Wie bereitet man einen Exit vor?

29. September 2017, mit Joel Kaczmarek

Dieses Transkript wurde maschinell erstellt. Wenn dir ein Fehler auffällt, schreib uns gerne zu diesem unter redaktion@digitalkompakt.de.

Joel Kaczmarek: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Legal- und Text-Podcast von Digital Kompakt. Go ahead! Mein Name ist Joel Kaczmarek und heute sprechen wir über das Gründers spannendstes Thema, nämlich den Exit. Wie man den vorbereitet, was dafür alles zu tun gibt. Und da habe ich jemanden, natürlich wie immer von der Front, einen, der das tagtäglich macht. Im besten Fall, wenn es gut läuft. Das handelt man aus und dann verkauft man den guten Jörg Zätsch. Hallo Jörg.

Jörg Zätsch: Hallo Joel.

Joel Kaczmarek: Stell dich doch mal ganz kurz vor. Was ist eigentlich dein genauer Beruf? Für wen machst du das? Was tust du da?

Jörg Zätsch: Mein Beruf ist Anwalt und ich bin Partner bei CMS Hasche Sieglitz, einer der größten Rechtsanwaltskanzleien in Deutschland. Und hier in Berlin haben wir neben anderen Schwerpunkten einen Schwerpunkt im Startup-Bereich. Das betrifft den Bereich Corporate Law, M&A, den ich mit Kollegen mache, aber auch Tax Law und Intellectual Property und alles, was dazugehört. Und im Bereich Corporate haben wir viele Exits begleitet, neben Finanzierungsrunden. Wir sehen also die ganze Bandbreite vom Anfang bis zum hoffentlich glücklichen und erfolgreichen Exit.

Joel Kaczmarek: Ein kleiner Hinweis am Anfang. Wir machen hier natürlich keine Rechtsberatung. Das heißt, alles, was wir hier sagen, solltet ihr immer noch mal verifizieren lassen. Also geht zu einem Anwalt, lasst euch beraten. Vielleicht ist das der Jörg, vielleicht habt ihr einen anderen. Und man sollte der Transparenz halber auch sagen, wir haben auch eine Kooperation, der Jörg und ich. Das heißt Sein CMS-Hasche-Siegel unterstützt uns mit einem Produktionskostenzuschuss, aber alles, was wir hier sagen, ist eigentlich wirklich voller Fokus auf hochwertigem Content. Es geht uns eher darum, dass man uns auf diesem Wege ermöglicht, dieses Format zu machen. M&A ist sozusagen auch der Dachbegriff, den wir eigentlich heute haben. Wer das nicht so kennt, wir müssen bestimmt ganz viele Abkürzungen mal Stück für Stück erklären, so wie DD, Escrow etc. pp. Also mit M&A ist gemeint Mergers and Acquisitions, also genau der Kauf von Unternehmen. So, und jetzt wollen wir heute ja so ein bisschen anfangen, wie eigentlich so eine Verkaufsverhandlung vorbereitet wird. Was hat man für Hausarbeiten? Was sollte man tun? Wen kann man sich da zur Hilfe holen? Und da können wir mit deiner Berufssparte mal anfangen. Wenn ich einen Exit angehe, von der Vorbereitung bis zur Durchführung bis zum Abschluss, was ist dann eigentlich die Rolle eines Anwalts genau? Was tut er da? Was hat er für Aufgaben?

Jörg Zätsch: Vielfältig würde ich sagen. Das eine ist natürlich einmal den Exit-Vertrag, also den Kaufvertrag zu entwerfen. Da gibt es so die allgemeine Regel, wer schreibt, der bleibt. Das heißt, es ist immer vorteilhaft, selbst den Vertrag zu entwerfen und nicht auf den Entwurf der Gegenseite zu warten. Aber neben dem rechtlichen ist das teilweise auch ein bisschen Psychologie, ein bisschen Händchen halten. Bisschen bremsen teilweise, sagen, komm, das muss jetzt nicht reinverhandelt werden, das ist absolut üblich, also auch mal zurückpfeifen. Aber auch sagen bei anderen Punkten, oh, das finde ich jetzt zu weitgehend, das würde ich nicht machen, das ist nicht Standard, da lieber die Finger von lassen. Also es ist breit gefächert.

Joel Kaczmarek: Ist es denn üblich, dass man als Anwalt seine Mandanten sozusagen in Anführungsstrichen zurückpfeift, indem man ihnen sagt, du, ich weiß, Earnout von x Jahren fühlt sich jetzt doof an, aber das ist branchenüblich. Also normalerweise denkt ja jetzt ein Mandant so, hey, der Anwalt ist ja eigentlich für meine Interessen da. Aber es gehört wirklich dezidiert auch zu deinem Aufgabenfeld zu sagen, ein bisschen dieses Austarieren, dass es realistisch bleibt.

Jörg Zätsch: Gut, das ist eine Frage, wie man seinen Beruf versteht. Es gibt Leute, die wie Terrier agieren. Die Frage ist dann, ob man den Abschluss hat. dann wirklich schafft, wenn man nur verbrannte Erde hinterlässt und Türen zuschlägt, die dann laut ins Schloss fallen. Also ich glaube, man muss immer schauen, dass man im Bereich des Möglichen so gut wie möglich für seinen Mandanten eben da was durchsetzt. Aber wenn Mandanten mit irrealen Vorstellungen von einem M&A-Prozess kommen, dann muss man das auch ganz deutlich sagen. Weil das ist dann auch rausgeworfenes Geld. Und wenn es nachher scheitert, weil man irreale Vorstellungen hat, also die komplett Mondvorstellungen sind, wird es nicht funktionieren. Man überlegt halt zusammen eine Strategie, wie wollen wir es machen. Beim Verkaufsfall sagt man dann, man geht zum Beispiel mal mit einem härteren Vertragsentwurf rein, kennt aber ganz gut seine Rückfallposition.

Joel Kaczmarek: Also so ein bisschen Corridoring. eigentlich kann man sagen.

Jörg Zätsch: Ja genau, Corridoring, schönes Buzzword, das passt ganz gut. Ich glaube ganz wichtig ist, bei bestimmten Themen einfach sich selbst eine rote Linie zu setzen und zu sagen, das ist es, worauf ich zurückgehen würde, auch beim Kaufpreis oder so, darunter gehe ich aber nicht. Weil allgemein ist es so, wenn man keine rote Linie hat, das riecht die Gegenseite auf zehn Meilen gegen den Wind. Und dann wird man meist nicht über den Tisch gezogen, aber man kommt vielleicht schlechter raus, als man denkt.

Joel Kaczmarek: So grob, ohne dass wir jetzt schon über Konditionen reden, so eine rote Linie, sollte die sozusagen sehr weit an der Schmerzgrenze schon wirklich liegen? Oder sollte man so ruhig auch mal sagen, mit ein bisschen Selbstbewusstsein, das ist jetzt irgendwie gar nicht so weit weg von dem, wie man reinreitet. Also man kennt das ja wie auf dem Flohmarkt, so ein bisschen verhandeln. Wie tief sollte man da immer so gehen? Hast du da für dich eine Faustregel oder ist das immer individuell?

Jörg Zätsch: Ja. Das ist eigentlich immer individuell. Also wenn Leute sagen, wir müssen hier nicht verkaufen. Da gibt es jetzt eine gute Opportunität und das machen wir zu den Bedingungen A, B, C. Aber darunter machen wir es bestimmt nicht. Dann warten wir lieber noch ein Jahr, rollen noch das Produkt so aus und dann schauen wir mal, ob wir im nächsten Jahr einen besseren Preis kriegen. Also das ist ganz individuell. Wenn du Investoren drin hast, die schon Jahre auf den Exit hungern Und das ist die letzte Möglichkeit, wird man da womöglich anders reingehen.

Joel Kaczmarek: Es gibt solche und solche Fälle. Manchmal hat man so einen perfekten Fit gleich am Anfang. Manchmal hat man die Situation, man redet mit mehreren potenziellen Käufern. Und da gibt es ja eine Rolle, die sich M&A-Berater nennt. Also im Prinzip Berater im Bereich Mergers and Acquisitions. Das kostet erstmal Geld, hat aber so diesen ganzen strukturierenden Faktor. Wie ordnest du sowas ein aus deiner Erfahrung? Was tun solche Leute und wann macht das Sinn?

Jörg Zätsch: Also es macht auf jeden Fall Sinn, wenn man einen sogenannten strukturierten Verkaufsprozess aufsetzen will. Das heißt, wenn man mehrere Bieter anspricht und womöglich mit denen auch parallel verhandelt. Es gilt zunächst einmal, die Gesellschaft vorzubereiten, also den Case wirklich darzustellen. Was ist eigentlich das Asset, was diese Gesellschaft hat? Und wieso bringt es, je nach Käuferhorizont, kann ja unterschiedlich sein, Finanzinvestor oder strategischer Investor, wieso bringt es dem Käufer was? Und dann auch wirklich nochmal in die Zahlen zu gehen, rauszuarbeiten, wo sind eigentlich hier die Punkte, die ausgebaut werden können. Das sind ja vielleicht Sachen, auf die man vorher nicht so den Blick geworfen hat, dass man das jetzt nochmal ganz klar in den Vordergrund rückt. Und da helfen die Berater ganz enorm. Da wird ein entsprechender Teaser erstellt erstmal, später ein Information Memorandum, wo die Gesellschaft angepriesen wird, aber auch eben dargestellt wird.

Joel Kaczmarek: Ist so ein M&A-Berater dann eigentlich mit dir am Verhandlungstisch als Anwalt und mit dem Gründer? Also bereiten die das nur vor oder sind die den gesamten Prozess dabei?

Jörg Zätsch: Also das ist unterschiedlich. Oft sind die dabei bei größeren Themen, bei Strukturierungsthemen generell. Das kann man nicht so genau sagen. Mal ja, mal nein. Wichtig ist, dass man sich da gut versteht und Hand in Hand arbeitet. Und so die natürliche Aufteilung ist natürlich so, dass die Investmentbank, also M&A-Berater, natürlich immer pusht und auf einen schnellen Abschluss dringt, was auch ganz natürlich ist. Und die Rechtsanwaltberaterrolle natürlich auch teilweise auf Risiken hinweisen muss und sagen muss, Moment mal, da musst du mal gucken, ob das so passt. Und dazwischen liegt die Wahrheit. Das bloße Vorrennen und sagen, hau ruck, ist es sicher nicht. Aber es ist auch nicht, als Anwalt dauernd den Finger zu heben und zu sagen, kannst du gar nicht machen. Das ist auch schlechter Rat oft.

Joel Kaczmarek: Was kostet so ein M&A-Berater und wie berechnen sich die Kosten dafür?

Jörg Zätsch: Ein M&A-Berater wird grundsätzlich nach Erfolg vergütet. Das heißt, es gibt eine sogenannte Success-Fee, eine Erfolgs-Fee, die sich an einem Prozentsatz des Volumens anknüpft. Und es wird für die Vorbereitung ein sogenannter Retainer, also eine Abschlagszahlung, gezahlt. bei der man dann, wenn man den Vertrag verhandelt, schauen muss, ob die anrechenbar ist auf die Erfolgsfee oder nicht. Aber dieser Retainer deckt meist, wenn gerade so, bis meistens auch nicht, die Kosten des M&A-Beraters. Das heißt, der M&A-Berater ist wirklich darauf angewiesen, dass das Projekt fliegt und deshalb tut er natürlich auch alles, dass da ein möglichst hoher Preis bei rauskommt und die Transaktion stattfindet.

Joel Kaczmarek: So, also hast du Fixkosten. im Prinzip so ein bisschen zur Sicherheit und dann die Erfolgsbeteiligung. Das bemisst sich vermute ich jetzt mal am Prozentsatz des Kaufpreises beziehungsweise Firmenwertes, wie viel der bekommt.

Jörg Zätsch: Ja, das ist unterschiedlich. Also Bemessungsgrundlage kann ja einmal sein. der Unternehmenswert, der nicht unbedingt gleichzusetzen ist mit dem Kaufpreis. Zum Beispiel, wenn es Abzugsposten gibt, da können wir nachher nochmal drüber sprechen, ist der Unternehmenswert nicht unbedingt gleich dem Kaufpreis. Aus Gründersicht würde man natürlich sagen, Ich möchte die Berechnung so haben, dass es darauf fußt, was ich tatsächlich bekomme, also auf dem Kaufpreis. Und dann ist natürlich die Frage, wie hoch ist der Prozentsatz. Man kann zum Beispiel auch sagen, man macht die Prozentsätze von Unternehmenswert abhängig, berechnet sie dann aber auf den tatsächlich geflossenen Kaufpreis. Und es ist dann nicht nur der Kaufpreis, sondern es wären auch andere Rückzahlungen, die im Zuge dessen an den Gründer oder an die Veräußerer fließen.

Joel Kaczmarek: Jetzt wirst du wahrscheinlich nicht wirklich de facto Summen sagen wollen, aber kannst du mal so ein grobes Gefühl geben, was einen so ein M&A-Berater, in welchen Dimensionen einen das kostet?

Jörg Zätsch: Das sollen die Leute dann schon mal schön selbst fanden. Wenn ich jetzt irgendwas sage, dann kriege ich gleich vier, fünf Anrufe und sage, nee, wie kannst du das sagen? Da hilft es, ein gutes Netzwerk zu haben und mit Leuten zu sprechen, die einen Exit gemacht haben. Und wie immer im Leben empfiehlt es sich, mehrere Angebote einzuholen. Also man muss sich angucken, wenn man die M&A-Berater auswählt, sind es Leute, mit denen ich gut kann? Was haben die für einen Track-Record? Passen die zu mir und stimmt das finanzielle? So würde ich es einordnen. Ähnlich übrigens wie beim Anwalt.

Joel Kaczmarek: Wie ist das mit so nachlaufenden Posten? Also es gibt ja zum Beispiel irgendwie Earn-Outs, das heißt ein Gründer bekommt seinen Exit-Erlös erst mit der Zeit, wenn man als Käufer ihn noch binden möchte, damit man sicherstellt, dass er die Firma noch ein Stück weit erfolgreich weiterführt. Also es sind ja teilweise erfolgskritische Faktoren oder so. Put-Optionen sind ja auch gerne mal ein Thema, dass man noch Sachen putten kann. Was ist da in Sachen M&A?

Jörg Zätsch: Das gibt es ja, wie du sagst, recht häufig. Einmal kann es die Konstellation geben, man verkauft zum Beispiel 60% und für die restlichen 40% werden je nach Erfolg weitere Put- und Call-Optionen vereinbart. Das heißt, man kann diese 40% dann auch noch, wenn man eine Put-Option hat, weiterverkaufen. verkaufen an diesen Käufer und der Kaufpreis bestimmt sich nach irgendwelchen Parametern aus der Zukunft. Gewinn, Umsatz, was man sich da alles ausdenken kann. Genauso beim Earn-Out, also nachlaufender Kaufpreis. Da ist es wichtig jetzt für dieses M&A Agreement eine Entscheidung zu treffen. Wird dieses zukünftige Ereignis, von dem man ja nicht genau weiß, ob es eintritt und in welcher Höhe es eintritt, also wie hoch der Kaufpreis ist, wird das jetzt rein berechnet? Oder sagt man, nein, das kommt erst dann, wenn das Geld fließt, zu einem entsprechenden Prozentsatz. Letzteres ist natürlich für die Verkäufer besser, weil sie dann genau wissen, okay, jetzt ist die Put-Option ausgeübt worden. oder jetzt ist der Earn-Out gekommen, dann wird die Zahlung entsprechend fällig.

Joel Kaczmarek: Wird wahrscheinlich teurer, dann tippe ich mal.

Jörg Zätsch: Nicht unbedingt. Es kann sich ja auch herausstellen, dass die Gesellschaft sich nicht so entwickelt hat, wie man eigentlich geplant hat und deshalb der Earn-Out geringer ist.

Joel Kaczmarek: Also ich hätte jetzt nur so gedacht, als M&A-Berater würde ich, wenn ich ins Risiko gehe, dass ich meine Erfolgsprovision auf den Earn-Out später kriege, weil ich dem Gründer mehr Sicherheit anbiete, dass ich den dafür ein bisschen teurer mache. Also ich meine, Prozentsatz dessen ein bisschen da anheben.

Jörg Zätsch: Dass man das einpreist, das mag sein, aber das muss man halt besprechen. Aber wichtig ist, glaube ich, einfach nur, dass man gemeinsam diese Punkte kennt und dann eben zu einer Lösung beiführt. Und wichtig ist auch noch, vielleicht jetzt zu diesem Nachlaufen auch, so ein Vertrag kann ja auch gekündigt werden. Dann ist es natürlich für den M&A-Berater sehr unschön. Der hat die niedrigen Retainer bekommen für seine Arbeit, kaum kostendeckend für ihn, hat ein tolles Info-Memo gemacht, hat Leute angesprochen und so weiter, die ganze Arbeit ist reingeflossen, dann wird der Vertrag gekündigt und ich übertreibe jetzt mal, drei Wochen später wird veräußert an genau den potenziellen Bieter, den der M&A-Berater reingebracht hat. Und dagegen will sich der M&A-Berater absichern und deswegen vereinbart er, dass auch nachlaufend diese Fee fällig wird. Und das nennt man Longtail, also einen langen Schwanz, der hinten dran hängt.

Joel Kaczmarek: Und das gilt aber nur für Käufer, die der M&A-Berater eingebracht hat?

Jörg Zätsch: Das ist zu besprechen, denn du legst den Finger genau an einen wichtigen Punkt. Für den M&A-Berater, die Sicht ist natürlich, Moment mal, ich habe hier alles schön aufbereitet, Company auf Vordermann gebracht, tolles Info-Memo geschrieben, das ist ja ein Wert an sich. Und wenn du dann damit irgendwo hingehst zu jemand anderem, dann möchte ich eigentlich, dass unabhängig, dass ich den vorgestellt habe, diese Fee fällig wird, wo ich auch ein gewisses Verständnis für habe. Aber da mag es sicher Kompromisspositionen geben, wenn man das bespricht.

Joel Kaczmarek: Jetzt hast du ja den Punkt, also wir haben jetzt gesagt, was macht der Anwalt? Man hat die Möglichkeit, diese M&A-Berater reinzuziehen. Jetzt geht es ja in die Vorbereitungsphase. Also ich will so einen Exit irgendwie auf den Weg bringen. Da haben wir sicherlich einen Faktor, den viele vielleicht auch schon mal gehört haben, diese ominöse Due Diligence, also dieses Prüfen auf Herz und Nieren. Da haben wir ja schon mal drüber gesprochen, aber lass uns doch trotzdem noch mal ein, zwei Sätze dazu verlieren, was genau da passiert und warum das richtig ist.

Jörg Zätsch: Also es geht darum, und wir brauchen es ja nicht so lang zu machen, aber im Wesentlichen darum, dass der Käufer das Unternehmen sich genau anguckt mit seinen Beratern, Legal, Tax, was es sonst noch geben mag. Dazu wird ein Datenraum virtuell eingerichtet, in dem die Unterlagen der Gesellschaft ordentlich aufbereitet sind und der Käufer in die Lage versetzt wird, diese Herz- und Nierenprüfung durchzuführen. Auf Verkäuferseite versucht man dann immer im Verkaufsprozess später mal zu sagen, alles, was offengelegt worden ist in diesem Datenraum, das gilt als dir, lieber Käufer, bekannt. Und aufgrund dieser Tatsachen kannst du keine Garantieansprüche, Gewährleistungsansprüche gegen die Veräußerer geltend machen. Also hat das auch schon eine gewisse Funktion, sich um diesen Datenraum ordnungsgemäß zu kümmern und nicht einfach zu sagen, ist ja egal. Der Punkt ist in den Verhandlungen natürlich immer sehr umstritten, ob diese Offenlegung so durchgebracht werden kann. Aber es ist auf jeden Fall etwas, was man versuchen sollte. Technisch wird es dann dadurch gelöst, dass man sagt, dieser Datenraum wird auf einer DVD gebrannt. Und beim Notar hinterlegt, bei dem man den Kaufvertrag unterschreibt, sodass für alle Parteien klar ist, was ist denn da offen gelegt. Vielleicht gucken wir mal die Themen, die dort regelmäßig aufpoppen. Das hatten wir, glaube ich, schon bei Finanzierungsrunden besprochen. Also wer sich da interessiert, muss nochmal in die anderen Podcasts reinhören. Aber vielleicht spezifisch nun auf den M&A-Prozess. Ich denke vor allen Dingen, die Finanzkennzahlen sind wichtig. Also, dass man die Bilanzen ordentlich hat. Und hier wäre eigentlich auch meine Empfehlung, dass man testierte Bilanzen hat. Das gibt erstens dem Käufer ein besseres Gefühl, größere Sicherheit. Er weiß, die sind von einem neutralen BP geprüft worden. Es gibt aber auch den Veräußeren ein besseres Gefühl, weil der Erwerber fragen wird, ich möchte eine Garantie auf den Abschluss haben. Und da fühlt man sich als Veräußerer natürlich auch sehr, sehr, sehr viel besser darin. wenn dieser Abschluss geprüft worden ist. Also dieses Geld, meine ich, sollte man ausgeben, auch schon recht frühzeitig. Also nicht den letzten Abschluss nur prüfen lassen vor der Transaktion, sondern recht frühzeitig eigentlich das prüfen lassen.

Joel Kaczmarek: Wie lange dauert so eine Due Diligence ungefähr?

Jörg Zätsch: Ja, also es hängt natürlich stark ab davon, wie groß das Unternehmen ist. Wenn du ein großes Unternehmen verkaufst, was Standorte weltweit hat, wird es entsprechend länger dauern, weil jeweils, jetzt von der rechtlichen Brille gesehen, der Käufer Local Legal Counsel einsetzt, um zu gucken, wie geht es denn eigentlich der Gesellschaft in Brasilien oder in Russland oder sonst was. Bei kleineren geht es schneller, irgendwas zwischen zwei und vier Wochen, bei größeren Gesellschaften mehr.

Joel Kaczmarek: So, jetzt hatten wir ein Element, die Finanzkennzahlen auf Vordermann bringen, also ein klares Bild haben in Sachen Reporting. Jetzt hast du wahrscheinlich noch so den Klassiker Aufräumarbeiten.

Jörg Zätsch: Ja, den Klassiker Aufräumarbeiten. Also nichts ist blöder, als wenn man vom Käufer und seinen Anwälten darüber belehrt wird, was man eigentlich hätte besser machen sollen. Oder wenn sogar eine Asymmetrie in der Kenntnis des Unternehmens besteht. Ich will sagen, wenn der Erwerber durch seine Anwälte oder Berater so tief in diese Materialien eingedrungen sind, dass die eigentlich mehr rechtlich darüber wissen als die Veräußererseite. Das ist schlecht. Und deshalb sollte man sich vorher einfach anschauen, was habe ich möglicherweise für, ganz platt gesagt, für Schwächen. Wo bin ich angreifbar gegenüber? Im rechtlichen Sinne oder auch so. Bin ich abhängig von einem großen Zulieferer? Was passiert, wenn mir der wegfällt? Passt das gut zusammen mit dem Erwerber? Ist es wahrscheinlich, dass der dann bleibt, der Zulieferer oder der große Kunde? Oder sprengt der mehr ab? Das sind Riesenthemen, die man adressieren muss. Nicht so sehr rechtlich, aber um die muss man sich kümmern. Andere Themen, die jetzt aktuell sind, ist Datenschutz. Warum ist das aktuell? Weil es die Datenschutzgrundverordnung gibt, die die Sanktionen beim Datenschutzverstoß stark verstärkt hat, sodass Käufer dort sensibel sind, gerade bei Geschäftsmodellen, die auf der Verwendung von Daten basieren. Das würden wir raten, auf jeden Fall anzugucken und aufzuräumen. Die Käufer sind aus unserer Einschätzung auch nicht mehr so laissez-faire, was das angeht, weil sie natürlich selbst eigene Compliance-Richtlinien haben. Gerade so. ein großer Konzern hat eine ganze Compliance-Abteilung, die gucken dann auch drauf, ob das passt. Sodass man mittlerweile nicht mehr so sehr geneigt ist, na gut, das sind so kleine Aufraumarbeiten, die machen wir mal. Wenn da was Größeres ist, würde man vielleicht als Erwerber sagen, das räumt doch mal bitte vorher auf, bevor wir das in die Gesellschaft erwerben. Also das haben wir schon in letzter Zeit erlebt. Darauf müsste man sich einstellen.

Joel Kaczmarek: Ich würde mal tippen, dass so andere Klassiker noch IP sind.

Jörg Zätsch: Andere Klassiker sind IP. Ganz wichtig, dass das Intellectual Property, was die Gesellschaft benötigt, auch wirklich bei der Gesellschaft liegt. Der Freelancer, der mal da irgendwie mitgecodet hat und ganz wichtige Teile des Codes geschrieben hat, aber mit dem man keinen Vertrag hat, ist schlecht. Irgendwelche Sachen, die man von der Uni bekommen hat, wo die Uni nicht zugestimmt hat, das ist natürlich auch ein Thema. Und dann gibt es das beliebte Thema Open Source, also die Verwendung von Code, der öffentlich zur Verfügung steht. Dort muss man unterscheiden. Es gibt teilweise Lizenzbedingungen für diese Open Source, die sagen, wenn ich das selbst einbaue und weiterverwerte in meiner Software, dann muss ich es einbauen. auch als Open Source wieder zur Verfügung stellen, das ist natürlich nicht schön. Und darauf legen Käufer, wenn das eine sehr Code-getriebene Company ist, natürlich auch sehr viel Wert. Das heißt, es lohnt sich auch im Unternehmen bereits jetzt, dafür Vorsorge zu treffen und sich mit diesem Thema zu beschäftigen, wenn das für das Unternehmen eine Rolle spielt.

Joel Kaczmarek: Können irgendwie laufende Verfahren ein Problem sein, wenn man zum Beispiel mit irgendjemandem im Rechtsstreit liegt? Ist das erfahrungsweise ein Dealbreaker oder kann das trotzdem funktionieren?

Jörg Zätsch: Also so Mini-Rechtsstreitigkeiten wie Kündigungen mit dem Mitarbeiter, null Problem. Kann man ausrechnen, wie viel das kostet. Rechtsstreitigkeiten, die an die Substanz gehen. Sprich an das Geschäftsmodell. Beispiel Unterlassungsklage eines Wettbewerbers, der gesagt hat, so wie ihr das hier gestaltet, das geht gar nicht. Da braucht ihr von der BaFin eine Genehmigung für das Einnehmen der Gelder und Weiterverteilen oder sonst was. Das ist was, was mit Argos Augen beschaut wird. Das gilt insbesondere für neue Geschäftsmodelle, von denen man eben noch nicht weiß, wie sind sie rechtlich einzuordnen. Das muss noch nicht mal dann ein Rechtsstreit sein, der gegen einen selbst geführt wird, sondern vielleicht eine vergleichbare Situation, wo man weiß, das sind Rechtsstreitigkeiten anhängig zu diesem oder einem ähnlichen Thema, was, wenn man das weiterdenkt, vielleicht auch die Gesellschaft gefährden könnte. Wie damit umgehen? Also zunächst ist mal wichtig, dass man die Sachen nicht verschweigt. Weil das Thema wird bei einer guten Due Diligence unter Garantie hochkommen. Und dann hinterlässt es keinen guten Eindruck, wenn man sich darauf nicht vorbereitet hat oder das so unter den Tisch kehren wollte. Wenn das ein offensichtliches Thema ist, dann würde ich das auch entsprechend offensiv angehen. Und dann ist aber auch damit zu rechnen, dass die Veräußererseite dafür gegebenenfalls eine Freistellung übernehmen muss.

Joel Kaczmarek: Gut, also ich glaube, da haben wir einen guten Überblick bekommen, was in dem ganzen Vorbereitungsprozess so passiert, von was machen Anwälte, was machen M&A-Berater und dann der Due-Diligence-Prozess aus diesen beiden Faktoren. Das nächste Mal reden wir darüber, wie man eigentlich so einen Kaufpreis bestimmt beim Exit und da werden wir mit Argus Augen drauf schauen und gespannt sein. Ich danke dir ganz herzlich.

Jörg Zätsch: Gerne.

Mehr zum Thema

Recht

Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Rechtsthemen: Joel trifft sich dazu regelmäßig mit wechselnden Top-Anwält:innen, Steuerberater:innen und Rechtsexpert:innen, welche dir praxisnah und leicht verständlich die wichtigsten Rechtsthemen erklären. Als Unternehmer:in und Gründer:in kannst du diese dadurch sofort verstehen und anwenden.