Carolin Durst: 5 Dinge, die ich gerne mit 20 gewusst hätte
29. Oktober 2024, mit Joel Kaczmarek
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Joel Kaczmarek: High Five Leute, ich bin Joel Kaczmarek und habe wieder eine großartige Person gefunden, die mir ihre fünf Dinge verrät, die sie gerne schon mit 20 gewusst hätte. Und ihr wisst ja, die Idee dahinter ist natürlich, dass man so eine Art Best-of-Learnings von erfolgreichen, interessanten oder auch Personen gewinnt, die viel unterwegs sind. Und heute würde ich mal sagen, habe ich alles drei beisammen. Denn ich habe in meiner Community Makers und Shakers mal gefragt, welche Frau sollte unbedingt mal diese Fragen beantworten. Und da gab es immer die einheitliche Antwort, Caro Durst, Caro Durst, unbedingt Caro Durst. Also werdet ihr heute die liebe Caro Durst bei kennenlernen. Die ist nämlich Professorin für Digital Marketing an der Hochschule Ansbach. Selbst auch Unternehmerin, hat auch schon ganz viele andere Sachen gemacht. Und deswegen ist es genau dieses Momentum, mit Studenten zu tun haben, neue Dinge kennenlernen, selbst viel gemacht, unternehmerisch sein und, und, und. Deswegen bin ich total neugierig, was die liebe Caro heute an fünf Dingen mitgebracht hat. Und that being said, hallo Caro, freut mich, dass du da bist.
Carolin Durst: Hi Joel, freut mich.
Joel Kaczmarek: Das Lustige ist ja auch, schlaue Leute wie du, die merken ja natürlich sofort, dass es so eine Art Papeto Mobile ist. Also eigentlich will man sich selbst ja gar nicht sagen, wie hätte der Weg anders aussehen können oder vielleicht hätte man mit 20 auch gar nicht drauf gehört und und und. Und gleichzeitig ist es aber ein schöner geistiger Umweg, um halt so wirklich ein Destillat hervorzuholen. Wenn man sich halt mal überlegt, okay, Zeitkapsel in die Vergangenheit, fünf Dinge dürfen es nur sein, was wäre es? Und was hast du denn für eine Ecke gewählt, wo deine Punkte herkommen? Also aus welchen Bereichen? War es eher beruflich? Ist es eher familiär? Ist es zwischenmenschlich? Was ist es?
Carolin Durst: Ich kann das gar nicht trennen, weil mein ganzes Leben ist irgendwie Unternehmen, Familie, Privates. Deswegen sind die Tipps irgendwie so universell gültig, wobei sie vielleicht eher ein bisschen so im in beruflichen Füßen.
Joel Kaczmarek: Ja okay, dann lass uns mal anfangen. Was ist denn dein erstes Thema?
Carolin Durst: Also erstmal war es gar nicht so leicht. Ich habe mir natürlich auch die anderen Episoden mal angehört von Gero Decker oder Philipp Klöckner. Und da kann ich auch schon vieles unterschreiben. Aber ich habe mir gedacht, okay, was könnte ich jetzt vielleicht da noch Neues mit reinbringen? Und das Erste, was ich mitgebracht habe, klingt vielleicht so ein bisschen banal. Ich glaube, mit 20 hätte ich vielleicht gerne gewusst oder hätte ich gerne noch stärker darauf hingearbeitet, mir eine breite Wissensbasis aufzubauen. Und das klingt jetzt erstmal einfach und man kann das auch auf unterschiedliche Art und Weise machen. Also zum Beispiel lesen, Zeitungen, Bücher, weiß ich schon, dass es viele gar nicht mehr so gerne machen. Gott sei Dank gibt es Podcasts, so wie dein Podcast oder auch Dokus, die man sich anschauen kann. Aber mein Lieblingsweg, neue Dinge zu lernen, ist, ich nenne es immer so, Learning on the go. Und das geht total einfach, indem man einfach mit Personen und Menschen ins Gespräch kommt. Und am besten mit Leuten, die man vielleicht schon lange kennt, aber eigentlich gar nicht weiß, was die machen. Jeder kennt ja diesen einen Onkel oder diesen einen Mann von der Cousine, der schon seit 15 Jahren auf jeder Familienfeier dabei ist. Und man weiß so, ja, der arbeitet bei einer Versicherung, aber man weiß eigentlich gar nicht, was der macht. Und mit solchen Leuten ins Gespräch zu gehen, nachzufragen, wie ist es da eigentlich? Was machst du da? Was sind deine Aufgaben? Warum arbeitest du gerne dort? Das gibt dir ganz viele Informationen zu bestimmten Branchen oder zu bestimmten Tätigkeitsfeldern. Und das geht halt so einfach. Es ist so eine Win-Win-Win-Situation. Man selbst hat ein gutes Gespräch, der Gegenüber freut sich auch und fühlt sich gewertschätzt, dass man ein ernsthaftes Interesse an ihm hat. Und gleichzeitig kann man dadurch total viel lernen, was man garantiert hat. irgendwann braucht. Ich bin zum Beispiel gar kein Golfer oder so, aber ich unterhalte mich dann mit Leuten, die golfen, ja und wie ist das so am Golfplatz und was macht man da? und ist das dann vielleicht so ein bisschen Closed Community? und dann kann ich beim nächsten Gespräch, wenn ich jetzt jemanden treffe auf einer Konferenz, der ein passionierter Golfer ist, einfach mit ihm auf Augenhöhe sprechen und das habe ich einfach so nebenbei gelernt und das finde ich eigentlich eine ganz schöne Sache, um seine Wissensbasis zu verbreitern.
Joel Kaczmarek: Kann ich nachvollziehen, weil als ich mit meinem Abitur fertig war, das erste was ich gemacht habe war, ich habe ein Praktikum gemacht bei der Berliner Morgenpost und es war total absurd, was man in so vier Wochen Journalismus teilweise an Zeugs lernt. Und während ich studiert habe oder so kurz davor glaube ich, habe ich auch mal für den RBB gearbeitet, war da Produktionsfahrer, also ich habe quasi den Kameramännern ihre Kameras da durch die Gegend gefahren. Und wie gesagt, das ist total absurd, weil in diesem Beruf, was ich daran cool fand, war, dass man halt so in alles reinschnuppert. Also den einen Tag interviewst du irgendjemanden, der eine Kunstgalerie in einem Bunker betreibt, den nächsten hast du halt irgendwie eher so ein Politthema und dann wieder dies und dann wieder das. Also ich weiß total, was du meinst. Und ich bin ja noch neugierig, warum würdest du denn sagen, dass es wertvoll gewesen wäre, das früher zu haben? Also wie hätte es dein Leben anders bereichert? oder was hättest du für Effekte gehabt, wenn du diese breite Wissensbasis schon eher etabliert hättest oder vielleicht auch einfach früher?
Carolin Durst: Also erstmal baut man einfach sehr leicht viel mehr Wissen in dem Bereich auch aus, die abseits von deiner Kernkompetenz sind. Also gerade auch durch diese Gespräche, man bekommt ein besseres Gefühl, wie funktionieren manche Branchen, wie funktionieren manche Gesellschaften, welche Probleme hat jemand. Und das hilft zum Beispiel auch, wenn man ins Marketing denkt, muss man sich auch immer in die Welt der anderen reinversetzen. um entsprechende Contents anzubieten. Und das ist eigentlich eine spielerische Art, wo man das von vornherein irgendwie mitnehmen kann. Und natürlich hilft es auch, mehr Leute kennenzulernen und ein größeres Netzwerk aufzubauen, auch Vertrauen zwischen Personen aufzubauen.
Joel Kaczmarek: Ich meine, ich würde es ja sogar noch einen Ticken weiter treiben, da kannst du ja mal sagen, ob du es auch so siehst. Ich mache es heutzutage auch so, dass wenn ich was nicht weiß, dann rufe ich ganz viele Leute an. Oder noch krasser eigentlich, wenn ich eine Idee habe, dann rufe ich sehr viele Leute an und erzähle denen einfach davon. Und das ist ja sehr undeutsch. Also viele Deutsche sind ja immer so unterwegs, dass sie sagen, wenn du von dem was erzählst, dann könntest du ja vielleicht geklaut werden. Und ich antworte eigentlich immer ja, Ideen sind ja mal nichts wert, nur Execution. Dankeschön, Haken hinter. Aber ich merke, dass das irgendwie total ungewöhnlich ist. Und nevertheless, ich habe mir das so total zum Usus gemacht, zur Eigenart, sage ich mal. Weil ich habe dann so Go-To-Guys und Go-To-Girls für bestimmte Themen. Ich rufe dann die eine Person an, wenn ich was mit Konzeption Medien habe, zum Beispiel meinen Freund Gunnar Lott. Oder wenn mich Innovationen treiben, dann rufe ich Rupert Botmeier an und so weiter und so fort. Und vielleicht ist es deswegen auch so naheliegend, dass ich einen Business-Club gegründet habe. Aber machst du das heutzutage auch? Also ist das so Part deiner DNA, dass du mit vielen Leuten redest?
Carolin Durst: Auf jeden Fall. Also ich mache das heutzutage auch und ich glaube, das macht man, wenn man vielleicht irgendwie älter ist und versteht, dass man auch das Netzwerk auch kennenlernen möchte. Vielleicht ist es ein bisschen intuitiver, aber gerade so mit Anfang 20, glaube ich, ist man doch noch sehr schüchtern und hört vielleicht eher zu und traut sich nicht, diese Fragen zu stellen. und deswegen wäre mein Tipp, An mich gewesen, da weiß man ja auch noch nicht so genau, was man machen möchte am Anfang oder welche Richtung man einschlägt. Und in dem Moment, wo man sich mit Personen austauscht und fragt, hey, was hast du für einen Job, was machst du, was fasziniert dich? in der Branche, dann bekommt man auch selbst einen besseren Eindruck, weil es ist, glaube ich, heutzutage unglaublich schwierig, so seinen Weg thematisch zu finden. Ich habe auch immer ganz oft Anfragen, ich habe jetzt Abitur, ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich kann alles studieren, aber ich weiß nicht, was ich machen soll. Dann habe ich auch immer so einen einfachen Tipp, ich sage, geh doch einfach mal an die Universität an die Technische Fakultät und setz dich mal in eine Informatikvorlesung rein. Hör zu, schau dir die Leute an, die da drin sitzen. Ist es deine Gang? Hast du das Gefühl, du passt da dazu? Ist es das, wo du dich wohlfühlst? Und auch so kann man sich mit diesen Menschen identifizieren. Und das hilft einem auch, so ein bisschen den Weg zu finden. Und das geht eben einfach nur durch Kommunikation. Und leider beobachte ich sehr stark, auch bei meinen Studierenden, dass die Hürde sehr groß ist, mit Personen in Kontakt zu treten. Also man schreibt eher eine E-Mail oder eine Textmessage oder vielleicht eine Sprachnachricht vielleicht auch noch. Aber jetzt irgendwo anzurufen, jemanden anzusprechen, ich glaube, das muss man einfach ein bisschen üben. Und das kann man direkt am Anfang schon üben. Ich weiß nicht, ob du das auch so beobachtest. Ja.
Joel Kaczmarek: Ja, mein Freund Gunnar Lott, den ich ja eben schon erwähnt habe, mit dem ich wie gesagt ganz viel rede, der hat irgendwann mal zu mir gesagt, dass seine Tochter, die ist so Teenagerin, ich weiß nicht, 14 war die damals oder so, ist in den Dreh, völlig konsterniert war, der hat zu mir gesagt, du rufst immer einfach an und ich so, ja was soll ich denn sonst machen, soll ich dir für eine Brieftraube schicken oder was? Ja, aber das macht doch keiner mehr, kam dann. Die meisten Leute schreiben irgendwie eine E-Mail oder eine SMS oder eine Sprachnachricht und du rufst gleich an. Und dann hat er mir auch erzählt, dass seine Tochter, die ist wie gesagt im Teenager-Alter, die findet das total awkward. Wie, der schickt nicht mal vorher eine Sprachnachricht, ob das okay ist, dich anzurufen. Das wäre mir ja unangenehm. Und da hast du total gemerkt, je weiter die Generation nach hinten rückt, desto befremdlicher ist das wahrscheinlich noch. Oh Gott, ein Telefonat, eine interaktive Stimme. Von daher verstehe ich dich da total. Entschuldigung, ich habe dich unterbrochen.
Carolin Durst: Ja, also ich sehe es genauso. Also man muss kommunizieren mit vielen Leuten, um eben viel Wissen abzugreifen. Oder man macht einfach mal was ganz anderes. Man macht eine neue Sportart. Man beschäftigt sich mal mit Musik oder Kunst und versucht einfach mal, rechts und links von seinem Weg sich ein bisschen Wissen anzueignen. Und ich glaube, das ist unglaublich wichtig, um später oder auch gleich in der Gesellschaft einfach auch gemeinsame Gesprächsthemen zu finden. Und dann ist es einfach von Vorteil, wenn man sich einfach ein bisschen auskennt. Also man muss jetzt nicht gleich ein Studium Generale absolvieren. Es geht ja auch manchmal um ganz nerdige Themen, wo man jemanden findet und hat dann so eine Gemeinsamkeit. Und ich glaube, da sollte man einfach die Chance nutzen, wenn man jung ist, einfach möglichst viele Leute kennenlernen, sich austauschen oder in der eigenen Verwandtschaft mal fragen, was eigentlich der komische Onkel oder der Mann der Cousine macht.
Joel Kaczmarek: Ja, weil ich meine, es ist ja auch wirklich wie so ein Überraschungsein ein bisschen, was du gerade gesagt hast, man macht das auf und da sind auf einmal viel mehr Dinge drin, als man vielleicht zunächst denkt und am Anfang lernst du vielleicht einfach nur was Neues, aber wie du ja auch gerade gesagt hast, dieses Thema, einfach auch mal über andere Dinge mit den Leuten reden, weil beim Netzwerken, ich beobachte das so oft, dass Leute nur netzwerken, wenn sie ein Interesse haben so und Ja, wenn die Person was braucht, dass man dann aktiv wird, ist ja schön und gut, aber so nach dem Motto, da kann mir gerade jemand helfen, dann spreche ich sie an, aber eigentlich mal zu sagen, du, sag mal, ich habe gelesen, du bist ja irgendwie auch Profi-Schwimmerin oder hast früher Wasserball gespielt, was ist denn das eigentlich genau, erzähl mal, wie geht es dazu, also einfach mal so neue Dinge kennenzulernen. und zack, genau wie du sagst, die Leute reden am Ende des Tages am liebsten über sich selbst. und wer findet es nicht geil, wenn man irgendwie echtes Interesse hat zu dem, was man tut.
Carolin Durst: Ja, und ganz ehrlich, wie schlimm sind die Gespräche, wenn man immer so zugetextet wird von jemandem, der einfach nur so ein Logorö hat und einen dann irgendwie so voll labert. Und man denkt sich, okay, wir haben uns jetzt eine Stunde unterhalten, ich bin mir ziemlich sicher, er weiß noch nicht mal, was ich mache. Also das finde ich auch so ein bisschen ignorant, so rauszutexten auf Leute. Ich finde es viel schöner Wenn man so im Dialog eben sich ein bisschen gegenseitig so entdecken kann, was der andere macht, was seine Interessen sind. Und es ist ja jedes Mal total spannend, ob es Wasserball ist oder Kanu-Polo. Es gibt ja die abgefahrensten Sachen, über die man sich mal unterhalten kann.
Joel Kaczmarek: Ich erinnere mich an eine Szenerie, da stand ich mit Hasso Plattner in der Disco zusammen. Hasso ist ja der Gründer von SAP und der war damals, glaube ich, so sieben Milliarden schwer oder so in dem Dreh. Ich weiß gar nicht mehr. Mittlerweile wahrscheinlich eher so 40 Milliarden. Ist ja brutal hochgegangen, aber der war damals schon so wirklich fucking reich. Ich glaube Top 10 oder Top 20 der Deutschen. Und dann standen wir da so und der ist ja total nahbar. Also wenn der da auf dem Campus ist, vom HPI auch. Dann stellt er sich auf dem Sommerfest auch schon mal hin und spielt da irgendwie E-Gitarre auf der Bühne, echt ganz cool, so ein echt geiler Typ. Und dann stand er da und ich hab mir gesagt, ey komm, was soll hier diese steife Nummer, ist mir einfach zu doof. Und irgendwie haben ja alle trotzdem so die gleiche Frage. und dann hab ich ihn einfach mal angesprochen, auch wenn er die Frage vielleicht schon öfters gehört hat und meinte zu ihm so, ja sag mal. Sagen Sie mal, wie fühlt sich das eigentlich an, so reich zu sein? Und dann meinte er, das war echt ganz lustig, kurz überlegt und antwortete dann, ja wissen Sie, ich habe eine Tochter und wir haben ein Anwesen in Südafrika. und da ging meine Tochter dann irgendwann in Südafrika in die Disco. und dann sagte ein Mann zu ihr, ja mein Vater, dem gehört hier der hiesige Golfplatz, wenn du Bock hast, können wir mal zusammen golfen gehen. Dann sagte sie, also seine Tochter sagte dann irgendwie so, ja dann musst du wohl mein lange verschollener Bruder sein, weil der Golfplatz gehört nicht meinem Vater. Ja. Naja, das ist so ein Beispiel, dass so völlig interessante, absurde Dinge auch manchmal rauskommen können, wenn man einfach auch mal ungewöhnlich fragt und sich für die Leute echt interessiert.
Carolin Durst: Und wenn man sich diese breite Wissensbasis aufbaut, dann muss man auch Zeit dafür haben, dass man neue Sachen lernen kann. Und im Studium und wenn man noch keine, ich hasse das zwar, aber es ist halt nun mal so, dass man später weniger, man hat genauso viel Zeit, das weiß ich schon, jeder hat gleich viel Zeit, aber man hat einfach mehr Verpflichtungen, wenn man Kinder hat, Familie und dann hat man halt vielleicht irgendwie Schulzeiten und dann hat man nicht mehr so viel Raum, um Neues zu lernen. Und dafür ist eigentlich diese 20 bis 30 ist so ideal dafür. Und alle sind so gestresst und wollen eben alles möglichst schnell machen. Und ich war eben auch so. Ich dachte, ich muss jetzt ganz akkurat mein Studium durchziehen. Und das ist eigentlich die Zeit, wo man einfach ein bisschen sich Zeit lassen sollte, um rechts und links zu gucken, um Sachen auszuprobieren, um Leute kennenzulernen. Und sich auch Zeit dafür zu nehmen, weil es gibt kein FOMO. Also FOMO ist eine Lüge. Das Leben ist echt lang genug. Also man kann auch ein Jahr später fertig werden. In der Gesamtschau des Lebens ist es überhaupt nicht wichtig. Und das hätte ich gerne gewusst oder vielleicht mir bewusster gemacht.
Joel Kaczmarek: Ja, da gebe ich dir total recht. Also ich war auch so ein Getriebener früher immer. Der Abschluss muss stimmen, 1-0 so ungefähr und am besten in Regelstudienzeit, wenn es ins Studium geht und hier noch einen Monat wegnehmen, weil dann musst du weniger BAföG zurückzahlen, blablabla, also da hast du vollkommen recht.
Carolin Durst: Und auch die ganzen Social Media und hey, so nach dem Motto, der macht das und man sieht ja immer nur die Achievements der anderen, so in der Summe und die sind halt wirklich dann total beängstigend vielleicht, obwohl jeder Einzelne ja nur eine Sache davon macht.
Joel Kaczmarek: Ja und guck mal jetzt, weiß ich, dass du früher Fitnesskurse zum Beispiel unterrichtet hast, weil ich mit dir über Sport geredet habe und zack hat man irgendwie so ein Relatable Ding.
Carolin Durst: Ja, so ist das.
Joel Kaczmarek: Gut, spannend. Was ist dein zweiter Punkt?
Carolin Durst: Mein zweiter Punkt, es klingt auch ein bisschen banal, aber ich gebe dir auch gleich ein paar Beispiele, wo ich einfach denke, dass sich das bewusst zu machen mit Anfang 20 einem vielleicht ein bisschen weiterhilft. Und klar, es gibt kein FOMO, das Leben ist lang genug und so weiter. Jetzt der nächste Punkt, der wirkt vielleicht so ein bisschen kontraproduktiv oder so das Gegenteil von dem, was ich gerade gesagt habe. Aber es ist eigentlich nicht, weil man muss trotzdem Chancen ergreifen. Und damit meine ich so spontane Dinge. Da ist ein kostenloses Ticket für ein Event, das ist gerade frei geworden. Geh mit. Ja, natürlich, geh mit, mach das. Oder jemand sucht vielleicht einen Abschlussredner für einen Absolventenball. Ja, klar, hopp, mach das mal. Probier das mal aus. Also zugreifen, sage ich dann. Oder ein Helfer für ein Festival. Also einfach mal so Dinge, so Chancen. Und wenn sie manchmal auch vielleicht nichts unbedingt mit der Karriere zu tun haben, einfach machen. Weil diese Chancen sind wie so eine Wildcard. Man weiß nicht so genau, was passiert, wen man kennenlernt, wie es läuft und was dabei rauskommt. Aber es macht einfach auch total Spaß. Und zumindest für mich hat es ganz viele Überraschungen bereitgehalten. Ich habe ganz viele tolle Menschen kennengelernt an Orten, wo ich sie nicht vermutet hätte.
Joel Kaczmarek: Das fördert ja auch Serendipity. Also die Chance, zu etwas Interessantem zu kommen, dass etwas Besonderes im eigenen Leben passiert, dass man zu etwas zusammenkommt. Weil ich überlege auch gerade, nötig gehabt hättest du es ja zum Beispiel auch nicht, aber du bist auch Teil meines Business-Clubs geworden, weil du gesagt hast, ach komm, ich probiere jetzt einfach mal, ist ja irgendwie auch interessant, was du da erzählst. und zack, ein Dreivierteljahr später sitzen wir und machen zusammen einen Podcast über fünf Dinge und so. Also das ist so der Anfang.
Carolin Durst: Ja, genau. Also einfach auch mal so, hey Caro, hast du Lust, im Podcast fünf Dinge, die ich schon gerne mit 20 gewusst hätte zu machen? Ja, klar, machen wir. Und dann so drei Tage vorher so, oh, ist doch nicht so einfach, wie ich gedacht habe. Und ich glaube, jungen Leuten geht es auch oft so, dass sie sich vielleicht Dinge nicht zutrauen und deswegen vielleicht Chancen nicht greifen. Also einmal gibt es, glaube ich, immer so Ausreden so, jetzt habe ich aber schon den in den Urlaub geplant oder ich habe jetzt eigentlich das und das schon vorgehabt. Und ich sage immer so, einfach mal umorganisieren, einfach mal das trotzdem machen, auch wenn es unvernünftig ist, ja, mach das einfach mal. Und andere Entscheidungen, die vielleicht so ein bisschen mehr Risiko beinhalten, das sind meine Lieblingsentscheidungen eigentlich, weil die Entscheidung an sich erstmal kein Risiko birgt. Also zum Beispiel Man wird gefragt, ob man eine Keynote hält, vielleicht als man noch sehr, sehr jung ist und die Keynote ist in einem halben Jahr. Dann sagt man, ja, ja, klar, mache ich. Das ist wie anstellen an so einer Achterbahn, die eine ganz lange Schlange hat. Man stellt sich an, ist so ein bisschen stolz auf sich, aber man hat noch nicht wirklich Angst, weil der Eingang zur Achterbahn noch ziemlich weit weg ist. Und dann steht man so da und denkt sich, ja, okay, schau, man unterhält sich so. Und dann auf einmal, je näher dieser Einstieg zur Achterbahn kommt, desto mehr Panik bekommt man. oder denkt sich so, Gott, warum habe ich mich da bloß angestellt? Aber ich kann irgendwie nicht mehr zurück, weil jetzt muss ich da durch. Und dann setzt man sich in die Achterbahn rein und rauscht seine ganzen Loopings durch. Und danach ist man immer mega happy, dass man das gemacht hat. Und es gibt, ich finde, viele solche Entscheidungen, wenn man sich schwer tut, sich einfach mal irgendwo eintragen für einen Kurs. Oder ich habe mich damals zum Auslandssemester in Istanbul einfach eingetragen. Ich gehe da jetzt mal hin und als ich dann im Flugzeug saß, dachte ich mir, die Stadt ist schon echt ziemlich groß. Ich kann eigentlich auch gar kein Türkisch. Aber dann war es einfach cool, das zu machen. Also man kann Entscheidungen und das Tun auch so ein bisschen entkoppeln und dann ist es nicht mehr so schwierig, das zu machen.
Joel Kaczmarek: Kennst du den Film Der Jahrsager von Jim Carrey?
Carolin Durst: Ne, ich glaube das Cover habe ich mal gesehen.
Joel Kaczmarek: Ja, dann ist der Pflichtprogramm für dich, weil es quasi so gefühlt die Verfilmung deines zweiten Punktes ist. Die Handlung ist so sinngemäß, dass er ein sehr eintöniges Leben führt und dann kommt er halt auf so ein Seminar, in den USA ist es ja manchmal so fast halbwegs religiös so ungefähr. Und der Speaker steht dann ganz vorne mit so einem Headset-Mikro und dann leuchten die Wände im Hintergrund und jubeln die ganze Menge und rufen alle immer diese Sätze. Und in dem Seminar war das so, dass er diesen Satz bekommen hat oder die Auflage, dass er immer Ja sagen muss, egal was er gefragt wird. Und dann hatten wir diesen schönen Leitsatz, say yes to opportunities. Ja, weil nichts anderes ist es ja, Ja zu Gelegenheiten zu sagen. Und das lebte der ja total radikal. Also theoretisch, wenn jemand zu ihm sagte, gib mir 1000 Dollar, dann sagt er ja hier. Ja, und der sagt dann halt wirklich zu allem Ja und Nein, zu den verrücktesten Dingen. Aber wie es so ist, ich will es auch gar nicht spoilern, ist natürlich so, dass der dann am Anfang irgendwie total unglücklich ist und nach hinten raus erlebt er einfach total tolle Dinge.
Carolin Durst: Ja, das sehe ich auch so. Also für den Film, danke für den Tipp, den kann ich mir heute gleich mal anschauen. Der dritte Punkt, den hatten wir vorhin schon so ein bisschen angerissen. Und zwar ist das Netzwerke aufbauen. Aber mit meinem besonderen Wunsch, diverse Netzwerke aufzubauen. Bloß nicht im eigenen Saft schmoren. In der Forschung nennt man das auch das Sozialkapital, auf was man Zugriff hat. Wenn ich nur Leute kenne, die genauso sind wie ich, die das Gleiche können wie ich, dann können die mir auch nicht weiterhelfen. Die reproduzieren quasi meine Kompetenzen einfach. Und hier so ein diverses Netzwerk aufzubauen und zwar aus engen Freundschaften, aber auch aus Bekanntschaften, also so loose ties, ist eben ganz wichtig. Und wenn die dann alle noch vielleicht andere Skills mitbringen, dann hat man einfach ein riesengroßes Netzwerk an Freunden, Kompetenzen, auf die man zugreifen kann und das hilft einem im Leben unglaublich weiter. Die helfen uns, wenn wir einen Job suchen oder Referenzen brauchen. Falls es uns mal schlecht geht, können wir emotionalen Support daraus generieren. Oder helfen uns, Entscheidungen vielleicht zu treffen. Oder kennen dann jemanden, so wie du es vorhin gesagt hast, der jemanden kennt, der einem weiterhelfen kann. Aber sie schützen uns auch vor einseitigen Meinungen. Deswegen meine ich divers. Also sich nicht mit Leuten austauschen, die immer die gleiche Meinung haben, sondern auch in den Diskurs gehen. Und ich finde, sie schützen einen auch vor Hochmut und Arroganz, gerade wenn man vielleicht auch Leute im Netzwerk hat, die vielleicht aus einer anderen sozialen Schicht kommen oder vielleicht hier wie Hasso Plattner super reich sind oder super sozial engagiert und vielleicht irgendwelche krassen Unternehmer. Und der Austausch mit so vielen unterschiedlichen Menschen schärft einem eigentlich den Blick auf die Welt. Das sollte man frühzeitig schon aufbauen und man sollte auch schauen, auf wen man sich eigentlich wirklich verlassen kann. Und die sollte man vielleicht ein bisschen besser pflegen.
Joel Kaczmarek: Es ist total komisch, wir Menschen neigen ja irgendwie auch immer dazu, so nach dem Motto, gleich und gleich gesellt sich gern, dass man sich die Menschen sucht, die so sind wie wir selbst. Weil sie auch unsere Ansichten so bestätigen, kennt man ja mit diesen Bubbles, die sich dann bilden. Und ich habe da gerade so darüber nachgedacht, als du das so beschrieben hast. Da fühlt man sich dann zu Hause, das ist so das Same, das kenne ich, weil es gibt ja auch so Reibungen, wenn Leute halt anders sind und ich habe das im Fußballverein schon mal gemerkt, wenn der eine irgendwie ganz reich war und der andere kam von der Straße, jetzt hat man so ganz platt gesagt, das ist ja schon, dass das Reibung miteinander macht und irgendwie glaube ich auch, viele neigen daher wahrscheinlich zu, deswegen andere Leute zu suchen, aber es ist eigentlich total bereichernd.
Carolin Durst: Ja, das glaube ich auch. Und das tut aber niemandem gut, einem selbst nicht. Weil es ist schon auch cool, mal zu verstehen, wie denn andere Menschen denken, was die vielleicht auch für Herausforderungen im Alltag haben. Die sind ja meistens ganz anders als meine. Und die profitieren vielleicht auch mal zu hören, was ich eigentlich für Challenges habe. Aber man denkt, oh, da ist ja immer alles super oder so. Dieser Austausch ist, glaube ich, ganz wichtig, um so ein bisschen so einen Kompass zu haben, so einen Gesellschaftskompass in seinem Kopf. Und ich finde, da muss man einfach schon früh damit anfangen, das zu machen. Und das lohnt sich auch manchmal im Freundeskreis, irgendwie so ein bisschen Inventur zu machen. Man muss ja nicht dieses ganze Netzwerk irgendwie, es wird ja immer größer und größer. Das heißt nicht, dass man mit allen Leuten immer Kaffee trinken muss. Wir alle kennen die Freunde, die, wenn wir uns zehn Jahre treffen, ist geil. Also das bedeutet aber auch, wenn ich von einem Netzwerk profitieren möchte, dass ich auch was zurückgeben muss. Weil viele nehmen immer gerne. Hilf mir hier, hilf mir da. Man muss aber auch Sachen zurückgeben können. Und nur so wird es funktionieren. Und wenn ich meinem 20-jährigen Ich gesagt hätte, wenn ich mich gefragt hätte, wie baue ich denn so ein Netzwerk auf? rausgehen, rausgehen, unter Leute gehen, Menschen treffen, unterhalten, austesten. Das Zuhause sitzen und alles digital machen ist zwar total nice, aber das rausgehen und die Menschen treffen ist, glaube ich, ganz wichtig.
Joel Kaczmarek: Ich habe das auch gemerkt. Meine Frau tat sich total schwer, zum Beispiel in Berlin Leute kennenzulernen. Und wann hat sich das geändert, als wir das erste Kind bekommen haben? Weil dann bist du natürlich auf einmal in so sozialen Gefügen. Dann machst du einen PKIP-Kurs oder dann hast du einen Sportkurs mit dem Kind oder Erste-Hilfe-Kurs. Und dann irgendwann fängt die Kita an, dann die Schule, dann Sportvereine und zack baust du halt immer neue Zyklen auf. Manchmal fehlen ja so die Andockungspunkte, wo geht man denn sonst hin? Das merke ich schon. Ist ja fast schade, dass an vielen Stellen gefühlt ein bisschen sowas verloren gegangen ist. Deswegen guter Punkt. Bist du denn so ein extrovertierter Typ, dass dir das so leicht fällt? Weil ich beobachte immer wieder, dass es viele Menschen gibt, denen fällt es halt schwer, andere Leute einfach anzusprechen. Ich erlebe zum Beispiel auch sehr selten Dass mich jemand um was bittet, weil sich die Leute es gar nicht trauen. Wie ist es denn bei dir? Also bist du damit einfach gesegnet, dass du sehr outgoing bist oder hast du dir das auch antrainiert, angelernt, sage ich mal?
Carolin Durst: Ich glaube, es ist immer so ein bisschen stimmungsabhängig. Also ich bin jetzt schon auch gerne allein, muss ich sagen. Und ich bin jetzt nicht so jemand, der sagt, jetzt gehe ich auf die Veranstaltung, ich kenne niemanden und dann spreche ich gleich alle an. Also ich taste mich da auch immer vorher so ein bisschen ran. Das ist vielleicht auch so ein Punkt, den ich als nächstes aufgeschrieben habe. Ich versuche erstmal so ein bisschen die Lage zu checken und erstmal zu schauen, wer tickt eigentlich wie. Und ich bin eigentlich eher so derjenige, der im zweiten Schritt erstmal so schaut, wer ist mir sympathisch, bei wem könnte man andocken. Was, glaube ich, vielleicht ein Tipp ist für jüngere Leute, die jetzt nicht unbedingt Lust haben, direkt ein Kind zu bekommen, um jemanden kennenzulernen, um sein Netzwerk zu erweitern, finde ich auch immer ganz gut, wenn man irgendwie in einen Verein geht. Also wenn man Fußball spielt, einfach in einen Fußballverein geht oder, wie gesagt, ich singe in so einem ganz großen Chor, da singen ganz viele verschiedene Sänger in ganz unterschiedlichen Couleurs mit. Da hat man auf jeden Fall erstmal ein ganz großes Angebot an Menschen, die man potenziell kennenlernen kann.
Joel Kaczmarek: Ja, das stimmt. Gerade Sport bringt einen zusammen. Ich habe das erlebt. Ich war vor kurzem beim Geburtstag von meinem Opa. Der kommt aus Kamerun. Und die Familie kommt halt total aus dem Sport. Das ist ja per se schon mal interessant. Und dann einfach auch mal andere Kulturen erleben zu gehen. Also mein Opa habe ich dann gelernt, es geht irgendwie immer Fahrradfahren. Was ich gar nicht unbedingt wusste, weil ich habe den jahrelang nicht gesehen. Und dann waren da so ganz unterschiedliche Leute, die da mitgefahren sind. Das waren irgendwie Anwälte und Notare und Ärzte und dies und das und jenes. Aber da hat jeder so seinen anderen Blick auf die Welt. Von daher bin ich da total bei dir.
Carolin Durst: Und der vierte Punkt ist, also du hast jetzt eine Wissensbasis, du hast die Chance ergriffen und Erfahrungen gesammelt und hast ein Netzwerk aufgebaut. Wenn du jetzt noch in der Lage bist, Systeme zu verstehen, dann kannst du das richtig gut einsetzen. Man sagt ja auch oft erst irgendwie so erst denken, dann handeln. Aber ich würde das noch ein bisschen ergänzen. Erst recherchieren oder beobachten, dann verstehen, wie alles zusammenhängt und dann handeln. Und ich glaube, ich hätte mir persönlich viel leichter getan in meiner wissenschaftlichen Karriere. Ich komme nicht aus einem Akademikerhaushalt. Also ich kannte das System Universität nicht so gut. Und insbesondere auch mit der Promotion im Wissenschaftsbetrieb. Ja, ich bin halt so, hoppla, da bin ich. Und dann habe ich halt einfach angefangen. Ich war im Hirn, bin ich, glaube ich, ganz gut verschalten. Und dann habe ich das halt immer irgendwie so nach bestem Wissen und Gewissen gemacht. Aber es gibt ja doch Möglichkeiten, zum Beispiel mal erstmal zu recherchieren, okay, wie funktioniert das Wissenschaftssystem? Nach welchen KPIs oder Kriterien macht man hier eigentlich Karriere? Und auf was sollte man seine Energie investieren? wenn man da drin wirklich eine Karriere machen möchte in dem Bereich. Möchte man an eine Universität gehen oder eine Hochschule, dann braucht man ein unterschiedliches Profil. Und wenn man das später erst checkt, dann kann es immer noch ganz gut funktionieren. Aber ich hätte das, glaube ich, mir hätte das geholfen, dieses System einfach vorher einfach so ein bisschen zu durchdringen. Und es wäre auch gar nicht schwierig gewesen, aber irgendwie habe ich es nicht gemacht.
Joel Kaczmarek: Ich überlege ja gerade, ob du damit recht hast, weil manchmal finde ich auch, wenn man ein System nicht kennt, dann kennt man auch seine Regeln nicht und dann macht man manchmal Dinge, die so gegen den Strom sind und die einen dann aber auch zu einem ganz anderen Ziel bringen. Weißt du, was ich meine? Ja. Also wenn ich jetzt gewusst hätte, wie so die Spielregeln sind, dann hätte ich vielleicht dies oder anderes gar nicht gemacht, dann wäre mein Verhalten ganz anderes gewesen und ich wäre aber auch gar nicht so durchgerauscht wie manche anderen. Kann es nicht auch sein?
Carolin Durst: Ja, es gibt, glaube ich, immer diese Beispiele von Leuten, die dann irgendwie so einen ganz lustigen Weg genommen haben, der irgendwie ganz unpredictable war. Aber ich denke jetzt auch vielleicht nach dem Motto, es gibt ja auch ganz erfolgreiche Startups, die es einfach irgendwie gemacht haben. Aber ich glaube, wenn man grundlegende Prinzipien vielleicht verstanden hat, wie zum Beispiel Software as a Service funktioniert, dann tut man sich einfach leichter und ist vielleicht ein Stück weit schneller, als wenn man es irgendwie auf die harte Tour lernen muss. Deswegen glaube ich schon, dass es sinnvoll ist, die Systeme zu verstehen. Oder wenn man Karriere im Konzern machen will, dann ist es schon sinnvoll, wenn man das irgendwie versteht, wer welche Entscheidungen trifft, wer einen promoten kann, von wem man vielleicht gut lernen kann. Deswegen meine ich so, beobachten und recherchieren in Kombination sind eine gute Basis, um solche Systeme zu verstehen, um sich da drin zu positionieren.
Joel Kaczmarek: An der Grundsache hast du glaube ich recht, weil ich erinnere mich an mein Gespräch mit Gero Decker, auch hier im Podcast, zu dem Thema, über das wir gerade sprechen, der gesagt hat, wenn du zum Beispiel so ein Studium hast und denkst dann darüber nach, was willst du beruflich eigentlich mal machen, dann denk das Thema halt mal zu Ende. Also wenn du gerne Pharmazie magst, weil du sagst, ich hantiere gerne Chemikalien oder ich mische gerne Stoffe an, ich finde das spannend so Dinge hervorzubringen, dann frag dich halt mal, mit welcher Wahrscheinlichkeit wirst du denn wirklich jetzt sag ich mal Pharmazeut zum Beispiel in der Pharmaindustrie und entwickelst Wirkstoffe? Oder ist nicht viel eher die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass du mit 80% Wahrscheinlichkeit eher einer derjenigen bist, der halt hinter so einem Tresen irgendwie Ibuprofen in der Apotheke verkauft, ne? Also du hast ein ganz anderes Jobprofil und es ist ja gar nicht das eine besser oder schlechter, aber was ist so der typische Pfad? Von daher hast du wahrscheinlich recht. Habe ich da gerade richtig rausgehört? Kannst ja mal sagen, du kanntest sozusagen die Systeme nicht so gut und bist dann quasi reingegangen. Was war denn so? der Preis, den du bezahlt hast, den du sparen konntest?
Carolin Durst: Ich glaube, meine Forschung war am Anfang von der Qualität nicht so gut, wie sie hätte sein können. Weil die theoretische Fundierung, von der ich nicht so genau wusste, was es wahrscheinlich ist, oder habe sie einfach ignoriert. Ich bin halt immer sehr praktisch an Dinge rangegangen, weil ich ein sehr praktischer Mensch bin. Und dann war ich in Australien an der Universität und habe dort mit Forschern zusammengearbeitet und habe dann so ein bisschen das Handwerkszeug eigentlich dort gelernt. Und dann habe ich gemerkt, das ist ja eigentlich total geil, das macht total Sinn, das so zu machen und nicht irgendwie irgendwas zu machen und danach zu schauen, wie können wir es in der wissenschaftlichen Publikation so verkaufen, sondern vielleicht das irgendwie andersrum zu machen. Und ich glaube, meine Qualität wäre schneller besser geworden. Aber ich kann es dafür, das muss ich jetzt noch zugutehalten, jetzt sehr gut erklären, was wichtig ist an guter Forschung. Weil ich natürlich weiß, wie man struggelt oder was man vielleicht dafür Probleme hat am Anfang, die Themen richtig zu greifen und klein zu machen und runterzubrechen und wirklich drauf zu schauen, was will ich eigentlich genau rausfinden. Und genau, es ist ja immer so, man lernt ja auch mit seinen Fehlern und so. Ich habe lange darüber nachgedacht, auch über diese fünf Fragen oder fünf Dinge, die man, hätte ich vielleicht alles schon gewusst, wäre ich wahrscheinlich gar nicht da, wo ich jetzt bin. Also das hat mich total in die philosophische Krise gestürzt, die Vorbereitung auf diesen Podcast.
Joel Kaczmarek: Ich weiß aber auch, was du meinst, weil ich habe mich manchmal gefragt, als ich später nach meinem Studium zu Gründerszene gekommen bin, das übernommen habe, das war ja irgendwie ein Blog, den wir dann zum Magazin gemacht haben, zum Verlag und dann verkauft haben. Da weiß ich noch genau, ich saß teilweise in den Meetings, aber auch so die ersten sechs Monate meines Jobs saß ich einfach da. Ich will nicht sagen, dass man nutzlos war, man hat ja ganz viele Sachen noch nicht verstanden. und ich weiß noch, ich hatte früher so ein Handy mit so einer Quertstastatur, also wo du die Tasten richtig drauf hattest. Und ich saß bei den Meetings teilweise mit Leuten, bei der Essensverabredung, hab ich dann irgendwie immer genickt und zugehört, unter dem Tisch hab ich halt flässig mitgetrieben, mitgetippt die Begriffe, die ich nicht verstanden hab, weil ich gar nicht wusste, wovon die Leute da reden, ja, so, wir gehen gerade voll Hockeystick, wir haben jetzt demnächst wieder eine DD, weil unser VC bei uns einsteigt und so weiter und so fort, wir raisen gerade Kapital. Und dann habe ich mich ja schon manchmal auch so gefragt im Nachhinein in der Rückschau, dass ich mir dachte, warum hast du eigentlich studiert? Also das war mir irgendwie mal so gesagt worden und wenn du nicht ganz nach oben willst, musst du studieren. Dann habe ich mir gedacht, naja, aber das eine, wofür es schon gut war, definitiv war Struktur, also Strukturdenken, Analytik. Manchmal sind es ja auch so Formalismen gewesen. Weißt du, wenn dir deine Professoren eingehämmert haben, wie so eine bekackte Hausarbeit auszusehen hat, wie ist die Seite formatiert, wie machst du ein Inhaltsverzeichnis, wie wird nummeriert, wie werden Quellen, blablabla. Das ist ja per se. jetzt vielleicht, benutzt du das nicht mehr so oft, aber dieses formalistische Denken hilft schon auch einfach strukturell zu denken, aber da kannst du wahrscheinlich ein Lied von singen, ne?
Carolin Durst: Ja, und auch die Zusammenhänge zu verstehen. Warum macht der jetzt das? Das macht ja eigentlich vielleicht gar keinen Sinn, aber das hat halt eine andere strategische Bedeutung. Er muss sich ja so positionieren. Und dann, wenn man diese Zusammenhänge versteht, kann man auch besser in einem komplexen Umfeld arbeiten. Also ich denke, das ist nicht so einfach, das immer rauszufinden. Deswegen glaube ich auch, dass man auch sehr stark beobachten muss, in welchem Unternehmen man unterwegs ist und wie Dinge laufen, weil natürlich nicht alles formalisiert ist. Und ich bin auch überhaupt gar kein Freund irgendwie, irgendwie alles nach Schema F zu machen. Das meine ich damit eigentlich überhaupt nicht. Ich finde es eigentlich gerade geil, wenn man es ein bisschen anders macht. Gerade im Marketing ist es ja oft so MeToo alles. Jetzt machen wir alle das, dann machen wir alle das. Jetzt müssen wir einmal posten, jetzt müssen wir fünfmal posten, jetzt müssen wir 25mal posten. Das langweilt mich total. Also ich glaube, man muss immer in der Kommunikation auch immer so Sachen ganz anders machen, neu denken. Also Systeme verstehen, damit meine ich nicht, dass man keine Kreativität hat, sondern dass man zu verstehen muss, wie die Dynamiken in so einem System sind, wenn man da Karriere machen möchte.
Joel Kaczmarek: Ich hätte mal eine Frage an dich. Geht es nur mir so oder geht es dir auch so, wenn ich auf mich zurückschaue, dann finde ich mich in der Rückschau immer total dumm. Also ich habe so Philipp Westermeyer die Tage gehört, den Podcast, den er mit Philipp Klöckner hatte. Da haben die nämlich eine Viertelstunde über die fünf Dinge von Pip und von Florian Heinemann geredet. Da meinte Philipp Westermeyer so, ja, ich habe immer angeguckt, was ich so mit 20 für Sachen aufgeschrieben habe und war dann ganz bemerkenswert beruhigt, war auch ganz gut und so. Also ich habe so gedacht, vielleicht bin ich da zu streng zu mir, weil ich weiß nicht, wenn ich mir Sachen angucken würde, die ich mir in dem Alter geguckt habe, naja, weißt du, was ich meine? Vielleicht bin ich da zu selbstkritisch, aber ich bin immer so jemand, der sich, ich habe das manchmal mit einem Jahr Abstand, dass ich mir die Sachen angucke und denke so, wow, heute weißt du aber viel mehr. Ich sehe es positiv eigentlich, weil das zeigt mir und macht mich stolz, was ich gelernt habe, allein in einem Jahr. Aber ich habe eigentlich immer so, wenn ich nach hinten schaue, dass ich denke so, okay krass, heute weiß ich viel mehr, das ist auch cool.
Carolin Durst: Nee, ich glaube, du bist zu streng mit dir. Ich weiß es sogar ziemlich genau, weil ich nämlich mit 18 hatte ich auch mal so einen philosophischen und habe mir gedacht, das Jahr ist so schnell vorbei, die Zeit verrinnt so. Und dann habe ich so eine Rechnung gemacht, also wenn du als Kind quasi jeden Tag voller Freude lebst und vielleicht später ab 18, wenn du einen Job hast, der dir keinen Spaß macht, nur noch das Wochenende hast, dann ist deine gefühlte Lebenszeit von 0 bis 18 genauso lang wie von 18, bis du tot bist. Und als ich 18 war, dachte ich mir so, oh Gott, das ist ja schrecklich. Und dann habe ich mir gedacht, okay, was war denn eigentlich alles in dem Jahr? Und dann habe ich da mit 18 angefangen, immer so einen Jahresrückblick zu schreiben. Und ich habe den aber nicht chronologisch gemacht, sondern einfach nur die Dinge, die mir positiv oder negativ in Erinnerung geblieben sind. Dann hat man erst mal gemerkt, dass Dinge, die man total schlimm fand, die sind einem gar nicht mehr eingefallen am Jahresende. Und man hat dann doch gemerkt, dass da viel passiert ist. Und ich habe da auch immer das Wort und das Unwort des Jahres gekürt. Und das ist natürlich schon lustig, wenn man so zurückschaut. Die Themen verändern sich so ein bisschen, die Schwerpunkte. Man hat ja an andere Entscheidungen zu treffen. Aber es wird halt immer komplexer später. Und ich glaube, wenn man 18 ist, ich war ultra stolz auf mich. Ich habe mich so erwachsen gefühlt, als ich eine Waschmaschine hatte. Mit 25 dachte man, krass, jetzt bin ich erwachsen, ich habe eine Waschmaschine. Und ja, das sehe ich jetzt nicht mehr so. Jetzt würde ich mir manchmal wünschen, ich hätte nur eine Waschmaschine.
Joel Kaczmarek: Nun gut, wenn ich mich nicht verzählt habe, ein Punkt fehlt noch.
Carolin Durst: Ein Punkt fehlt noch und das ist ein richtig wichtiger Punkt. Eigentlich der wichtigste. Man muss immer die Anti-Arschloch-Regel beachten. Und die lautet ganz einfach, halte dich von Arschlöchern fern. Und das ist wirklich gar nicht so einfach, weil oft ist man mit Arschlöchern befreundet oder mit ihnen verwandt. Oder man trifft sie an der Uni oder in der Ausbildung. Oder der Chef ist ein Arschloch oder der Arbeitskollege. Also die sind einfach überall. Und man muss für sich selbst den Mut ergreifen, sich von diesen Personen anzusehen, Und ich glaube, das gelingt einem, wenn man jünger ist, schlechter, weil man vielleicht öfter mal in einem Abhängigkeitsverhältnis steht oder weil vielleicht irgendjemand über eine Beförderung bestimmt oder eine Vertragsverlängerung. Und es ist trotzdem wichtig, dass man sich davon fernhält, weil sie demotivieren einen, sie rauben einem die Energie, wie so Dementoren, die saugen einem alle Energie raus. Und Der negative Einfluss von Arschlöchern auf die physische und psychische Gesundheit ist auch wissenschaftlich nachgewiesen. Und ganz wichtig ist, wenn man sich zu lange mit zu vielen Arschlöchern abgibt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man selbst auch eins wird. Und deswegen wäre mein Tipp, wenn ihr nicht anders rauskommt, weil vielleicht könnt ihr jemanden nicht feuern, weil ihr nicht in der Position seid, dann wechselt die Firma. Oder sucht euch eine Firma mit einer geringen Arschlochdichte.
Joel Kaczmarek: Was macht denn ein Arschloch für dich?
Carolin Durst: Also es gibt ja so ein Buch, das heißt Der Arschlochfaktor von Robert Sutton. Das kann man sich dazu auch mal durchlesen. Der hat es auch wissenschaftlich und ganz durchdrungen, das Thema, sage ich mal, unterscheidet zwischen temporären und amtlichen Arschlöchern. Und ein temporäres Arschloch ist jeder von uns mal. Das ist normal. Jeder benimmt sich mal daneben oder macht was, worauf man nicht besonders stolz ist. Und das ist okay. Jeder ist Mensch am Ende vom Tag. Aber die amtlichen Arschlöcher, die das mit Systematik jemanden mobben oder jemanden schlecht dastehen lassen und das permanent und über einen längeren Zeitraum machen, das sind für mich echte Arschlöcher. Und man kann die eigentlich ganz gut identifizieren. Wenn man mit einem Arschloch ein Gespräch hat, fühlt man sich danach eigentlich immer schlecht, ausgelaugt und unmotiviert. Und das wäre für mich schon so der erste Indikator. Warum ist das so? Weil oft ist es sehr subtil, was Arschlöcher mit einem machen, dass man immer so ein bisschen kritisiert und einem immer irgendwie nicht das Gefühl gibt, dass man irgendwie ein gleichwertiger, respektvoller Mensch ist.
Joel Kaczmarek: Ja, ist ganz ulkig. Ich habe auch gerade so eine Person in meinem Kopf, in meinem Umfeld. Ich merke immer, die mag keiner aus meiner Firma, aber sie ist, also wie es so oft ist, ist sie in ziemlich mächtiger, machtvoller Position. Und ich merke das schon auch. Also ich identifiziere immer so kleine Sticheleien, wenn jemand zum Beispiel meinen Vornamen irgendwie mit so merkwürdigen Spitznamen verballhornt und so. Und dann gibt es halt auch wieder so andere Gelegenheiten, wo ich dann ein Stück weit mich entschädigt fühle, wenn ich zum Beispiel super interessante Sachen sehe, dadurch lerne oder verstehe. Aber im Kern habe ich mich auch bei dem Gedanken, wenn man sich mit solchen Leuten umgibt, dann färben so diese Ansichten auch irgendwie ab. Ja, also ich finde das einen gruseligen Faktor, ehrlich gesagt, daran, dass das so abfärbt. Und jetzt haben wir in dem ersten Teil schon mal verstanden, wie du die identifizierst. Wie hältst du sie dir denn dann vom Leib? Also wie schaffst du es, dass die dir nicht zu nahe kommen, dass das irgendwie dir fernbleibt?
Carolin Durst: Also man muss da, glaube ich, ganz stark unterscheiden, ob man in der Position ist, da was zu ändern. Also wenn ich jetzt zum Beispiel eine Abteilung leite und da drin ist ein Arschloch, dann muss ich einfach schauen, wie kriege ich denn los? Wie kann ich als Firma sicherstellen, dass wir irgendwie Mittel und Wege haben, so jemanden rauszunehmen aus einem Team? Also ich glaube, klar, es gibt immer die zwei Möglichkeiten. Du kannst beim Recruiting schauen, passt der, ist das ein guter Typ, lassen wir ihn vielleicht von zwei, drei Leuten irgendwie interviewen und schauen, wie er sich verhält. So getting the right people on the bus ist, glaube ich, ein bisschen leichter als getting the wrong people off the bus. Und wenn ich in der Position bin, versuche ich mein Team zu schützen, indem ich diese Menschen rausnehme aus meinem Team. Mit Abmahnungen, mit whatever, was man da für Sachen zur Verfügung hat. Wenn man jetzt aber nicht in der Position ist, das zu tun, dann muss man Schadensbegrenzung machen für sich persönlich. Entweder man muss einfach gehen, ja. Unternehmen verlassen, wenn man sich da nicht wohlfühlt und dann dem anderen die Bühne überlassen oder man muss sich einfach auch tatsächlich echt beschweren und Sachen zu Protokoll bringen, Sachen mitdokumentieren, was passiert ist, weil oft sind es viele, viele, viele Kleinigkeiten, wo jede einzelne Kleinigkeit für sich ein zu kleiner Grund ist, um jemanden irgendwie damit zu konfrontieren. Man muss eigentlich von vornherein mitdokumentieren, an dem Tag, was ist da passiert, wer war da, wer ist Zeuge und so weiter. Da muss man einfach wirklich so ein bisschen Columbo-mäßig das alles mitdokumentieren, damit man es dann eben an eine Personalabteilung und so weiter erreichen kann. Also ich möchte, dass sich die Menschen wehren.
Joel Kaczmarek: Aber geht es dir auch so, dass man oft solche Leute ja im Bekanntenkreis hat und merkt es manchmal relativ spät? Also vielleicht so die eine Freundin, mit der du dich immer schon mal zu Zwei-Stunden-Gesprächen verabredet hast, aber eigentlich auch dann irgendwann so realisierst, nee, wait a minute, irgendwie fühle ich mich hier ein bisschen besudelt und schiebe so diese Zwei-Stunden-Gespräche extra weit raus, weil es so zu intensiv ist. Weißt du, was ich meine?
Carolin Durst: Total. Und ich finde, du hast ja so viele Freunde zur Auswahl und ich würde mich halt mit denen treffen, wo ich mich danach gut fühle und nicht mit denen treffen, wo ich mich danach schlecht fühle.
Joel Kaczmarek: Ist es denn eigentlich so, dass Arschlöcher immer Arschlöcher bleiben oder können die sich auch wandeln?
Carolin Durst: Also ein amtliches Arschloch weiß ich nicht. Vielleicht muss man da zum Psychologen gehen und sich da irgendwie Hilfe holen. Weil ich glaube, sie schaden sich ja auch selbst. Sie nehmen ja auch Schaden von dem eigentlichen Verhalten. Also von daher denke ich.
Joel Kaczmarek: Traurig. Aber eigentlich auch komisch, dass solche Leute oft in so einflussreichen Positionen dann sind, oder? Also sagt man ja immer so, dass die Soziopathen, die Rücksichtslosen, die Ellenbogen, dass es oft so ein Weg ist, der einen leider manchmal schnell nach oben bringt.
Carolin Durst: Ja, das stimmt. Das glaube ich schon. Ich glaube, manche Organisationen haben vielleicht ein System, was eben das begünstigt. Man darf es aber, glaube ich, auch nicht verwechseln mit zum Beispiel Führungspersönlichkeiten, die einfach ein sehr direktes und hartes Feedback geben. Also wichtig für mich wäre immer, dass immer mein Tun kritisiert wird und nicht meine Person. Klappt übrigens auch super bei Kindern. Ich sage, ich mag dich echt total gern, aber was du jetzt hier gemacht hast, das war richtig scheiße. Du bist okay, aber das, was du gemacht hast, ging gar nicht. Und das muss man, glaube ich, ein bisschen unterscheiden. Sonst können sich viele hinter dieser Arschlochkarte so verstecken. Der ist blöd, der ist doof.
Joel Kaczmarek: Was denn eigentlich, wenn man Arschlöcher konfrontiert? Was ist so deine Erfahrung? Also wie reagiert so jemand, wenn du sagst, dein Style, der geht gar nicht, voll die Arschlochnummer, was soll denn das? Stopp, halt, Grenze. Hast du das auch mal beobachtet?
Carolin Durst: Ja, also entweder es geht dann richtig ab, weil auch dann Aggressivität oder sowas mit ins Spiel kommt. Aber normalerweise kriegen das ja so selbstbewusstere Personen nicht so stark ab. Oder es passiert oft im Hintergrund, dass Projekte blockiert werden oder dass irgendjemand so hinter seinem Rücken so gegen dich arbeitet und dir dann aber wieder ins Gesicht lacht, wenn du ihn damit konfrontierst, ihn oder sie damit konfrontierst. Es belastet mich immer noch, wenn ich auf so ein Arschloch treffe. der einfach nur oder die einfach nur mein Leben schwer macht und Spaß daran hat, meine Projekte zu blockieren. Das geht mir immer noch nahe, sage ich mal, aber ich kann jetzt wesentlich besser damit umgehen und mich wesentlich besser und selbstbewusster dagegen wehren, als ich das eben mit Anfang 20 gemacht hätte. Und deswegen glaube ich, Schau, da haben Studierende oft danach ihren ersten Job. Die gehen zum ersten Mal ins Unternehmen. Die wissen ja gar nicht, dass das nicht normal ist, dieses Verhalten. Und daher ist es wichtig, irgendwie das nochmal zu betonen, dass es nicht okay ist, wenn dich jemand so behandelt.
Joel Kaczmarek: Ja, das stimmt, da gebe ich dir recht. Für mich war es auch, ich hatte den umgekehrten Weg. Ich bin in der Startup-Szene gestartet und war dann ganz irritiert, als mir gesagt wurde, so wie in eurer Firma muss ich jetzt Krawatte tragen und wir siezen uns und da darf nicht jeder mit jedem diskutieren. Wenn es um eine Frage geht, warum denn nicht so, hä? Also ich frage mich, welche Rolle ich habe, damit ich zum Thema was sagen kann. Das war so ein Schwachsinn, deswegen da gebe ich dir total recht.
Carolin Durst: Also das Buch kann ich nur empfehlen, Der Arschlochfaktor. Kann man sich da mal durchlesen, ist auf jeden Fall sehr lustig auch geschrieben und es gibt auch so Arschloch-Faktoren, Kosten, also Arschlocher verursachen auch hohe Kosten im Unternehmen, weil man eine höhere Fluktuation hat bei Mitarbeitenden oder mehr Mediation machen muss oder der Chef ist ständig irgendwie Oder die Chefin ist ständig damit mit Troubleshooting beschäftigt, weil einen querulant irgendwie immer das ganze Team aufwühlt. Und wenn man diese Kosten vielleicht auch mal mit in den Blick nimmt, dann fällt es einem vielleicht auch leichter, vielleicht mal so Entscheidungen zu treffen, die diese Personen vielleicht irgendwie versuchen, den Anteil so gering wie möglich zu halten. Genau.
Joel Kaczmarek: Also das Coole an deinen fünf Punkten ist ja übrigens, da merkt man die Professoren, dass die alle so aufeinander aufbauen. Also wenn ich mir die jetzt nochmal so in der Revue angucke, sich eine breite Wissensbasis aufbauen, Chancen ergreifen, die da sind, sich dabei diverse Netzwerke aufbauen, in der Lage sein, das System zu verstehen und dann zu vermeiden, sich mit Arschlöchern zu umgeben. Also das Karo-Durst-Lebenssystem sozusagen. Welche hatte ich denn als erstes angesprochen und welcher kam dir als letzter? Weißt du das noch?
Carolin Durst: Systeme verstehen war mein erster Punkt, der mir sofort in den Kopf geschossen ist. Und dann die Anti-Arschloch-Regel.
Joel Kaczmarek: Ja, cool. Also, vielen, vielen Dank. Ich verstehe, warum die ganzen Damen speziell bei uns in der Community gesagt haben, wenn du jemanden fragen musst, dann unbedingt Caro Durst, go ahead. Wie gesagt, finde ich cool, dass es so aufeinander aufbaut. Und ganz, ganz herzlichen Dank dir, dass du dich durch diese Schmerzen sozusagen durchgekämpft hast und dir diese Vorbereitung zum Format gegeben hast und heute das mit uns geteilt hast. Vielen, vielen Dank.
Carolin Durst: Vielen Dank, hat auf jeden Fall Spaß gemacht und ich hoffe, die Tipps bringen vielleicht den einen oder anderen so ein bisschen auf neue Ideen, wie man vielleicht mit Arschlöchern umgehen könnte oder Systeme zu verstehen.
Diese Folge stammt aus unserem Podcast „5 Dinge mit 20“: Bei [5 Dinge mit 20](https://lnk.to/5Things20) trifft Joël Kaczmarek bekannte, erfolgreiche und interessante Menschen und befragt sie, was ihre 5 Dinge sind, die sie gerne schon mit 20 gewusst hätten. Auf diese Weise leiten diese inspirierenden Personen ihre wesentlichen Learnings und Lebenseinsichten ab und bescheren dir echte Wissensabkürzungen. 💛 Hat dir die Episode gefallen? Dann abonniere „5 Dinge mit 20“ auf Plattformen wie Apple Podcasts oder Spotify. Beachte, dass wir nur ausgewählte Folgen auch auf Digital Kompakt veröffentlichen. Abonniere dort, um Zugang zu mehr und früheren Episoden zu erhalten!