Unternehmensbewertungen aus juristischer Sicht

12. Oktober 2016, mit Joel Kaczmarek

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Joel Kaczmarek: Hallo und ein warmes Willkommen zu einer neuen Folge Legal und Techs. Mit mir dabei ist wieder der fabelhafte Jörg Zätsch. Genau, ich habe euch ja beim letzten Mal schon so ein bisschen erzählt. Wir haben hier ein Format geschaffen oder sind dabei, es zu etablieren. Bitte gebt uns auch gerne Feedback, wie euch das gefällt, dass sich um das ganze Thema Legal, wie man schon sagt, also Rechtsprechungsaspekte, Jura richtet und Steueraspekte beim Gründen von Unternehmen. Das hört sich schweinetrocken an, aber es ist total wichtig und wir geben uns die größte Mühe, das unterhaltsam zu machen. Wie immer an dieser Stelle der kurze Hinweis, das ist natürlich trotzdem keine Rechtsberatung. Also wenn ihr was machen wollt in der Richtung, lasst euch bitte professionell beraten, aber uns wie gesagt am Herzen da ein bisschen Verständnis zu schaffen. Sag doch nochmal einen ganz kurzen Satz zu dir, Jörg. Wir haben dich zwar schon mal vorgestellt, aber das kann man vielleicht auch nicht oft genug machen.

Jörg Zätsch: Schön gesagt. Ja, ich bin Partner bei der Rechtsanwaltskanzlei CMS Hasche-Siegler. Wir sind eine der größeren deutschen Wirtschaftsberatungskanzleien. Mein Schwerpunkt liegt im Bereich Venture Capital und M&A und ich mache das schon einige Jahre, nämlich seit 1999. Wir haben in Berlin ein Tech-Team, was sich mit den Themen rund um VC-Finanzierung, aber auch M&A und Exit beschäftigt.

Joel Kaczmarek: So, hervorragend. Jetzt wisst ihr also, wer hier sitzt. Ich habe, glaube ich, auch schon mal erwähnt, dass ich Jörg irgendwie sehr, sehr schätze inhaltlich, dass wir trotzdem auch wirtschaftlich zusammenarbeiten. Das finde ich immer wichtig zu erwähnen, der Transparenz halber. Aber hier geht es darum, richtig geilen Content zu machen und er lässt sich da auch fleißig von mir piksen. Heute super spannendes Thema für jeden Unternehmer. Das ganze Thema Bewertung. Also man hat ja schon relativ viel dazu gehört und man liest es ja auch oft. Das ist ja immer so ein bisschen der heilige Gral des Unternehmertums. Wir wollen natürlich so ein bisschen aus juristischer Sicht mal darauf gucken. Vielleicht macht es Sinn, dass wir mal so grob beginnen mit der Definition Pre- versus Post-Money-Bewertung. Das hört sich immer so ein bisschen hochtramend an, aber wenn man von einer Unternehmensbewertung spricht, wir sagen das ja auch mal ganz oft zu den Leuten, redet über euer Verständnis, weil es passiert ja sehr, sehr leicht, dass ein Investor sagt, ich investiere bei euch 5 Millionen zu 20 Millionen Bewertung und dann redet der eine von Post-Money, der andere von Pre-Money und es hat auf einmal einen völlig anderen Impact. Magst du mal aus juristischer Sicht deinen Blick auf das Thema skizzieren?

Jörg Zätsch: Ja, aus juristischer Sicht ist es ja oft so, entweder sind wir bei dem Termsheet dabei, dann können wir auf sowas Einfluss nehmen. oder es wird uns ein Termsheet vorgelegt und gesagt, mach mal die Verträge. Dann müssen wir sehen, was da gemeint ist und dann sehen wir oft auch diese Ungenauigkeiten, die du gerade beschrieben hast.

Joel Kaczmarek: Kurzer Satz für alle, die die erste Frage nicht gehört haben. Ein Termsheet ist eine Absichtserklärung zwischen einem Investor und einem Unternehmer. Das heißt, ein Investor möchte investieren, man einigt sich grob auf Terms, muss die dabei juristisch noch festhalten. Da merkt man dann, da kann es dann genau zu dieser Sollbruchstelle kommen, dass man was ganz anderes terminiert hat, was man dann eigentlich umsetzt.

Jörg Zätsch: Und vereinfacht gesagt, du hattest es ja schon in anderen Podcasts auch besprochen, ist die Pre-Money-Bewertung die Bewertung des Unternehmens vor dem Investment und die Post-Money-Bewertung die Bewertung, nachdem das Geld des Investors reingeflossen ist. Also mit anderen Worten, Pre-Money plus Investment gleich Post-Money.

Joel Kaczmarek: Vielleicht mal als praktisches Beispiel. Wenn wir jetzt hingehen und sagen, eine Firma ist 10 Millionen Euro wert, pre, also das sagen die Leute dann auch irgendwie immer, ja, ich habe eine Bewertung von 10 Millionen pre, dann kommt jemand hin und investiert 12 Millionen, dann wäre die Post-Money-Bewertung im Prinzip 12 Millionen post. Was ist denn juristisch gesehen eigentlich wichtiger für einen Unternehmer? Also worauf sollte er eher optimieren? Es gibt ja da durchaus Verzerrungsgrade manchmal zwischen pre- und post-Money.

Jörg Zätsch: Das ist eher eine Business-Building-Frage, würde ich auch so sehen. Also aus der juristischen Sicht muss man sich halt überlegen, wenn ich eine Pre-Money-Bewertung habe und ich kriege ein Investment, wie viele Anteile gebe ich da eigentlich raus? Und das setzt sich ja aus verschiedenen Aspekten zusammen. Ihr habt das ja auch besprochen. bei der Frage, was ist eigentlich die richtige Bewertung? Man überlegt zum einen, was bin ich bereit, an Anteilen rauszugeben, wie viel Prozent möchte ich abgeben? Die andere Frage ist, wie viel Geld brauche ich denn und wie lange trägt mich das? Das und die andere Frage ist natürlich noch, wie kann ich eigentlich darstellen, dass diese Pre-Money-Bewertung, zu der ich dann so ungefähr durch Annäherung gekommen bin, durch mein Business, durch vergleichbare Multiples oder sonst was darstellbar ist.

Joel Kaczmarek: Ich meine, wo wir beide glaube ich so ein bisschen auch hinaus wollen, ist dieser Terminus des Preis per Shares.

Jörg Zätsch: Also wenn man anfängt zu rechnen, würde man einen Weg zumindest sagen, wir schauen mal, nehmen die Primani-Bewertung und teilen die durch die Anzahl der Anteile, die es jetzt gibt. Dann wissen wir, was ist eigentlich ein Preis pro Anteil, pro einem Anteil wert. Beispiel 5 Millionen durch irgendwie 25.000 Anteile, klassische GmbH-Stammkapital, ergebe dann den Preis pro Anteil. Erster Schritt. Zweiter Schritt. Ich weiß, wie viel investiert werden soll, die Investmentsumme. Und wenn ich die Investmentsumme teile Durch den Preis pro Anteil, dann weiß ich auch, wie viele Anteile der Investor bekommt und kann ausrechnen, wie ich meine Kapitalerhöhung machen muss. Und durch diesen Price per Share habe ich auch eine weitere Konstante ermittelt, nämlich die Frage nachher, wie sieht es denn aus bei Liquidationspräferenzen und so weiter. Da werden wir noch zukommen.

Joel Kaczmarek: Jetzt gibt es auch noch einen Terminus, der ist relativ klein, den überliest man glaube ich ganz, ganz leicht, aber der hat irgendwie große Sprengkraft. und das ist so ein typisches Beispiel, wo ich immer zu den Leuten sagen würde, oder du wahrscheinlich zehnmal mehr noch als ich, redet genau darüber, was versteht man eigentlich und das ist dieser Terminus Fully Diluted. Wenn wir jetzt über Bewertung, Pre-Post geredet haben, über Price per Shares und dann kommt dieses kleine Doppelwörtchen Fully Diluted, kannst du mal für Non-Juristen erklären, was das eigentlich bedeutet und warum es so wichtig ist?

Jörg Zätsch: Man findet ja oft in Termsheets den Zusatz, wir machen das auf einer Bewertung so und so, Klammer auf, Fully diluted. Oder in Excel-Sheets, Klammer auf, FD, Klammer zu. Wenn wir nochmal einen Schritt zurückgehen, wie wir das gerade eben gemacht haben und den Price per Share ermitteln, dann würden wir ja sagen, Pre-Money-Bewertung geteilt durch die Anzahl der Anteile, also das Stammkapital, 25.000 in dem Beispiel, ergibt den Price per Share. Dann nehme ich die Investmentsumme, teile durch den Price per Share und weiß, wie viele Anteile eigentlich der Investor bekommt. Wenn jetzt ein Unternehmen, nehmen wir mal an, wir haben drei Gründer, den Mitarbeitern versprochen hat, sie weiter zu beteiligen, sagen wir mal 5% oder sagen wir mal 5.000 Anteile auszugeben, dann würde damit ja eine Verwässerung einhergehen. Der Investor würde jetzt so rechnen, er würde unterstellen, dass diese 5000 versprochenen Anteile bereits ausgegeben sind. Er würde also rechnen, Pre-Money Valuation geteilt durch die Anzahl der Anteile, die es gibt, plus fiktiv erhöht. um die neu auszugebenden Anteile, egal ob die in Zukunft ausgegeben werden oder nicht, in unserem Beispiel 25.000 plus 5.000 würde also durch 30.000 geteilt. Jetzt für diejenigen, die Mathe nicht so gut fanden in der Schule, der Nenner wird größer, 30.000, das heißt, das Ergebnis wird kleiner, der Preis pro Share wird kleiner. Und wenn ich dann sage, Investment geteilt durch Price per Share, wie viele Anteile kriegt dann der Investor, dann ist klar, weil ich durch einen kleineren Price per Share teile, kriegt der Investor mehr Anteile. Und deshalb hat der kleine Ausdruck Fully Diluted oder FD auch wirtschaftliche Bedeutung.

Joel Kaczmarek: Man könnte es im Prinzip auch einfach ganz simpel sozusagen, also non-mathematisch zusammenfassen. Es ist ein bisschen die Frage, aus welchem Pott wird eigentlich das Mitarbeiterbeteiligungsprogramm bezahlt?

Jörg Zätsch: Wer trägt die Verwässerung des Mitarbeiterbeteiligungsprogramms? Geht das zu Lasten der Gründer oder geht es zu Lasten aller in Zukunft? Das ist insbesondere dann die Frage, wenn man zum Beispiel sowas noch nicht hat. Und der Investor sagt, wir machen gemeinsam 10% des erhöhten Stammkapitals oder 5% soll ein Pott sein für Mitarbeiter. Da ist die Frage, wer trägt eigentlich wirtschaftlich diesen Pott?

Joel Kaczmarek: Ich mag da jedem auch noch ans Herz legen, dieses schöne Buch Venture Deals von dem Brad Fett und Jason Mendelson. Also ich finde ja so ein bisschen, das gehört bei jedem Unternehmer eigentlich auf den Tisch. Es gibt so ein paar Bücher neben dem Samba-Buch von mir. Da zieht er auch das dazu. Der hat nämlich auch so ein Beispiel gehabt. Der hat irgendwie gesagt, eine Firma mit 20 Millionen Bewertungen hat irgendwie schon 10% ESOP, also Mitarbeiterbeteiligungsprogramm, aufgesetzt gehabt. Die neuen Investoren wollen das nochmal 10 hinzukommen. Also senkst du ja im Prinzip mit einem Schritt so eine Bewertung von 20 Millionen auf 18, weil du halt 10% im Prinzip der Anteil hast. Also Das ist vielleicht auch nochmal so ein Beispiel, worauf man achten sollte und ich finde, in dem Venture-Deals-Buch stehen auch ganz nette Wege, wie man damit auf Verhandlungsseite, das ist jetzt non-juristisch, das ist dann eher so ein bisschen so ein Deal-Making-Thema, wie man da gucken kann, dass man sowas ausgleicht. Eine Alternative war da zum Beispiel zu sagen, okay, passt auf, dann posten wir die Bewertung einfach oder ihr packt mehr Geld rein oder, oder, oder.

Jörg Zätsch: Also ich finde das Buch auch sehr gut, wo man immer so ein bisschen schauen muss. Es ist natürlich amerikanisch gefärbt und es gibt links und rechts ein paar Besonderheiten, aber ich finde es einen sehr, sehr guten Einstieg in die Materie.

Joel Kaczmarek: Das stimmt. Vielleicht ein letzter Satz noch mal zum ganzen Thema Scherklassen. Weil ich kann das schon mal ein bisschen hier, wie sagt man, scoopen oder schon mal bei anderen kündigen. Unser nächstes Thema werden Liquidation Preferences sein in unserem Podcast. Also Investoren kriegen bestimmte Vorzugsrechte im Falle einer Liquidation, wie auch immer die aussehen mag, weshalb das Thema Share-Klasse relativ relevant ist. Das heißt, wenn ich eine Bewertung von einem Unternehmen habe, sagen wir mal, mein Unternehmen ist 10 Millionen wert, ich bin Unternehmer, mir gehören irgendwie 10%. Dann denkt man jetzt, hurra, hurra, meine Anteile sind eine Million Euro wert. Kann aber sein, dass dem gar nicht so ist, weil meine Anteile mit gewissen Rechten versehen sein können. Das heißt, es gibt sogenannte Share-Klassen, also Klassen von Anteilen. Du wirst das, glaube ich, tagtäglich gefühlt auf deinem Schreibtisch haben. Wie sieht sowas aus? Wie muss man sich das vorstellen? Warum ist es relevant?

Jörg Zätsch: Also es ist vollkommen richtig. Eine Bewertung heißt nicht, dass ich als Gründer, wenn mir 10% gehören, dass mir 10% der Bewertung irgendwann mal später zufließen. Das ist die Frage, wie du richtig angesprochen hast, von Vorzugsrechten der Investoren im Falle der Liquidation oder eines Verkaufs. Und vereinfacht gesagt, will der Investor sein Investment vorab zurückhaben. Und das bekommt er zunächst und dann regelt man die Verteilung weiter, ob anrechenbar oder nicht anrechenbar. Die Quintessenz, der Pro-Rater-Anteil, also mein prozentualer Anteil als Gründer an dem Unternehmen, spiegelt nicht unbedingt meinen Anteil am Exit-Erlös wider.

Joel Kaczmarek: Spannend. Also das mal so als kleiner Ritt durch das ganze Thema Bewertung. Ich glaube, das ist irgendwie schon was, was viele Leute betrifft. Wie gesagt, mir liegt immer am Herzen, dass man da viel drüber redet, dass man sich mit dem Gegenüber austauscht und auch mal Begriffe klärt, weil Buzzword-Bingo etc. pp. Missverständnisse entstehen. Und vielleicht mal so als kleiner, kleiner Einblick, wie irgendwie solche Sachen wie fully diluted, zwei Wörter, irgendwie so eine Sache ganz schnell auf den Kopf stellen können. Ich danke dir ganz herzlich für deine Zeit und freue mich beim nächsten Mal aufs Thema Liquidation Preferences.

Jörg Zätsch: Auch von mir lieben Dank.

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Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Rechtsthemen: Joel trifft sich dazu regelmäßig mit wechselnden Top-Anwält:innen, Steuerberater:innen und Rechtsexpert:innen, welche dir praxisnah und leicht verständlich die wichtigsten Rechtsthemen erklären. Als Unternehmer:in und Gründer:in kannst du diese dadurch sofort verstehen und anwenden.