Vom Startup zum Unicorn 10 🦄: Erfolgreich Investorengelder einwerben
23. Juni 2022, mit Joel Kaczmarek, Florian Heinemann
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Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und heute geht es wieder um unseren Unicorn-Reigen. Wir haben ja immer, und wenn ich sage wir, meine ich den guten Florian Heinemann, den Venture- und Marketing-Kenner schlechthin, plus ich, da haben wir immer den lieben Martin Schilling mit an Bord, der mittlerweile der Deutschland-Kopf von Techstars ist und Martin hat ja ein spannendes Buch geschrieben, was sich rund um Unicorns dreht. Und heute in unserer zehnten Folge schon beschäftigen wir uns damit, wie man denn die eigene Unicorn-Wahrscheinlichkeit erhöhen kann. Heute reden wir nämlich über Wachstumskapital. Ihr werdet also lernen, wie man erfolgreich Investorengelder einwirbt. Dazu haben wir fünf Fehler, die wir so im allgemeinen Finanzierungsprozess uns anschauen werden und sechs Fehler typischerweise, die wir im ganzen Pitching-Bereich uns angucken. So, und da habe ich ja zwei Nasen hier, die echt extrem viel Deflow sehen. Also ich weiß, Martin in seiner ersten Woche gefühlt bei Techstars, ich glaube 200 Butzen hat er sich angeguckt. Da ging voll die Post ab. Er wahrscheinlich nicht alleine, aber sie haben viel zu tun und sehen viel in der Richtung. Von daher, schön, dass ihr beide da seid.
Martin Schilling: Moin, moin. Hi, Joel. Schön, hier zu sein.
Florian Heinemann: Moin, moin.
Joel Kaczmarek: Florian, ich habe übrigens vorhin schon auch zu Martin gesagt, ich habe auch schon die musikalische Untermalung für ihn rausgesucht. Er hat es gleich erkannt, du nicht, Mann.
Martin Schilling: Time to say goodbye. Aber noch nicht.
Joel Kaczmarek: Nein, genau, man darf sich auf einiges freuen. Martin und ich basteln schon wieder an den nächsten Ideen. Also ich glaube, ganz los werden wir den guten Martin hier nicht. Dafür ist er ja einfach zu pfiffig. Gut, aber that being said, tauchen wir mitten ein. Die Top-Fehler in der Finanzierungsphase, im Finanzierungsprozess und wie man sie vermeidet. So, und das erste Ding, das kennt der Heinemann auch sehr, sehr gut, aber eher aus dem Social-Media-Bereich, FOMO. Das heißt, der erste Fehler, den wir uns mal aufgeschrieben haben, ist nicht genug FOMO, also Fear of Missing Out, bei Investoren zu erzeugen. Martin, wie mache ich das bei dir? Wie FOMO-isiere ich dich?
Martin Schilling: Genau, das ist die Kernfrage im Finanzierungsprozess. Wie schaffst du es, FOMO bei Investoren zu kreieren? Kleine Einschränkung, das geht im Prinzip natürlich nur, wenn du eine investierbare Firma hast. Aber dann gibt es eine ganze Reihe von spannenden Tricks, die wir uns mal gemeinsam angucken können. Also vielleicht kurz noch, wir packen hier auch so ein bisschen nicht nur unser Buch aus, sondern das Geheimrezept von Text, das wir so ein bisschen mit reinweben. Also erster Punkt hier, time kills all deals. Das ist so der Klassiker. Zeit arbeitet in der Regel immer gegen die Gründer und für Investoren. Also je länger du wartest, je länger es dauert, desto knapper wird ja in der Regel das Geld von Gründern. Dementsprechend, du hast vor allen Dingen Zeitdruck auf Investoren, auf der Gründerseite. Deswegen ist es wichtig, den Finanzierungsprozess auf kurze Zeit zu kondensieren. Also wie sieht so ein optimaler Finanzierungsprozess aus?
Florian Heinemann: Er ist kurz.
Martin Schilling: Also was wir unseren Gründern empfehlen, erstens, du startest als CEO in der Regel damit drei Wochen, nimmst dir Zeit, bereitest 100% nur den Finanzierungsprozess vor. Also der CEO klingt sich komplett aus dem Operativen aus und konzentriert sich nur auf den Finanzierungsprozess. Dann versuchst du innerhalb von drei bis maximal vier Wochen, also zur gleichen Zeit, möglichst viele Investorengespräche zu führen. Dann hast du die Termsheet-Verhandlungen und dann bist du durch. Also was du nicht tust, ist, du lässt den Prozess sich über Monate, vielleicht so über ein Jahr hinstrecken. Und ganz wichtig, wie kreierst du jetzt deine FOMO? Indem man eben subtil hin und da dann wieder kommuniziert. Naja, gehen wir mal an, ich spreche jetzt mit Florians Team und bin im Startup-Pitchen, bin im ersten Gespräch durch und die sagen mir dann, du, spannend, lass uns doch nächste Woche nochmal sprechen, wie sieht es denn aus Dienstag? Dann sage ich, naja, Dienstag ist schlecht, da habe ich jetzt schon vier weitere Partnergespräche von anderen Investoren, wie sieht es denn aus am Donnerstag?
Joel Kaczmarek: Du Schlitzohr.
Martin Schilling: Wichtig dabei, man lügt nicht, ganz wichtig, aber so ein bisschen Bluffen ist natürlich erlaubt.
Joel Kaczmarek: Hätte er dich jetzt FOMO-isiert, Florian?
Florian Heinemann: Total. Nee, also ich glaube, was man eben von außen denkt, man ja häufig dieses Investieren, das wäre so ein rationaler Prozess getrieben von rationalen Menschen. Und ich glaube, das ist eben häufig nicht so. Das ist schon sehr stark Psychologie. Übrigens auch an den Public Markets. Also wie wir gestern wieder sehen konnten. Wir nehmen das jetzt heute auf am 11. Also gestern war nochmal Blutbad am Tech-Markt, wo auch wirklich Aktien, die eigentlich echt operativ gute Performance hinlegen, dann trotzdem irgendwie sehr stark abgestraft wurden. Also auch am Public-Markt gibt es ja regelmäßig Übertreibungen nach unten und oben. Und das ist im Private-Markt natürlich ganz genauso. Das heißt, es ist ein sehr psychologisches Thema. Und ich glaube, da sich Gedanken zuzumachen, wie kann ich diesen Prozess orchestrieren und wie kann ich mich sozusagen als Hot Property positionieren, das ist schon Ist schon absolut elementar. Und wie du schon richtig sagst, in dem Moment sozusagen, was viele Leute ja denken, ist, ja, das kommt dann trotzdem noch, wenn es ein bisschen länger dauert, kommt es trotzdem noch zu einem Deal, aber dann zu geringeren Bewertungen. Das ist häufig, glaube ich, eine Falschwahrnehmung dessen, wie das läuft.
Also es ist eben sehr stark ein Null-oder-Eins-Thema. Bin ich ein Hot-Property, dann kommt es eben zu einem Deal. Wenn ich halt kein Hot-Property bin, kommt es voran. vielleicht zu einem deutlich schlechteren Deal. Es kann aber auch einfach zu gar keinem Deal kommen. Und was jeder natürlich vermeiden möchte bei diesem ganzen Thema ist, der Letzte zu sein, der auf so einen Deal guckt und dann dazu Ja sagt. Also niemand will gerne, wenn viele andere drauf geguckt haben und dann es vermeintlich abgelehnt haben aus irgendwelchen Gründen, dann derjenige sein, der es dann macht. Und das ist natürlich immer die Vermutung, wenn du weißt, eine Company ist schon im Markt seit zwölf Wochen und dann lernst du die in Woche elf kennen, dann denkst du natürlich immer, Was ist jetzt hier eigentlich, was ich jetzt übersehen habe? Und dann hörst du, oh, Excel hat sich das schon angeguckt und Excel hat aber Nein gesagt. Und da denkst du natürlich immer so, ah, das ist schon auch bei uns ein ganz wesentlicher Treiber der Diskussion. Und das ist schade, das ist auch nicht unbedingt gerecht. Das muss man auch sagen. Also man würde sich ja wünschen, dass deutlich stärker fundamentale operative Überlegungen, ist das ein gutes Business, schlechtes Business, ist das ein objektiv gutes Team, schlechtes Team, machen die das gut, dass diese inhaltlichen Überlegungen, 90 Prozent der Diskussion ausmachen würden. Aber das muss man ganz klar sagen, das ist nicht so. Und auch bei den absoluten Top-Investoren ist das übrigens nicht so. Und das ist vielleicht auch nochmal, und das zeigt nochmal, wie wichtig das ist.
Martin Schilling: Vielleicht lasst uns nochmal kurz Zahlen sprechen. Das bestreicht. das nochmal, was Florian gerade gesagt hat. Bei uns bei Techstars pro Programm bewerben sich in etwa 600 bis 700 und wir nehmen 12 Firmen. Also du bist so ungefähr bei einer Akzeptanzrate von zwischen 1 und 2 Prozent. Wie ist denn das bei euch, Florian? Also wie bewerben sich bei euch pro Jahr so grob? Und in wie viel investiert ihr?
Florian Heinemann: Ja, also von Bewerbung kann man natürlich bei uns nicht so richtig sprechen. Aber wir haben ungefähr ein bisschen mehr als 10.000, 12.000 Unternehmen pro Jahr, die bei uns einen Eintrag in der Datenbank darstellen. Da ist jetzt nicht drin quasi, ob das Unternehmen sind, die wir angesprochen haben oder die uns ansprechen. Das ist sozusagen einfach nur ungefähr so 10.000 Unternehmen, die Kontakt mit uns aufnehmen oder mit denen wir Kontakt aufnehmen pro Jahr. Wir sprechen ungefähr so mit 1.500 Unternehmen. Das sind die, wo wir überhaupt ein Erstgespräch leisten können. Also das ist so ungefähr die Kapazität. Also 85% fliegen da schon mal raus. Und wir machen ungefähr 10, 15 Investments pro Jahr. Ganz grob.
Joel Kaczmarek: Sind die Zahlen, die ich auch mal gehört habe. Ich weiß, als damals Aaron Davidson noch bei HPV war, hat er auch mal gesagt, wir haben 1000 Pitches. Eine finanzieren wir. Das ist ein Promille Finanzierungsrate. Also das sind auch so
Florian Heinemann: Also ich finde, bei euch ist diese Zahl sogar noch aussagekräftig bei Techstars. Im VC-Kontext ist diese Zahl gar nicht so wahnsinnig aussagekräftig, weil natürlich die meisten Deals, die du machst, sind nicht die, die sich bei dir aktiv beworben haben. sondern die, die du ansprichst, das hat sich sehr stark natürlich auch gewandelt. Also bei Y Combinator, also diesem vernachlässigbaren, anderen relevanten Accelerator-Programm.
Martin Schilling: Nummer zwei in der Welt, genau.
Florian Heinemann: Nummer zwei in der Welt und bei euch. Klar, da hast du natürlich wirklich noch so diese Kohorten mit Bewerbung und so weiter. Da ist dieser Funnel natürlich sehr, sehr aussagekräftig. Im VC-Bereich kann man sich jetzt drüber streiten. Also ich glaube, du brauchst, ob das jetzt 8.000 sind, 4.000 oder so, das ist, glaube ich, gar nicht mehr so wahnsinnig aussagekräftig. Was, glaube ich, die wichtige Kernaussage bei dem Ganzen ist, so sich Gedanken zu machen, wie kann ich da oben landen oder wie kann ich sozusagen sexy sein. Klar, jetzt hast du vielleicht 50 bis 100 relevante VCs in Europa, die dann diese Deals machen, viele machen die dann aber auch gemeinsam. Das heißt also dann, da gibt es ja dann immer gewisse Überschneidungen. Das heißt, so viele Deals gibt es dann eben auch wieder nicht. Also wenn du dann Teil dessen sein willst im Verhältnis zu der ganzen großen Masse an Startups da draußen. Das heißt, die Finanzierungswahrscheinlichkeit ist schon deutlich gestiegen natürlich im Verhältnis zu vor zehn Jahren oder sowas.
Aber es ist eben immer noch so, dass die meisten Startups eben kein Geld kriegen. Deswegen ist das schon wichtig, sich da Gedanken zuzumachen, weil natürlich auch die Wahrscheinlichkeit, gerade wenn du jetzt von sehr guten Investoren, Also sehr gut meine ich jetzt sehr reputierten Investoren oder ein sehr reputiertes Accelerator-Programm reinkommst wie Techstars. Das hilft dir natürlich dabei. Auch hier hast du natürlich eine sehr hohe Pfadabhängigkeit. Deswegen ist das so wichtig. Sprich, wenn du Techstars nicht auswählst. erhöht das natürlich für viele andere Folgeschritte die Wahrscheinlichkeit, dass du da auf einer sehr guten Trajektorie dich weiterbewegst. Und ich glaube, diese Pfadabhängigkeit, das ist eben auch nochmal ein ganz wichtiges Konstrukt. Man kann sozusagen, wenn man einmal auf einer relativ schlechten Investorenumlaufbahn sich bewegt, also mit relativ schlechten Investoren, da kann man nicht mal so eben die Flughöhe wechseln. Also die Wahrscheinlichkeit, Es ist so ein bisschen wie unser dreigliedriges Schulsystem, sag ich jetzt mal. Also wenn du einmal in der Hauptschullaufbahn bist, das ist ja auch das, was viele kritisieren an diesem Schulsystem, es manifestiert halt sehr stark Klassenzugehörigkeiten.
Und das ist ein bisschen, ist das so, ist das auch bei uns natürlich. also jetzt in dieser Startup-Welt, dass wenn du einmal dich auf einer gewissen Trajektorie bewegst, was wahrgenommene Investorenqualität angeht, das ist immer ganz wichtig. Das heißt ja nicht, dass Leute, die jetzt nicht so toll wahrgenommen werden, nicht trotzdem ganz tolle inhaltliche Investoren sein können. Aber die Wahrnehmung ist halt nicht unbedingt so. Das ist auch ein bisschen unfairerweise, aber so ist halt diese Welt. Das darf man nicht unterschätzen. Deswegen ist es halt wichtig, von Anfang an darauf zu achten, wenn einem das wichtig ist, dass man auf einer relativ hohen Flughöhe unterwegs ist, dann muss man das von Anfang an berücksichtigen.
Joel Kaczmarek: Aber ich muss gerade so zurückdenken, als ich Anfang des Jahres hier in die Bringo-Bude investiert habe. Cooler Dienst, muss natürlich positive Werbung hier machen. Weiß ich noch, habe ich ein Telefonat geführt, dann hieß es schon, hä? Da sind die krassesten Leute dabei, das geht voll ab, Hintergrund 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, du musst dich heute entscheiden und morgen Geld überweisen, wenn du noch mitmachen willst, weil der und der ist schon dabei und du wirst ja eigentlich gar nicht gebraucht, das ist eigentlich Nettigkeit, dass ich mit dir noch rede, so ein bisschen überspitzt jetzt, ja, nicht ganz so, aber mein Kontakt, das war ja gar nicht BringGood direkt, aber mein Kontakt, der mich angesprochen hat, der sozusagen schon committed war, der hat so diese Sphäre gefahren. und wie ist es bei euch, weil du sagtest auch so, oh, Excel hat dich schon abgelehnt. Woher weißt du denn, dass Excel die schon abgelehnt hat? Das heißt, wie machst du diese Fahrtabhängigkeiten, warum machst du die fest? Redet ihr alle untereinander? Habt ihr so einen großen Slack-VC-Channel pro Berlin oder wie läuft das?
Florian Heinemann: Nein, aber es wird natürlich wahnsinnig viel gequatscht. We are all in the business of trading information, muss man natürlich sagen. Das ist ja halt fairerweise so. Und es wird natürlich wahnsinnig viel gequatscht. Du hast 15 Leute hier im Investment-Team, die reden dann wieder mit den 10, 15 Leuten, die jetzt bei Holz bringen und so weiter. Das heißt, die reden natürlich alle den ganzen Tag miteinander, letztendlich. Und teilweise stimmen die Sachen wahrscheinlich auch gar nicht. Aber nur so finden dann die Informationen ihren Weg. Aber deswegen ist es halt so wichtig Auch diese Prozesse relativ kondensiert zu fahren, weil das natürlich die Wahrscheinlichkeit, dass jetzt irgendwelche Gerüchte entstehen über irgendein Startup, das jetzt vermeintlich Probleme hat oder ganz heiß ist oder so, dass diese Themen, dass man da eben eine gewisse Kontrolle über das hat, was da auch passiert und was auch über einen geredet wird. Das spricht eben auch nochmal für kurze Prozesse.
Joel Kaczmarek: Kommen wir mal zum zweiten Fehler. Mit zu wenig Investoren sprechen. Wie viele sind denn gesund? Was würdet ihr sagen? Wie viele sollte ich in so einer Runde kontaktieren?
Martin Schilling: Also die Empfehlung, die wir unseren Startups geben, ist, baue eine lange Liste von circa 200 Investoren auf, versuche mit circa 100 zu sprechen und gehe davon aus, dass du 99 Neins dir abholst und einer Ja sagt. Das ist sehr wichtig, das kann ich vielleicht gleich nochmal kommentieren. Und verschiedene Investoren bewerten verschiedene Startups oder das gleiche Startup teilweise sehr unterschiedlich. Wir sehen es in unseren Auswahlkomitees, wo wir jetzt auch Florenz Timothan am Einladen und andere VCs. Da gibt es Startups, wo der eine VCs sagt, fantastisch, ich könnte mir nichts Besseres vorstellen, ich würde sofort investieren. Während die andere sagt, überhaupt geht gar nicht, würde ich niemals machen. Selbes Startup, selber Pitch, selbes Team. Also das muss man einfach verstehen. Wenn man 50 Nein hört, heißt das noch lange nicht, dass das jetzt irgendwie keine gute Firma ist. Man hat vielleicht einfach nicht den richtigen Investor gefunden.
Deswegen ist es wichtig, durch warme Vorstellungen, also diese Warm Intros, an Investoren ranzutreten. Was sind warme Intros? Das beste warme Intro ist, wenn jetzt Beispiel, ich möchte jetzt, dass Florian in mich investiert, da versuche ich an einen Gründer in Florians Portfolio ranzukommen, der mich dann Florian vorstellt. Also der Unternehmer, in den Florian bereits investiert hat, der stellt mich vor. Das ist die beste warme Intro, die man machen kann. Die zweitbeste ist ein anderer Investor oder jemand aus dem Ökosystem. Also ich habe mit Florian zum Beispiel einen Prozess aufgesetzt, wenn sich Startups bei uns bewerben, die sind zu weit für uns, dann schiebe ich die Florians Team rüber und sage, hey, guck doch die mal an. Das ist auch eine warme Intro, die ist auch ganz gut. Und erst danach wenn es nicht anders geht, irgendeine kalte Ansprache bedingt.
Joel Kaczmarek: Aber Jesus, 100 Stück? Ich dachte, das sind jetzt 20 oder 30. Wenn ich mal ausführen gehe, dass du sagst, drei Wochen reservieren, meinst du vorhin? Sagen wir mal 60-Stunden-Woche bei einem krassen Workaholic-Gründer, dann sind das 180 Stunden und da muss ich 100 Leute unterbringen. Das ist ja irrwitzig.
Martin Schilling: Ja, also kleine Anekdote, soweit ich das von Entity 6 gehört habe. Wir hatten vorhin ja kurz darüber gesprochen, also die erste halbe Million bei Entity 6 war die schwierigste. Die erste halbe Million war schwieriger als 100 Millionen und nach meinem Verständnis haben die Gründer mit 300 Investoren gesprochen am Anfang.
Florian Heinemann: Das war sicherlich damals auch noch eine andere Zeit, so ein bisschen, aber das ist letztendlich das Geldeintreiben. Oder einsammeln ist halt Vertrieb. Und Vertrieb lebt immer von einem ausreichend breiten Funnel. Und aufgrund dessen, was wir ja beim ersten Fehler gesagt haben, wenn du natürlich einmal sagst, komm, ich spreche jetzt mal mit zehn, dann vergeht schon mal eine Woche. Und wenn darauf von keiner reagiert, dann mache ich die nächsten zehn, dann läufst du eben genau in die Problematik rein, die du ja im ersten Fehler beschrieben hast. dass wenn du jetzt in der fünften Woche angesprochen wirst, dass die Wahrscheinlichkeit, dass dann rauskommt, oh, weißt du übrigens, Kerndum hat schon mit denen gesprochen und Excel hat schon mit denen, die haben alle Nein gesagt und jetzt reden die mit uns. Dann denkst du so, okay, das heißt, das willst du ja eigentlich vermeiden. Und um das auch nochmal zu unterstreichen, was du gerade gesagt hast, das Lustige ist ja nicht nur, dass sozusagen jetzt unterschiedliche Investoren von unterschiedlichen Firmen diese Firmen unterschiedlich sehen, Das sehe ich ja auch immer wieder, wenn wir hier unser Dealflow-Meeting haben. Wenn dann unterschiedliche Startups vorgestellt werden von unterschiedlichen Leuten, wie unterschiedlich dann selbst innerhalb des Teams.
Also die wenigsten Investoren schaffen das ja, gerade in diesem Startup-Bereich, eine institutionelle Meinung zu bestimmten Startups zu entwickeln, die dann auch wirklich konsistent ist über so ein 10-15-Personen-Team. Auch die ist ja sehr unterschiedlich, weil die natürlich sehr stark geprägt ist von deiner eigenen Pattern-Recognition. Weil letztendlich das, was wir machen, ist ja Pattern-Recognition. Du siehst irgendwas, was schon mal erfolgreich war oder was vielversprechend war oder gut funktioniert hat und dann versuchst du dann zu erkennen in dem, was da jetzt bei dir auf dem Tisch liegt, was ist denn da jetzt ähnlich. Wo siehst du ähnliche Signale wie bei dem, was für dich positiv besetzt ist. Und das ist natürlich bei jedem sehr unterschiedlich. Weil bei mir sind das bestimmte Erfahrungen mit bestimmten Startups, die ich gemacht habe. Genauso natürlich auch im Negativen. So wo du sagst, nee, das funktioniert nicht. Das haben wir schon 1999, haben wir das schon so gemacht. Das war damals schon Schrott. Aber jemand, der dann 1999 natürlich nicht am Start war, der hat natürlich nicht diese negative Einstellung. Und auch gewisse Personen natürlich, wo du weißt, das ist natürlich auch häufig personenabhängig, wo du weißt, ja, mit dem habe ich schon gearbeitet, der war mit dem und dem und das war ein Arschloch und so, mit dem und so. Und das kann natürlich trotzdem ein gutes Unternehmen sein, vielleicht der richtige Gründer für das richtige Thema. Und ich glaube, deswegen macht es auf jeden Fall Sinn, nicht nur sozusagen mit bestimmten Firmen zu sprechen, sondern idealerweise sogar die richtigen Ansprechpartner innerhalb der Firma zu identifizieren, die für bestimmte Themen recht affin sind. Da muss man fairerweise sagen, ich glaube, da sind wir mittlerweile ganz gut bei uns intern, um dann auch zu sagen, okay, für das Thema ist wahrscheinlich der so und so die beste Person oder die so und so. Auch selbst das klappt nicht immer innerhalb von bestimmten Firmen, weil nicht alle Firmen fachspezifisch aufgestellt sind.
Martin Schilling: Also vielleicht da nochmal im Anschluss, was du vorhin sagst, ein operativer Tipp, wie man das managt. so eine Art Investoren-Trichter-Dokument aufbauen. Florian hat gerade zu Recht gesagt, das ist ein Vertriebsprozess hier. Also wir nennen das Investor-Pipeline-Sheet. Das ist ein ganz strukturiertes Dokument, wo du deine 200 Investoren reinschreibst. Da steht dann drin der Name der Firma, aber eben auch Name des jeweiligen Partners oder Mitglied des Investitionskomitees. Dann hast du einen Prioritätsgrad A, B, C. Also da gibt es einen A-Investor, das könnte jetzt Florian sein, vielleicht einen C, der irgendwie ein bisschen kleiner ist, nicht so bekannt. Dann schreibst du rein, warum könnten die an mir interessiert sein, was ist die mögliche Finanzierungssumme, wer könnte die Intro machen, also ein ganz strukturierter Vertriebsprozess.
Joel Kaczmarek: Okay, ich sehe schon, immer wenn ich das früher gemacht habe, ich habe einfach zu wenig gefragt. Ich habe immer die gedacht, die ich am besten, sympathischsten, kompetentesten fand und
Martin Schilling: Du hast als Gründer oft das Thema, du wirst proaktiv angesprochen von einem, von zwei VCs. Also so ins Fundraising, in den Finanzierungsprozess reinzufallen, ist hochgefährlich, weil wenn du das machst, also wenn du dann beginnst mit einem oder zwei zu den Prozess zu starten, dann hast du im Idealfall am Ende ein Termsheet vorliegen. Und dann? Dann hast du keinen Wettbewerb, wo du vergleichen kannst. Kannst du im Prinzip nur Ja oder Nein sagen. Und das weiß der Investor auch. Deswegen ist es so wichtig, hochkondensiert in kurzer Zeit mit möglichst vielen sprechen, dann idealerweise sich mehrere Termsheets holen und die dann entsprechend vergleichen.
Joel Kaczmarek: Na gut, kommen wir mal zu Fehler 3, weil das will ja auch mit irgendwas befüttert werden, wenn ich da 100 Manneken und Fräulein irgendwie anhaue. Fehler Nummer 3, die Finanzierungsunterlagen nicht perfekt bereit haben. Das ist ja eigentlich hier Hygiene, hätte ich gedacht. Was würdest du denn sagen, Martin? Was gehört denn in so einen guten Datenraum, wenn ich Investoren anspreche?
Martin Schilling: Also, es gibt zwei Arten von Dokumenten, die man vorbereiten muss. Deswegen ist es wichtig, dass sich vor allem das CEO da wirklich drei Wochen Kondensierzeit nimmt. Also, was muss man als Basis dabei haben? Erstens, einen aufgeschriebenen 15-sekündigen, 30-sekündigen und einminütigen Pitch. Zweitens, die Investorenpräsentation, also der klassische Pitch, 10 bis 15 Folien. Das Finanzmodell, ja, auch ein Frühphasen-Startup sollte in der Regel ein gut ausgearbeitetes Finanzmodell haben. Übrigens auch in den USA ist das mittlerweile üblich.
Joel Kaczmarek: Mit Finanzmodell meinst du das Geschäftsmodell des Unternehmens oder die Terms, die er beim Investor aufgreifen will?
Martin Schilling: Also einfach über fünf Jahre projizierte Umsätze, Kosten, EBIT. Also ein klassisches Modell, das den möglichen Geschäftsverlauf in die Zukunft projiziert. Dann dieses gerade erwähnte Investoren-Trichter-Dokument. Du brauchst zudem ein sehr sauberes Eigentümerverzeichnis, also die Cap Table, ein sehr, sehr sauber aufgeschrieben. Investoren-FAQs, also was sind die typischen FAQs, Frequently Asked Questions der Investoren und deren Antworten dazu. Du brauchst eine weiterleitbare E-Mail für warme Vorstellungen und dazu noch einen Einseiter der Firma. Das ist nur die Basis. Was brauchst du im Datenraum? Da setzt du rein Gründungsdokumente, jede Art von Finanzierungsdokumente, schriftliche Antworten zu den wichtigsten Fragen, KPI-Verzeichnisse, Kernverträge, Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter, die Produktroadmap, historische Finanzdaten, dein Organigramm, idealerweise noch ein paar Kundenfallstudien, Strich Testimonials. Das ist natürlich übervorbereitet, aber man stelle sich vor, du hast ein Investorengespräch, der dir dann zum Schluss sagt, hey spannend, schick mir doch mal ein paar Unterlagen und dann schickst du sofort nach dem Gespräch hier, hier sind meine sieben Dokumente. und hier ist der Link zu meinem Datenraum, da findest du alles. Da signalisierst du dem Investor, hey, ich habe mir das wirklich mit meinem Team bis in die Tiefe durchdacht, du kannst mir vertrauen, dein Geld zu geben. Ich werde genauso sorgsam mit deinem Geld umzugehen, wie ich jetzt diese Dokumente hier vorbereitet habe.
Joel Kaczmarek: Also Florian, ich glaube, der Martin ist auf der falschen Seite gelandet. Also ich glaube, der sollte Geld nehmen und nicht geben, oder? Was sagst du?
Florian Heinemann: Er muss ja auch helfen dabei, also seinen Startups dabei helfen, den Tech-Star-Startups besser mit Folgeinvestoren zu reden. Insofern passt das schon aus meiner Sicht. Ich kann das nur so unterstreichen. Auch natürlich wieder der Link zum ersten Fehler, dass du eben nicht zu lange brauchen darfst für den Prozess. Und wenn du natürlich dann anfängst, diesen ganzen Kram zu erstellen, in dem Moment, wenn die Leute danach fragen, das wird natürlich immer bei irgendwelchen Spezialthemen mal der Fall sein. Also wenn jetzt irgendeiner Kohortenanalysen für ein bestimmtes Kundensegment haben will oder so, das hast du vielleicht nicht vorbereitet. Aber ich glaube, wenn man viele von diesen Dingen vorbereitet hat, dann trägt das natürlich dazu bei, die FOMO hochhalten zu können, weil man einfach nicht drei Wochen braucht, um jetzt irgendwelche Unterlagen, weil das natürlich immer sozusagen wieder dazu beiträgt, dass der Prozess länger dauert. Und das muss man schon sagen, die Sexiness von so einem Deal, die wahrgenommene Sexiness nimmt halt ab, je länger man in so einem Prozess ist, auch auf der Investorenseite.
Das ist auch wieder irrational, das ist Die Substanz des Unternehmens wird ja nicht unbedingt schlechter dadurch, aber es ist ganz klar so, dass es am besten ist, wenn die Spannung hoch bleibt und man denkt so, jetzt habe ich da Fragen gestellt, jetzt kommt das direkt zurück, jetzt ist der Ball wieder bei mir, jetzt muss ich nur so. Und das hat man natürlich gerade so in dieser totalen Hochphase 2021, wo du dann teilweise drei, vier Tage Zeit hattest von Kennenlernen bis zu Termsheet, da war das natürlich essentiell. Du kannst natürlich schlecht den Leuten sagen, mach mir mal einen Termsheet und dann hast du deine Sachen nicht parat. Genau. Das ist natürlich schwierig, aber selbst jetzt gerade, wo das wieder so ein bisschen abgenommen hat, der Druck, wo du auch mal zwei Wochen Zeit hast, eine Firma kennenzulernen und dann da irgendwie ein Termsheet abzugeben, was ehrlicherweise nicht so schlecht ist. Ich glaube, das ist für alle beteiligt nicht so schlecht. Auch da hilft es natürlich, quasi diese Dinge in einer vernünftigen Qualität da zu haben. Und da wäre ich auch nicht zu sparsam, weil viele sind dann so Häppchenweise.
Und ich finde, das nervt, weil die dann so sagen, also wenn ich mich schon öffne und gerne Investoren haben will, dann kann ich auch direkt relativ transparent sein. Also Weil ich glaube, manche haben da so, die schicken dir ein Deck und da sind dann auch keine Umsätze drin oder Ist-Zahlen. Dann sagst du, nee, wir müssen erst sprechen. Dann sprichst du mit denen, dann kriegst du danach die Zahlen. Also da muss man das immer so, wo du sagst, also was ist jetzt? Willst du jetzt fundraisen? Dann musst du auch Infos teilen. Oder willst du das weiter für dich machen? Ist alles gar kein Problem. Kannst du auch weiter für dich machen.
Dann musst du mir auch nichts mit irgendwem teilen. Aber so dieses Kaugummi-artige, wo man dann nur so das, was unbedingt benötigt wird, das macht aus meiner Sicht eventuell den Eindruck, dass man was zu verbergen hat. Und es ist auch irgendwie aus meiner Sicht kein erwachsener Umgang miteinander. Weil wenn man sagt, entweder man racet, Dann heißt das auch, dass man bereit ist, Infos zu teilen oder man racet halt nicht. Da musst du auch nichts teilen. Aber so dieses, ich lasse mir alles aus der Nase ziehen, das ist vielleicht auch nochmal so, da haben Gründer häufig die Tendenz zu. Das ist zum Beispiel auch so ein Thema, was auch Gründer zum Teil eben machen und das würde ich auch eher anders sehen. Die sagen, ich will erst mit dir telefonieren und dann schicke ich dir mein Deck. Das finde ich eigentlich auch Mist, auch ehrlicherweise ineffizient, weil wenn du mir ein Deck schickst, dann kann ich häufig schon sagen, ob das überhaupt Sinn macht, dass wir miteinander sprechen. Und wenn dein Deck nicht so ist, dass man als halbwegs nicht auf den Kopf gefallener Mensch erkennen kann, was du jetzt da tust, und ob das jetzt relevant ist oder nicht, dann hast du vielleicht auch ein Problem in deinem Deck, muss man sagen. Also Deswegen, ich wäre da eher sozusagen bereit, eher Informationen proaktiv zu teilen, Decks auch vorab zu teilen, Decks auch tendenziell ein bisschen ausführlicher zu machen. Das hilft, finde ich, auch mal, wo man dann wirklich auch schon so ein paar Fragen beantwortet und wie gesagt, da eher ein bisschen zu viel Aufwand reinzustecken, auch als frühphasige Firma.
Martin Schilling: Absolut. Also vielleicht zwei Ergänzungen noch zu folgen. Erstens, letzte, Design macht dann Unterschiede, leider. Also das ist leider so, da auch Design zu investieren macht Sinn. Und was wir oft empfehlen ist, mach zwei Versionen einer Präsentation, schick eine kürzeren, vielleicht fünf, sechs, sieben Folien vorab und dann kann man danach ja nochmal im Gespräch zwölf bis 15 durchgehen. Das ist immer eine ganz gute Logik, die man machen kann.
Florian Heinemann: Und schick es vielleicht auch Leuten vorab, die dir wohlgesonnen sind und übe dieses Deck. Unbedingt. Mit Leuten, bevor du es an Investoren schickst, die dir vielleicht nicht so wohlgesonnen sind. Also das machen wir auch zum Teil mit unseren Gründern, wenn wir Folgefinanzierungen machen. Also wir machen zum Teil natürlich auch Intros für die Gründer. Das würde ich auch eher Leute bitten. Also wenn ihr Investoren habt, egal ob es Angels sind oder so, along the lines, was du auch vorhin gesagt hast, Martin, das hilft. Und vielleicht könnt ihr eben auch mit eurem internen Investorenkreis die Dinge vorab besprechen oder mit euch wohlgesonnenen anderen Gründern oder euch wohlgesonnenen Angels. Also da merken wir regelmäßig relevante Verbesserungen, wenn man da bereit ist, ein bisschen Zeit zu investieren.
Joel Kaczmarek: Aber sag mal, wie ist denn so das Thema, man hat ja immer Angst als Gründer oder Gründerin auch, dass diese Dokumente geteilt werden mit Leuten, für die sie nicht gedacht sind. Deswegen sind wahrscheinlich viele so dabei, ich will erstmal mit dir telefonieren, aber ich weiß, ob du auch hier irgendwie trustworthy bist. Berechtigte Sorge?
Florian Heinemann: Also aus meiner Sicht, klar, es gibt immer schwarze Schafe. Aber ehrlicherweise, ich glaube, der Benefit, da eher offen zu sein, ist aus meiner Sicht relevant größer, als da verschlossen zu sein. Weil wie gesagt, ich glaube, wenn man einmal die Entscheidung trifft, Man geht raus und spricht, selbst wenn es nur 50 Investoren sind, dann sind diese Informationen sowieso in der Welt. Egal, welche NDAs man da unterzeichnet und so weiter. Und das ist auch okay. Also damit muss man, glaube ich, leben können. Zumal die wenigsten, das darf man auch nicht vergessen, die aller, aller, aller wenigsten Startups oder die Ideen, die dahinter stehen, sind ja so stark, dass sie für sich genommen werden. einen sehr, sehr großen Wert darstellen, sondern das ist immer die Kombination aus handelnden Personen, wie macht man es genau.
Also ich glaube, da wäre ich tendenziell weniger vorsichtig und würde eher den Benefit auch sehen, wenn ich natürlich Sachen teile und auch Sachen offenlege, dann kriege ich eher Feedback und letztendlich muss ich mich sowieso am Markt beweisen. Und wahrscheinlich wird das, was ich da an dem Deck teile, wird sehr wahrscheinlich nicht dazu beitragen, dass jetzt sozusagen meine Marktherausforderungen in irgendeiner Weise deutlich geringer werden. Also ich hätte davor nicht zu viel Angst, weil ich glaube, dass etwas offenere Teilen, natürlich nicht naive Teilen, aber das etwas offenere Teilen von Informationen, das Bitten um Feedback, das Feedback wird besser, wenn man mehr teilt. Ich glaube, das würde ich sagen, ist in den allermeisten Fällen, hat das einen höheren Benefit als der potenzielle Schaden, der dadurch entstehen kann.
Martin Schilling: Ja, das möchte ich nochmal unterstreichen von unserer Seite. Es geht in der Regel nicht im Kern um die Idee, es geht um das Momentum hinter der Idee. Das ist das Entscheidende, was du als Gründer kreierst. Du kreierst Momentum hinter einer neuen Idee und da musst du in der Lage sein, diese Idee und deine Vorstellungen im Ökosystem auch zu teilen.
Joel Kaczmarek: Gut. Fehler Nummer vier. Typischerweise kein klares Finanzierungsziel setzen. Martin, was wäre denn für dich ein klares Finanzierungsziel?
Martin Schilling: Also das ist ein Fehler, der überraschenderweise recht oft gemacht ist, der aber sehr einfach zu vermeiden ist. Also das heißt einfach, man sollte in jedem Präsentation, in jeder Finanzierungspräsentation einfach eine Folie einfügen, die folgenden Satz beantwortet. Wir wollen x Euro von Investoren einwerben mit dem Schwerpunkt Y. X ist das Finanzierungsziel, Y ist der Typ von Investor, also ein commerce-fokussierter Frühphase-Investor. Dieses Geld erlaubt uns, Meilenstein A, B, C zu erreichen innerhalb von D Monaten. Also typische Meilensteine können sein, ich möchte 1.000 zahlende Kunden erreichen, ein neues Machine-Learning-Modell lancieren, ich möchte ein NPS von 60 erreichen. damit mir das wiederum erlaubt, die nächste Runde Kapital einzuwerben und oder profitabel zu werden. Also ich denke, wenn ich das Finanzierungsziel dieser Runde setze, gleich an die nächste Runde mit. Und das sollte jedes Deck haben.
Joel Kaczmarek: Das ist relativ plain vanilla, oder Florian? Was hast du noch zu ergänzen?
Florian Heinemann: Nee, aus meiner Sicht passt das so. Also habe ich jetzt auch keine Ergänzung dazu.
Martin Schilling: Es gibt eine kleine Nuance, die ganz interessant ist. Es ist immer die Frage, wie man diese Runden tituliert. Pre-Seed, Seed, Series A und so weiter. Im Zweifel sollte man die zurückstufen. Also wenn man eine Pre-Seed-Runde macht, dann kann man durchaus sagen, man macht jetzt noch eine größere Angel-Runde. Oder wenn du sagst, du willst jetzt bei Series A eigentlich schon, sagst du, du willst eher eine Seed-Runde machen. Warum? Weil du damit die Erwartungen ein Stück weit senkst und dann überliefern kannst. Also es gibt nichts Schlimmeres. als zu sagen, ich mache jetzt eine Series A und dann komme ich dann zum Schluss mit zwei, drei Millionen noch raus. Also das ist nochmal eine kleine Nuance dahinter.
Florian Heinemann: Und gerade in Zeiten wie jetzt diesen, wo oft die wir gerade zusteuern oder wo wir gerade schon mittendrin sind. Also ich glaube sozusagen, das darf man eben auch nicht sagen, vergessen, kommt auch wieder eben auf das Gleiche zurück, was wir ja vorhin schon mal hatten. Das sind halt häufig etwas irrationale Prozesse, die auch sehr stark vom allgemeinen Market Sentiment abhängen und nicht nur davon, ob man jetzt selbst da einen guten Job macht oder sozusagen, das darf man nicht unterschätzen, dieser Makrofaktor, der da eben auch mit reinspielt und wenn man dann doch dann keine Finanzierungsrunde hinbekommt oder nicht so groß, dann verliert man sofort diesen Hot-Property-Status. Und das geht halt relativ schnell. Da gibt es verschiedene Dinge, die dafür sorgen. Das ist sozusagen jetzt Finanzierungsrunde unter der Erwartung, die man vorher kommuniziert hat. Eine Downround, deswegen versuchen ja auch viele immer zu vermeiden, dass es jetzt zu einer Downround kommt und das wird ja auch sehr spannend jetzt werden in den nächsten Monaten. weil natürlich die Bewertungen wahnsinnig unter Druck kommen.
Also alle diese Themen, die quasi verhindern oder dafür sorgen könnten, dass man an wahrgenommener Sexiness einbüßt, das sollte man halt versuchen zu vermeiden und das idealerweise irgendwie proaktiv. Aber klar, das geht nicht immer, aber das zumindest auf dem Schirm zu haben, das ist schon spannend, weil das bemerkt man ja immer wieder, wenn man einmal Sexiness verloren hat, Als Startup. Und das ist auch wieder nicht fair und es ist nicht objektiv und es ist teilweise wirklich hundsgemein, aber es ist dann einfach so. Dann ist man halt wie ein Musikkünstler, der aus irgendwelchen Gründen so ein bisschen out of style ist. Und auch wie dort hat das ja nichts mit objektiver Qualität zu tun dann häufig, sondern…. Da muss man dann erstmal eben gucken, wie man wieder sexy wird. Und das ist eben nicht so einfach. Und das ist dann eben nicht nur damit getan, dass man einen guten Job macht oder so, sondern da muss dann halt mehr passieren. Und ich glaube, das unterschätzen Leute häufig, wie wichtig dieses Aufrechterhalten von Sexiness ist. Und da haben auch gewisse Gründer und auch gewisse Investoren ein sehr gutes Händchen für. Und das zählt in dieser Branche, egal ob das jetzt fair ist oder objektiv oder so oder nicht. Das zählt in dieser Branche einfach schon eine ganze Menge. Das muss man sagen.
Joel Kaczmarek: Gut. Fünfter und letzter Fehler aus dem Bereich der Strukturierung der Finanzierung. Gegenüber den Investoren zu demütig auftreten. Also ich hätte eigentlich gedacht, Gründer haben ja sonst immer, und auch Gründerinnen natürlich, von der hier Unisex denken, eigentlich mal eher zu viel Selbstbewusstsein, was das angeht und nicht zu wenig. Ist das echt was, wo ihr sagt, das sind so typische Fehler?
Martin Schilling: Also das ist wahrscheinlich der größte Fehler in dieser Reihe. Die zentrale Haltung, die eine Gründerin oder ein Gründer haben sollte, ist, Investor X, mit dem ich jetzt spreche, hat die einmalige Chance und auch Ehre, in meine Firma investieren zu dürfen. Es ist nicht so, dass ich mich jetzt gütig, großzügig schätzen darf, jetzt hier mal meine Firma vorstellen zu können. Das zählt zum selben Thema ein, wie wir vorhin gesagt haben, in eine gewisse Schussregelung. Aber Arroganz, ein Schuss, sehr starke Selbstverwirrung, das dann hilft in diesem Prozess. Also ich mache mal ein Beispiel, wie man jetzt gegenüber Florian pitchen könnte. Also ich jetzt als CEO von Fintech. Version 1, Herr Heinemann, danke, dass Sie sich jetzt hier die Zeit für mich nehmen. Großartig, ich weiß, dass Sie sehr viele Startups pro Jahr hier haben und jetzt nehmen Sie sich die Zeit für mich, mal hier anzuhören, wie unsere Firma aufgebaut ist. Also vielen, vielen Dank dafür. Version 1, Version 2. Florian, danke, dass du dir jetzt kurz Zeit nimmst. Super spannende Zeit. Wir kriegen sehr viele Anfragen von sehr vielen Investoren gerade. Ich wollte jetzt einfach mal diese 30 Minuten nützen, um zu verstehen, warum wir von Project A Geld nehmen sollten. Kann man so nicht in der Reinform bringen, aber von der Haltung. Also man kann sehr wohl in einem Pitch ein Zeitfenster sich nehmen, wo man den Investoren pitchen lässt. Wo man sagt, hey, es gibt sehr viele Investoren. Ich habe mit vielen schon gesprochen. Warum du?
Florian Heinemann: Absolut. Und das sehen wir auch, dass das so passiert, hat in den letzten zwei, drei Jahren deutlich, deutlich zugenommen. Das war natürlich für 15 Jahre noch ganz anders. Aber das, wo wir auch schon ein paar Mal in einem anderen Kontext drüber gesprochen hatten, als wir auch über Positionierung von VCs drüber gesprochen hatten, wir hatten ja mal diesen Podcast zu Positionierung von VCs, wo ich gesagt habe, Das ist eigentlich ganz lustig. Wir VCs gehen immer zu, wie ist eigentlich dein USP und wie ist eigentlich so dein Go-to-Market? Und dann sagst du, nee, wie ist denn eigentlich dein Go-to-Market? Wie ist denn eigentlich dein USP? Das ist eigentlich ganz lustig. Also jetzt mittlerweile ist das natürlich auch besser geworden, dass auch Investoren darauf Antworten haben, ob die dann immer so stimmen, dass man da hingestellt ist. Aber das ist ein deutlich relevanteres Thema geworden und wir haben häufig Sessions, die auch ähnlich lang sind, wie sozusagen unsere Quiz-Session mit Gründern, wo die uns halt fragen, könnt ihr uns wirklich eine Intro machen zu diesen ganzen Firmen, die ihr da ja sagt und wen kennt ihr denn da bei dieser Firma?
Und können wir bitte mal mit einem Gründer von euch sprechen, wo ihr diese Intro schon mal gemacht habt? Und ich finde es immer gut, weil das natürlich auch dann dazu beiträgt, dass man wirklich sagt so, ja, also man macht sich natürlich dann als VC auf einmal auch Gedanken. Und das VC-Modell an sich und das Investoren-Modell hat sich eben auch mal eine ganze Zeit lang nicht so richtig viel verändert. Also gab es auch viel Kritik damals über das Central Road, Silicon Valley, die bewegen sich da nicht aus der Central Road weg, die Leute müssen dann dahin. Die investieren eigentlich nur im Radius von 50 Kilometer rund um die Central Road und machen eigentlich nicht viel. Und dann kam Andreessen Horowitz und hat gesagt, wir machen operatives Support, wir machen sehr aktive Kommunikation, wir versuchen Fort Leadership als VC anzupassen. auch sozusagen, die dann wirklich diesen Markt auch mal disrupted haben. Und das war eigentlich ganz spannend. Insofern glaube ich, das sind alles so Entwicklungen, die dazu beigetragen haben, dass es völlig toleriert wird, dass Gründer auch positiv gesehen wird, wenn Gründer eben das hinterfragen und wirklich sagen, wenn Leute so genau auch mich hinterfragen als Investor, das ist ja eigentlich super, weil ich will ja, dass die Gründer die beste Konstellation auch von Investoren zusammenbauen, um diese Firma erfolgreich zu machen, weil dann bin ich ja am Ende auch erfolgreich. Leute, die das auf dem Schirm haben, das ist ja für mich eigentlich, das widerspricht vielleicht beim Ego, weil ich nicht so gerade gechallenged werden möchte jetzt als Investor, sondern natürlich eigentlich ja Wertschätzung dafür haben will, was ich in meiner Vergangenheit hier als Investor alles schon an tollen Portfolio Companies zusammengesammelt habe, da hätte ich jetzt natürlich schon ein bisschen Wertschätzung gerne für, aber wenn ich objektiv drüber nachdenke, ist das natürlich schon so, Gründer, die das hinterfragen und darauf sehr, sehr genau achten, Das ist eigentlich nochmal ein weiterer Qualitätsindikator und sicherlich auch Volksindikator.
Und ich glaube, es gibt so eine gewisse Grenze. Da muss man, glaube ich, auch gucken. Die ist natürlich auch von Investor zu Investor unterschiedlich. Die ist sicherlich bei amerikanischen Investoren ist diese Grenze nochmal eine andere, weil die natürlich jeden Tag Leute sehen, die sagen, I always wanted to disrupt the so-and-so-Industry and I started thinking about this when I was 10 years old. Da würde wahrscheinlich jeder deutsche Investor sagen, Alter, der hat ja einen Dachschaden. Ja. Aber jeder amerikanische Investor, der hört natürlich so diese Story, dass es jetzt völlig natürlich aus dem Lebenslauf dieser Person herausfließt, dass jetzt eigentlich diese Idee passieren musste und dass man auch fest davon überzeugt ist, dass das jetzt sozusagen das nächste große Ding ist und die Welt auch noch definitiv besser macht. Also ich glaube, wenn man mit amerikanischen Investoren spricht, dann muss man sicherlich nochmal eine andere Tonalität im Sinne von ein bisschen großspuriger, ein bisschen Storytelling-lastiger machen. als jetzt vielleicht bei einem Deutschen oder bei einem Franzosen. Aber ich glaube generell, so dieses etwas boldere Auftreten, das hilft so oder so.
Joel Kaczmarek: Cool ihr beiden. Okay, also ich stelle fest für den Moment, wir haben jetzt fünf Fehler durchdekliniert. Also einmal nicht genug FOMO bei Investoren erzeugen, dann mit zu wenig Investoren sprechen, die Finanzierungsunterlagen nicht perfekt bereit zu haben, kein klares Finanzierungsziel zu setzen und last but not least den Investoren gegenüber zu demütig aufzutreten. Eigentlich hatten wir uns ja heute vorgenommen, dass wir auch noch ein bisschen was über Pitching machen, aber ich habe ja gelernt von Florian, man darf immer nur so lange wie einen Inlandsflug podcasten. Deswegen wäre mein Vorschlag, Florian, dass wir hier die Abschiedstour von Martin vielleicht noch erweitern und den zweiten Teil, den wir eigentlich vorgesehen hatten, nämlich das Thema Pitching, in eine Extra-Folge zu machen. Ist das auch in deinem Sinne?
Florian Heinemann: Klar, ich bin immer ein großer Fan von Zugaben.
Martin Schilling: Sehr gut. Wir machen eine Zugabe.
Florian Heinemann: Auch hier. Mal gucken, ob der Künstler nochmal auf die Bühne kommt. Ja, wir werden es sehen.
Joel Kaczmarek: Sehr gut. Besseres Schlusswort hätte ich nicht sagen können. Danke euch. Bis zum nächsten Mal. Macht's gut.
Florian Heinemann: Ciao, ciao. Bis zum nächsten Mal. Danke euch.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Gründung: Du willst dein eigenes Unternehmen gründen, bist schon Gründer oder von Startups fasziniert? Mit dem Top-Experten Florian Heinemann sprechen wir regelmäßig über Tipps und Ratschläge zu Finanzierungsfragen, Strategien und operativer Umsetzung auf dem Weg zu deinem eigenen Business.