicklerteam, wo immer mehr Leute drauf gestufft werden auch. Und das war am Anfang halt so eine ganz kleine Core-Unit und dann hat sich das immer weiter. Und jetzt haben wir ganz klassisch Product-Marketing, verschiedene Engineering-Teams, die dahinter liegen. Dann Leute, die die AI als solche, also unser LLM-Lehrer, muss man ja sagen. Und also das expandiert.

Joel Kaczmarek: Okay. Und jetzt hast du ja eben schon angedeutet, es ist umkämpft. Wie macht man eigentlich Marketing für sowas? Also ich habe ja so den Eindruck, dass ihr in Sachen SEO wahrscheinlich vor zehn Jahren oder was immer ihr angefangen habt, also dass ihr ganz schön krass unterwegs seid in Sachen SEO. Was ist es denn aber noch?

Constanze Zipfel: Also SEO, da hatten wir jetzt auch da wieder Glück, weil wir sozusagen diese Keywords als erstes besetzt haben. KI, KI-gestützte Dokumentation, KI in der Arztpraxis und so weiter. Das heißt, das lief sehr gut. Ansonsten machen wir 360-Grad-Marketing. Das fängt an beim Lobbying. Das ist im Gesundheitssektor sehr, sehr wichtig, dass du einfach Key-Stakeholder, Politiker, die im Gesundheitsbereich aktiv sind, Vertretung, Interessensvertretung. Die Kassenärztlichen Vereinigungen vertraut machst mit dem Tool, dass sie das mal gehört haben. Das stößt da auch auf sehr, sehr große Begeisterung. Dieser Lehr gibt im Prinzip Endorsement. Das heißt, die wissen, wovon sie reden, wenn Ärzte auf sie zukommen und sagen, was sagten ihr da und dazu. Dann hat man die einmal vertraut gemacht und geht dann weiter runter in ganz klassisches Brandmarketing. Da machen wir sehr viel Influencer und PR und dann digitale Strecken. LinkedIn funktioniert gut, Google Search funktioniert gut. Genau, und ansonsten direkt vertrieben. B2B saß.

Joel Kaczmarek: Es ist nicht auch so, ich sehe ja in den Arztpraxen immer diese furchtbaren Blöcke und Kalender und was weiß ich nicht, was mit all den Medikamenten drauf. Es ist ja wirklich fremdschämig, wenn du dann mal so ein Mauspad beim Arzt siehst und es dann irgendwie für so Erektionsstörungspillen und der Block irgendwie über trockene Vagina, da kenne ich ja keine Grenzen. Ist das nicht auch so ein Hebel? Weil ich meine, da wo die Patienten sitzen, da sehen sie das ja dann.

Constanze Zipfel: Genau, aber der Patient ist ja nicht unser... unser Kunde, sondern die Ärzte sind die Kunden. Das heißt, für uns ist das schon sehr auf den Arzt runter gedrimmt. Und was wir jetzt machen, und es geht eigentlich sehr, sehr gut, ist, wir machen wieder nicht nur digitales Direktmarketing, also über E-Mail und über Call und Demo und so weiter, sondern wir verschicken jetzt gerade auch Postkarten. auf denen halt sehr eingängig steht, sie behandeln, Noah dokumentiert. Das ist ein sehr einfacher Claim, der aber mit dem Arzt extrem gut resoniert, weil er ja weiß, wie groß sein Pain ist, zu dokumentieren. Und diese Entlastungs-Message, die in so einem Claim drin sitzt, die konvertiert auch sehr, sehr gut.

Joel Kaczmarek: Golfplätze könnte ich mir sonst noch ganz gut vorstellen, oder?

Constanze Zipfel: Hast du gesagt, nicht ich.

Joel Kaczmarek: Ja, aber ich verstehe. Okay, ich habe immer gedacht, das muss so von der Nachfragemasse her kommen, dass du die Patientenhöhe sozusagen hast und von dort aus dann zum Arzt. Wobei, ups, aber es ist sozusagen direkt der Arzt und dann die Übertragung. Verstehe, verstehe.

Constanze Zipfel: Ja.

Joel Kaczmarek: Und ich habe dich noch gar nicht gefragt, wie groß seid ihr denn eigentlich so insgesamt in Sachen Mitarbeitende, Umsatz? Also, dass ich mal so ein Feeling eigentlich für eure Firmengröße kriege, über die Gruppe auch hinweg.

Constanze Zipfel: Wir sind 70 Mitarbeiter jetzt und machen 15 Millionen Euro Umsatz. Und jetzt gucken wir mal.

Joel Kaczmarek: Und jetzt kommst du von so einem großen Schlachtschiff, einem amerikanischen. Magst du mal so ein bisschen von deiner Motivation erzählen, also was dich da hingebracht hat? Weil du hast ja wahrscheinlich sehr viel gelernt, Datengetriebenheit. eher innovativ getrieben. Was ich mal so mitbekomme, auch sehr, wie soll man denn sagen, jetzt nicht basisdemokratisch, aber ich habe immer den Eindruck, da kann jeder ja eine Idee einbringen und es wird sozusagen darüber diskutiert. Was war für dich der Anreiz, jetzt so einen Strukturierungscase zu bauen? Also wo es ja im Prinzip geht, so ein Post-Merger-Integration irgendwie hinzuschieben.

Constanze Zipfel: Ja, also der eigentliche Schritt aus Amazon raus, der war schon früher. Also ich bin... Bei Amazon habe ich echt sehr gut Karriere machen dürfen. Ich war zuletzt zuständig für die Text-to-Speech-Entwicklung, also auch schon eine AI-Tool für Audible und Alexa für sogenannte Long-Format-Narrations als VP. Ich habe lange bei Audible gearbeitet, deswegen resoniere ich auch hier mit deinem Format so gut. Ich kam an meinen zehnten Amazon-Geburtstag. Da kriegt man immer so ein Badge, der ändert die Farbe dann. Der war immer blau und dann sollte er, glaube ich, lila werden. Und ich hatte mir am Anfang mal gesagt, ich bleibe hier zehn Jahre. Und dann hat sich zu der Zeit zufällig über einen Headhunter-Kontakt eine ganz gute Möglichkeit ausgegeben, wirklich von diesem Boot runterzuspringen. Und das habe ich heiß diskutiert, auch intern mit der Familie und so. Alle waren dagegen, aber ich wollte es unbedingt. Und dann bin ich zu Taxfix gegangen. Das sagt dir wahrscheinlich was. Und habe da als VP New Businesses den Innovation Hub im Prinzip geleitet. Unter anderem eines der Produkte, was immer noch am Markt ist, nach vorne gebracht. Das heißt, ich bin dann eigentlich erst mal in Fintech gegangen. Und da war ich anderthalb Jahre in etwa. Dann kam ein neues Headhunter-Angebot. Und jetzt muss ich vielleicht kurz dazu sagen, ich bin großer Fan von Textfix, aber das war ein krasser Sprung. Also weil, wenn du aus solchen sehr gut regulierten, gut durchdachten und also Bezos, für mich ist er ein Business-Gott. Also ich sage das jetzt nicht, um rumzuschleimen. Das hört sowieso niemand, der es hören müsste dann. Aber es ist einfach so, dass der so ein paar Grundprinzipien von wirtschaftlichem Handeln in seiner Firma auch wirklich etabliert und gelebt hat, die ich jetzt immer so ein bisschen empfinde wie so, ich habe das Amazon-Diplom. Also Daten lesen, datenbasiert. arbeiten, bevor man eine Entscheidung trifft, sich überlegen, ist das eine One-Way- oder eine Two-Way-Door. Dann auch Mitarbeiter, Mittelmanagement insbesondere, zwingen Sachen erst wirklich zu durchdenken, bevor man irgendeinen Test macht oder eine Investition macht. Dieses Six-Pager-Protokoll habe ich, glaube ich, 20, 25 von geschrieben bei Amazon. Das ist eine sehr, sehr gute Schule. Die erfordert sehr viel Disziplin, aber das ist was, womit ich gut ausgestattet war. Und dann kam ich ins Start-up und da ist nichts von all dem. Das war schwierig, muss ich wirklich sagen. Und dann hat sich eine Möglichkeit ergeben, eigentlich auch schon einen Sanierungsfall zu übernehmen. Das heißt PayFit, ich weiß nicht, ob dir das noch was sagt, das ist auch ein Fintech-Unicorn, ein französisches. Die machen Payroll, also digitalisierte, automatisierte Payroll. Und da war das deutsche Business am struggeln. Und dann hat mich da jemand gefragt, ob ich mir das angucken will. Und das habe ich gemacht und den Laden dann geschlossen. Und dann aus dieser Schließung heraus. Dann kam Headhunter von Dogplaner und hat dann eben wieder ein Business, was sehr gesund dastand, was eine Zukunftsperspektive hatte und den Gesundheitsmarkt. Und dann bin ich hierher gekommen. Und Dogplaner empfinde ich jetzt als sehr gute Schnittmenge zwischen global operierendem großen Unternehmen, also 3000 Mitarbeiter, 13 Länder und aber Eben in einem immer noch sehr agilen Umfeld. Also Noah Noth zum Beispiel, damals auf dem ersten Management Offsite, was wir hatten in Barcelona, wurde das vorgestellt. Da habe ich gedacht, so cool, ich will das unbedingt auf den deutschen Markt bringen. Und genau, das hält mich bis heute. Es war eine gute Entscheidung.

Joel Kaczmarek: Es ist vielleicht auch mal eine ganz schöne Reise, die du da beschreibst, weil ich glaube, es gibt einige Menschen, die in so einer Rolle sind wie du, die vielleicht sagen, oh cool, ich habe hier so ein Corporate-Umfeld. Auf eine Art liebe ich das, auf andere Art fühlt es sich einengend an und dann weiß man ja aber nicht, was hat das Wasser, in das ich da springe, für eine Temperatur. Und dann mal so eine Lernreise im Express-Format zu hören, ist ja da echt ganz fesselnd. Würdest du es im Nachhinein wieder so machen? Also würdest du wieder da weggehen?

Constanze Zipfel: Also ich dachte damals so, ich fühle auf diesem großen Schiff das Wasser oder die Wellen nicht mehr. Ich will wieder Wellengang haben. Ich will wieder Abwechslung, Challenge und so weiter. Aber es war wirklich hart. Also auch bei Jameda, die Anfangszeit nach so einem Merger, muss man sich vorstellen, wir waren gerade auf einer neuen Produktplattform gemerged. Da hat nichts funktioniert. Das Produkt war buggy. Die Kunden waren unzufrieden. Da hast du ein paar sehr schlaflose Monate. Jetzt im Nachhinein würde ich immer sagen, es war mega cool. Jetzt, wo es ruhiger, wo alles gesetzt ist, wo wir auf der richtigen Strecke sind, wo die Erfolge reinkommen und so. Aber das ist hart. Also man muss schon resilient sein. Resilient und ein bisschen stubborn, glaube ich. Also sich so nicht abbringen lassen. Also auch wenn alle dir ringsherum sagen, das wird nichts mehr, du kriegst das nicht hin und so weiter. Einfach weitermachen.

Joel Kaczmarek: Einfach weitermachen, finde ich ironischerweise ein schönes Schlusswort, weil passt ja den Gedanken schön zusammen. Von daher, liebe Constanze, ganz herzlichen Dank. Also es war ja wirklich Spaß, immer noch mehr zu lernen über den Gesundheitsmarkt. Ich drücke euch die Daumen, ja, dann als jetzt pan-europäisches Unternehmen oder sogar international und ja, to be continued.

Constanze Zipfel: Danke, Joel, hat Spaß gemacht. Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.