5 Sales Insights, die wir gerne schon mit 25 gekannt hätten

10. November 2022, mit Joel KaczmarekGero Decker

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Intro: Digital Kompakt. Heute aus dem Bereich Sales und Vertrieb. Mit deinen Moderatoren Joel Kaczmarek und Gero Decker. Los geht's.

Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Digital Kompakt. Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute sitzt mir wieder gegenüber Gero Decker.

Gero Decker: Ja, hallo Joel. Heute reden wir über was ganz Spannendes, nämlich 5 Sales Things I Wish I Knew When I Was 25. Na gut, tauschen wir die Rollen mal lieber. Ich glaube, es ist besser, wenn du das mit dem Sales machst und nicht das mit den heißen Sprüchen hier. Also, wie angedroht, heute reden wir über 5 Dinge im Business Sales, die Gero gerne schon gewusst hätte, als er 25 war. Wie alt warst du überhaupt, als du Signavio gegründet hast?

Joel Kaczmarek: 26.

Gero Decker: Na, guck, passt ja, ne? Also ein Jahr vor seiner Gründung hätte er die gerne schon gewusst. Kann ja schon mal ein bisschen vorweggreifen. Wir werden über fünf Dinge dann wie Angebot reden, also Ideal Customer Profiles, wie man eigentlich eine Sales-Konversation führt, wie man Opportunitätsqualifikationen macht, Account Reviews und als letztes über goldene Metriken, um sich dann eine Go-To-Market-Maschine zu bauen. Also fangen wir mit eins nochmal an. Ideal Customer Profile hast du gesagt, hättest du gerne schon früher verstanden. Was meinst du denn damit?

Joel Kaczmarek: Man startet ja Firmen häufig mit einer Idee, mit einem Produkt, etwas, was man in den Markt bringen will. Dann ruft man ganz laut raus und sagt, hey Leute, guckt mal, was ich hier Tolles habe oder man baut sich eine tolle Webseite. Dann kommen alle möglichen Leute auf einen zu und je nachdem, wo die gerade stehen, welche Fragen die haben, welche Situationen die haben, dann versucht man da irgendwie zu navigieren und die davon zu überzeugen, dass das eigene Produkt auch super passt für deren Situationen. So, das macht man einmal, zweimal, hundertmal, zweihundertmal. und dann irgendwann fragt man sich, das kann doch nicht sein, dass ich hier jedes Mal eine leicht andere Geschichte erzähle, dass ich hier einmal Erfolg habe, dass ich einmal keinen Erfolg habe. Da fällt einem dann auf, Mensch, das korreliert damit, dass Kunden, bei denen es besonders gut fruchtet, irgendwie eine bestimmte Demografie haben. Im Sinne von eine bestimmte Branche, ich habe einen bestimmten Ansprechpartner, ich habe eine Geografie, ich habe vielleicht eine Situation, in dem ein Unternehmen drin ist. Und wenn ich das nur gut genug verstanden habe, dann spare ich mir ganz viel Zeit und Mühe und kann meinen Erfolg total durch die Decke schießen, weil ich mich genau nur auf die Unternehmen konzentriere, die mein ideales Kundenprofil haben.

Gero Decker: Also eigentlich meint das ein Stück weit auch Segmentierung, dass man sich überlegt, welche Kunden passen zu mir und welche nicht.

Joel Kaczmarek: Genau. Das weiß ich natürlich nicht, wenn ich eine Firma starte, wer passt denn jetzt genau zu mir. Unternehmen mit 1000 bis 2000 Mitarbeitern, die in Ostwestfalen sitzen? oder es ist vielleicht das Berliner Hipster-Café mit selbst gebrautem Bier. Ja, das weiß ich nicht, das muss ich experimentieren, aber ich muss mir darüber im Klaren sein, was sind denn die Pattern, die hier wirken? oder welche Pattern entdecke ich denn hier bei meinen Kunden? Gibt es überhaupt eins? Häufig ist es ja so, dass Produkte zum Beispiel geografisch überall funktionieren, aber in einer bestimmten Branche oder genau andersrum. und das muss man einfach rausfinden.

Gero Decker: Und wenn wir jetzt sagen, fünf Sales-Dinge, die du schon gerne mit 25 gewusst hättest, bereust du, dass du das nicht gewusst hast, dass es das gibt oder wie man das macht?

Joel Kaczmarek: Beides. Ich dachte einfach, du stellst ein Produkt ins Internet und die Leute können es ausprobieren und dann kommen sie zu dir und dann gewinnst du sie hoffentlich als Kunde. Du kannst aber zum Beispiel überhaupt keinen Outreach selber machen. Du kannst ja nicht irgendwie Zehntausende von Firmen aktiv ansprechen, möchtest du nicht mein Produkt kaufen. Das heißt, spätestens in dem Moment, wo ich mir aussuche, mit wem ich spreche, muss ich genauso eine Segmentierung, genauso eine Filterung anwenden, sonst verschwende ich meine Zeit.

Gero Decker: Was ist denn das kleine Einmaleins, um so ein Ideal-Customer-Profile zu entwickeln, damit andere Leute, die jetzt 25 sind, das nicht in zehn Jahren bereuen?

Joel Kaczmarek: Wie gesagt, es gibt so ein paar Dimensionen, wie ich gerade meinte. Das Wichtigste ist unter anderem, wer ist eigentlich mein Ansprechpartner in der Zielorganisation? Was ist der Jobtitle? Weil ich dann nämlich zum Beispiel bei LinkedIn einfach danach suchen und filtern kann. Oder wenn jemand vor mir steht, dann kann ich relativ schnell sagen, aha, du bist der CIO von dem Unternehmen. Klar kann ich auch in die IT hineinverkaufen, mache ich aber selten und ungerne. Kannst du nicht einen Kontakt herstellen zu deinem Kollegen? Das heißt, du kannst dann auch aktiv die Kontaktpunkte in die Richtung massieren, dass es für dich besonders passt. Und da einfach diese Dimensionen, also Person im Sinne von Rolle innerhalb des Unternehmens, Unternehmensgröße, Geografie, das sind so die Hauptdinge.

Gero Decker: Hast du das über Personas gemacht bei dir immer?

Joel Kaczmarek: Na Personas, da hast du ja dann Needs, Pains, so eine Story, um dir sozusagen bildlich jemanden vorzustellen. Das kann man auch machen. In unserem Fall war es vor allen Dingen dann gemünzt auf die verschiedenen Rollen im Unternehmen. Wir hatten immer die Schwierigkeit, dass wir nicht den einen Jobtitle hatten. der sozusagen 80 Prozent unser Buyer oder unser Champion beim Kunden war, sondern dass das sehr, sehr breit gestreut war. So sind wir dann auch auf sechs, sieben, acht verschiedene Personas gekommen. Und da muss man sich dann irgendwann überlegen, ist das jetzt nicht hier zu komplex geworden, schneide ich vielleicht einfach die Hälfte davon ab, verliere dann auch ein bisschen den adressierbaren Markt, aber kann mich viel, viel besser konzentrieren und viel besser meine Zeit einsetzen.

Gero Decker: Und hast du noch abschließend zu Thema 1 einen Tipp, wie man diese ganzen Merkmale, die du gerade beschrieben hast, also die Dimensionen, wie man rauskriegt, welcher zu mir passt? Also welche Geografie, welche Größe, welche Branche?

Joel Kaczmarek: Im Idealfall hast du natürlich ab einem gewissen Punkt eine Anzahl von Kunden und dann gehst du da einfach regelmäßig durch und guckst dir an, wer sind die Kunden und wer sind da meine Champions? Was sind da die Patterns, die ich sehe? Habe ich da Outlier drin oder habe ich irgendwie in 60% der Fälle irgendwie eine ähnliche Klassifizierung, eine ähnliche Segmentierung?

Gero Decker: Alles klar. So, zweiter Faktor, den du schon gerne gewusst hättest, wäre How to have a sales conversation. Und ich glaube, damit meinst du vor allem so eine Art Nutzerführung oder Flow, nehme ich mal an.

Joel Kaczmarek: Also ich rede jetzt nicht über den initialen Pitch, sondern wenn der Gegenüber eingewilligt hat, sich mit mir zu treffen für 30 Minuten, 45 Minuten, 60 Minuten. Und jetzt ist die Frage, wie gestalte ich denn eigentlich diese 30 bis 60 Minuten bestmöglich? Die gleiche Situation hat man auch, wenn man zum Beispiel zusätzliche Personen auf Kundenseite zum ersten Mal trifft. Dass du zum Beispiel den initialen Champion hast du schon abgeholt, aber er holt jetzt zum ersten Mal seine drei, vier, fünf Kollegen rein. Da gibt es sehr viel Erfahrung, wie man sowas macht. Du fängst natürlich immer beim Kontext des Kunden an, um zu zeigen, guck mal, ich verstehe dich. You can trust me, weil wir auf Augenhöhe miteinander reden können über deine Probleme. Acknowledge, wie schwierig und dramatisch das auch alles ist. Und du machst natürlich auch ein Stück weit Angst, dass wenn du nichts tust, wirst du morgen sterben. Und du zeigst Beispiele auf von Leuten oder von anderen Unternehmen, die halt nichts gemacht haben und deswegen gestorben sind. Und dann holst du sie dir natürlich aus diesem emotionalen Loch wieder raus und sagst, what if? Lass uns über das Promised Land reden und lass uns mal gemeinsam träumen. Wäre es nicht wunderbar, wenn wir da nur irgendwie in die Nähe kommen könnten? Das wäre doch total super. Und dann sagst du, und hier ist die Good News. Dann hast du den Proof. Hier sind Zeugen. Zwei, drei andere Kunden, die genau das gleiche Problem hatten, den Startpunkt und das und so und so und so, haben sie gelöst. Und hier sind übrigens die Next Steps, die wir jetzt gemeinsam durchführen. Montagmorgen beginnt Folgendes.

Gero Decker: Weil dann versteht man auch nochmal besser, warum die 1 so wichtig ist, weil du brauchst ja garantiert dieses Ideal Customer Profile, um bei 2 diesen Flow zu erzeugen.

Joel Kaczmarek: Genau, um überhaupt eine Empathie entwickeln zu können für das Problem, dafür brauchst du Domänexpertise, dafür musst du die Sprache sprechen und dafür brauchst du halt relevante Beispiele und ähnliche Proof Points. Je enger du dieses Ideal Customer Profile ziehen kannst, desto stärker und desto einfacher wird es, das dann wiederholt umzusetzen und den Erfolg auszumultiplizieren.

Gero Decker: Läuft man Gefahr, dass man dann so ein bisschen Spezialist wird? Weil wenn ich jetzt mal an euer Tool denke, das sieht ja in der Gesundheitsbranche wahrscheinlich garantiert ganz anders aus als in der Logistik. So und du musst ja dann aber in der Logistik eigentlich hingehen und sagen, ja das ist bestimmt blöd, die Pakete fallen immer runter, die gehen kaputt und die Kunden und dies und das und jenes und musst doch deine Lösung teilweise auch so ein bisschen adaptieren. oder ist das gar nicht so?

Joel Kaczmarek: von Produkt zu Produkt und Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich, wie stark das konzentriert ist oder wie stark das auseinanderfällt. Um jetzt mal bei dem Prozessthema zum Beispiel zu bleiben, da kannst du grundsätzlich zwei Ansätze fahren, auch wie du dein Produkt baust und positionierst. Du kannst entweder sagen, es ist ein horizontales Ding, was sich auf 20 verschiedene Use Cases in ähnlicher Weise anwenden lässt oder auf 20 Branchen auf ähnliche Weise anwenden lässt. Oder du gehst den Weg, also jetzt hier zum Beispiel in Berlin gibt es ein Unternehmen Brighter, Die machen Prozessautomatisierung und die gehen nicht den Weg zu sagen, hier ist eine horizontale Plattform, sondern die sagen, hier ist eine Lösung für Compliance Topic X oder hier ist eine Lösung, um Steuerthematik abzubilden. Hier ist eine Lösung, um das und das abzubilden. Und dann baust du dein Ideal Customer Profile, deinen Pitch, deine Conversations genau um diese eine sehr, sehr, sehr dedizierte Lösung drumherum. Das macht es einfach, weil das Onboarding deiner Kollegen schneller geht, weil du sie sozusagen sehr spezieller drauf loslassen kannst. Es macht es sehr viel glaubwürdiger beim Kunden. Auf der anderen Seite hast du dann die andere Schwierigkeit, dass die Schlauheit dann da reingehen muss. Erstens, welche Solutions suchst du denn aus, um den größtmöglichen Markt pro Solution dort zu haben? Du hast womöglich Cross-Effekte, die du verpasst, weil die Leute die größere Story nicht hören, sondern nur eine kleine, sehr nischige Story. Aber wirst du zum Spezialisten? Naja, jeder wird in seiner Domäne immer zum Spezialisten, weil du musst ja der Beste in dem sein, was du dort tust. Und du brauchst einfach immer tiefgehendes Verständnis für die Domäne, in der du bist. Wenn du jetzt in einer Branche unterwegs bist, dann musst du natürlich verstehen, was dort passiert. Ich mache Automotive, dann muss ich verstehen, was bedeutet es denn, dass jetzt alles zu Elektromobilität geht? Oder was bedeutet das denn, dass hier eine Chip-Krise herrscht? Was bedeutet das denn, dass Kabelbäume, die bisher in der Ukraine produziert wurden, halt jetzt nicht mehr produziert werden? Das musst du ja alles verstehen, wenn du in dieser Branche unterwegs bist.

Gero Decker: Und hast du noch abschließend dazu einen kleinen Werkzeugkastentipp? Wie kommt man nah an diese Bedürfnisketten ran?

Joel Kaczmarek: Du kannst natürlich Pattern entwickeln oder identifizieren im Sinne von, hier sind die fünf typischen Dinge, die man so über die Zeit sieht und die testest du dann aus und du suchst dann speziell danach. Ansonsten ist es einfach ganz viel Empathie und Zuhören. Wenn du die Probleme des Gegenübers noch nicht kennst, dann kannst du sagen, ich habe mit ähnlichen Unternehmen gesprochen und das, was ich dort gesehen habe, waren folgende fünf Punkte. Welches davon ist denn bei dir das drängendste? Oder findest du dich in einem dieser fünf Punkte wieder? Da hast du dann sozusagen eine eingebaute Discovery an der Stelle, also wo du entdeckst, was eigentlich die Problemlage des Gegenübers ist.

Gero Decker: Der dritte Punkt für dein 25-jähriges Ich wäre gewesen Opportunity Qualification.

Joel Kaczmarek: Da ist die spannende Frage, habe ich eigentlich eine gute Sales Opportunity vor mir oder eine schlechte? Anders formuliert, auf welche sollte ich mich vor allen Dingen konzentrieren und da viel Arbeit reinstecken und welche lasse ich auch gerne einfach links liegen? Weil nichts ist schlimmer als Zeit zu verschwenden auf Opportunities, die nie kommen oder wo ich super viel Arbeit reinstecken muss und ich kriege aber nur minimalen Umsatz daraus. Und da gibt es Frameworks und das hätte ich gerne gewusst, dass es sowas gibt und wie die aussehen. Eins zum Beispiel, was wir angewendet haben im Laufe der Zeit ist Medpick, M-E-D-D-P-I-C-C. Ich habe jetzt hier gerade nochmal recherchiert, wofür das alles steht. M, Metric, was ist sozusagen die messbare Begründung sozusagen der ROI, der Economic Impact, den ich generiere? E, Economic Buyer, wer ist denn eigentlich der Budget Owner? Ja, es reicht nicht, dass ich da einen gegenüber habe, der interessiert ist, aber ich muss verstanden haben, wer trifft denn eigentlich die Entscheidung entlang des Weges. Zweitens die Entscheidungskriterien. Wonach wird denn ausgewählt? Was muss das Produkt oder was muss die Dienstleistung denn alles erfüllen, damit ich überhaupt eine Chance habe? Du kannst zum Beispiel im öffentlichen Sektor an der Behörde ein halbes Jahr lang dran rumbaggern und dann merkst du irgendwann, ups, die wollen C5 Cyber Security Certification haben. Sonst können die gar keine Produkte von dir einkaufen. Solche Bedingungen, solche Constraints willst du so früh wie möglich in der Kette erkannt haben. Wenn du einfach diese Zertifizierung zum Beispiel nicht hast, dann brauchst du gar nicht erst antreten. Du sagst, wir treffen uns in drei Jahren wieder, wenn ich die habe. Das zweite D ist Decision Process. Wer sind dann die verschiedenen Stakeholder, durch welche Schritte geht es durch, welchen Pfad nimmt das innerhalb des Unternehmens, dass eine Entscheidung getroffen wird. Das P steht für Paper Process, also nicht wörtlich Paper Process, weil natürlich in den wenigsten Firmen Paper physisch fließt, sondern wer muss denn eigentlich wo auf welchen Knopf drücken, damit die Bestellung ausgelöst wird. Und da kommen dann so tolle Fakte wie, ja, da muss der CFO von der Landesgesellschaft XYZ im DocuSign auf OK klicken. Naja, dann wäre es auch gut zu verstehen, ob der in den nächsten zwei Wochen im Urlaub ist oder nicht oder ob der überhaupt verfügbar ist. Und wenn er im Urlaub ist, kann ich den irgendwie trotzdem erreichen. oder gibt es ein Substitute? oder gibt es irgendwelche internen Freigaben, die ich brauche innerhalb dieses Prozesses, die wichtig sind. Und welche Dokumente müssen vorliegen zum Beispiel, um sozusagen alle diese Anforderungen des Beschaffungsprozesses zu erfüllen. E. Identified Pain. Welchen Schmerzen adressiere ich denn eigentlich mit meiner Lösung? Welche Veränderungen will ich anstoßen? C. Wer ist mein Champion? Das ist unterschiedlich übrigens vom Economic Buyer. Der Champion ist sozusagen der oder die, die begeistert ist und das gegen interne Widerstände durchpeitscht, sich die Budgets organisiert und so weiter und so fort. Anders als der Economic Buyer. Das ist die Person mit der Macht. Champion ist quasi die Person mit der Begeisterung, die du überzeugt haben musst. Dein bester Freund quasi oder deine beste Freundin. Im Prozess. Und das letzte C, Competition. Gegen wen trittst du denn hier eigentlich an? Idealerweise gibt es Wettbewerb. Also wenn ein Kunde sich mehrere Optionen anguckt, dann bedeutet das, dass er wirklich ein starkes Kaufinteresse hat. Manche finden es gut, überhaupt gar keinen Wettbewerb zu haben. Ich bin da immer ein bisschen kritisch, weil die Gefahr, dass der Kunde dann gar nichts macht, halt meistens relativ hoch ist.

Gero Decker: Ich überlege die ganze Zeit, ob es eine blöde Frage ist, was eigentlich eine Opportunity ist. Meinst du damit eine Firma, ein Deal, ein Segment? Was ist das eigentlich bei dir?

Joel Kaczmarek: Also du kannst bei einem Unternehmen eine oder mehrere Verkaufschancen zu einer bestimmten Zeit haben. Marketing Qualified Lead wird zu einem Sales Qualified Lead und ab dem Moment entsteht eine Opportunity und die Opportunity wird geschlossen. In dem Moment wird eine Opportunity quasi konvertiert in eine Bestellung oder eine Opportunity kann Closed Lost sein, also wo klar wird, dass diese Verkaufschance nicht mehr besteht ist. Entweder weil der Kunde beim Wettbewerb eingekauft hat oder weil der Kunde sich entschieden hat, er kauft gar nichts oder aufgrund von Budgetrestriktionen ist es auf den Sanktnehmerleins Tag verschoben.

Gero Decker: Gut, Nummer vier, Account Reviews. Also wir merken ja auch, da ist so eine Art Filter oder so eine Art Trichter drin. Also erstmal das ideale Customer Profile bauen, dann den Flow verstehen, dann die Opportunities qualifizieren. Was ist mit Account Reviews gemeint?

Joel Kaczmarek: Account Reviews ist eine der wirkmächtigsten Tools, die es gibt beim Aufbau von Sales in Unternehmen. Das sind Sessions, die laufen von 15 Minuten bis zwei Stunden. Die Idee ist, dass der Seller eine Sales Opportunity präsentiert. Man versucht, die aus allen Richtungen auseinanderzunehmen, intern. Was sind die Gründe, warum die nicht zustande kommen kann? Was sind die Dinge, die wir noch nicht verstanden haben? Die Madpick nutzt man natürlich auch sozusagen quasi als Basisset. Also wenn du als Seller nicht auf jede dieser acht Buchstaben eine Antwort haben kannst, dann ist die Opportunity von vornherein erstmal schlecht. Aber das kann auch darüber hinausgehen, so im Sinne von Identified Pain. Was geht denn für den Kunden schief, wenn er von dir das angebotene Produkt in, sagen wir mal, den nächsten zwei Monaten nicht kauft? Und wenn dann die Antwort ist, naja, hm. Mach das vielleicht später. Schlechte Antwort. Wenn das nämlich der Fall ist, ist die Wahrscheinlichkeit deiner Opportunity halt wahnsinnig gering. Wenn er aber sagt, unser Champion hat intern committed, dass bis Ende des Jahres folgendes und folgendes passiert sein muss. Und wenn das nicht kommt, dann steht er beschissen da und verliert womöglich seinen Job. Dann hast du zum Beispiel einen compelling Event, einen compelling Trigger, den du servicen musst innerhalb einer bestimmten Zeit.

Gero Decker: Machst du das immer auf Deal-Basis, auf Opportunity-Basis oder auf Kunden-Basis? Also für die Firma oder für eine ganze Branche oder für eine einzelne Opportunity?

Joel Kaczmarek: Ja, deswegen auch Account-Review und nicht Opportunity-Review. Wenn du mehrere Opportunities hast, die stehen ja häufig in Beziehung zueinander. Ja, dass du irgendwie so ein Initialpaket irgendwie gerade in Verhandlungen hast, aber du hast vielleicht auch noch ein viel größeres Ding irgendwie parallel laufen oder du hast drei Opportunities mit drei verschiedenen Fachabteilungen irgendwie, die parallel nebenher laufen. In einem Account-Review willst du natürlich auch diese Querbeziehung verstehen. Auf welchen Knopf will ich denn jetzt besonders doll drauf drücken? Wo will ich strategisch den Account entwickeln oder noch zusätzliche Bedarfe kreieren? Das wird dort alles in so einem Account Review auch mitgemacht. Also nicht nur die Opportunity einmal sozusagen durchdefiniert, sondern man versucht natürlich auch ein Stück weit in die Zukunft zu blicken, zu sagen, was ist denn der nächste Schritt? Was ist denn der nächste Meilenstein? Wie entwickeln wir denn den Account weiter?

Gero Decker: Das ist ja fast so ein bisschen wie aus dem Militärischen, wenn so die SEAL-Teams sich immer irgendwie eine Anlage angucken, dann gibt es Team Rot und Team Blau, die einen müssen in eine Verteidigung denken und die anderen im Angriff. So ein Charme hat das ja ein bisschen. Was genau gewinnt man denn durch diese Account-Reviews noch on top zu dem, was man eigentlich schon gemacht hat, nämlich sich den Flow angucken und die Customer-Profiles zu bauen?

Joel Kaczmarek: Es soll einfach die Sinne schärfen. Idealerweise hat jeder im Team immer alles im Blick und denkt an alles und antizipiert alles und bereitet alles perfekt vor und so weiter. In der Realität ist das ja nicht so. In der Realität hast du viel Wunschvorstellung. In der Realität hast du viel überbordenden Optimismus. Das wird schon. Der hat mir zugesagt, das kommt. What's at stake if it doesn't? Außer, dass er seinen Versprechen dir gegenüber bricht, wenn es dann keine Konsequenzen hat. Schlecht. Und dieses Sinne schärfen, es ist quasi eine kollektive Kreativitätssession auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite ist es auch eine Learning Session, wo du deine Skills trainierst, dich hinterfragst, denke ich an alles, mache ich die richtigen Dinge, setze ich einen Schritt vor den nächsten.

Gero Decker: In welcher Häufigkeit macht man das und in welchem Format?

Joel Kaczmarek: Also jeder Vertriebler sollte mindestens einmal pro Quartal einen solchen Account Review machen, einfach um in dem Training drin zu bleiben.

Gero Decker: Dann macht man die alleine, nicht in der Gruppe?

Joel Kaczmarek: Doch, wie ich eben sagte, du hast typischerweise drei bis acht Leute oder sowas im Raum, aber es gibt ja eine Person, einen Vertriebler, eine Vertrieblerin, die quasi den Account vorstellt, die dazugehörigen Opportunities vorstellt und quasi den Case versucht schmackhaft zu machen und halt auch zu defenden gegenüber all den Attacken, die man versucht dort zu fahren und die Opportunity quasi zu hinterfragen und auseinanderzunehmen.

Gero Decker: Okay, also einmal im Quartal und dann wie so ein klassisches Meeting, man kommt zusammen und wie lange dauert sowas typischerweise?

Joel Kaczmarek: Wie gesagt, alles zwischen 15 Minuten und zwei Stunden.

Gero Decker: Gut, last but not least, dein fünfter Punkt war, dass du gesagt hättest, du hättest gerne schon früher die goldenen Metriken gekannt, mit denen du dann anschließend eine Go-to-Market-Maschine bauen kannst.

Joel Kaczmarek: Wenn man merkt, es funktioniert und ich habe 1, 2, 3, 4, 5 Vertriebler, die auch alle oder zumindest die meisten davon gut arbeiten und Kunden kommen rein, dann stellt sich irgendwann die Frage der Skalierung. Wann trete ich denn eigentlich aufs Gas und wie sehr trete ich denn aufs Gas? Und da hat mir immer komplett der Referenzpunkt gefehlt. Wann ist man denn erfolgreich? Man hat so das Gefühl, die Vertriebler, die haben zwei richtig coole Brands in den letzten sechs Monaten jeweils an Bord gebracht. Das ist doch super cool, das ist doch super erfolgreich. Aber wie messe ich denn eigentlich, ob ich jetzt ausbauen muss oder muss ich irgendwie an meiner Effizienz arbeiten? Deswegen genau das Stichwort Effizienz, Sales Efficiency. Ich will idealerweise, um einen Euro zusätzlichen Subskriptionsumsatz zu machen, will ich maximal einen Euro Vertriebs- und Marketingkosten haben. Also meine Acquisition-Kost sollte weniger sein als ein Jahresumsatz. Wenn das der Fall ist, dann bin ich quasi ab Jahr zwei profitabel. Das ist sozusagen so die Grundannahme. Weil wenn ich das schaffe mit einer Million Euro Kosten, kann ich mir eine Million Euro zusätzlichen Subscription-Revenue erkaufen. Und damit komme ich quasi in so eine Art Self-Funding-Modus. Ich habe eine Wachstumsrate oder ein Wachstumsmomentum, was sich selber fundet.

Gero Decker: Das ist also ein bisschen diese Flywheel-Denke quasi, wenn du das verstanden hast. Also ist die Konsequenz, dass du mit 25 dir die falschen Metriken angeguckt hast?

Joel Kaczmarek: Ich habe mir gar keine Metriken angeguckt.

Gero Decker: Welche würdest du dann heute deinem älteren, jüngeren Ich schicken?

Joel Kaczmarek: Na wie gesagt, auf der Vertriebsseite, ich fange ja mit einzelnen Vertriebskollegen erstmal an. und da ist die Frage, wie viel Umsatz, wie viel Neuumsatz pro Person kann ich denn pro Jahr erzeugen? Wenn ich immer noch auf der Suche bin, wie mein Product-Market-Fit ist, dann bin ich vielleicht schon gut, wenn da 100, 200, 250.000 Euro Zusatzumsatz bei rumkommt pro Vertriebler. Wenn ich eine reife Sales-Organisation habe, dann müssen das mindestens 400, 500.000 Euro zusätzlicher Subscription-Revenue sein. Super mature darf das auch gerne. mehr als eine Million pro Person sein.

Gero Decker: Hervorragend. Danke. Guter, schneller Ritt. Lass es uns kompakt halten. Bis zum nächsten Mal.

Joel Kaczmarek: Sehr gut. Bis dann.

Outro: Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.

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