Gero Decker: 5 Dinge, die ich gerne mit 20 gewusst hätte
14. März 2024, mit Joel Kaczmarek
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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und habe heute meinen geliebten Sales-Profi Gero Decker am Start. Power-Unternehmer, Exitier und noch einiges mehr, Kunstkenner. Und heute aber mal nicht in der Mission, mit mir über Vertrieb zu reden, sondern er beantwortet mir, was denn fünf Dinge sind, die er gerne schon mit 20 gewusst hätte. Welches Alter hast du gerade?
Gero Decker: Ich bin 41.
Joel Kaczmarek: Okay, guck mal, dann ist es ja quasi wie so eine Halbzeit, wie so so Rückschau und was du zur Halbzeit schon gerne gewusst hättest. Ja, bin ich immer neugierig. Hast du dich eher dazu entschlossen, das aus so einer Berufssicht zu sehen oder privat oder was Glücklichsein angeht? Was ist es geworden?
Gero Decker: So ein Mix aus allem, glaube ich.
Joel Kaczmarek: Okay, was ist denn dein erster Punkt?
Gero Decker: Mein allererster Punkt ist, nicht zu sparsam sein, Joel. Ich bin ja immer so ein Sparfuchs gewesen und ich hatte die komischen Vorstellungen, dass selbst als Student muss ich sparsam sein und gucken, wo ich mein Geld ausgebe und so weiter und so fort. Und jeden Monat muss ich was zur Seite legen. Totaler Bullshit.
Joel Kaczmarek: Gerade als Student ist man aber sparsam, muss ich gerade sagen. Das sind doch die sparsamsten überhaupt.
Gero Decker: Es muss alles raus.
Joel Kaczmarek: Okay, jetzt will ich ja wissen, was dahinter steckt. Warum ist das Bullshit, wenn man sparsam ist?
Gero Decker: Man hat entweder Zeit, aber kein Geld oder man hat Geld und keine Zeit. Deswegen, warum soll ich dann mich noch mehr constrain? Wenn ich schon wenig habe, dann ich soll es einfach Spaß haben und das, was mir zur Verfügung steht und dann nicht lange darüber nachdenken. Man hat hinterher, wenn man im Beruf steht, immer noch Möglichkeit, Geld zu sparen und da stärker drauf zu achten. Aber in der Zeit, also jetzt gerade im Studium, lebe als gäbe es kein Morgen. Meine Frau wird mir jetzt übrigens den Kopf abhacken, Joel. Sie macht ja Finanzbildung und erzählt den Leuten natürlich, man muss so ein Mindset entwickeln, dass man bewusst mit Geld umgeht und so weiter und so fort. Ich sage, vergesst es, bis ihr 28 seid. Ihr habt immer noch genug Zeit im Leben.
Joel Kaczmarek: Das Lustige ist, als ich die Folge mit Florian Heinemann geteilt habe, den ich das auch schon mal gefragt habe, hat einer darunter geschrieben, wenn ich was zurück machen würde, zurück senden würde an mein 20-jähriges Ich, dann wäre es, dass ich irgendwie jeden Monat 5 Euro spare. Einfach nur 5 Euro, die tun überhaupt nicht weh, aber on the long run mit dem Scale, mit der Zeit, wäre das sozusagen unfassbar viel Geld. Das ist ja, was man immer so sagt, dass man immer zu spät anfängt zu sparen und dass das sozusagen diese Stetigkeit fehlt. Und du sagst aber echt genau das Gegenteil.
Gero Decker: Es gibt ja auch diese tollen Theorien oder Strategien, wie ich mit 40 in den Ruhestand gehen kann. Und die rechnen dann vor, wie viel man dann jeden Monat zur Seite legen muss und so weiter. Ich sag jetzt mal was, solange man überhaupt noch gar kein Geld verdient, signifikanterweise, und was ja meistens bis 25 oder noch ein bisschen drüber hinaus der Fall ist, das macht den Kohl jetzt auch nicht fett. Wenn du mit 40 in Rente gehen willst, dann ist es das, was du zwischen 30 und 40 sparst und nicht das, was du zwischen 20 und 30 sparst.
Joel Kaczmarek: Wann hast du denn aufgehört, sparsam zu sein?
Gero Decker: Ach, ich bin immer noch sparsam.
Joel Kaczmarek: Du hast ja fairerweise auch leicht reden. Also du hast signifikantes Geld durch deinen Exit auf dem Konto. Ist das sowas, dass du heute sagen kannst mit, ich bin jetzt irgendwie reich? Hätte ich mal damals sozusagen wilder gelebt? Weißt du, was ich meine? Also den Strick wird der ein oder andere dir vielleicht drehen.
Gero Decker: Naja, es kommt natürlich immer darauf an, ob man dann hinterher auch einen Job hat, von dem man gut leben kann oder nicht. Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, der durchschnittliche Hörer ist wahrscheinlich studiert. Du sagst mir die Demografie der Leute, die hier zuhören und das setzt einen schon mal ganz grundsätzlich in eine privilegierte Lage, dass man wahrscheinlich hinterher auch einen ganz guten Job irgendwann früher oder später haben wird und man hoffentlich mit 35 nicht von dem Ersparten zehren muss, was man mit 25 angehäuft hat.
Joel Kaczmarek: Ja, also ich kann nicht beruhigen, unsere Zuhörendenschaft, die sind extrem gut aussehend, extrem intelligent und extrem gebildet. Von daher hast du das genau richtig erfahren. Vielleicht letzte Nachfrage dazu. Machst du eigentlich einen Unterschied zwischen Sparsamkeit und Geiz?
Gero Decker: Geiz hat ja so eine negative Konnotation und Sparsam hat irgendwie so eine positive Konnotation. Also wann ist es gut, darauf zu achten, nicht so viel auszugeben und wann ist es sozusagen übertrieben?
Joel Kaczmarek: Weil mir geht es zum Beispiel so, ich kann verstehen, wenn jemand sparsam ist. So dieses, ich verstehe die Skaleneffekte, weil ich bei deiner Frau Carolina war und jetzt gecheckt habe, wie das geht. Die hat mich, by the way, auch schon gefortgebildet. Versus so diese giftigen, grantigen Leute, die für nichts Geld ausgeben und so alles mal beisammenhalten. Und das finde ich zum Beispiel hochgradig unangenehm, ja.
Gero Decker: So, dann kommen wir schon zum nächsten, Joel.
Joel Kaczmarek: Na dann, was ist der zweite?
Gero Decker: Augen auf bei der Studienwahl. Also ich hatte ja Glück, aber das wusste ich nicht vorher. Ich bin da ja so reingestolpert. Ich habe ja mein Studium so gewählt wie wahrscheinlich die meisten. Man guckt sich an, was findet man denn in der Schule so toll oder in welchem Fach war man denn gut? Und ich habe schon wirklich viele Leute getroffen, Chemie und Biologie, Lieblingsfächer in der Schule, Pharmazie studiert, weil das ist ja quasi die logische Konsequenz und da kann man über Wirkungen von Substanzen auf den Körper lernen und was auch immer. Und dann hinterher stehst du in der Apotheke, scannst ein Päckchen ab und reist dir über den Ladentisch und fragst dich, aber ich habe doch jetzt nicht fünf Jahre studiert, um hier Verkäufer zu werden. Und dann sage ich ja aber, was war denn deine Vorstellung, als du das Studium angefangen hast, was du denn hier wirst? 90 Prozent der Leute, die oder wie viel auch immer die Pharmazie studieren, die werden halt hinterher Medikamentenverkäufer in der Apotheke. Da kann man schon ein bisschen, glaube ich, mal ein, zwei Schritte weiterdenken. Wie stelle ich mir denn mein Leben mit 30 vor, was ich denn dann tagtäglich tue?
Joel Kaczmarek: Also war es bei dir reines Glück, dass ich das so hinlegte, dass es für dich aufging?
Gero Decker: Als ich angefangen habe zu studieren, wusste ich ja zum Beispiel gar nicht, dass dieses Computerding und Softwareding so wahnsinnig spannend und bedeutend für die Welt sein würde. Und lustigerweise, ich habe auch zum Studienbeginn überhaupt gar nichts mitbekommen. Damals war ja diese ganze Internet-Bubble, die am Wirken war. Ich habe wirklich Informatik nur gemacht, weil ich es spannend fand, Computerprogramme zu schreiben und habe mir gar keine Gedanken gemacht, ja was macht man denn damit hinterher? Braucht man das überhaupt? Braucht man solche Menschen? Und wie sieht auch so ein Tagesablauf aus? Ich habe auch nie ein Praktikum oder sowas dazu gemacht, was mir zeigen würde, wie das mal aussehen wird.
Joel Kaczmarek: Das Lustige ist, mein Vater, als ich ein Kind war, so 11. Klasse, also Jugendlicher schon, hat auch mal gesagt, studiere unbedingt Informatik, das wird ganz viel gebraucht und so, damit kannst du richtig viel Geld verdienen. Das hat mich nie so gekickt, ich habe es nie gemacht. Und irgendwie 20 Jahre später habe ich dann den Ratschlag gegeben, ja, wenn du deine Kinder jetzt zum Studium schicken würdest, dann sollten die jetzt eigentlich Psychologie studieren, weil die ganzen Informatiker, die brauchen alle Therapeuten, weil die so viel vom Rechner sitzen. Das reine, man verdient damit viel Geld, das ist es sozusagen nicht. Aber in deiner Aussage stecken ja jetzt verschiedene Dinge drin. Also einerseits bist du jetzt nicht dem Ruf des Geldes, sondern dem Ruf der Passion gefolgt. Hat es auf der anderen Seite aber riesiges Schwein, dass es dir nicht gegangen ist wie den Pharmazeuten, die am Ende die Schnupfmittel sozusagen über die Theke reichen.
Gero Decker: Also eine Sache habe ich schon verstanden, als ich mein Studium gewählt habe. Meine andere Option wäre gewesen, Jura zu studieren. Und da habe ich tatsächlich ein Schülerpraktikum gemacht in der 11. Klasse und habe dann so die volle Realität gesehen. Und dann habe ich mir auch mal eine Vorlesung angeguckt und bin da eingeschlafen. So langweilig war das. Aber einer der Gründe, die mich abgeschreckt haben an Jura war, dass es halt an Deutschland gebunden war. Und es ist halt nicht eins zu eins easy übertragbar auf andere Länder. Wohingegen Informatik, da war halt klar, Informatik ist genau das Gleiche, egal in welchem Land du bist. Und ich wusste immer schon, dass ich gerne reise und andere Länder kennenlernen will und so weiter. Und ich wollte mich jetzt nicht schon bei der Studienwahl auf ein Land einschießen.
Joel Kaczmarek: Ja, ist lustig, weil ich habe auch in der 10. Klasse, glaube ich, ein Praktikum beim Anwalt gemacht. Dann musste ich mir die ganze Post öffnen. Dann habe ich gesehen, was der jeden Tag für einen scheiß fucking Stapel an Post auf seinem Tisch hatte. Da habe ich gedacht, da habe ich keine Lust, so viel zu lesen. Das mache ich auch nicht. Bist du denn dann viel gereist?
Gero Decker: Ich glaube, ich habe 40 Prozent meines Studiums im Ausland verbracht, weil ich dann irgendwo anders Semester verbracht habe. Und alle Semesterferien war ich sowieso immer grundsätzlich unterwegs irgendwo in aller Herren Länder. Und das hat sich dann hinterher so fortgesetzt.
Joel Kaczmarek: Und wenn wir uns jetzt nochmal eindampfen auf eine Formel, also wenn ich jetzt mir meinen Berufsfahrt überlege, egal ob Ausbildung oder Studium, wir reden jetzt viel vom Studieren, aber ist ja für eine Ausbildung ähnlich, wenn ich jetzt irgendwie Schlosser werden will oder sowas, wie würdest du denn mit deinem heutigen Wissen an diese Berufswahl rangehen, also was wären so die Fragen, die du dir stellen würdest, wenn jetzt zum Beispiel deine Kids zu dir kommen und sagen, Papa, ich will jetzt mich für ein Studium einschreiben, was ist so das kleine Einmaleins, an was ich denken sollte?
Gero Decker: Zwei Komponenten. Einmal ist natürlich das fachliche Interesse und das war mal bei mir ja offensichtlich gegeben. Ich habe mich für Computerprogramme und die Art und Weise, wie Computer funktioniert haben, habe ich mich schon grundsätzlich interessiert und konnte mich da auch wirklich tagelang und wochenlang mit beschäftigen, mir zu fragen, wie kann ich denn dem Computer jetzt beibringen, sich anders zu verhalten. Das zweite ist halt auch die Frage, wie sehen denn konkret Berufsbilder nach diesem Studium aus? Oder muss ich eigentlich ganz was anderes dann machen, weil ich mit diesem Studium sowieso nichts machen kann, was mir im Entferntesten Spaß machen kann? Ich wusste nicht, als ich angefangen habe zu studieren, dass ich hinterher eine Firma gründen würde. Das wusste ich nicht. Also ich hätte gedacht, ich mache wirklich bei Google oder sonst irgendwo und werde dann halt da fleißig Software programmieren. Aber so grundsätzlich zu wissen, dass ich sage mal im 60, 70, 80 Prozent Wahrscheinlichkeitsfall der Job, der dann hinterher rauskommt, auch tatsächlich Spaß machen kann.
Joel Kaczmarek: Vielleicht ist es eine undankbare Frage, aber hast du noch einen Tipp für junge Menschen da draußen, die nicht wissen, was sie studieren sollen? Weil mir ging es auch so, ich habe auch lange gebraucht, bis ich sowas gefunden habe, was mich kickte und das ist ja glaube ich immer verbreiteter, auch gerade bei den ganzen vielen Möglichkeiten.
Gero Decker: Hoffentlich spielen natürlich Eltern da auch eine gewisse Rolle, schon mal auf das eine oder andere hinzuweisen und schon mal denen die Möglichkeit zu geben, über diese Frage nachzudenken. Die Schulen sind ja auch nicht komplett untätig und sowas bildet sich ja nicht über Nacht. Und es ist ja nicht so, dass ich jetzt einen Test mache und da steht irgendwas und ich habe davon vorher noch nie was gehört und genau das studiere ich dann oder genau die Ausbildung mache ich dann. Das muss ja irgendwie sozialisiert werden. Und es ist ja auch okay übrigens, sich an der eigenen Familie oder am Bekanntenkreis zu orientieren.
Joel Kaczmarek: Was ist dein dritter Punkt?
Gero Decker: Mein dritter Punkt auf der Liste ist, nicht den Zielen anderer nachjagen. Ich habe auch ganz konkrete Beispiele so in meinem Bekanntenkreis erlebt. Die hatten irgendwie von der Familie war irgendwie was vorgegeben oder irgendwelche Erwartungshaltungen, die von außen herangetragen wurden. Oder wo die Leute sich gefragt haben, ja was muss ich denn tun, damit ich von anderen besonders irgendwie anerkannt oder bewundert werde und so weiter. Statt aufs eigene Herz zu hören und den eigenen Interessen zu folgen. Ich habe Kommilitonen gehabt, super Abitur, wir haben zusammen studiert, aber er konnte gar nicht schnell genug weg, weil in Deutschland sind die Unis ja im internationalen Ranking jetzt nicht ganz so gut. Er musste erst nach Oxford, Cambridge und im zweiten Schritt zum MIT und Stanford und dann musst du das machen und dann musst du dahin und dann musst du deinen ersten Job bei Goldman Sachs machen und dann musst du deinen zweiten Job da machen. Was ist halt immer das? Das Beste ist von dem, was so die Außenwelt als erfolgreich und begehrenswert und was auch immer auf dich projiziert. Und dann treffe ich den Kollegen wieder mit 30, mit 35, mit 40 und er hat immer noch nicht gefunden, was ihn wirklich umtreibt. Und dann ist alles so anstrengend, weißt du, weil alles ist Arbeit, alles ist irgendwie sklavische draufhin arbeiten und daraufhin optimieren, was von anderen als Zielen vorgegeben ist. Also ich glaube ja daran, dass in jedem eine Flamme brennt und dass jeder Interessen und Motivation hat und die muss man nur freilassen. Und dann passieren wunderbare Dinge und dann sind Dinge womöglich ganz leicht und ganz unbeschwert. Aber das kann nicht dadurch entstehen, dass ich einfach nur den Zielen anderer nachherge. Also ich habe auch manche Dinge gemacht, ehrlicherweise, wo ich dachte, das macht man so. Und dann hatte ich aber Glück, dass es doch gar nicht so unspannend war. Da war ich Doktorand und da war es mir furchtbar langweilig an der Uni. Und dann habe ich mit meinem Professor vereinbart, ich mache jetzt unbezahlten Urlaub, mache mal was ganz anderes. Und dann habe ich mir überlegt, was ist denn das Schwierigste, was ich machen könnte? Und dann habe ich mir sagen lassen, also das härteste Recruiting-Verfahren gibt es bei McKinsey. Wenn du dort angenommen wirst, dann kannst du überall arbeiten. Mich hat weniger die Arbeit von McKinsey interessiert, mich hat eher interessiert, dass es so wahnsinnig schwierig galt und deswegen habe ich mich dort beworben. Sie haben mich genommen und es war am Ende total super spannend und lehrreich und alles und ich hatte sozusagen Glück, dass ich das dann auch noch cool fand und ich wollte sogar noch länger bleiben, wenn nicht mein eigenes Unternehmen dazwischen gekommen wäre. Ich habe auch viele andere getroffen, die halt dann da ihre drei, fünf, sieben Jahre oder wie viel auch immer absolviert haben bei McKinsey und dann sich fragen, ja und jetzt, also ich weiß immer noch nicht so richtig, was mich umtreibt, aber ich habe das halt immer gemacht, weil ich einfach nur den Highscores nachgejagt bin oder alle Leute irgendwie das total toll und bewundernswert fanden, dort arbeiten zu können und was zu erreichen.
Joel Kaczmarek: Wie gehst du emotional mit der Frage um, wenn man eine Passion hat für etwas, was aber nicht so ertragreich aussieht? Also ich sag mal, wenn du jetzt irgendwie ein großer Jongleur bist, überspitzt gesagt. Oder weißt du, was man früher so brotlose Kunst nannte oder Schauspiel oder sowas. Also in Deutschland können jetzt nicht so viele Leute ganzjährig von Schauspiel sehr gut leben. Wie würdest du mit sowas umgehen? Würdest du dann trotzdem den Passionen folgen?
Gero Decker: Also das ist übrigens mein Punkt Nummer vier, Joel. Eine perfekte Überleitung. Mach das, was dich wirklich erfüllt. Ich bin ja auch großer Fan der Kunst. Und in der Kunst ist es nun mal so, dass die allermeisten Menschen davon einfach nicht leben können. Obwohl die großartige Arbeit machen und obwohl die sich anstrengen und so weiter und so fort. Also insofern, es gibt leider Berufsbilder, wo das nicht so passt, aber sobald ich halt irgendwie in einem Kontext drin bin, der einigermaßen Lebensunterhalt ermöglicht und dann darin, in diesem Kontext, mir genau die Dinge suche, die mich am meisten erfüllen, die mir Spaß machen, auch irgendwie meinen Karriereschritt links drüben abbiegen, weil einem das Spannende und Erfüllende vorkommt, das ist dann ein guter Weg. Aber es gibt halt leider diese Berufe, die einfach von vornherein sehr schwierig sind. sind.
Joel Kaczmarek: Hast du denn deinen fünfter Punkt?
Gero Decker: Ja, mein fünfter Punkt ist auch mal eine Pause einlegen und da war ich besonders schlecht drin selber. Ich hatte irgendwie immer das Gefühl, schnell, schnell, schnell und immer weiter, weiter, weiter, weiter. Das bereue ich manchmal schon, nicht einfach mal eine Pause eingelegt zu haben, weil man kann natürlich wahnsinnig wunderbare Dinge erleben, gerade mit 20, mit 25, mit 30, solange man noch nicht auch in diesem Trott drin ist und Kinder und wie auch immer, aber solange man diese Freiheit hat, auch mal eine Pause einzulegen von all den Zwängen, von all den Strukturen, in denen man gerade drin ist. Und zu reflektieren und einen Schritt zurück zu gehen und dann wieder einen Schritt nach vorne und dann wieder einen Schritt zurück. Das ist, glaube ich, schon etwas, was ich selbst für mich persönlich gerne mehr gemacht hätte.
Joel Kaczmarek: Ist ja heute was anders, dass du das nicht mehr so machen kannst, wie du es früher hättest machen können?
Gero Decker: Den größten Constraint, den ich persönlich habe, ist Kinder, vor allem im schulpflichtigen Alter. In dieser Regelmäßigkeit und in diesem Trott ist man halt so ein Stück weit drin und es ist halt unglaublich schwierig. Und ich müsste halt jetzt erstmal wieder warten, bis die Kinder alle aus dem Haus sind. Mein Kleinster ist jetzt anderthalb, ja, also dann bin ich 60. Deswegen sage ich, in der Zeit, wo man diese Zwänge alle noch nicht hat und die Freiheiten, die man hat, dass man die auch bitte nutzt und sich nicht einredet, man muss ganz schnell immer zum nächsten Schritt hasten. Am Ende des Tages hat sich für mich alles ganz gut ausgegangen, aber dieser Müßiggang, der hat mir schon so ein bisschen gefehlt, muss ich sagen. Also diesen Pauseknopf, den hätte ich schon gerne gemacht.
Joel Kaczmarek: Glaubst du denn, deine Erfolge hätten sich nicht oder anders eingestellt, wenn du nicht diese Stringenz gehabt hättest?
Gero Decker: Jede Veränderung hätte ja eine riesen Auswirkung gehabt. Also es müssen ja immer tausend Dinge zusammenkommen, damit genau das Ergebnis rauskommt. Insofern natürlich wäre es jetzt anders gewesen, aber wäre es besser, wäre es schlechter, I don't know.
Joel Kaczmarek: Gab es denn einen Tipping Point, wann dich dieser Druck verlassen hat?
Gero Decker: Also es ging ja dann immer weiter und dann haben wir ja Signabio gegründet und da ging es ja dann auch immer schneller, schneller, schneller, immer weiter, weiter, weiter. Das erste Mal war, als es mit der Firma so einigermaßen gut lief und so und man in die Kita kam. Da habe ich mir die Zeit genommen, dann ihn jeden Tag um 15.30 Uhr aus der Kita abzuholen, während ich vorher immer bis 22, 23 Uhr durchgearbeitet habe. Und ab dann habe ich sozusagen schlagartig das nicht mehr gemacht. Aber das änderte sich dann wieder schlagartig. Wir haben ja relativ spät erst Investoren an Bord bekommen und sobald die an Bord waren, dann war wieder busy einfach.
Joel Kaczmarek: Wenn ich viel Geld habe, habe ich das dann eher nicht? Tippt das auch mit dem Thema, ich bin abgesichert oder ist es davon entkoppelt?
Gero Decker: Ich glaube, es ist davon entkoppelt. Also wir haben ja bei uns relativ früh auch ein bisschen Geld rausgenommen. Als das erste Mal die Investoren an Bord kamen, haben wir ja tatsächlich ein bisschen Geld schon uns allen gegönnt. Das hat sozusagen emotional für Ruhe gesorgt, aber es hat nichts daran geändert, dass wir total getrieben waren.
Joel Kaczmarek: Fällt dir was ein, wo du sagst, aus deiner Arbeitswelt, du hast ja viel mit Menschen gearbeitet, viel geführt, auch viel Vertrieb gemacht. Gibt es da so ein Learning, wo du sagtest, hätte ich das schon mit 20 gewusst, das hätte mir sehr geholfen, das würde mir sozusagen viel erleichtern?
Gero Decker: Der Trick ist halt insgesamt so ein Gefühl von Leichtigkeit zu entwickeln, dass die Dinge sich nicht schwer anfühlen, dass sie sich nicht schwierig anfühlen. Und ich habe einen Trick gelernt über die Zeit und das ist grundsätzlich mit guter Laune zu starten, selbst wenn du keine gute Laune hast. Es ist jetzt nicht so, dass man schlechte Laune ignoriert, also man muss auch mal durch den Tag gehen, aber es ist erstaunlich einfach, wie man sich und andere Leute wieder in gute Laune versetzen kann. Jedes Meeting, was ich anfange, das startet bei mir mit Happy Thursday. Wie häufig war ich früher, irgendwie kam ich in ein Meeting rein, war genervt, abgehetzt und habe das auch die anderen spüren lassen, dass ich irgendwie abgehetzt bin und was auch immer. Und das ist so ein bisschen Selbstbelügen, weil natürlich ist nicht jeder Dienstag toll, aber man kann immer irgendwie was Positives sehen und das hat mir extrem geholfen und das hat so eine Leichtigkeit reingebracht, weil man dann schnell wieder in so einem positiven Spirit ist und das ist tatsächlich ansteckend. Nicht vergessen, dass man gemeinsam Spaß hat. Also egal, wie schwer die Aufgabe ist, egal, wie viel Arbeit noch vor einem ist, nicht vergessen, dass man auch ein bisschen zusammen Spaß hat. und dann kommt diese Leichtigkeit, zumindest bei mir.
Joel Kaczmarek: Ja cool, du freut mich doch, dann war das doch doch noch ein guter Fünfter, so ein überbordendes, also ich sehe richtig, du hast ja so Linien, so Leitlinien, die sich durchziehen, also den Passionen folgen, Dinge mit Leichtigkeit tun, den eigenen Zielen folgen, also schön, danke, hat Spaß gemacht.
Gero Decker: Ja, auch total. Und deine rote Couch hier, Joel. Wunderbar. Ich kann gar nicht aufstehen, so gemütlich ist das hier.
Joel Kaczmarek: Ich tue mich ja bei deinem Tonfall manchmal schwer, Ironie von Ernst zu unterscheiden. Ja, cool. Bis zu den nächsten fünf, würde ich sagen.
Gero Decker: Super, bis dahin. Ciao, ciao.
Diese Folge stammt aus unserem Podcast „5 Dinge mit 20“: Bei [5 Dinge mit 20](https://lnk.to/5Things20) trifft Joël Kaczmarek bekannte, erfolgreiche und interessante Menschen und befragt sie, was ihre 5 Dinge sind, die sie gerne schon mit 20 gewusst hätten. Auf diese Weise leiten diese inspirierenden Personen ihre wesentlichen Learnings und Lebenseinsichten ab und bescheren dir echte Wissensabkürzungen. 💛 Hat dir die Episode gefallen? Dann abonniere „5 Dinge mit 20“ auf Plattformen wie Apple Podcasts oder Spotify. Beachte, dass wir nur ausgewählte Folgen auch auf Digital Kompakt veröffentlichen. Abonniere dort, um Zugang zu mehr und früheren Episoden zu erhalten!