Good Bye Deutschland 🧳: Wie zieht dein Unternehmen ins Ausland?

17. Juli 2025, mit Joel Kaczmarek

Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, herzlich willkommen zu einer neuen Folge Digital Kompakt und mein lieber Freund Lars Jankowfsky ist wieder da. Vielleicht erinnert ihr euch ja, Weltenbummler par excellence, aber natürlich im professionellen Sinne. Also der macht jetzt hier nicht dauernd Urlaub, sondern der liebe Lars ist schon seit wie vielen Jahren? 15?

Lars Jankowfsky: 12.

Joel Kaczmarek: Seit zwölf Jahren in Vietnam ansässig, hat auch ganz viele andere Länder auf der Welt gesehen. Also er hat wirklich schon Business an allen Orten dieser Welt gemacht. Und mit Gradion, seiner Company, formerly known as NFQ Asia, ist er ja auch dabei, Unternehmen zu beraten und sie ihnen auch zu bauen, nämlich in Sachen Software, in Sachen Digitalisierung und in Sachen Deep Tech. So, dann habe ich gesagt, Lars, können wir nicht mal uns zusammensetzen und wir reden mal drüber, welche Chancen und Risiken habe ich eigentlich, wenn ich ins... Also klar, privat kann ich ins Ausland gehen, aber auch unternehmerisch natürlich mit meinem Unternehmen. Und heute werden wir mal durchdiskutieren, was ist denn da eigentlich alles an Chance drin und was ist an Risiken? Das heißt, wenn du selber darüber nachdenkst, wirst du heute, glaube ich, ganz, ganz viel lernen. Das ist für mich auch ganz neugierig. Lieber Lars, hallo, schön, dass du wieder da bist.

Lars Jankowfsky: Hallo Joel, ich freue mich, dass ich da sein darf.

Joel Kaczmarek: Gib doch mal ganz kurz einen Abriss. Was hast du denn so von der Welt schon gesehen?

Lars Jankowfsky: Ich bin jetzt seit zwölf Jahren, lebe ich in Asien, vornehmlich in Vietnam und in Thailand. Ich habe an beiden Orten eine Wohnung. Davor war ich zwei Jahre in den USA. An der Ostküste, bei KAYAK. In Europa hatte ich mein Unternehmen in Litauen und davor in der Tschechien.

Joel Kaczmarek: Und immer wenn ich mit dir rede, dann sagst du, ich komme gerade aus Südafrika, da habe ich diese Selbsterfahrung gemacht. Ja, ich war gerade irgendwie in Ägypten und so, okay. Also du bist sehr bewandert, lerne ich. Viele Leute haben ja so einen Traum. Weißt du, so wie einige einen Traum haben, ich mache eine Bar auf, sagen andere so, komm, ich gehe jetzt aus Land, da ist so mein Glück. Ich suche das Heil in der Ferne. Und dann gibt es ja bei den einen Erweckungsmomente im positiven und in einem anderen negativen Sinne. Wie war das für dich?

Lars Jankowfsky: Ich weiß es nicht. Ich habe so ein nomadisches Gen. Ich bin bei meiner Mutter aufgewachsen, war alleinerziehend und wir sind als Kind 13 Mal umgezogen. Das prägt natürlich, wenn du als Kind immer wieder in eine neue Schule kommst, neue Schulkameraden hast. Das war für mich unglaublich schwierig. Also wenn Leute heute mir erzählen, Mensch, ich habe jetzt ein Klassentreffen der Schule. Ich habe kein Klassentreffen, weil ich war nie so lange in einer bestimmten Schule, dass es so eine starke Bindung gab. Und vielleicht war das sicherlich Einer der Gründe, dir da zu sorgen, dass ich quasi so durch die Welt floate.

Joel Kaczmarek: Ich meine, du holst ja viele Leute zu dir auch als Experts quasi in deine Märkte. Also es ist gerade Vietnam erwähnt, du hast Thailand erwähnt. Was siehst du denn da bei Menschen, die jetzt vielleicht nicht so groß geworden sind wie du? Oder vielleicht sagst du mir, nee, du, alle, die ich hole, sind so wie ich, dass die so ein bisschen wenig Wurzeln haben, viele Flügel. Wie ist denn der Großteil der Menschen da? Wenn die ins Ausland gehen, ist das für die wirklich der Heilsbringer, den sie sich wünschen? Oder fallen auch viele auf die Schnauze?

Lars Jankowfsky: Ich würde sagen, so extrem wie ich sind nicht viele Menschen. Aber es ist ja auch gerade so ein Zeitgeist, en vogue, ins Ausland zu gehen. Es wird immer mehr. Wir leben in einer sehr globalisierten Welt. Vor 15 Jahren war es ja undenkbar, dass du sagst, Mensch, ich gehe jetzt mal drei, vier Jahre nach Asien zu arbeiten. Heute weiß ich genau, was auf mich zukommt mit YouTube. Ich bin in einer globalisierten Welt. Ich kann mich davor informieren und dann ganz informierte Entscheidungen treffen. Ich hatte einen Mitarbeiter, der kam aus Brasilien. Der hat gesagt, Lars, ich möchte bei dir arbeiten. Ich komme nach Vietnam. Sag ich, warst du schon mal in Vietnam? Nein. Warst du schon mal in Asien? Nein. Da sag ich, wieso glaubst du denn, dass das richtig ist? Ja, das weiß ich. Ich will hier raus. Ich habe keine Lust mehr auf Brasilien. Und ich glaube, das wird super. Dann habe ich gesagt, okay, dann komm. Und das hat tatsächlich gut funktioniert. Ich hatte aber auch Mitarbeiter, die ganze Dramen erlebt haben. Ich hatte einen Mitarbeiter, der sich verliebt hat, Familie gegründet hat mit einer Vietnamesin. Dann gingen die Beziehungen in die Brüche. Ich weiß nicht, warum sie hat ihn rausgeschmissen. Und als Ausländer hast du keine Rechte in Vietnam. Und der war dann von einem Tag auf den anderen, kann seine zweijährige Tochter nicht mehr sehen. Fertig. Und da war der richtig fertig. Also das sind andere Geschichten, die gibt es auch.

Joel Kaczmarek: Und ich sag mal so, ich glaube in Deutschland denken da viele gerade drüber nach, weil die so angekotzt sind von unserem Heimatland und die sagen, hier hat keiner mehr Bock. Wirtschaftswachstum ist scheiße. Empfiehlst du sowas Leuten? Also ich bin ja eigentlich immer eher ein Fan von Ärmel hochkrempeln und irgendwie Sachen ändern, anstatt davon zu laufen. Also immer die Frage, laufe ich vor was weg oder laufe ich auf was zu? So kann man es ja vielleicht auch sagen. Wann findest du den Weg ins Ausland? ein probates Mittel?

Lars Jankowfsky: Also grundsätzlich Reisen bildet. Es ist immer gut, auch mal die Welt zu sehen und eine andere Perspektive einzunehmen. Vor allem als junger Mensch ist das eine super Sache. Ich habe sehr viele meiner Kunden und Freunde schicken mir ihre Söhne und Töchter für Internships und Praktikum. Drei Monate, sechs Monate. Und das ist natürlich, wenn du mit 18, 19 Jahren drei oder sechs Monate in Vietnam oder in Thailand bist. Thailand arbeitest und wirklich eingebunden bist, da explodiert dir der Kopf. Das macht was mit einem jungen Menschen und zwar was Positives. Also insofern würde ich sagen, grundsätzlich ist das eine gute Sache. Jetzt zu sagen, Deutschland ist so scheiße und ich schmeiß hin und woanders ist es besser, das ist natürlich naiv. Das Gras ist immer grüner auf der anderen Seite. Das ist aber vor allem deswegen grüner, weil wir die ganzen Details nicht mitkriegen. Also ich sage immer zum Beispiel, ich finde Mainland-Asien super, weil ich die Sprache nicht verstehe, weil ich nicht verstehe, was Politiker und Menschen da von sich geben. Und wenn ich das halt nicht weiß, dann geht es mir grundsätzlich besser. Und in Deutschland kann ich ja dem Radio nicht entgehen. Und da höre ich immer, wie Herr Hirsch gerade irgendeinen Unsinn von sich erzählt. Und ich denke mir, mein Gott. Und das habe ich halt in Vietnam nicht. Das ist wahrscheinlich auch der Fall dort. Nur ich höre es halt nicht. Und deswegen geht es mir besser.

Joel Kaczmarek: Lass uns doch mal so in Chancen und Risiken vielleicht denken. Also wenn wir uns jetzt mal in der Tiefe ein bisschen genauer angucken. Ich habe Wirtschaftswachstum gerade gesagt. So, ich glaube, in den Märkten, wo du unterwegs bist, ist das glaube ich noch ein bisschen krasser als in Deutschland. Also ich weiß gar nicht, was wir hier für 0,2 oder so, weiß ich gar nicht, wenn wir überhaupt welches hatten mal. Also wir hatten ja eher ein Negativwachstum sogar zwei Jahre ineinander, wenn ich mich richtig erinnere. Also die Logik, die ich da vermuten würde, wäre, die Flut hebt alle Boote. Das heißt, wenn ich in den Markt gehe, der wächst, wachse ich mit, Punkt. Aber ganz so einfach ist es wahrscheinlich nicht immer, oder?

Lars Jankowfsky: Also prinzipiell hast du recht. Ja, wenn ich jetzt in ein Land gehe, das sieben bis zehn Prozent Wirtschaftswachstum hat. Wenn wir jetzt hingehen und ich in diesem Markt tätig bin, nur weil ich, wenn ich genauso gut bin wie alle anderen, würde ich ja schon um sieben Prozent wachsen. Wenn ich jetzt darauf ziele, mit meinem Unternehmen zehn, zwanzig Prozent zu wachsen und ich nehme quasi schon zehn Prozent mit, einfach nur durch das Land. dann ist das viel einfacher, als wenn ich von Null starte. Ist natürlich einfacher als gesagt, weil es funktioniert natürlich nur, wenn das auch mein Zielmarkt ist. Also wenn ich meine Produkte dort verkaufe und an dem Markt teilhabe, an dem Wachstum. Sonst nützt man das nicht so viel.

Joel Kaczmarek: Was ist denn so? der erste, you know, touching the ground? Ich komme mal da an, will dann Business aufmachen. Zeigen die mir den Mittelfinger oder die offene Hand?

Lars Jankowfsky: In jedem Land ist es unterschiedlich. Und dann ist auch die Frage, was bietest du denn da an? Was möchtest du verkaufen? Wie machst du das? Grundsätzlich sind die Chancen gigantisch. Dadurch, dass dort ein Wirtschaftswachstum und Großes stattfindet, ist natürlich eine Nachfrage da. Wenn wir jetzt von einem Softwareprodukt ausgehen oder von einem Consultingprodukt oder was auch immer, das sind alles Dinge. Deutschland hat schon immer noch einen guten Ruf. Ja, so mit deutscher Qualität, auch wenn das vielleicht nicht mehr so ist wie früher, das ist aber schon noch so da. Da habe ich natürlich einen Vorteil, dass die Leute sagen, Mensch geil, ich kriege hier europäische, ich kriege deutsche Qualität und ich möchte das jetzt richtig gut machen.

Joel Kaczmarek: Wie ist es so von der Workforce? Also ich habe jetzt immer stark in Kosten gedacht, aber ich glaube, wenn du da Mitarbeitende suchst, ist Kosten das, was das Land attraktiv macht? Oder guckst du in Auslandsmärkten auf andere Sachen, wenn du mit Leuten arbeitest?

Lars Jankowfsky: Also jetzt in meiner Branche, Consulting, Softwareentwicklung, sind die Kosten nicht mehr so riesige Unterschiede. Natürlich sind die Gehälter etwas niedriger, aber die Lebenskosten sind ja auch niedriger. Das macht nicht so einen großen Unterschied. Ich habe mich jetzt erst gestern mit Leuten gesagt, auch in Deutschland sinken gerade so ein bisschen die Gehälter für Softwareentwickler. Aber der große Unterschied ist die Einstellung im Kopf. Die Menschen in Deutschland sind überwiegend satt. Und da geht es halt viel um Work-Life-Balance. Da geht es viel darum, Mensch, Chef, kann ich nur drei Tage die Woche arbeiten? Ja, dann verdiene ich weniger. Ist okay, ich brauche nicht so viel Geld. Mein Leben ist mir wichtiger. Also ich habe unglaublich viele Geschichten selber erlebt und gehört. Und in Asien sind die Leute hungrig. Die arbeiten teilweise zwei Jobs. Jeder träumt davon, das große Geld zu machen. Jeder ist hungrig und will nach vorne gehen. So, wenn ich jetzt ein Gründer bin und ich möchte jetzt ein Startup oder ich möchte was erreichen, dann möchte ich das natürlich mit Menschen machen, die für mich brennen, die auch mal abends oder am Wochenende, wenn es sein muss, ranklotzen und mitmachen und sich wirklich einbringen. Und das ist der für mich entscheidende Unterschied. Die Leistungsbereitschaft ist eine völlig andere.

Joel Kaczmarek: Also das Delta ist sozusagen da höher. Die haben wenig, möchten viel haben, deswegen hohe Bereitschaft. Wir haben schon viel und deswegen Bereitschaft abgeflacht, so verstehe ich das. Hast du eine Schätzung, wie viel Prozent deiner Mitarbeitenden haben sozusagen noch ein Zweitbusiness neben deinem Job? Ist das da auch so?

Lars Jankowfsky: 80 Prozent.

Joel Kaczmarek: Acht von zehn haben noch irgendwie ein Startup oder irgendeinen Job am Wickel neben dir?

Lars Jankowfsky: Die bilden sich weiter in ihrer Freizeit. Die arbeiten nebenher als Freiberufler. Das ist weniger geworden. Aber die allermeisten bauen an ihrem Startup oder am Familienunternehmen mit und träumen davon, den großen Lotto-Gewinn zu machen sozusagen mit ihrem eigenen Startup.

Joel Kaczmarek: Ist das für dich gut oder schlecht?

Lars Jankowfsky: Also als ich nach Asien gekommen bin vor zwölf Jahren, war ich entsetzt. Weil ich natürlich als Deutscher davon ausgehe, hey, ist mein Mitarbeiter, der soll jetzt seine gesamte Arbeitszeit bei mir einbringen. Und das war kulturell ein großer Schock für mich. Das muss ich aber hinnehmen, das ist in all diesen Ländern komplett normal. Grundsätzlich ist das ja eine gute Sache, wenn die sich weiterbilden und wirklich nach vorne wollen. Und ich habe das auch in Interviews mal gesagt, wenn ich Mitarbeiter verliere. Also wir sind jetzt in Vietnam seit acht Jahren unter den Top 5 besten Arbeitgebern, haben einen sehr, sehr geringen Churn. Gleichwohl verliere ich ab und zu Mitarbeiter. Und wie verliere ich Mitarbeiter? Wir haben drei große Bereiche. Also der erste Bereich ist Lack of Career Path. Die wollen sich weiterentwickeln und sehen nicht, wie sie, dann haben wir quasi als Unternehmen versagt. Der zweite große Themenbereich ist, dass die abgeworben werden für mehr Geld. Der ist aber gar nicht so groß, wie du denkst. Also Lack of Care ist der größte Bereich. Und der zweitgrößte Bereich, also der letzte quasi Bereich, ist dann, die machen ihr eigenes Startup. Also der Entrepreneurial Spirit, der Unternehmer, ist im Prinzip mein größter Mitbewerber.

Joel Kaczmarek: Und sag mal, wir reden jetzt sehr viel schon über Chancen. Vielleicht mal einen Schritt zurückgegangen, auch so rein prozessual. Was muss ich eigentlich machen, wenn ich in so einem Land eine Firma gründen will? Wie läuft das ab? Ist es so genauso wie in Deutschland? Gehst du aufs Amt, meldest eine Firma an, meldest vorher dich und so weiter und zack, zack, los geht's? Oder hast du da große Hürden im Weg?

Lars Jankowfsky: Das kommt ganz aufs Land drauf an. In Vietnam ist es zum Beispiel so, wenn du eine Foreign-Owned-Entity machen willst, musst du einen Businessplan abgeben, der von der vietnamesischen Regierung bewertet wird, ob die das denn wollen, was du da machst. Das ist ein relativ bürokratischer Prozess. Da gibt es natürlich Dienstleister, die das für dich abnehmen. Keine große Sache. In Thailand, spannende Geschichte, Thailand hat was ganz, ganz Schlaues, das nennt sich Board of Investment (BOI), Board of Investors, eine Regierungsorganisation, die nur dafür da ist, sozusagen die Wirtschaft nach oben zu bringen von foreign entities. Das heißt, wenn ich dort ein Unternehmen machen will, das unter diesen Board of Investment (BOI)-Regeln läuft, die dann besser sind, also da zahlt man ein bisschen weniger Steuern, muss man nicht so viele Locals einstellen, hat man verschiedene Vorteile, musst du was tun, wo die sagen, das ist gut für Thailand. Da war das auch so. dass wir auch einen Businessplan abgeben müssen. Und da haben die mich einbestellt. Dann habe ich gedacht, gehe ich in dieses Regierungsgebäude, da wird jetzt irgend so eine Rübennase sitzen, der von Tuten und Blasen keine Ahnung hat und mich irgendwie dumme Fragen stellt. Denkste, das war ein hochintelligenter Mensch, der perfektes Englisch gesprochen hat, der genau gewusst hat, wie Softwareentwicklung, wie agile Entwicklung, der hat Details, der hat mich wirklich gegrillt, was ich da mache, wieso ich das mache, wo der Nutzen ist, wo ich meine Mitarbeiter herkriege und so weiter. Und am Schluss hat er gesagt, passt und hat mir den Stempel gegeben und seitdem sind wir Board of Investment (BOI) zertifiziert. Das war aber wirklich beeindruckend, mich war zutiefst beeindruckt. Ich möchte aber nochmal ganz kurz was sagen. Die größte Hürde ist eigentlich das deutsche Finanzamt. Also wenn du jetzt aus Deutschland weggehst und sagst, ich möchte aus Deutschland weggehen ins Ausland, dann hast du ja mit so Themen wie Wegzugsbesteuerung zu tun. Und das ist ein Riesenthema, was ja nochmal verschärft wurde. Eine riesige Hürde. Also wenn du als junger Mensch nichts hast, ist das kein Thema. Aber wenn du Unternehmensbeteiligung hast, wenn du Assets hast, die Kurzversion ist, dann wirst du, und du sagst, ich bin jetzt hier mal weg, dann wirst du so besteuert, als ob du diese Anteile verkaufst. Das Geld muss man ja erstmal haben. Kleine Anekdote am Rande. Also ich habe quasi 2017 gegründet in Singapur, 2018 die Wegzugsteuerung gemacht und die Gesetzgebung damals war so, wenn man innerhalb eines Jahres weggeht, dann wird quasi das Stammkapital, das eingezahlte Stammkapital genommen. Das waren 10.000 Euro, wären also 3.000 Euro Steuern gewesen. Also keine große Sache. Denkste. Dann habe ich einen Brief vom Finanzamt gekriegt, die gesagt haben, ja. Das ist ja alles richtig, aber 2019, also ein Jahr später, hast du ja schon einen Gewinn gemacht. Und du hättest ja wissen müssen, 2018, dass 2019 so gut läuft. Also hast du quasi diese Anteile, für die ich 10.000 Euro bezahlt habe, viel zu günstig gekriegt. Und deswegen wollen wir nicht 3.000 Euro von dir, sondern 80.000 Euro. Du musst dir mal vorstellen, das Deutsche Finanzamt sagt, du als Unternehmer hättest ja wissen müssen, dass du nächstes Jahr, ja pass auf, ich habe richtig gute Steuerfachanwälte, mit denen habe ich das diskutiert, die haben gesagt, Lars, wir raten dir, nimm das an. Ja, weil sonst, das Finanzamt, das auch nochmal, da kannst du klagen, das geht Jahre, da sind auch Risiken drin. Am Schluss haben wir ja einen Brief zurückgeschrieben und gesagt, das ist alles Nonsens, das stimmt so nicht, aber damit wir das Thema abschließen, würden wir dem zustimmen. Dann habe ich innerhalb von einer Woche eine abschließende Steuerbeschreibung bekommen. Ich habe noch nie einen abschließenden Steuerbeschreibung bekommen. Du kriegst ja immer einen vorläufigen. Da hat sich ein Finanzbeamter gefreut, der hat gesagt, boah, ich habe 80.000 Euro Umsatz gemacht, zack, Stempel drauf, jetzt kann er nicht mehr zurück. Ich habe die 80.000 Euro bezahlt, aber das war es für mich. Weil das Risiko danach ist ja, die haben ja so einen Schlüssel, ich nagel mich nicht fest, das ist um die, ich glaube, 11,5 oder 12 Multiple auf das durchschnittliche Profit der letzten drei Jahre. Und das wird quasi angesetzt. Jetzt ist zum Beispiel so, als Dienstleister mein Unternehmen, ich kriege keine 12 Multiple, wenn ich das verkaufe. Als Dienstleister kannst du vielleicht als SaaS oder andere Unternehmen, aber ich kriege keine 12 auf den Profit. Aber das ist so im Gesetz vorgegeben und so wird das dann versteuert. Und das musst du dann zahlen.

Joel Kaczmarek: Kann man nicht einfach ins Ausland gehen, seine deutschen Firmen behalten, seine deutschen Firmen in Deutschland versteuern und seine asiatischen in Asien?

Lars Jankowfsky: Ja natürlich, dann ist dein Steuerwohnsitz weiterhin in Deutschland. Und dann hast du natürlich das Thema Doppelbesteuerungseinkommen. Und wenn es ein Doppelbesteuerungsabkommen gibt, dann wird das ausgeglichen. Ist aber ein relativ komplexer Vorgang. Und wenn es kein Doppelbesteuerungsabkommen gibt, dann hast du wirklich ein Problem, weil du unter Umständen zweimal zahlst.

Joel Kaczmarek: Wie ist es so mit Märkten? Also ist es für dich so, dass du dadurch, dass du ins Ausland gegangen bist, auch nochmal besseren und mehr Zugang zu internationalen Märkten bekommen hast? Oder ist das eigentlich Jacke wie Hose, ob ich jetzt in Deutschland meine Firma habe oder in Vietnam?

Lars Jankowfsky: Nee, das macht einen Riesenunterschied, natürlich. Das sind total spannende Zielmärkte. Das hat sich auch verschoben. Ich bin vor zwölf Jahren nach Asien, natürlich um bessere Mitarbeiter, mehr Mitarbeiter zu finden für meine europäischen und amerikanischen Kunden. Das hat sich jetzt aber über die letzten 50 Jahre verschoben. Auf einmal ist Asien als Zielmarkt total spannend. Also ich habe Vertriebsleute, die die verschiedenen Märkte bearbeiten. Ich habe Kunden in Thailand, Vietnam, Japan, Malaysia, Indonesien. Das ist auch heute so, dass diese Kunden durchaus auf einem Niveau bezahlen, so wie es in Deutschland üblich ist. Also das ist jetzt nicht so, dass das nur alles kleine Low-Cost-Aufträge sind. Und wenn ich mir so anschaue, das letzte Jahr, dann würde ich sagen, dass wir jetzt das erste Mal in den letzten zwölf Monaten an einem Punkt sind, wo wir mehrheitlich asiatische Kunden akquiriert haben, neue Kunden als deutsche.

Joel Kaczmarek: Und würdest du sagen, dass diese Arbitrage zwischen Herstellungskosten, Umsetzungskosten und so weiter, also du kannst ja gucken, was kostet mich etwas in dem Land zu produzieren versus meinen Heimatmarkt und was koste ich oder was verdiene ich, wenn ich es verkaufe dort versus meinen Heimatmarkt, gleicht sich das an? Also nimmt dieser Unterschied zwischen den Ländern ab?

Lars Jankowfsky: Absolut, ja, ja. Also Arbitrage ist immer noch ein großes Thema, wenn du wirklich Low-Cost machst. Also wenn ich jetzt als Einzelperson da hingehe und ich habe jetzt 20 Entwickler, die remote irgendwo sitzen. keine Versicherung, ich habe keine Cyber-Security, ich habe keine ISO 27 Zertifizierung, ich habe keine GDPR, ich habe keine Mobile Device Management-Systeme (MDMs), ich habe all die Dinge, die du als professioneller Anbieter machen musst. Das kostet alles unglaublich viel Geld. Wenn ich das alles nicht mache und dann verkaufe, dann habe ich da eine viel höhere Marge. Das funktioniert aber halt nur auf einem kleinen Rahmen. Sobald ich Corporate, Großkunden oder eben Equity-finanzierte Unternehmen als Kunden haben will, wird das schwierig.

Joel Kaczmarek: Also hast du quasi die gleichen Auflagen in Sachen Compliance, könnte man sagen, und Anforderungsprofil an Kunden oder an Lieferanten, wie du sie hierzulande auch hast. Gut, also nochmal ein Stück weit rekapitulieren. Also wir haben über Wirtschaftswachstum gesprochen, wir haben über die Einstellung und die Kosten der Mitarbeitenden geredet, wir haben über die Märkte, die man sich erschließen kann, gesprochen. Was denn so persönlich, auf der persönlichen Ebene, also was für Vorteile hast du, wenn du da, sag ich mal, ins Ausland gehst?

Lars Jankowfsky: Also mein Leben für mich ist so viel besser. Wenn du ein deutsches Gehalt verdienst, du musst jetzt nicht superreich sein, sondern einfach nur ein ganz normales deutsches Gehalt und du bist in Asien, dann lebst du einfach wie ein König. Also ich habe jemanden, du putzt nicht selber. Ich kann mich auch bekochen lassen, wenn ich das möchte. Ich habe einen Fahrer. Also der Luxus, nicht selber fahren zu müssen und abends weggehen zu können. Und ich weiß, da wartet jemand auf mich, der bringt mich sicher nach Hause. Unglaublich toll. Das ist in Deutschland unvorstellbar. Das können sich nur Superreiche leisten. Das ist nicht so teuer in Asien. Ihr müsst jetzt nicht denken, der Lars, der lebt wie ein König hier, der hat so viel Geld. Nein, das ist einfach nicht so teuer. Aber auch die gesundheitliche Versorgung als Beispiel. Wenn ich irgendwie zum Arzt muss. Ich hatte einen Freund, also Unternehmer, der ist nach Vietnam gegangen. Der hat gesagt, ich habe keine Lust mehr, ich will hier raus. Ich schaue mir das jetzt mal an. Ist mit Frau und Kind da mal für ein halbes Jahr hin. Und dann hat die Frau sich beim Tennisspielen einen Fuß gebrochen. Und dann habe ich ganz panisch angerufen. Lars, Lars, was mache ich jetzt? Was mache ich jetzt? Dann sage ich, pass auf, alles gut, du gehst jetzt da hin. Habe ihm die Adresse gegeben, fünf Minuten entfernt. Und wir waren zum Mittag verabredet und ich sagte, lass unseren Mittagslunch, brauchen wir nicht. Er sagte, ja, ich sage dir Bescheid. Eine Stunde später ruft er an und sagt, das ist ja unglaublich. Also wir sind dahin, wir sind sofort rangekommen. Ich wurde geröntgt, wurde behandelt, Treatment gegeben, Gipsfuß gegeben. 16 Minuten später war die Frau wieder draußen, alles gut. Und er kam dann zum Lunch Appointment. Das ist in Deutschland schwierig vorstellbar.

Joel Kaczmarek: Aber sag mal, ich habe mit Mitgliedern deines Teams wieder zusammengesessen die Tage und dann haben wir uns über Massagen unterhalten in Vietnam und so. Da meinten die, ja, das ist in Asien eine ganz andere Geschichte, sich massieren zu lassen. Nimm mal diese Porn-Sex-Ecke raus, sondern wir reden jetzt von Gesundheit, weil die halt sagen, ey, das ist für meine Gesundheit und ich habe hier eine schlechte Versorgung. Also ist es so, dass das, was du gerade beschrieben hast, nur den Reichen zusteht? Weil was ich sonst immer gesagt bekommen habe, war, ey, Gesundheitssystem ist einfach nicht da. Es gibt sozusagen sowas nicht, wie wir in Deutschland haben mit Krankenversicherung und Co.

Lars Jankowfsky: Nee, das ist Unsinn. Das gibt es natürlich, aber die Versorgung, die ländliche Versorgung ist tatsächlich nicht so gut. Aber nochmal, also wenn du ein normales Gehalt, 2000 Euro, verdienst, gehörst du ja schon zu den Reichen. Also die meisten meiner Mitarbeiter liegen da drüber. Und dann, ich gebe dir ein weiteres Beispiel. Ich habe mir vor sieben Jahren meinen Oberschenkel gebrochen. Dann musste ich zur Krankengymnastik. Der Arzt hat mir zweimal Krankengymnastik pro Woche verschrieben. Ja, versuchen wir zweimal Krankengymnastik pro Woche in Deutschland zu bekommen. Viel Glück und teuer. Ja, so, ich habe einmal die Woche bekommen, das habe ich hingekriegt. Dann bin ich nach Asien, meine Kollegen, meine Vietnamesischen Kollegen, das tut gar kein Thema, ich besorgte da jemand. Dann ist sechs Tage die Woche der Krankengymnast zu mir morgens vor der Arbeit nach Hause gekommen. Um sieben Uhr morgens hat eine Stunde Krankengymnastik mit mir gemacht, das hat zehn Euro gekostet pro Sitzung.

Joel Kaczmarek: Ich glaube, viele Menschen, die das jetzt hören, sagen sich, okay, der geht mit deutschem reichen Geld dahin, der nutzt die aus, die Asiaten. Das ist ja irgendwie amoralisch. Was ist denn da deine Reaktion drauf? Weil ich meine, am Ende des Tages hast du ja hart für gearbeitet und kannst dir was gönnen. Aber ich ertappe das so, dass man aus deutscher Sicht oft die Reaktion kriegt, das ist irgendwie nicht in Ordnung, das auszunutzen, dass die dort weniger Geld verdienen und deswegen das für mich zu nutzen.

Lars Jankowfsky: Die rationale Antwort ist, ich habe fast 400 Mitarbeiter auf vier Länder. Ich zahle sehr, sehr viel Steuern in diesen Ländern. Und ich bringe da 400 Leute in Lohn und Brot. Und die verdienen natürlich auch alle sehr viel überdurchschnittlich zum Markt. Also da ist jeder happy. Jetzt pass mal auf, ich habe eine Geschichte für dich. Ich war im Hotel in Saigon. Während ich in diesem Hotel war, wurde neben meinem Hotelzimmer quasi ein weiteres Hotel gebaut. Und da wurde quasi Tag und Nacht gebaut, sodass in diesen sieben Tagen zwei Stockwerke gebaut wurden. Dann habe ich das fotografiert und habe ich auf Facebook gepostet und gesagt, wie krass, also zwei Stockwerke in sieben Tagen. Dann ging der Shitstorm los. Dann haben die ganzen Deutschen gesagt, ja. Ausbeutung, die müssen am Wochenende arbeiten und nachts und das ist ganz schlimm und so, also genau dieses Thema. Und was dann passiert ist, dass meine vietnamesischen Freunde eingestiegen sind in die Diskussion und sagten, habt ihr einen Dachschaden? Also das ist so, in Vietnam als Beispiel ist es so, Wochenendzuschlag ist doppelt, also die kriegen doppeltes Gehalt. Nachts dann nochmal eins, also dreimal. Die schlagen sich alle um diese Schichten. Warum? Da sind wir wieder, weil sie hungrig sind. Das sind die begehrten Schichten, weil die machen doppelt das Geld. Und da sind wir genau wieder an der Stelle. Was ist denn, das muss doch der Mensch selber wissen. Also wenn ich jetzt schon genug habe, dann sage ich, ja nee, also Überstunden möchte ich nicht. Ist ja auch völlig fair und in Ordnung, weil ich schon genug habe und die Zeit mit meiner Familie verbringen will. Wenn ich aber für meine Familie einen Wohlstand schaffen möchte, dann ist es doch auch fair zu sagen, dass sie sagen, ja, ich arbeite bitte gerne am Wochenende und abends, weil ich dann einfach mehr Geld verdiene.

Joel Kaczmarek: Wie siehst du das so mit dem Thema Würde? Weil ich weiß, wir haben ja noch vor kurzem einen Podcast geführt über KI hier, Singularity und so und da haben wir uns so unterhalten, dass du gesagt hast, irgendwie ist in unserer Gesellschaft so die Haltung da, dass ein Milliardär wertvoller ist als jemand, der Taxi fährt oder Müll rausbringt oder whatever, der wenig verdient, dass wir Geld und Wertigkeit miteinander zusammenbringen. Das ist ja nicht so, was ich teile. Es ist arbiträr, es ist willkürlich, dass es so ist. Hast du da nicht trotzdem manchmal so ein schlechtes Gefühl, wenn du siehst, da ist jemand ein Mensch wie du und kriegst sehr wenig Geld für eine Leistung, die du an einem anderen Ort der Welt viel höher bezahlen würdest? Also macht das nicht auch was mit dir?

Lars Jankowfsky: Dem ist ja aber doch nicht so. Also jetzt nochmal, ich zahle einem Entwickler bei mir 3.000, 4.000.

Joel Kaczmarek: Von dem reden wir nicht. Wir reden ja vom Fahrer, vom Einkauf für dich. Ja, pass auf.

Lars Jankowfsky: Der Durchschnittseinkommen in Vietnam ist 300. Mit 3.000 ist das ja, bist du der King. Der Fahrer kriegt davon für 500 bis 1000. Je nachdem, wie viele Stunden der schrubbt und wie oft ich abends weggehe und ob der am Wochenende ran muss. Ja, der kriegt dann halt auch doppelt das Geld am Wochenende. Und wenn der abends für mich wartet, weil ich irgendwie in der Bar abhänge, dann kriegt der auch doppelt das Geld. Dann pennt der im Auto und wird dafür bezahlt. Der freut sich.

Joel Kaczmarek: Aber die Frage war ja, macht das was mit dir, dass die gleiche Tätigkeit, da wo du herkommst, viel höher bezahlt wird, ob das sich schlecht anfühlt?

Lars Jankowfsky: Nee, wieso denn? Und jetzt nochmal, die Lebenshaltungskosten sind ja hier viel höher. Also 3000 Euro. in Vietnam lebe ich wie ein König. 3000 Euro in München kannst du ja nicht mal eine Wohnung mieten. Ja, stimmt. Das musst du ja immer in Relation setzen.

Joel Kaczmarek: Jetzt haben wir viel über Chancen geredet. Was sind denn so Risiken, die dir als erstes in den Kopf kommen, wenn du dann denkst, ins Ausland zu gehen, unternehmerisch?

Lars Jankowfsky: Gesetzliche Fallen, die man tappt, Dinge, die man nicht weiß, abgezockt zu werden. In jedem Land dieser Erde wurde ich betrogen. Vor 25 Jahren in Litauen haben sie mir 100.000 Euro gestohlen. Da hat mir mal ein Geschäftsführer eine Steuer erfunden, die es gar nicht gab. Woher soll ich das wissen? Er hat 2% abgezwackt in seine eigene Tasche. In Vietnam wurde ich auch bestohlen vor vielen Jahren. Da lief halt Korruption raus. Da hat mich auch jemand bestohlen. Das ist Lehrgeld, das du zahlst in solchen Ländern. Damit muss man rechnen. Das musst du mit einkalkulieren. Das lernst du dann halt. Lebe und lerne. Schau nach vorne. Dann weißt du, das waren nicht die richtigen Geschäftspartner. Dann geht es weiter. Aber das passiert.

Joel Kaczmarek: Was hast du dir denn als Rüstzeug dazu gelegt? Wie schaffst du es, dass sie das nicht machen? Wenn du nächstes Jahr nach Kambodscha ziehst oder nach Malaysia. Hast du für dich so Abläufe oder Dinge, auf die du achtest, dass dir sowas da nicht mehr passiert?

Lars Jankowfsky: Also ich glaube, das ist unvermeidbar, dass solche Dinge passieren. Aber am Schluss ist es Menschenkenntnis. Du musst die richtigen Leute kennen, sodass jemand im Netzwerk sagt, du kannst mir jemanden empfehlen für hier, das, das. Und dann kriege ich wirklich gute Empfehlungen zu Leuten. Und dann ist, glaube ich, auch ganz wichtig, wenn ich einen Tipp sozusagen mitgeben kann. Wenn du in so ein Land gehst, dann ist es unglaublich wichtig, dass du lokale Freundschaften schallierst. Viele Experts gehen in diese Länder und bleiben in ihrer Expert-Community. Also Deutsche, wir haben ja zum Beispiel in Saigon einen deutschen Stammtisch. Da ist auch nichts falsch dran, muss man mal deutlich sagen. Aber wenn ich nur mit denen abhänge, dann hilft mir das natürlich überhaupt nichts, wenn ich in eine Notsituation komme oder Hilfe brauche. Wenn ich aber vietnamesische Freunde habe oder Thai-Freunde oder kambodschanische Freunde oder was auch immer es ist, das ist dann gerade in Krisensituationen, wo dir die helfen können.

Joel Kaczmarek: Ich hätte gedacht, das ist schwer, wenn du jetzt als Deutscher, man sieht auch noch an deiner Hautfarbe, dass du aus einem anderen Land kommst, dass du da an diese Kreise reinkommst. Also ist man da offen?

Lars Jankowfsky: Ja, es kommt aufs Land drauf an. Thailand ein bisschen schwieriger. Das ist einfach eine sehr uralte Gesellschaft. Wenn du da die Sprache nicht sprichst, dann ist der Zugang zu den Thais ein bisschen schwieriger. Japan ähnlich. Vietnam, dadurch, dass es da so eine harte Kolossalisierungsgeschichte gab, die sind unglaublich offen. Die sind einfach neugierig auf dich. Die sagen, ah cool, das ist ein geiler Typ. kommst du mal mit wandern am Wochenende. Ja, wir gehen in die Berge oder zelten. Ja, sagt er, ich habe eine Hütte im Dschungel. Kommst du mit, machen wir eine Motorradtour, tun wir da zelten. Dann penne ich dann irgendwie mit sieben Vietnamesen in der kleinen Holzhütte und die haben dann um mich rumgeschnarcht. War ein unvergessliches Erlebnis. Und das hat er nicht gemacht, weil ich jetzt der Chef bin oder so. Das macht er auch, wenn du jetzt da mal kommst und mal, weiß ich nicht, vier Wochen da im Büro abhängst. Dann wird dir das passieren, dass Leute sagen, du Emma, hast du nicht Bock? Willst du mal sehen? Ich besuche meine Familie auf dem ... Kommt noch am Wochenende mal mit.

Joel Kaczmarek: Wie komplex und aufwendig würdest du sagen, ist es, dich in so einem Land anzupassen? Also wenn du da hinkommst und die Kraft, das Geld, die Zeit, die du aufwenden musst, um das, was du kennst, jetzt nochmal komplett neu zu lernen. Wie intensiv ist das?

Lars Jankowfsky: Du brauchst schon eine geistige Flexibilität. Die Kultur ist eine völlig andere. Die Menschen sind anders. Die Regeln sind anders. Wie man sich verhält, ist das anders. Mir macht das Riesenfreude. Ich nehme da auch ganz viel mit. Ich kann da auch lernen, wie andere Menschen und andere Nationen Dinge machen und denke mir dann so, hm, könnten wir eigentlich bei uns auch so machen. Aber das fordert schon eine geistige Umstellung. Du kennst das sicher, wenn du reist, ja, dann ist man, und du gehst jetzt in ein Land, wo du noch nie warst, dann bist du am Anfang ganz furchtbar viel müde. Warum? Weil dein Hirn die ganzen Eindrücke nicht kennt und alles so neu ist und das kostet unheimlich Zeit und Energie, einfach nur zu gucken. Das ist irgendwann weg. Also für mich ist das nicht so natürlich. Das ist wie zu Hause. Und dadurch, dass ich so viel reise, ist es auch, ich war jetzt zum Beispiel zum ersten Mal in Südafrika, das ist halt yet another country. Aber wenn du nicht so gewohnt bist, so viel zu reisen, dann ist das schon eine mentale Anstrengung. Das musst du mit einkalkulieren.

Joel Kaczmarek: Okay, das ist ja jetzt körperlich, aber auch so da alles aufzusetzen. Also wie lange hast du gebraucht, bis da dein Firmenbetrieb richtig lief, sag ich mal? Hast du Mitarbeiter, hast du die Genehmigung alle gehabt, hast du Steuerklage gehabt, Verträge gecheckt und so weiter?

Lars Jankowfsky: Ja, das ist eine sehr deutsche Frage. Drei Tage.

Joel Kaczmarek: Drei Tage?

Lars Jankowfsky: Ja, und zwar, ich habe einfach gestartet mit einer lokalen Entity. Ich hatte einen Geschäftsführer im Lokalen, dem ich vertraut habe und gesagt, du gründest jetzt einfach eine Firma. Der Vietnamese kann quasi innerhalb von einem Tag eine Firma gründen. Wenn Leute eingestellt werden, sind sofort gestartet. Und dann habe ich quasi mein Businessmodell bewiesen, habe gesehen, es funktioniert. Und dann habe ich das Geld investiert für Anwälte, für diesen Businessplan, um eine Foreign Entity zu machen.

Joel Kaczmarek: Okay, also wenn der gesagt hat, fuck you, es ist alles meins, behalte ich dich, gibt's gar nicht, also du hast sozusagen eine Abhängigkeit am Anfang mal gehabt.

Lars Jankowfsky: Absolut, ja. Ich will jetzt nicht arrogant klingen nach dem Motto, ich finde immer die richtigen Leute, aber ich hab... schon, glaube ich, einen ganz guten Riecher und Menschenkenntnis. Meine Geschäftspartner gut auswählen. Nicht mit allen, das ist immer gut funktioniert, aber wir haben uns immer fair und aufrecht und respektvoll im Umgang miteinander gezeigt. Und grundsätzlich würde ich auch sagen, dass die Menschen in Asien eher dazu neigen, dass man denen mehr vertrauen kann als in der westlichen Welt. Ich glaube, das hat was damit zu tun, dass für die Individuen nicht so wichtig ist wie die Gesellschaft als Gesamtes. Wir im Westen, da ist ja ich, ich, ich, ich hier und der Staat ist mir eigentlich egal, während in Asien die Gesellschaft als Ganzes einfach nicht. Das hat man übrigens in Covid gut gesehen, wie wir hier damit umgegangen sind in Asien. Da haben wir in Deutschland unglaublich auf Asien, die sind ja verrückt und Lockdowns und so. Aber in Asien war das gar nicht so wahrgenommen, sondern wir gegen die Krankheit und wir machen das jetzt gemeinsam und wir machen jetzt den Lockdown und wir halten zusammen. Und da war also diese Spaltung, die wir erfahren haben, an der wir heute ja auch noch leiden, die hat es da nicht gegeben.

Joel Kaczmarek: Welche Abhängigkeit hast du da politisch? Weil jetzt ist Vietnam vielleicht ein spezielles Beispiel. Thailand ist schon wieder ein anderes. Aber zum Beispiel in Vietnam ist es ja so. kommunistisch regiert. Und wenn ich jetzt mal in irgendwelche fremden Länder denke, hätte ich ja manchmal die Sorge, dass man halt sagt, pass mal auf, passt uns nicht, was du hier machst, Europäer, eigene Regel, zack, bumm, alles weg. Also, dass du so eine hohe Abhängigkeit auch von der Gunst, von so einem politischen Apparat, sag ich mal, hast. Erliebst du das auch so oder ist das eine unbedeutende Sorge?

Lars Jankowfsky: Das ist nicht so. Natürlich ist auch in einem Vietnam Recht und Gesetz gilt dort. Das ist nur ein bisschen anders und man muss wissen, wie es geht. Du musst halt die richtigen Menschen kennen, du musst die richtigen Anwälte kennen, du brauchst einfach ein gutes Netzwerk und musst mit den richtigen Leuten befreundet sein. Das ist aber jetzt auch nicht anders in Deutschland. Also wenn du in Deutschland als Unternehmer mit den richtigen Menschen befreundet bist, dann hilft dir das auch viel. Bei größeren Unternehmern, wenn du mit Politikern befreundet bist, dann hilft dir das auch viel. Und das ist in Asien absolut auch der Fall.

Joel Kaczmarek: Also ich erlebe das ja oft so, dass wir Deutschen ja da so ein bisschen einen arroganten Blick haben. Wir tun ja irgendwie gefühlt immer so, als wenn alles so eine Bananenrepublik ist. So nach dem Motto, da greift Korruption nonstop um sich. Oder wenn ein Mitglied der Partei was ausfrisst, die wird alles durchgegangen lassen. Ja, so nach dem Motto, die dürfen da schalten und walten, was sie wollen. Das ist ja mal so unser Bild, dass wir so ein bisschen die Verschwörung da widmen. Wie sieht denn das von innen wirklich aus?

Lars Jankowfsky: In Vietnam nagel mich nicht fest. Ich glaube, ab 200.000 Dollar steht die Todesstrafe auf Korruption. Jetzt schaust du mal bitte durch Covid, wie viele Politiker sich durch die Masken bereichert haben und was da passiert ist.

Joel Kaczmarek: Hast du eigentlich ein Vorgehen oder hast du einfach Glück, dass du nicht so in diese kulturellen Fallen reingetappt bist? Weil ich erinnere mich, als ich da war, gab es von dir mal Briefings. Leute, an dem Tag dürft ihr offene Schuhe tragen, an dem Tag ihr verlegst eine lange Hose. Wenn da einer zu euch das sagt, dann antwortet ihr dies. Also diese ungeschriebenen Gesetze, die scheinst du sehr gut zu kennen und hattest das Gefühl, also vielleicht hast du dich auch hart erkauft.

Lars Jankowfsky: Na klar, ich bin in jedes Fettnäpfchen reingefallen. Absolut. Also ich gebe dir mal eine kurze Anekdote. Als ich vor zwölf Jahren gekommen bin, da waren meine Mitarbeiter, dann noch alle, sagen wir mal, jetzt nicht so cool wie heute. So der typische Vietnamese mit seiner langen Stoffhose und hässlichen Hemd, ja. Jetzt habe ich natürlich die Billion-Dollar-Startups dieser Welt als Kunden. Da kommen die dann ins Büro und denken, was ist denn das für Gestalten? Damals war das nicht so wie in einem amerikanischen Startup. Du denkst halt so, die sehen komisch aus, die haben komische Kleidung. Leute, wir müssen jetzt auch mal hier Casual Friday machen. Ihr müsst freitags kurze Hosen anziehen. So, erster Freitag kurze Hosen, alle kurzen Hosen, passt. Nächster Freitag, ein Manager von mir kommt wieder in der langen Hose. Das sage ich, Mama, Kollege, wenn du sagst, Casual Friday ist ein Last, bitte tu mir das nicht an, ich kann nicht. Dann sage ich, was ist denn das Problem? Dann sagt er, ja, also weißt du, was mir passiert ist letzten Freitag? Ich habe die kurze Hose angehabt, dann bin ich zurückgekommen, da habe ich riesen Ärger mit meiner Frau bekommen, weil die mir nicht geglaubt war, dass ich auf der Arbeit war. Das ist genau so passiert.

Joel Kaczmarek: Was ich, glaube ich, von dir gelernt habe, ist, dass es auch eher eine materiarchale Gesellschaft da drüben auch ist.

Lars Jankowfsky: Absolut, ja, ja, die Frauen haben das gesagt.

Joel Kaczmarek: Wie macht sich das bemerkbar?

Lars Jankowfsky: Auch eine Anekdotik. Wir hatten ein Team, die haben gut gearbeitet, haben gesagt, du, die kriegen jetzt einen guten Bonus, jeder kriegt 100 Dollar, super. Da haben die sich gefreut. Fünf Minuten später stehen die drei Mann hoch bei mir im Büro und sagen, du Lars, wir haben eine Frage. Können wir vielleicht den Bonus Cash haben? Okay, dann habe ich meinen Geschäftsführer gefragt, was ist denn da los? Dann sagt der, ja, pass mal auf, das Gehalt, Der Mitarbeiter geht überwiegend auf das Konto der Frau und die Frau gibt dann dem Mann, der auf die Arbeit geht, vielleicht sagen wir mal ein Fünfer am Tag, Taschengeld, damit die sich eine Suppe kaufen können. Also ist wirklich so. Das war auch bei meinem Geschäftsführer so. Der hatte ein Auto und ein Motorrad in der Halle, die er geliebt hat und an einem Tag war die dann weg. Meine Frau war am Wochenende auf einer Autoausstellung und hat beschlossen, das wird jetzt verkauft und jetzt wird ein Mercedes gekauft.

Joel Kaczmarek: Sind wir mal ehrlich, ich glaube, manchmal sind sie mit dem Geldausgeben auch ein bisschen besser als die Karte. Lieber Lars, vielen Dank. Es war ja echt ein bunter Ritt.

Lars Jankowfsky: Gerne. Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.