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Joel Kaczmarek: Hallo Leute und High Five! Hier ist Joel Kaczmarek und ich habe wieder eine tolle Person am Start, die mir ihre fünf Dinge verrät, die sie gerne schon mit 20 gewusst hätte. Und zwar ist es in dem Fall eine alte Bekannte von mir, könnte man fast sagen. Und zwar die liebe Lea-Sophie Cramer. Und es ist gar nicht so einfach, Lea anzumoderieren, weil die macht, glaube ich, gefühlt tausend Dinge. Also zum einen ist sie Unternehmerin. Ihr kennt sie bestimmt noch von Amorelie früher, aber natürlich auch mit ihrem neuen Coaching-Business 10MoreInn. Dann ist sie ja selbst Podcasterin, sie ist Investorin und ich würde sogar sagen, manchmal ist sie für meinen Geschmack sogar fast auch Aktivistin. Also sie setzt sich auch für ganz viele Themen ein rund um Unternehmertum. Und wie es bei mir immer so ist, nach solchen Leuten schaue ich ja, weil die natürlich viele Berührungspunkte mit vielen schlauen Menschen haben, mit denen sie sich austauschen, viele Kontexte. Und so lernt man ja also wirklich im Druckbetankungsformat. Und deswegen freue ich mich total, heute mal Lea zu löchern. Und ja, schön, dass wir uns mal wiedersehen, Lea. Long time, ja? Hello!
Lea-Sophie Cramer: Ja, wirklich. Danke für die schöne Anmoderation. Mensch, da fühle ich mich richtig geehrt. Und wir haben uns ja nun gerade wieder gesehen bei den German Startup Awards, aber ich glaube, davor war es Jahre her gefühlt.
Joel Kaczmarek: Ja, hätte ich jetzt auch gesagt.
Lea-Sophie Cramer: Also, das ist schon eine Weile her. Aber es ist in der Tat alte Bekannte. Also ich finde es irgendwie zum einen beängstigend, auch bei den German Startup Awards hatte ich so das Gefühl, also so im Positiven und Negativen, wir sind alt geworden, weißt du? Also so ein bisschen so diese alte Garde der Startup-Szene, wenn man dann so sich dazu zählt, ist man zum einen stolz und zum anderen denkt man so, oh Gott, eigentlich ist es ja immer schön, zu der neuen Generation zu gehören. Aber ich glaube, es ist einfach so. Wir können länger leben, Longevity hoch 15, aber wir können es nicht rückwärts leben.
Joel Kaczmarek: Du, ich weiß genau, was du meinst. Ich stand irgendwie in so einer kleinen Menschentraube mit Tom Bachem von der Code University, links neben mir Franjo Poth, gegenüber Franziska van Almsick und dann haben Tom und ich so Opa erzählt vom Krieg, Gespräche geführt, dass wir so meinten, ja, wir erinnern uns noch, als die ganzen Startups noch klein waren und wir haben mit denen teilweise in einem Bett geschlafen. Also es ist wirklich so, Hubertus von MyMuesli, Torben, mit denen habe ich in Betten gemeinsam gepennt. Da war das noch so richtig dirty und quick und früh.
Lea-Sophie Cramer: Vor allem, man wollte sich nie, also man ist irgendwo hingefahren, hat geguckt, wer ist sonst so da, ist mit der Bahn hin, hat sich ein Hotelzimmer geteilt. Also ich habe auch mit einigen die Betten geteilt, ohne dass jetzt da mehr passiert wäre, sondern einfach, man hat halt mit fünf, sechs in so einem riesen Ehebett übernachtet, weil man Kosten sparen wollte. Aber Tom Bachem fand ich ganz spannend, der ist eigentlich Schuld oder dem habe ich es zu verdanken, dass ich mit LinkedIn angefangen habe. Der hat beim Gründerball, wann war das, 2019, standen wir nebeneinander und er sagte, Mensch, ich habe jetzt hier 3000 Follower auf LinkedIn und so. Und dann meinte ich, ach, sehr spannend, wo kann man das denn überhaupt sehen in der Plattform? Und dann sind wir da so in meinen Account rein. und dann meinte er, ja, muss ich hier hinklicken und hier. Und dann hatte ich irgendwie 33.000 Follower. Und ich so, okay, wo kommen die denn her? Weil ich hatte irgendwie mal gepostet, Amorelie sucht Praktikanten oder so. Das waren meine Beiträge damals. Und dann war ich so, okay, krass. Und es war natürlich dadurch, dass Amorelie so wenig Werbung machen durfte, haben wir ja sehr stark auf Storytelling gesetzt. Also PR und Geschichten erzählen, Fernsehen und so alles, was wir halt machen durften. Und dadurch habe ich natürlich auch, irgendwie war ich eher in den Medien. Und da waren die Leute dann wohl bei LinkedIn mir gefolgt, wusste ich aber nicht. Und dann bin ich Ende 2019 raus und habe dann 2020, weil ich ja nichts mehr zu tun hatte, ich bin ja raus und wollte ein Jahr frei machen und wollte aber trotzdem irgendwo mich beweisen und irgendwas mal ausprobieren, habe ich dann gedacht, naja gut, dann gucke ich mal, was da auf LinkedIn so geht. Und deswegen, ja, habe ich Tom zu verdanken, dass ich da auf LinkedIn eine Stimme finden durfte.
Joel Kaczmarek: Ja, aber ich hatte gerade am Wochenende, war ich mit meiner Frau und meinen Kindern, waren wir wandern und dann waren wir im Grunewald-Turm in diesem Biergarten und dann saß ich da und dann stand auf einmal ein Typ neben mir, ich gucke hoch und dann war das Alex Hüseyin mit seiner ganzen Family. Das war auch so ein Moment, dann lässt sich wieder Revue passieren, welche Internet-Buch du früher mal kanntest und so. Aber gut, ich schweife hier ab. Wie ist es dir denn ergangen mit unserem Thema heute? Ich frage immer am Anfang gerne, wie schwer es den Leuten gefallen ist, fünf Dinge zu finden. Ist es dir ganz einfach gefallen? Hast du gleich zehn gehabt oder fiel es dir total schwer?
Lea-Sophie Cramer: Nee, ich fand es eher schwer. Also ich hätte viel, viel mehr gehabt. Und ich habe echt das Gefühl, das ist auch so eine Momentaufnahme. Also zuerst habe ich gedacht, ich muss jetzt die besten fünf Dinge finden, die ich mit 20 gebraucht hätte. Und ich glaube, es ist aber so, ich finde die besten fünf Dinge, die ich mit 20 gebraucht hätte, die ich jetzt in diesem Jahr halt Also nächstes Jahr werden das wahrscheinlich andere und übernächstes auch. Ich habe mir von Flo Heinemann und von Pip Klöckner ihre Resümees quasi angehört mit dir und ihre Interviews mit dir. Und das fand ich auch sehr spannend. Und da waren ein paar Sachen dabei, wo ich so dachte, yo, sehe ich auch so? Und dann waren ein paar dabei, wo ich dachte, nee, sehe ich wirklich ganz anders. Also es ist auf jeden Fall, merkt man daran, es ist hier keine Wahrheit, sondern die eigene Perspektive in dem jetzigen Moment.
Joel Kaczmarek: Ist ja auch irgendwie so ein Ding, schlaue Leute so wie du, die durchblicken das ja sehr schnell, dass das Momentaufnahmen sind oder manche sagen dann auch, ja, aber ich hätte ja gar nicht auf mich gehört, als ich 20 war, könnte ich jetzt in die Vergangenheit rennen und so und das ist dann auch ganz lustig. Aber es geht auch so ein bisschen darum, das Best-of an Wissen abzuleiten. Also es ist ja immer so eine Sache, Frauen nach dem Alter zu fragen, aber magst du sagen, wie alt du bist, also mit welcher Perspektive du zurückguckst oder sollen wir das rausschneiden? Klar!
Lea-Sophie Cramer: Ach, Quatsch, um Gottes Willen. Also ich habe überhaupt kein Thema damit, das zu sagen. Ich bin jetzt 37. Ich habe schon ein Thema damit, dass es so ist. Also ich weiß noch ganz genau, dass von meinem Ex-Partner die Schwester war, irgendwann war sie mal 30. Jetzt ist sie 40, aber irgendwann war sie mal 30. Und ich war auf jeden Fall noch in meinen 20ern und ich dachte damals so, wow, 30 ist ja so alt. Und jetzt gehe ich schon auf die 40 zu und denke mir so, um Gottes Willen. Das einzig Schöne daran ist, dass, ach, Dass das Leben so voll ist und dass alle anderen das auch mitmachen müssen. Das finde ich eigentlich beruhigend. Also dass keiner sich daraus entnehmen kann aus dem Spiel, sondern dass wir alle weiterziehen und du dieselbe Gruppe an Menschen dann halt mit 50, 60, 70, 80, 100 hast. Aber genau, ich bin jetzt 37.
Joel Kaczmarek: Okay, ist aber ein tolles Alter. Da kann man auch gut auf 20 zurückkommen.
Lea-Sophie Cramer: Ich mag's.
Joel Kaczmarek: Ich habe Angst vor der 60. Die finde ich gruselig. Also ab 60, dann denkst du so, okay, warte mal, wait a minute. Dann ist irgendwie so Halbzeit auch vorbei.
Lea-Sophie Cramer: Aber okay. Weil du schon mit 120 rechnest, ja? Weil bei mir ist es mit der 50. Weil bei mir ist so, ja, 100 kann ich schaffen. Aber wenn man jetzt den Longevity-Forschungen folgt, dann hast du in der Tat recht. Dann kann es auch 120 werden. Aber ich finde, 50 ist für mich eher so, wo ich so denke, puh. Aber jetzt habe ich eine 52-Jährige kennengelernt oder wieder getroffen und die sah so bombastisch aus und zwar jetzt nicht so vom Äußeren aussehen, sondern so von diesem inneren Strahlen. Das war der absolute Hammer. Da dachte ich so, okay, wenn ich so bin mit Ü50, ist alles gut.
Joel Kaczmarek: Lass uns mal rein starten. Was ist denn dein erster Punkt?
Lea-Sophie Cramer: Also, ich habe jetzt verschiedene Punkte und du hast ja, glaube ich, bei Pip immer gefragt, sind die privat oder beruflich? Und dann habe ich irgendwie gemerkt, dass man die bei mir gar nicht so richtig trennen kann, glaube ich. Und der erste Punkt ist einer, den ich ein Glück befolgt habe, aber immer, ich habe ihn befolgt und ich dachte aber, dass es sozusagen nicht richtig ist, das, was ich da mache. Und zwar ist mein erster Punkt, dass ich absolut meinem 20-jährigen Ich sagen würde, es ist vollkommen richtig, sich in das Fahrwasser inspirierender Menschen zu begeben. Also ein großes Beispiel, was mein Leben verändert hat, ist, ich hatte ja früher, ich habe an der Uni Mannheim BWL studiert, hatte einen Ex-Freund an der WAU zur gleichen Zeit und habe dadurch viel an der WAU abgehangen und auch die ganzen WAUler kennengelernt, die heute so die Startup-Szene auch mitgeprägt haben. Und habe dann bei BCG angefangen, also zuerst bei einem Startup, das hat nicht geklappt, das waren so quasi die Airpods, aber es war halt 2009. Und da waren die ganzen Komponenten, das hieß Music Drop, viel zu, also es hat lange gedauert, die aus China zu bekommen, die waren viel zu groß, die haben nicht reingepasst in sozusagen diese Airpods und es war einfach weit, weit vor der Zeit. und das habe ich relativ schnell gemerkt, war dann gelangweilt, habe gesagt, okay, dann nehme ich jetzt diesen Job von BCG an, der mir da im Praktikum angeboten wurde. Habe da angefangen und habe über mein WAU-Netzwerk dann Oli Samba kennengelernt, weil das mein erstes Projekt bei WCG war in der Nähe von München und da konnte ich den easy treffen. Und dann habe ich den getroffen und hatte dieses Lunch mit ihm und ich glaube, diese Begegnungen hatten ganz, ganz viele aus der Startup-Szene mit Oli Samba, dass du wirklich rausgehst und denkst, du wurdest gerade irgendwie vom Blitz getroffen.
Joel Kaczmarek: Ja.
Lea-Sophie Cramer: Es war sowas anderes als all das, was ich vorher so erlebt hatte, dass ich so dachte, okay, was war das denn? Und dann ging ich auch gleich mit dem Angebot wieder raus und dann habe ich drei Wochen locker gebraucht, um mich dafür zu entscheiden. Und mir hat mein ganzes Umfeld abgeraten, weil die meinten, Lea, du bist jetzt gerade bei BCG. Das ist sozusagen, wir wollten da, das war Finanzkrise, weißt du, das war 2010. Das heißt, ich hatte den Job bekommen… alle möglichen Kommilitonen von mir nicht. Das heißt, die meinten alle so, das ist so ein Privileg, das musst du auch nutzen, da musst du auch dankbar sein. Und du kannst ja jetzt nicht gehen zu einer Person, die damals noch keiner kannte und wo man auch nicht genau wusste, was daraus entstehen würde. Meine Eltern auch, mein Freund damals und so. Und ich bin so froh, und das würde ich jetzt im Nachhinein noch viel konsequenter machen, dass ich der Neugier gefolgt bin und nicht der meiner eigenen Überlegung, wie Arbeit sein sollte. Anstrengend, macht keinen Spaß. Du sitzt stundenlang irgendwo im Büro mit ganz, ganz vielen älteren Menschen, die irgendwie dir sagen, was du machen sollst. Du arbeitest dich über Jahre auf eine Position und dann die nächste hoch und so. Und deswegen muss ich echt sagen, und danach habe ich immer wieder mir es teilweise erlaubt und teilweise nicht erlaubt. Also ich habe jetzt zusammen gegründet, Tenmore Inn, zusammen mit Lia Grünhage. Mit der arbeite ich seit über zehn Jahren zusammen. Die ist im Jahr zwei zu Amorelie gekommen. Und auch da, ja, wundervolle Person. Während Amorelie waren wir nie befreundet. Wir waren immer in so einem Arbeitskontext, weil ich da halt total streng bin bei solchen Sachen. So diese Also ich wollte eigentlich immer sozusagen so private, berufliche Kreise trennen, das irgendwie ordentlich machen, professionell machen. Oder auch in Pitches. Bei Agenturen gab es Agenturen, die mochte ich einfach nicht. Also da waren Personen, die mochte ich persönlich nicht. Und ich habe trotzdem immer gesagt, nee, ich muss denen aber genau dieselbe Chance geben wie allen anderen. Ich muss die fair bewerten nach dem, was sie da liefern, egal, ob ich sie jetzt persönlich mag oder nicht. Und das alles würde ich echt noch viel konsequenter anders machen. Also dieses Thema Wenn du inspirierende Menschen um dich rum hast, sich in deren Fahrwasser zu begeben und das auch zu akzeptieren, egal was daraus wird, ob das Freundschaft wird oder whatever oder eine ewig lange Partnerschaft wie jetzt mit Sebastian Pollock, mit dem ich Amorli gegründet habe, das ist ja fast wie so eine berufliche Ehe, die wir da zusammen erlebt haben und wir können uns heute noch treffen und knüpfen genau da an. Also das ist so eine Bereicherung, mit Menschen zu arbeiten, die man wirklich schätzt und mag und von denen man gerne lernt. Und das würde ich, wenn ich jetzt meine Kinder vor mir hätte, würde ich denen sagen nach so einem Lunch, würde ich sagen, geh da hin, mach das. Versuch so nah wie möglich dran zu kommen. an diese Personen. Irgendwie wirst du mit diesem Fahrwasser auch so hochgespült, weil die einfach Dinge anders machen und dadurch lernst du, Dinge anders zu machen, anders zu sehen und dann wird das alles so ein bisschen besser. potenziert und ich weiß auf jeden Fall, dass das für mich, also ich habe ewig gebraucht für die Erkenntnis, dass das okay ist, dass ich es so gemacht habe. Das war ein Müh, der entschieden hat, dass ich es mache versus nicht. Ich weiß noch nicht mal, was es zum Schluss war, dass ich es gemacht habe, weil ich eigentlich beim absoluten Nein und ich muss hier den ordentlichen Weg gehen und ich muss erst mal Knecht werden bei BCG und da bin ich so sehr dankbar, dass ich da den Mut zur richtigen Zeit hatte.
Joel Kaczmarek: Ja, ist ganz interessant, weil als du eben gesagt hast Fahrwasser, habe ich erst gedacht, du meinst sowas wie inspirierende Biografien lesen oder denen mal auf YouTube folgen und denen so nacheifern. Also du meinst sozusagen Fahrwasser, meinst du wirklich mit den Leuten interagieren, die in dein Leben aufnehmen?
Lea-Sophie Cramer: Ja, genau, ja. Also wirklich, ich stelle mir das so vor wie so ein Tanker. Jetzt Olli sagt mal meinetwegen, der ist so ein Tanker hier im Müggelsee und dann räumt der da ordentlich was auf und nimmt auch ordentlich Welle mit. Und der hat so ganz viele kleine Boote, die in dem Fahrwasser halt sehr, sehr gut schwimmen können dahinterher. Und jetzt sind das ja teilweise unfassbare Tanker selbst geworden. Also ich meine, was aus Rocket Internet und aus den ganzen affiliierten Unternehmen geworden ist, ist ja der absolute Wahnsinn. Ich bin unglaublich dankbar, dass ich da ganz oft dieses Fahrwasser von inspirierenden Personen gesucht habe und dann auch dran geblieben bin. Auch Verena Paus, mit der ich den Fast & Curious Podcast mache und so. Das sind einfach wundervolle Menschen und das ist ganz toll, sich mit denen zu verbinden. und diese Glaubenssätze, die man selber hat zur Arbeit und wie sich Arbeit anfühlen würde, sollte Und was dann irgendwie professionell ist und dass man Freundschaft nicht mixen darf mit Beruflichem und so weiter. Das muss ich sagen, habe ich echt total überdacht. Also folg lieber Menschen. Also guck wirklich, welche Chefs hast du vor dir? Mit wem würdest du in der Tat arbeiten? Nicht nur die große Brand. Jetzt gab es gerade wieder so eine Studie. Was sind die Top-Arbeitgeber Deutschlands? Und das sind alles so Großkonzerne. Und da habe ich so gedacht, ja, also klar kannst du nach Marken gehen, kannst sagen, ich bin bei einem BMW, bei einem Porsche, bei einem Nike oder was auch immer. Ich glaube, es ist noch sinnvoller, wirklich zu schauen, wer sind die Personen mit denen und für die ich arbeiten würde? Weil in diesem Fahrwasser wirst du groß und die werden dich entweder stützen und fördern und dir unterstützen. Ideen mitgeben, die du so noch nicht hattest oder sie werden dich zurückhalten und einengen und eindämmen und deinen Eifer irgendwie eher runterhalten.
Joel Kaczmarek: Waldemar Zeiler hat neulich was Geiles zu mir gesagt, der meinte, es gibt irgendwie Untersuchungen dazu, deren Fazit dann lautete, you become the average of the five closest person you surround yourself with, so sinngemäß. Also du wirst quasi von den fünf bis sechs Personen, mit denen du am meisten Zeit verbringst, deren Persönlichkeitsdurchschnitt, davon übernimmst du sozusagen viel bei dir auf. Und das klang sehr plausibel, dachte ich mir so.
Lea-Sophie Cramer: Ich glaube, es ist plausibel. Ich muss sagen, ich habe den schon so oft gehört, diesen Satz, und jedes Mal kriege ich so ein Ick in meinem Hals davon. Und zwar deswegen, weil er, finde ich, so strategisch klingt. Also so meine five closest persons sind ganz viel auch meine Familie, meine engsten Freunde, die ich einfach richtig lieb habe. Also da denke ich überhaupt nicht daran, was geben die mir. Wie sehr formen die mich in eine bestimmte Richtung? Wie kann ich von deren Netzwerk profitieren? Sondern ich denke einfach, ich habe euch unglaublich lieb. Und deswegen finde ich diesen Satz immer so, wenn man ihn aufs Berufliche bezieht, finde ich ihn okay. Ich finde so fürs Leben fände ich es schade, danach zu gehen, wer kann mich am meisten weiterbringen, sondern weiterzugehen. Und ich finde, da ist es auch total schön, einfach Menschen zu haben, weil man sie einfach unfassbar gern hat. Ob die jetzt einem, weißt du, beruflich oder privat oder in neuen Feldern irgendwie weiterhelfen, finde ich da so ein bisschen irrelevant. Deswegen, ja, habe ich jedes Mal so ein bisschen so ein Ick bei diesem Satz. Aber ich würde sagen, beruflich stimmt der auf jeden Fall.
Joel Kaczmarek: Ja, ich bin da bei dir, ich hab den auch, also jeder deutet ja mal das eigene rein und für mich ging es eher so, dass ich sowas immer in der anderen Richtung eher deute, dass ich mir halt sage, guck nicht danach sozusagen, jetzt befreund ich mich mit jemandem, weil er mich weiterbringt, sondern im Gegenteil, ich guck dann eher so auf die Menschen, mit denen ich viel Zeit verbringe und hinterfrag dann immer, Sind da Leute dabei, die so Toxiker sind oder so eine Energiewampire? Weil ich glaube, jeder von uns hat so, weiß ich nicht, die alte Freundin, mit der man immer zwei-Stunden-Gespräche führt, wo man aber eigentlich merkt, hinterher fühle ich mich aber eigentlich so ausgelutscht. Das heißt, ich habe das so vor so einem Hintergrund gesehen. Und das, was du auch gerade gesagt hast mit der Olli-Samba-Geschichte, ist ja so ein bisschen nach so Say-Yes-To-Opportunities. Und was gibt denn sozusagen die Opportunität? Und bei dir war es jetzt quasi das Charisma der Person. Und was mich da mal noch interessiert ist, Wie hast du denn gelernt zu unterscheiden, wer sozusagen inspirierende Menschen sind, die dir auch gut tun? Weil gerade die Sphären, in die wir vorstoßen, da sind ja manche auch lunatic. Und ich meine, also wenn ich mich richtig erinnere, hast du für Samba hier in Japan die Groupon Deals mitbegleitet. Also der Typ ist ja auch ein bisschen irre gewesen an vielen Stellen. und da gibt es ja schon manchmal Menschen, wo du sagst, das ist zwar eine inspirierende Person, aber es muss nicht unbedingt eine sein, die mir gut tut. Weißt du, was ich meine?
Lea-Sophie Cramer: Ja, weiß ich total, was du meinst. Also ich würde sagen, die drei Jahre in Asien, ja, da haben wir ja ganz viel miteinander gearbeitet. Und da hat ja Olli auch de facto so keine Zeitzonen so richtig akzeptiert. Also ich war ja in elf Ländern unterwegs, weil ich VP Asia für Groupon dann war und die sozusagen geleitet habe. Und da sind ja unterschiedliche Zeitzonen, logischerweise, wenn du in Europa und USA dann auch nochmal bist, so unterschiedlich. Und wir haben einfach immer telefoniert, wann auch immer es gepasst hat. Ob das jetzt nachts war oder morgens oder mittags, das war völlig egal. Und deswegen war das jetzt sozusagen körperlich immer gesund, jeden dritten Tag im Flugzeug zu sitzen, kein Zuhause zu haben, einen Koffer über drei Jahre mit dir rumzuschleppen und so. Keine Freunde zu haben, weil in Taipei kannte ich einfach niemanden. Das heißt, ich habe da einfach auch nur gearbeitet. Weiß ich gar nicht so genau. würde ich es trotzdem noch mal genauso machen, auf jeden Fall. Also ich habe irgendwie das Gefühl, wir wollen gerade auch irgendwie alles gleichzeitig. Wie oft sagen wir plötzlich, Menschen sind Narzissten oder sind toxisch oder wir haben so ganz viele Diagnosen jetzt für Leute. Und ich denke mir so, jeder versucht das Beste, was er, sie kann. Und du kriegst nicht so diese Genialität, die bestimmte Menschen haben, Die kommt mit ein paar Kosten. Und für mich ist das okay. Und die Kosten sind, dass du nicht am Anfang gefragt wirst, wie war dein Wochenende? Oder dass viel Zeit da ist. Oder dass teilweise die Stimme lauter wird. Oder man sich anlegen muss mit der Person gegenüber. dass man für sich einstehen muss oder dass es auch uncomfortable ist oder dass gedroht wird, du wirst rausgeschmissen nach zwei Wochen, wenn du nicht performst und so. So würde man jetzt sagen, das ist heute ein gesundes Arbeitsumfeld, wenn man schon bei Antritt oder vor Antritt bedroht wird, dass man vielleicht wieder rausgeschmissen wird. Nein, da wären aber auch diese Sachen nicht draus entstanden. Also ich finde so Wenn es so wäre wie bei allen anderen, dann würde es dir Ergebnisse produzieren, die alle anderen auch haben. Und du willst ja was Herausforderndes und was Ungewöhnliches und was Besonderes machen und es fordert auch ein bisschen besondere Umstände. Deswegen bin ich nicht so, bei mir wird dann öfter mal, kriege ich das Feedback, ich habe eine Staccato-Kommunikation, wenn Druck aufkommt. So hat das eine Mitarbeiterin von mir mal genannt, Staccato-Kommunikation. Und jetzt habe ich ja eine Führungsakademie mit Tenmoren. Das heißt, ich sollte ja sehr gut führen können. Und das würde ich von mir auch behaupten. Aber bei dem Thema ist es so, ja, wenn Druck aufkommt, komme ich in eine Staccato-Kommunikation. Und ich kann es auch nicht anders lösen, weil ich habe eine Familie, ich habe zwei Kinder, ich bin jetzt gerade schwanger. Ich habe wirklich eine Patchwork-Familie, das ist komplex. Ich habe meine Eltern, wo ich mich drum kümmere, ich bin Einzelkind. Ich habe verschiedene Firmen und Podcasts und investiere und so weiter. Es ist einfach ein volles Leben. Der einzige Weg, wie ich durchkomme, wenn es richtig eng wird, ist, sehr, sehr engmaschig zu kommunizieren und nicht so viel Slack zu haben in den Phasen. Und ich finde das auch okay, dass es die Phasen gibt. Und dann gibt es wieder Phasen, wo ich sage, Joel, wie war dein Wochenende? Aber die ist halt nicht jeden Tag. Und ich habe manchmal so, gerade denke ich mir, ach, weißt du, wir wollen wahnsinnig erfolgreich sein. Wir wollen irgendwie wirtschaftlich aussorgen. Aber wir wollen auch früh gehen, um 16 Uhr, vier Tage Woche und Kinder sehen und dass das alles ausgeglichen ist und so. Und ich glaube, das ist einfach Du hast so eine Disbalance und dann versuchst du wieder in eine Balance zu kommen oder hast du wieder Disbalance und dann versuchst du wieder in eine Balance zu kommen und das ist wie so eine Ziehharmonika und so geht das hin und her, deswegen würde ich das gar nicht so sehr dementsprechend, wie du es gerade gefragt hast, unterscheiden. so ist es auch ein Arbeitsumfeld, was mir wirklich gut tut. Also ich frage mich ganz oft, ist die Bilanz unterm Strich positiv? Und ich habe ganz viele Projekte, die sind eher kaltes Wasser, so wie ich sie jetzt unterscheide. Warmes Wasser, kaltes Wasser. Und ich habe einige, die kaltes Wasser sind. Die sind schwer, die sind unangenehm. Ich bin nicht in meiner Komfortzone. Ich muss mich strecken und was lernen. Und die kosten mich auch was an Reisetätigkeit oder an Gedankenkapazität oder was auch immer. Und dann habe ich Dinge, die sind warm und die sind leicht und die geben mir vielleicht viel finanzielle Freiheit oder so. Aber zum Schluss gucke ich einmal das Balance-Sheet an sozusagen und gucke da drunter und sage, steht da eine Pluszahl, steht da eine schwarze Zahl? Und ich finde, wenn das so ist, dann würde ich immer wieder sagen, let's do it.
Joel Kaczmarek: Also was ich besonders gut fand gerade war dieses It comes with a price. Das unterschätzen ja viele Leute. Also ganz viele Menschen gucken halt auf Dinge rauf und sagen, ach das ist voll unfair, dass die Lea so sichtbar ist wie ich, das habe ich auch verdient. Und dann vergleichen die sich auf einer Achse, nämlich nur Sichtbarkeit, aber die 40 anderen Achsen, wie viel Zeit hat die investiert, ist die wirtschaftlich ins Risiko gegangen, investiert die in ihr Netzwerk und so weiter und so fort. Da wird sich halt nicht verglichen. und dann ist die Balance sozusagen gleich eine ganz andere und Ich weiß gar nicht, ob das sozusagen wirklich so ist, jeder Preis ist okay, solange was Schwarzes drunter steht, das glaube ich nicht, aber schon so unterm Strich, dass man, wenn man sich halt gut bei fühlt und man hat ein Ziel, dann nimmt man halt Kosten in Kauf.
Lea-Sophie Cramer: Jeder Preis, würde ich auch sagen, hast du recht, aber da wäre der Preis wahrscheinlich auch so hart rot und so hart im Minus, dass auch unterm Strich es ein Minus wäre.
Joel Kaczmarek: Was ist denn dein zweiter Punkt?
Lea-Sophie Cramer: Ja, mein zweiter Punkt ist so ein bisschen wahrscheinlich ein bisschen entgegen dem, was wir gerade gesagt haben. Und zwar ist, ich finde, es gibt einen schönen Satz, den hat der Frederik Harcourt von Cleverly mal gesagt. Und da hat er gesagt, Gründen ist ein Marathon, den die meisten Gründer sprinten. Ja, stimmt. Und da habe ich gedacht, Mensch, da ist richtig viel dran. Also ich habe zu spät begriffen, dass es ein Marathon ist. Ich habe wirklich bis, würde ich sagen, 35, also vor zwei Jahren, ich habe wirklich gedacht, mit 35 ist mein Leben irgendwie vorbei. Ich weiß auch nicht. So bis Mitte 30 dachte ich, muss ich jetzt alles beruflich geschafft haben. Ich weiß gar nicht, woher diese Überzeugung kam. Aber so vom Gefühl her war das so Es muss jetzt alles sein und dann auch noch Kinder und dann auch noch alles, alles, alles gleichzeitig. Und ich glaube, am Anfang war das auch gut und ich finde es auch total toll, mit 25 da richtig reinzubuttern und die Zeit, bevor man Mama, Papa wird, krass zu nutzen, weil das kriegt man einfach nie wieder, dass man so viel… Gas geben kann beruflich und das ist wundervoll. Und gleichzeitig ist es jetzt echt so, dass ich viel längere Linien im Kopf habe und das auch eine andere Ruhe mit sich bringt dann und eine andere Klarheit und aber nicht unbedingt weniger Ambition. Also ich will nochmal groß gründen, VC finanziert, Riesen-Hockey-Stick, was auch immer es wird, am liebsten im Climate-Tech-Bereich, mal schauen, eher mit 40. So, weil ich kriege jetzt noch mein Kind. Ich habe jetzt einfach dann, ich habe immer noch kleine Kinder sowieso schon, aber dann noch mehr. Und da ist die Familie einfach dran. Und dann ist mir so aufgefallen, es ist gar nicht schlimm leer, weil du kannst mit 40 auch noch gründen. Und auch so diese Überzeugung, dass alle Gründer jung sind, also dass das alles in den early 20s und 30s passiert. Nee, ich finde es unfassbar angenehm, ein bisschen mehr auf diese langen Linien zu schauen und zu gucken, bin ich hier in einem Track, der mich in eine Richtung, sag ich mal, leitet, in die ich will, wo ich mir vorstellen kann, langfristig wirklich beruflich mich auszutoben. Und das ist bei mir auf jeden Fall so, der Track ist der richtige Weg. Und was es dann genau werden wird, werden wir sehen. Aber es wäre jetzt Bananas in diesem Jahr auch noch zu gründen wieder neu. So, es ist einfach nicht alles drin oder beziehungsweise es hat dann auch wieder, wo wir vorhin waren, krasse Kosten. Und ich hatte ja 2018 mal einen Burnout mit einem Zweijährigen und einer drei Monate alten und Einem Unternehmen ohne meinen Mitgründer und 150 Mitarbeitern in einer superschweren wirtschaftlichen Lage. Gerade nach Verkauf, wo wir es ein bisschen überspannt hatten, den Bogen. Und ich es dann so ein bisschen alleine auflöffeln musste, die Suppe. Und das war eine echt harte Phase. Und ich muss sagen, da will ich nicht unbedingt noch mal reinkommen. Die kam vor allen Dingen auch dadurch, dass ich das Gefühl hatte, es ist alles jetzt. Weil ein Morgen gibt es nicht mehr. Es muss alles jetzt passieren. Und das, muss ich sagen, würde ich mir schon einen Ticken mehr wünschen. dass ich mir sagen würde mit 20 so, Lea, das ist eine ewige Zeit, die du jetzt vor dir hast. Also ewig. Und da kannst du einen Schritt machen und den nächsten und so, aber mach es so, dass du es durchhalten kannst. Also mach es so, dass du es körperlich und mental durchhalten kannst, dass es nachhaltig für dich ist. Und das habe ich am Anfang, das war eher so ein All-out. Also nach mir die Sinnflut. Ich habe auch keinen Sport mehr gemacht, nichts. Also es war total unnachhaltig. Ich habe auch schlecht gegessen, würde ich sagen. Das war einfach Es war einfach alles nur auf beruflichen Erfolg optimiert. und ja, das hat auch eine Klarheit und es hat sicherlich auch ein Glück ja funktioniert, aber es hat auch richtig viel gekostet.
Joel Kaczmarek: Das komische ist, wahrscheinlich kriegt den Satz irgendwie jeder Gründer mal zu hören. Bei mir war es Kolja Hebenstreit, der immer zu mir kam und meinte immer, Alter, das ist ein Marathon und kein Sprint. Und wenn man mal in diesem Bild bleibt, eine Person läuft einen Marathon über so eine Strecke, man hat ja trotzdem so Unternehmerparanoia. Also man hat ja so das Gefühl, man kommt nicht schnell genug von der Stelle raus. Also so ein bisschen das Rennen gegen die Uhr oder du hörst so den Atem deines Wettbewerbs im Nacken. Also ich habe das heute noch. Wenn ich irgendein Feature gebaut habe, baue ich schon das Übernächste im Kopf, weil ich denke, das wird mir gleich vom Markt so wegdisrupted. Und das ist so total unmerkbar, weil dann gehst du so in den Fluchtmodus, ja, dann rennst du halt, obwohl du weißt, ja, okay, 42, irgendwas Kilometer. Ist jetzt nicht so eine schlaue Idee, vor dem Typen in meinem Nacken wegzurennen. Ist ganz komisch, also Kann ich total nachvollziehen. Ich kann es aber auch nicht so richtig erklären. Hast du für dich Hebel gefunden, wie du das erkennst, wenn dir das passiert und was du abstellst, damit das sozusagen aufhört?
Lea-Sophie Cramer: Also ich habe auf jeden Fall gefunden, dass ich ein Mensch bin, der sprinten will dazwischen. Also ich will nicht nur im Dauerlauf rennen und im Marathon, sondern ich will dazwischen sprinten. Und das finde ich auch okay, weil ich liebe dieses Momentum, was das erzeugt. Also wenn so das ganze Thema an einem Strang zieht, wenn du ganz, ganz schnelle Antworten kriegst, wenn alle das Gefühl haben, jetzt geht es um alles. So, das mag ich unfassbar gerne. Und danach brauche ich aber wieder Pausen, weil langfristig ist es dann doch eher ein Marathon. Also das ist zum einen so, ich wollte den Sprint nicht rausschmeißen jetzt, sondern eher dagegen auch was setzen, eine andere Phase dagegen setzen. Und dann so was, so woran merke ich es? Also doch, würde ich schon sagen, ich merke auf jeden Fall, wenn ich wieder in diesem Modus bin, dass mir, wenn ich mir mein Leben angucke, dann sind eigentlich alle Sachen, die da drin sind, Und es ist echt ein Privileg, das sagen zu können, toll, finde ich. Also natürlich habe ich herausfordernde Themen, wir hatten ganz viele Gesundheitsthemen und so, die sind alle nicht toll. Aber jetzt mal so von den Sachen, die ich selber aussuche, die sind total toll, die mache ich unfassbar gerne. Und ich merke es immer dann, wenn ich sozusagen denke, oh Gott, jetzt muss ich das, oh Gott, jetzt muss ich das. Und dann gucke ich mir die Sachen an und denke mir, auf jede einzelne Sache habe ich mega Lust. Aber anscheinend ist es gerade wieder so viel, weil wir wieder in so einem Sprintmodus sind, dass ich mich nicht mehr erfreuen kann in den Sachen, weil es nur noch ein Wegschaffen ist und ein irgendwie Durchrennen. Und wenn du sprintest, kannst du halt die Aussicht eh nicht angucken. Und da merke ich dann immer, gut, ich muss es wieder zurückfahren. Was schade ist, ist, wenn ich das dann realisiere, dauert es locker drei Monate, sechs Monate. bis du deine Projekte ja wieder so eingefangen kriegst. Also du hast ja ganz viel angeschoben, du bist schon im Sprint. Du kannst nicht von jetzt auf gleich aufhören und dich hinsetzen meistens, sondern du musst dann so ein bisschen auslaufen erst mal. Und das hat meistens so eine Verzögerung. Und dadurch ist es immer noch, finde ich, schwer zu managen. Aber mich beruhigt es auf jeden Fall total, dass zum Beispiel dieser Wunsch des Gründen, da habe ich so gedacht, okay, entweder jetzt oder nie. Und dass das halt einfach nicht stimmt, sondern dass ich mir denke, du kannst komplett gründen und den Traum darfst du auch weiterhin haben, nochmal einmal groß mit Fremdfinanzierung und so weiter zu gründen, aber halt nicht jetzt, sondern in drei bis fünf Jahren.
Joel Kaczmarek: Jetzt hast du ja eben auch was eigentlich sehr Intimes erzählt. Ich ertappe mich dabei, ich glaube in unserer Branche hat das wahrscheinlich fast jeder schon mal durch. oder viele kennen das Thema Burnout, was du gerade skizziert hast. Beschäftigt ja vielleicht viele Menschen da draußen. Was war denn so dein Pfad da raus? Also du bist ja jetzt so, hast ja gerade beschrieben, ein Dreijähriger und ein Zweimonatiger, Company alleine, 150 Mitarbeiter, Druck bis der Arzt kommt. Wie bist du denn aus dem Loch wieder rausgekrochen?
Lea-Sophie Cramer: Also ich hatte ein ganz oder zwei, sag ich mal, zwei große Glücksfälle in dieser Phase. Das eine war, wir hatten eine Coach reingeholt, so ein halbes Jahr vorher, um mit dieser Transition, um mit dieser Veränderung von zwei Gründern auf einen Gründer sozusagen besser klarzukommen, die besser zu managen. Und der hatte ich so ein bisschen meine Symptome erzählt. Und das hatte ich auch schon ein halbes Jahr gehabt, die Symptome. Und das hat aber keiner erkannt, weil ich war einfach noch voll da. Ich war total aktiv. Alle diese Symptome waren eher im Stillen. Aber ich habe auch mit Freunden darüber gesprochen und es hat irgendwie einfach, man hat mit so, das heißt ja Erschöpfungsdepression, Burnout, also mit Depressionen verbindet man andere Menschen als jetzt mich damals. Und da hatte ich das große Glück, dass sie das erkannt hat, weil sie zehn Jahre vorher schon Burnout hatte und meinte, Lea, das sind so klassische Symptome und da solltest du mal zu einer gehen, die sowas diagnostizieren kann. Und dann bin ich da hingegangen Und die Frau hat gesagt, ja, das ist in der Tat ein Burnout. Und dann hat sie gesagt, du kannst jetzt eine langfristige Therapie anfangen oder du gehst in so eine Tagesklinik. Da lässt du dir jetzt sofort helfen, da gehst du jeden Tag hin. Und da ich ein Mensch bin, der da schon sechs Monate drin war, also mir ging es schon echt nicht so gut. Und ich habe auch richtig Angst bekommen, dass das so bleibt. Und ich helfe mir wirklich gerne. Also ich bin überhaupt nicht so, dass ich gerne leide, sondern wenn ich irgendwas sinnvoller machen kann, dann mache ich das sofort. Ich lerne total gerne. Das heißt, ich habe sofort gesagt, okay, dann gehe ich jetzt lieber raus und bin hier in Berlin-Mitte, die heißt Fliegnerklinik, in so einer Privatklinik, habe ich auch privat gezahlt, weil die hatte meine Kasse, das hätte Monate gedauert und da wäre ich schon viel tiefer drin gewesen. Und bin drei Wochen dahin anstatt in den Job. und das war toll, weil ich hatte Kinder und morgens habe ich die zur Kita gebracht, bin dann dahin und kam dann abends wieder, als wäre ich beim Job gewesen, war ich aber nicht. Und habe dann da wirklich so intensiv Therapie, Gruppentherapie und irgendwie verschiedene Strategien gelernt. Und es war mit eine der besten Erfahrungen meines Lebens, weil es einfach mein ganzes berufliches, zukünftiges Leben verändert hat und das, wie ich so auf die Welt blicke und auf mich selber. Und das war, glaube ich, mein Weg. Also das heißt, ich kann gar nicht so richtig gut sagen, wie kriegt man sich selber raus. Ich glaube, meine Hauptempfehlung ist, sich professionelle Hilfe suchen. Weil ich hätte es, glaube ich, selber nicht gewusst und auch nicht, das hätte viel länger gedauert, da wäre ich schon viel tiefer drin gewesen. Je tiefer man drin ist, desto schwerer ist es, rauszukommen. Also da ist Zeit wirklich Freund oder Feind. Und ja, da können einfach Menschen helfen. Und da würde ich auch dann eher sagen, investiert das Geld. Worst case, wenn ihr es selber zahlen müsst, ist das lieber so. Dafür arbeiten wir so viel, dass wir uns sowas dann leisten können, wenn wir da Hilfe brauchen und die Kasse halt nicht bereit ist, vor sechs Monaten das zu zahlen. als da noch tiefer drin zu sein. Und jetzt muss ich einmal sagen, weil echt viele damit Themen haben. Ich glaube, das ist bis heute mit einer der meistgeklicktesten LinkedIn-Beiträge gewesen. Ich habe da auch nur einen drüber geschrieben, aber es haben irgendwie knapp drei Millionen Menschen sich, glaube ich, jetzt angeguckt. Ich habe Tausende von Nachrichten bekommen von Unternehmern, von Managern, von Führungskräften aller Art, die dieselbe Erfahrung hatten. Und ich glaube, für mich, was mich damals so beunruhigt hat, war so, gibt es ein Leben danach? Also sozusagen Kann ich wieder zurückkommen zu der Freude, zu der Begeisterung, zu dem, weil das Verrückte ist, die Menschen, die in Burnout fallen, das sind meistens Menschen, die von sich sehr viel fordern, die sehr viel leisten wollen, die einen hohen Anspruch an sich haben. Also es ist nicht so, dass das Leute sind, die sozusagen weniger Gas geben, sondern meistens Menschen, die richtig viel von sich verlangen. Und das war meine große Angst. Kann ich zurückkommen? Und das kann ich jetzt echt sagen, es war 2018, jetzt ist es 2024. Das geht zu 100 Prozent. Also ich habe ein schnelleres Ampelsystem, sage ich mal. Meine Ampel schlägt schneller an. Ich merke ganz extrem, wenn die von grün auf gelb oder von gelb Richtung rot geht. Und da greife ich sofort zum Hörer und rufe meine Therapeutin an und sage, hey, ich möchte es einmal sagen, ich brauche jemanden, der Accountable gerade mit mir ist. So, das ist gerade wieder eine schwierige Phase. Und das ist für mich völlig okay. Und unabhängig davon habe ich keinerlei Probleme. Erscheinungen, die geblieben sind. Ich liebe die Arbeit wie vorher. Ich arbeite genauso gern, genauso viel, genauso fröhlich, genauso intensiv. Außer, dass ich natürlich mich ein bisschen mehr in Check habe. Also das schon. Es ist ein bisschen gesünder geworden, sage ich mal, von Ernährung, Sport und der Balance, die sonst so im Leben auch ein bisschen gefehlt hat.
Joel Kaczmarek: Ich kann das total nachvollziehen, weil es fühlt sich manchmal an wie Zustände, die nicht mehr weggehen. Man hat ja so Kompensationspfade, jeder Mensch. Und wenn du dann aber in so einer Situation steckst, wo du morgens aufwachst und bist schon morgens nach dem Aufstehen müde und alle und leer und ausgepumpt oder traurig. Also ich vergleiche das immer, wie wenn man in so einen Abgrund reinschaut. Das ist so richtig tiefer, tiefer, indem man da guckt. Deswegen kann ich es total verstehen und ich bewundere dich ja dahingehend, ich habe vor Tageskliniken hatte ich immer Schiss, die fand ich irgendwie immer spooky, weil da habe ich mal gedacht, okay, dann ist es amtlich, weißt du, dann ist es so.
Lea-Sophie Cramer: Joel, ich bin am ersten Tag rausgegangen, ich habe wirklich meine Mutter angerufen, geweint, halb gemeckert, also ich habe wirklich…. Ich so, ich kann hier nicht bleiben, um Gottes Willen. Ich bin hier mit Hinz und Kunz, sitze ich in so einem Morgenkreis, so heißt der auch, wie in der Kita, ja, Morgenkreis um 9 Uhr und erzähle sozusagen von meinen Problemen. Und da wollte ich wirklich schon wieder gehen und war so, das halte ich nicht aus. Und dann sind da ja auch sehr unterschiedliche Menschen. Also man muss ja echt sagen, ich habe am Anfang das krass abgewertet und ein Glück, die Menschen dann kennengelernt. Und die sind teilweise einfach in einer Behörde, Behördenmitarbeiter, die sicherlich nicht so ein volles Leben hatten wie meins. Und das habe ich am Anfang auch so, dürft ihr überhaupt ein Burnout haben? Was ja schon eine Frechheit ist als Gedanke, aber der kam mir trotzdem. Und ein Glück habe ich diese Menschen dann kennengelernt und habe gemerkt, wir haben alle eine unterschiedliche Belastungsgrenze. Und wenn die überschritten ist, dann hat diese Person in der Behörde genau dieselben Symptome wie ich. Und meine Belastungsgrenze ist einfach eine andere. Aber wir sind genau gleich und uns geht es genau gleich schlecht. Und deswegen können wir uns auch genau gleich gut helfen. Was Wahnsinn ist, weil die hatten ja mit meinem Leben null Überschneidungspunkte. Da war auch so ein Star-Anwalt mit mir gleichzeitig. Der hatte wahrscheinlich noch mit am meisten Überschneidungspunkte, aber versus allen anderen gar nichts. Und das ist schon echt eine krasse Erfahrung. Auch das Wort Tagesklinik kann ich total verstehen. Das hat auch alles Mögliche bei mir ausgelöst. Aber wir hatten dann an demselben ersten Tag, wo ich wieder gehen wollte, hatten wir Kunsttherapie. Das hat bei mir auch schon alles Mögliche ausgelöst. Da habe ich schon gedacht, um Gottes willen. Wer kriegt mich hier wieder raus? Ist der Horror? Und da weiß ich aber noch wie heute, dass wir in dieser Therapiesitzung saßen und wir sollten alle ein Bild malen, warum wir da sind. Und da waren dann, die Bilder hängen dann alle an der Wand und da waren irgendwie Felder und Wiesen und Kinder und Menschen und alles Mögliche. Und bei mir war einfach, mir ist kein Bild eingefallen. Also mir ist wirklich einfach, und das klingt jetzt so witzig, aber mir ist wirklich kein Bild mehr eingefallen. Mir ist nichts eingefallen, was ich hätte malen können. Also habe ich sozusagen die Umsatzkurve von Amorelie gemalt über die letzten so fünfeinhalb Jahre, weil die konnte ich quasi, die hatte ich so oft auf Slides gemalt, die konnte ich auswendig. Und dann hing mein Bild da so zwischen diesen ganzen Landschaftsbildern und Kinderbildern. Und dann dachte ich so, jo, da bist du, glaube ich, hier doch ganz gut beraten, wenn du hier bleibst. Und ja, dann hat es sehr viel geholfen.
Joel Kaczmarek: Ich kann mir das total gut vorstellen. Ich habe von meinem Coach Stefan Lammers, den habe ich irgendwann mal angerufen und gesagt, Stefan, ich saß heute im Podcast und ich glaube, ich werde nicht alt. Ich sterbe früh, weil ich zu viel mache. Dann habe ich angefangen zu heulen. Dann hat der mir so einen Typen gesagt, Zentrum für seelische Gesundheit in Berlin. Und manchmal musste ich dann auf den Therapeuten warten. Das war einfach nur eine Therapiestunde, einmal die Woche oder sowas. Und ich habe die auch privat gezahlt. Mein Learning war ehrlich gesagt, dass die Privaten meistens besser sind als die Kassen, aber kann auch falsch sein. Und dann saß ich so in dieser Küche, warte, dass ich einen Termin kann und gucke mich so um und da waren überall an den Wänden, die hatten so eine Art Holzspalier, da standen so diese Bügelperlenbilder drauf. Kennst du das, wenn man so Perlen steckt und dann bügelt man die?
Lea-Sophie Cramer: Ja, kenn ich. Hab ich mit meinen Kindern schon gemacht. Ja.
Joel Kaczmarek: Und das waren so deren Dinger und ich hab die voll bewundert, weil ich, okay, Lars Bart Simpson, das, das, das, das und dann kamen manchmal diese Gruppen von Menschen rein und ich weiß noch, da war eine Frau, die war total hübsch und die hielt sich dann so mit mir und war ganz freundlich und mir hat das mal voll die Paranoia gemacht, weil ich immer sagte so, okay, fuck. Wer weiß, was mit der nicht stimmt. Das ist ja hier the real shit. Vielleicht steckst du dich damit noch an. Oh Gott, das ist schon lächerlich, sowas zu erzählen. Aber das sind die irrationalen Ängste.
Lea-Sophie Cramer: Aber es ist so, mir ging das auch so, dass ich so dachte, oh Gott, das ist ja hier, so man fühlt sich halb in der, jetzt mal ein ganz freches, schlimmes Wort, Klapse. Das ist das, was du als Kopfkino da laufen hast. Und ich meine, da merkt man schon, wie wir alle konditioniert sind. Weil es sind einfach mentale, gesundheitliche Herausforderungen. Wie wir uns halt auch ein Arm oder ein Bein brechen oder irgendwie Unsere Stimme halt wehtut nach drei Tagen OMR und das halt seelisch. Es ist gar nicht so verrückt, aber ja, es braucht auf jeden Fall ein bisschen Mut am Anfang, sich da reinzuwagen.
Joel Kaczmarek: Aber du hast schon recht, die Anamnese für einen gebrochenen Fuß kannst du bis ins kleinste Detail, was in deinem Kopf passiert, was ja eigentlich den Großteil von deiner Person auch ausmacht, ist irgendwie so unterrepräsentiert. Eine Frage habe ich noch zu dem Punkt, bevor wir zu deinem dritten kommen. Hast du beim Thema Burnout einen Zusammenhang festgestellt mit Selbstwertgefühlen?
Lea-Sophie Cramer: Also wahrscheinlich würden jetzt die Experten sagen, da gibt es auf jeden Fall einen Zusammenhang. Ich würde sagen, bei mir war das hauptsächlich und den Zusammenhang habe ich festgestellt. Ich habe seitdem so eine Mindmap, die mache ich auch jedes Jahr veröffentlich, die auf LinkedIn einfach for free zum PDF-Download, von so deinen Lebensbereichen. und wie viel Zeit verbringst du mit welchen Lebensbereichen und wie wichtig sind die dir eigentlich? Und das war meine Hauptkorrelation mit dem Burnout, dass einfach neben Arbeit dieses ganze Thema Familie, Sport, Freunde, Fun, Hobbys, alles mögliche, Finanzen, sich um die eigenen Finanzen kümmern und so, da war einfach nichts mehr, so auf diesen ganzen anderen Bereichen nicht. Und das war, glaube ich, die Hauptkorrelation, die ich festgestellt habe. Und ja, sicherlich dadurch auch ein, also deswegen wahrscheinlich stimmt das total, was du sagst, ein Selbstwert, der zunimmt. komplett genährt wurde von der Arbeit. Und wenn es dann halt im Job nicht mehr läuft und du eh das Gefühl hast, meine Kinder müsste ich sowieso mehr sehen, bei meinen Eltern müsste ich mich eigentlich auch mehr melden, meine Gesundheit gibt es schon eine Weile nicht mehr, dass ich mich darum überhaupt kümmere, dann fällt natürlich, wenn du dann in einer beruflichen Herausforderung bist, dann ist da nicht mehr so viel, was so deinen Selbstwert stützt und hält wahrscheinlich in der Phase. Ja.
Joel Kaczmarek: Ich könnte es noch vertiefen, aber wir wollen ja deine anderen Punkte noch kennenlernen. Was ist dein dritter?
Lea-Sophie Cramer: Also mein dritter ist, ich habe letztens sprechen dürfen mit dem Professor Christoph Seckler und ich habe öfters schon über so Fehlerkultur nachgedacht und wie wir in Deutschland eigentlich mit Fehlern umgehen in den verschiedenen Unternehmen und warum ich bisher in meinem Leben die Dinge so machen konnte, wie ich sie gemacht habe, obwohl die Fallhöhe ziemlich hoch war. Also wenn du mit 25 versuchst, einen Premium-Sexshop zu gründen, Und damit scheiterst, ist das in Deutschland schon richtig, richtig schlecht für dich. Also da kannst du dann bei Siemens und SAP und BASF, was so die Firmen waren, die in meinem Kontext in Mannheim halt irgendwie an der Uni Mannheim relevant waren, kannst du nicht mehr so gut ankommen. Und da ist mir aufgefallen, dass mein Umgang mit Fehlern ein anderer ist, als viele andere Menschen das so leben. Und Da bin ich ganz dankbar, dass ich das so gemacht habe. Das würde ich gerne noch mehr so machen und auch noch mehr andere motivieren, da anders mit umzugehen. Und ich habe von dem Christoph Seckler eben genannt, eine wunderschöne Definition gelernt zu so Fehlermanagement-Kultur. Und er meinte Also der Umgang mit Fehlern ist eigentlich bestens möglich, wenn du zum einen deine Selbstwirksamkeit nutzt. Also sozusagen Fehler sind dann ganz schlimm, wenn du quasi so ein bisschen die Hoffnung verlierst, dass du gegen das, was du tun kannst. Oder wenn du das Gefühl hast, es wird so übermächtig, dass du da gar nicht mit agieren kannst. Und deswegen ist da Selbstwirksamkeit richtig wichtig. Und der zweite Punkt, der wahnsinnig wichtig ist im Umgang mit Fehlern, ist Demut. Und dann hat er mal Demut, und das ist ja so ein Wort, was wir nie nutzen in Deutschland, ja, Demut. Und man denkt auch, das ist so was Unterwürfiges, ne? Also so, ich bin demütig, deswegen bist du sozusagen über mir hierarchisch und so. Und er hat das dann mal so definiert, das Wort Demut. Und da hat er gesagt, das ist Also zum einen die Bereitschaft, sich selbst richtig einzuschätzen, was ich total spannend fand. Also so nicht, dass du dich richtig einschätzt, sondern die Bereitschaft, dass du dich richtig einschätzt. Also dass du versuchst, dich selber richtig einzuschätzen und deine eigenen Herausforderungen und die Stärken. Das Zweite, dass du wertschätzend gegenüber anderen bist. Und das Dritte, dass du lernbereit bist. Und das sind so die drei Zutaten von Demut. Und da habe ich wirklich nochmal so gemerkt, dieses Thema Fehlerkultur und so ein Fehlermanagementmindset, so wie er es nennt, der ist so ein bisschen so ein verkopftes Wort. Das hätte ich mir gerne mit 20 schon gesagt, weil ich auf jeden Fall Phasen hatte, wo ich Fehler gemacht habe und mich da ganz, ganz doll für selber runtergezogen habe. Also ich habe mich da fast sozusagen selbst für bestraft. Es ging gar nicht so sehr darum, ob das andere so stark mitbekommen haben oder ob es jetzt mein Chef so stark mitbekommen hat, sondern ich habe mich selber einfach richtig geknebelt danach, nach so diesen Fehlern. Und es hat sicherlich dazu geführt, dass ich dann weniger gemacht habe. Das ist auch gut. Aber es hat auch dazu geführt, dass man wahnsinnig hart und bitter mit sich selber wird. Und das ist nicht so angenehm. Und jetzt versuchen wir, das echt anders zu lernen und auch zu leben. Und ich habe absolutes Gefühl, das kam ja auch aus dieser Google-Studie, psychologische Sicherheit. ist sozusagen der Nummer eins Indikator für Effectively Performing Teams. Also wenn du ein Team haben willst, was richtig gut performt, brauchst du psychologische Sicherheit. Und das ist nicht nur, ich komme in meinem ganzen Selbst zur Arbeit, sondern es ist vor allem die Sicherheit, dass du für Fehler nicht gelüncht wirst. Also dass Fehler angesprochen werden dürfen und akzeptiert werden dürfen und so. Und deswegen glaube ich, dieser krasse Fokus auf Fehler, was ich versuche, auch jetzt mit meinen Kindern ganz doll zu machen. Also da merkt man es auch, wie sehr die sich runterziehen, wenn du da zehn Englisch-Vokabeln lernst. Und dann machst du schon mal zwei falsch. Und ich mache halt immer, neben die, die toll sind, mache ich einen Haken. Wenn man die zweimal richtig hat, werden sie durchgestrichen. Und bei den Fehlern mache ich kein Kreuzen. Sondern ich mache ein Smiley hin. So, cool, da können wir noch was lernen. So, das sage ich dann auch. Cool, guck mal, hier können wir noch was lernen. Wie toll. Und es ist wirklich, wenn du nicht bereit bist, Fehler zu machen, kannst du nichts Neues lernen. Und das merkst du so krass mit Kindern. Wenn es nicht okay ist, Fehler zu machen, Dann trauen sie sich nicht, irgendwas Neues zu lernen. Ich muss sagen, das hätte ich mir gewünscht, dass ich da einfach noch früher noch viel radikal akzeptierender gewesen wäre mit mir selber. Dass es nur durch Fehler und Feedback geht.
Joel Kaczmarek: Da steckt ja ganz viel drin. Also ich erinnere mich, eine Zeit lang musste ich jeden Abend Yoga machen, weil ich so gestresst war, dass mir tagsüber vom Essen schon immer schlecht wurde. Und dann hatte ich irgendeinen Fehler gemacht. Ich hab ernährungstechnisch den Griff gekriegt, aber ich weiß noch ganz genau, ich war in meinem Schlafzimmer, weil die Kids wahrscheinlich geschlafen haben, machte Unterarmstütz, um den Rücken zu trainieren und so weiter und so fort. Dann saß ich so da und dachte, was bist du eigentlich für ein Vollidiot? dass du einen Fehler machst und dich selbst noch über dich selber ärgerst. Das heißt also, du raubst dir deine eigene Energie aus etwas heraus, was dir eigentlich was beibringt. Und wer glaubt denn bitte an dich, wenn nicht du? Da hab ich schon angefangen zu lachen über mich selber, wie bekloppt ich bin. Manchmal braucht man ja solche Momente. Ich weiß noch genau, was du meinst, ich hab neulich so einen Short von George Clooney gesehen, der meinte, you learn nothing from success, you only learn from failure. Da hab ich gedacht, ja, hat er auch recht. Also keiner will, glaube ich, in so einer Scheitersituation verharren oder da sein.
Lea-Sophie Cramer: Aber es stimmt, ne? Eigentlich stimmt es. Ich habe mal von Sarah Blakely, der Gründerin von Spanx, ein Interview gesehen und da hat sie erzählt, dass ihr Vater immer, wenn sie nach Hause kam von der Schule, gesagt hat, how many mistakes did you do today? Und dann hat sie erzählt, wie viele Fehler. Und wenn sie nicht genug Fehler gemacht hatte, dann hat er gesagt, Mensch, da hast du dich aber nicht rausgewagt heute. Da hast du aber nicht viel Neues probiert. Und das finde ich so. dieses, natürlich wollen wir das jetzt nicht feiern. Wir wollen auch nicht Fehler machen. Es macht auch keinen Spaß, Fehler zu machen. Es geht jetzt nicht darum, das sozusagen umzudrehen. Aber schon diese Angst davor und vor allen Dingen auch, glaube ich, in Deutschland diese Scham und diese Schelte und diese, sag ich mal Ja, so Schuld, die wir dann empfinden, wenn wir einen Fehler gemacht haben und auch noch denken, dass die ganze Gesellschaft darauf guckt und so weiter. Das so mehr und mehr irgendwie versuchen für sich so ein bisschen umzudeuten, das glaube ich ist was sehr Befreiendes und führt dazu, dass wir uns ein bisschen mehr trauen und ein bisschen mehr Innovationen wagen können. und ich glaube, das ist was, was Wir jetzt total brauchen, was ich auf jeden Fall meinem 20-Jährigen ich auch gewünscht hätte, da lockerer mit mir zu sein und nachgiebiger und irgendwie netter.
Joel Kaczmarek: Da hast du total recht. Also ich glaube, Erfolg und Risikobereitschaft gehen halt oft Hand in Hand. Und wenn du halt keine Fehler machst, bist du nicht genug Risikoeingang, weil dann kannst du die Situation kontrollieren. Und bei den German Startup Awards, ich saß halt mit Franzi von Almsick länger zusammen, das ist ja so eine Heldin meiner Kindheit, ja, ich finde die auch cool. So cool. Und dann meinte sie so, ja, was ist eigentlich mit Deutschland los? Wir orientieren uns nur noch an den Schwächsten. Wir haben irgendwie angefangen…. den Kindern, wenn sie verloren haben, beim Sport beizubringen, du hast nicht verloren, guck mal, da steckt auch ein Sieg drin und es geht um die Teilnahme und wir nennen es jetzt nicht mehr Siegerurkunde, sondern, was weiß ich, Urkunde bei den Bundesjugendspielen. Was für ein Scheiß.
Lea-Sophie Cramer: Keine Ehrenurkunde mehr, nur noch eine Teilnahmeurkunde. Ja, guck, oder so. Ja, ganz schlimm. Und Joel, da habe ich ja wirklich gedacht, weil ich war so eine, ich war früher leider nicht sportlich, weil in meiner Familie wurde kein Sport gemacht, da wurde nur gearbeitet. Und deswegen, ich habe das nie so richtig hingekriegt, außer jetzt mit Ü30. Aber so früher habe ich es einfach nie richtig hingekriegt. Das heißt, für mich waren Bundesjugendspiele ganz, ganz schlimm. Aber ehrlicherweise ein Glück. Weil ich war total gut in der Schule und da habe ich schon genug Credits für bekommen. Und dann brauchst du auch mal Leute, die einfach beim Sport krass gut sind und Gas geben. Und es braucht auch eine Lea, die dann halt keine Ehrenurkunde oder sowas bekommt, sondern halt nur eine Teilnehmerurkunde und sich total schlecht fühlt. Weil es ist auch ein total wichtiges Learning. Also bitte lass uns nicht an den Schwächsten sozusagen unseren Standard ausrichten und damit allen anderen auch so den Erfolg nehmen und auch so das So diese Selbstwirksamkeit, ja, und dieses Gefühl von gucken wir, was ich hier kann. Ich meine, das ist doch so wichtig. Deswegen Franzi von Eimsick ist ein absoluter Knaller. Jedes Mal, wenn die redet, ich könnte ja immer alles mitschreiben. Ich finde das so toll, wie die reden kann und wie ehrlich und wie bodenständig das ist. Ja, und da kann man sich echt eine Scheibe von abschneiden.
Joel Kaczmarek: Das Lustige war, ein paar Tage später kam mein Sohn zu mir und meinte, Papa, heute bin ich richtig beschissen geschwommen. War richtig schlecht beim Schwimmen. Wo ich auch dachte, ja, lustiger Zufall eigentlich. Dann meinte ich so, ja, aber das macht ja nichts zum Verlierer. Ich habe da mal was Cooles gelernt. Weißt du, wann man eigentlich verloren hat? Dann meinte er, nee, wann denn? Nicht, wenn du schlechter warst als die anderen, sondern wenn du schlechter warst als dein eigenes Selbst gestern. Also wenn du sozusagen keine Entwicklung bei dir selber hast, dann fängst du an zu verlieren. Dann kannst du dich ärgern, dann kannst du aber bis dahin, Hast du heute kacke performt, hast du aber fünf Sachen gelernt, die du morgen besser machen kannst.
Lea-Sophie Cramer: Absolut. Oder wenn du gar nicht erst angetreten bist. Ich finde, das ist eigentlich das Größte verlieren. Wenn du so viel Angst vorm Versagen hattest, dass du es gar nicht erst gemacht hast. Ich meine, damit hast du wirklich dann gar nichts gelernt. Das ist eigentlich das Schlimmste.
Joel Kaczmarek: So, drei haben wir, wenn ich mich nicht verzehrt habe. Was ist dein vierter Punkt?
Lea-Sophie Cramer: Vierter Punkt. Der hat ganz viel so mit Lernen zu tun und ja, mit sich Sachen aneignen. Und zwar glaube ich total daran, dass wir alle so einen persönlichen inneren Schweinehund haben. Und meine Uni-Zeit zum Beispiel war ein totales Chaos. Also ich war Ich war lange im Europapark, ich war noch ganz lang feiern und dann hatte ich noch drei Tage vor der nächsten Klausur, habe die Tag und Nacht durchgemacht, habe Maultaschen nachts gegessen und tagsüber Red Bull getrunken und bin dann völlig fertig irgendwie in diese Univorlesungen oder in die Klausuren dann gegangen. Und es war wirklich ein Drama. Und das hat sich dann immer mehr verbessert. Wo es sich nicht so verbessert hat, ist, wenn ich so in Boards bin, also Verwaltungsrats, Aufsichtsratspositionen habe. Da muss ich fast wie in der Schule dafür lernen. Also da kriegen wir dann 300 Slides, alles voller Zahlen, ohne Ende Zeug, einmal im Quartal. Das heißt, du bist auch nicht drin im Thema, du musst immer wieder komplett neu reinkommen. Und da hatte ich dann jedes Mal so, habe ich auch früher gesagt, das erste Wort, das ich gemacht habe, war Konrad Electronic, mit 25 bin ich da reingegangen. Da habe ich immer gesagt, ich muss jetzt Konrad lernen. Da habe ich mich drei Tage eingeschlossen, alles verdunkelt, habe so ein Licht angemacht auf meinem Schreibtisch. Hab mir vorher Essen gekocht, aber auch Schlechtes, also so Nudeln mit Pesto, Kaffee hingestellt ohne Ende, Red Bull. So, die Maultaschen haben da gefehlt, die mochte ich schon nicht mehr, weil wir einfach davon zu viele gegessen hatten. So, und hab versucht, mich sozusagen so zu drillen und zu zwingen, das jetzt irgendwie zu lernen. Und ich muss wirklich sagen, und bei ganz vielen Sachen bin ich dann gefühlt so, man sagt ja immer zwei Schritte zurück, einen vor oder einen vor, zwei zurück oder so. Ich bin eher einen vor und 20 zurück, einen vor und 200 zurück. Also so, es war wirklich Und was ich A nicht gesehen habe, ist, ich bin weiterhin aber trotzdem vorgegangen. Also das habe ich total vernachlässigt, dass es trotzdem weiter vorgeht. Und das Zweite aber, und das finde ich wirklich diesen inneren Schweinehund, ich habe erst echt auch wieder mit Ü30 verstanden Wie ich mich selber managen muss, sodass ich die Sachen hinkriege, die ich hinkriegen will. Also beispielsweise Sport. Ich muss morgens Sport machen. Ich bin abends zu K.O., ich mache es einfach nicht mehr. Und selbst wenn ich mir vornehme, dass ich mir das dann aufstreiche, ich habe versucht, dann so Geld an den Kalender zu hängen. Und dann musst du den Geldschein verbrennen, wenn du es nicht gemacht hast, den Sport an dem Tag. Selbst das, Joel, selbst das hat nicht dazu geführt, dass ich es noch gemacht habe. Also das heißt, ich habe wirklich gemerkt, aber wenn ich es morgens mache und das ist wieder gegen diesen normalen Arbeitsalltag, du musst halt um, weißt du, Kinder, 8.30 Uhr in die Schule, dann musst du um 9 Uhr den ersten Termin haben. Nee, mein erster Termin ist erst um 10, weil für mein Leben ist das extrem relevant, dass ich Sport mache, weil ich gesund sein will und ich selber kann es nur morgens machen, sonst mache ich es nicht. Und wenn es da morgens drinsteht, dann mache ich es. Aber auch zu 100 Prozent, außer ich bin krank. Aber sonst mache ich es immer. Das heißt, ich habe krass gemerkt, oder wenn ich zum Beispiel mich auf diese Boards vorbereiten möchte …. muss ich mich abends verabreden. Ich muss irgendwas vorhaben, wo es eine Zeit gibt, wo ich nicht sagen kann, ich mache es um fünf, ich mache es um sieben, dann mache ich halt die Nacht durch, auch okay. Sondern ich muss abends verabredet sein mit einer Person, wo es mir unangenehm ist abzusagen, wo ich mich darauf freue, sodass ich tagsüber wirklich anfange, weil ich halt keinen Bock habe, mich darauf vorzubereiten, weil es sich anfühlt wie in der Schule oder so oder wie in der Uni halt wieder und das mochte ich damals schon nicht. Und ich darf an dem Tag auch Instagram einfach nicht anmachen. Wenn ich es morgens anmache, habe ich ein paar Stunden verloren. Es sind so banale Sachen und das klingt jetzt so krass kleinteilig. Das Ding ist nur, mir ist aufgefallen, wie unfassbar viel Zeit und wie viel von den Sachen, die mir wichtig sind und die ich gerne machen möchte, dieser innere Schweinehund schon gefressen hat. Und jetzt habe ich ihn echt so langsam im Griff und diese ganzen Vorbereitungszeiten sind ruhiger und diese Arbeiten sind ruhiger und ich kriege das Lernen früher hin und ich schaffe es, mich auf Konferenzen oder Reden oder so früher vorzubereiten und da mit einer ganz anderen Energie anzukommen. Und es ist nicht mehr laufend in diesem irgendwie letzte Last-Minute-Geschichte und das…. Der Teil, wirklich, den habe ich erst in den letzten paar Jahren gelernt. Deswegen, ich hätte mir so sehr gewünscht, dass mir das einer mal richtig beigebracht hätte mit 20. Also wirklich, wirklich so richtig reinzugehen und tot zu analysieren, wann genau entgleitet mir der Prozess, den ich eigentlich machen wollte. Wann genau lasse ich ihn fallen? Und zwar nicht du und nicht die gesamte Menschheit, weil das ist bei jedem anders, sondern ich als Lea, wann genau kriege ich es nicht hin? und was hätte ich machen müssen in dem Moment, um den Schritt zu schaffen, weil es so eine Wie soll ich das sagen? Für mich ist das so ein Fundament von Lernen. Also wenn ich das nicht hinkriege, dann ist alles danach Stress einfach. Und alles Lernen auch Stress. Und den Teil, boah, aus der ganzen Liste bisher wäre das wahrscheinlich der Nummer eins gewesen, wo ich bisher gesagt hätte, den hätte ich mir so sehr gewünscht, dass ich den früher verstanden hätte.
Joel Kaczmarek: Aber jetzt mal so unter uns. Auf mich machst du immer so einen professionellen und korrekten Eindruck. Ich habe so das Gefühl, du warst ein ganz schönes Früchtchen, als du jung warst, oder?
Lea-Sophie Cramer: Nicht nur, als ich jung war. Also das ist irgendwie, ich glaube wirklich, beides stimmt. So, ich bin professionell. Aber der Weg dahin, den willst du dir nicht angucken. Also das Output funktioniert, aber der Input ist ein Horror. Und vor allen Dingen für mich selber. Also das war auch nicht, dass ich in der Uni dann total schlecht war. Das hat funktioniert, die Strategien, die ich so hatte. Aber sie waren, ich bin immer krank geworden zum Beispiel. Also wirklich, ich bin, mein Leben lang werde ich, ach. fünf bis zehn Mal im Jahr krank. Ich werde laufend krank, weil ich das schon mein Leben lang so absurd mache und es einfach nicht nachhaltig, nicht gesund ist und irgendwie auch mega viel Stress auslöst. Und deswegen ja, das Output total, aber der Weg dahin ist einfach keiner, den ich empfehlen kann. Und jetzt ist es besser, so viel besser. Und ich meine, wir haben ja alle Phasen, also Wir haben ja alle Bereiche, wo wir gerne anders uns verhalten würden, als wir es tun. Also ich kenne keine Person in meinem Umfeld, die sagt, ich mache Sport genauso, wie ich es machen will, ich esse genauso, wie ich es haben will, ich arbeite genau dann, wie ich es haben will, ich stoppe genau dann und mache was mit den Kindern und bin dann voll präsent. Wir haben alle Bereiche, wo es uns leichter fällt und wo es uns total schwer fällt. Ganz viel mit Essen, ganz viel mit Sport, ganz viel mit zu viel Arbeit und so. Und ich glaube echt dieses, also mir hat es krass geholfen, dieses wirklich kleinteilige Analysieren Wo genau kommt mir der Schweinehund in die Quere? Was genau tue ich da? Wirklich bis aufs Miniaturlevel. Was ist das für ein Bedürfnis, was dahinter steht, was ich eigentlich versuche zu erfüllen mit Instagram? Also Connection mit anderen zum Beispiel. So, dann gebe ich mir die Connection, aber halt erst abends bei diesem einen Dinner, wenn ich die Vorbereitung gemacht habe. Aber dann weiß ich zumindest, ich kriege die Connection, das wird Spaß machen. Ich bin dann auch stolz auf mich. Ich sitze da beim Essen und bin stolz und bin froh, da zu sein. Anstatt zu denken, scheiße, ich habe es wieder nicht geschafft. Und dieses Sportthema genauso. Also ich hätte das wahnsinnig gerne früher gelernt, wie man sich selber so hinkriegt, dass man gut lernen kann.
Joel Kaczmarek: Also wenn ich es jetzt mal so versuche in einen Satz zu übersetzen, lautet der vierte Punkt so sinngemäß, jeder von uns hat so seinen inneren und eigenen Schweinehund. Und wenn du verstanden hast, was der ist und wenn du dich selbst verstehst, kannst du sozusagen Systeme für dich entwickeln, die dir gut tun und die dich eigentlich voranbringen, dass du da nicht immer in diese Falle trittst.
Lea-Sophie Cramer: Total. Ja, absolut. Das Wort Systeme mag ich auch total gerne. Also anstatt so Ziele zu definieren, wirklich Systeme zu definieren. Total. Also ich habe jetzt zum Beispiel auch kein Sportziel dieses Jahr. Das Einzige ist, ich habe Systeme. Also ich habe einfach meine Sportzeiten im Kalender und ich zähle jeden Tag, den ich Sport mache. Da sage ich einfach Day 1, 2, 3, 4. Ich zähle die einfach. Jetzt gerade bin ich bei Day 60. Ich weiß nicht, wie viele Tage wir jetzt schon hatten am 22. Mai in diesem Jahr. Aber was auch immer die Zahl ist, davon habe ich 60 Tage Sport gemacht bisher. Und zum Schluss gucke ich mir halt an, dass die Zahl mindestens dreistellig ist am Ende des Jahres und schaue mal, wie die so geworden ist. Aber mir geht es eigentlich gar nicht, ich habe keine Zahl im Blick an sich. Mir geht es nur darum, dass ich ein System gebaut habe, sodass ich es immer wieder mache. Und auch wenn ich krank werde, wieder reinkomme und wieder anfange. Und das ist mit allen anderen Sachen genauso. Also ja, finde ich eine gute Zusammenfassung davon.
Joel Kaczmarek: Ja, ich weiß auch, was du meinst. Mir geht es oft so, vielleicht baue ich ein System und dann baue ich ein zweites, drittes, viertes, fünftes dran und dann kollidieren die auch miteinander. Ich habe auch gemerkt, wir sind wieder beim Thema Preis. Also entweder schaffst du es jetzt nicht, jeden Tag gut zu ernähren oder du schaffst es, drei Tage Sport zu machen oder beides nicht. Dann kattest du den Sport auf zweimal die Woche und das Ernähren auf einen Cheatday oder was weiß ich. Also man hat da so eine Aufmerksamkeitsspanne. Aber gut zusammengefasst, kann ich gar nicht so viel mehr sagen. Jetzt bin ich neugierig auf deinen letzten.
Lea-Sophie Cramer: Der letzte ist ein ganz anderer und witzigerweise hast du Kolja Hebenstreit vorhin angesprochen, ne? Und der hat mir damals, es muss ewig her sein, also ich weiß es gar nicht, wann es war, das ist Anfang dieser Szene, wahrscheinlich irgendwas 2010 oder sowas, also für mich so, als ich so eingestiegen bin. Da hat der mir ein Buch geschenkt und zwar Rich Dad, Poor Dad. Von, wie heißt er, Rich Kurosaki oder sowas. Auf jeden Fall Rich Dad, Poor Dad. Und da habe ich das erste Mal verstanden, was es bedeutet zu investieren. Ich habe das erste Mal verstanden, dass eine Firma einfach ein legales Blatt Papier ist erst mal. Und dass du die bis ans Ende deiner Tage behalten kannst, dass du nicht alles auf deinem Privatlevel holen musst, sondern du kannst auch alles, was du so machen willst, in dieser Firma behalten und lassen. Und du kannst auch diese Firma weiter vererben an deine Kinder. Und da hast du gewisse Steuervorteile. Und dann habe ich verstanden, was Assets sind, was Liabilities sind, also was Vermögensgegenstände sind und was Verpflichtungen sind und Verbindlichkeiten. Und das Buch hat erstmal unfassbar was bewirkt. Also das heißt, ich würde dieses Buch auf jeden Fall mit allen Kindern so ab 16 wahrscheinlich anfangen zu lesen. um denen irgendwie in einer leichten Form so finanzielles Mindset zu vermitteln. Und jetzt komme ich zu meinem Punkt. Was dann leider nicht stattgefunden hat, ist, ich hätte mir gewünscht, also ich habe es damals verstanden, ich hätte mir gewünscht, dass ich dann auch angefangen hätte zu investieren. Und ich habe angefangen zu investieren, mein eigenes Geld, was ich verdient habe, wieder in Startups. Teilweise steckt das da auch heute noch drin. Also war das jetzt erfolgreich oder nicht? Pff. Wahrscheinlich Bottomline ja, aber werden wir auch noch sehen über die nächsten Jahre. Das steckt teilweise schon 10, 12, 13, 14, 15 Jahre in irgendwie Startups drin, die einfach keinen Exit jetzt gemacht haben. Was ich unglaublich gerne gemacht hätte, wäre in Aktien zu investieren. Also einfach ganz, ganz früh anzufangen, weil dieses Thema Zinseszinseffekt ist. was, was ich für mich in der drastischen Form zu spät verstanden habe. liegt sicherlich daran, dass meine Eltern keine Unternehmer sind. Die haben selber mit mir angefangen, in Aktien zu investieren. Also ich habe angefangen vor drei, vier Jahren. Vor vier Jahren, glaube ich, habe ich angefangen. Die haben auch vor vier Jahren angefangen. Also sie sind Ü70. Das heißt, bei uns waren Aktien kein Thema. Die haben nie Vermögen aufgebaut, da wurde immer quasi gearbeitet und aufs Konto gepackt und einfach gespart. Ich weiß noch nicht mal, ob es ein Sparbuch gab, ich glaube nicht. Also sozusagen es lag einfach dann auf der Bank und das war sozusagen das, wie ich es auch dann erst mal gemacht habe. Und dieses Thema Zinseszinseffekt, das habe ich jetzt mal für mich, weil ich brauche es immer sehr einfach und so, dass ich es mir merken kann, mal so ausgerechnet und ich habe einfach viele, mit denen ich jetzt so rede, die sind so rund um 30. Und wenn man so über Zinseszinseffekt so theoretisch nachdenkt, denkt man immer so, ja, verstehe ich schon, habe ich schon ganz oft von gehört und so. Aber man muss es ja immer so machen, dass man es wirklich fühlt irgendwie. Und dann sage ich immer, pass auf, ihr seid jetzt circa 30, sagen wir mal, ja? Und ihr hättet 50.000 Euro jetzt schon erspart euch. Durch ganz viel Arbeit und so weiter. Sagen wir einfach mal, egal ob es jetzt so ist oder nicht, ihr hättet 50.000 Euro jetzt gerade. Und ihr würdet die jetzt anlegen in den MSCI All Country World meinetwegen, der die letzten zehn Jahre im Schnitt elf Prozent gemacht hat. Sagen wir mal, er hat nur zehn Prozent gemacht. Also ihr würdet sie anlegen, diese 50.000 zu 10%. Dann seid ihr jetzt mit 30 habt ihr 50.000. Mit 60 habt ihr fast eine Million. 950.000. Mit 90 habt ihr 16,7 Millionen. Aus diesen 50.000 heute Das ist der Zinseszinseffekt. Ich meine, wie absurd krass ist der eigentlich? Und wir sind in Deutschland ja irgendwie, keine Ahnung, ist die Zahl jetzt genau die neueste, circa 17, 18 Prozent sind am Aktienmarkt investiert. In den USA sind es circa das Doppelte. Gibt es unterschiedliche Zahlen, aber mehr oder weniger. Das heißt, die haben einfach den doppelten Vermögensaufbau, ohne dass sie was tun. Passiv versus unserem Land sozusagen. Mhm. Ich finde es auch völlig falsch, dass unsere Pensionskassen nicht investieren können und dass wir da nicht an der Börse gelistet sind, dass wir da nicht uns selber sozusagen die Rente so aufbauen, dass wir es ja auch irgendwann bekommen können. Aber echt, das Thema Zinseszinseffekt und irgendwie mit 20 da schon anzufangen und zu sagen, ich spare mir was zusammen und ich packe das beiseite und ich lege das für mich selber an. Das ist so ein krasser Hebel, das ist unvorstellbar. Dann gab es auch irgendwie so Studien, die weiß ich aber nicht mehr genau, so wenn du nur die Hälfte des Kindergeldes anlegst, also 125 Euro jeden Monat von den 250 oder sowas, dann hat dein Kind irgendwie 180.000, wenn es 18 wird oder ich weiß es gar nicht genau. Krass. Also es waren aber auch astronomische Zahlen. Und das ist ja de facto so, wenn du dir die Börse anguckst. Natürlich musst du einen langen Atem haben und du solltest es lange liegen lassen und du brauchst eine emotionale Stabilität und Ruhe und du musst es diversifiziert machen. und ETFs und kein Stockpicking. Und ich will jetzt gar nicht hier Anlagetipps geben, weil da bin ich überhaupt nicht genug vom Fach. Ich eigne mir das alles selber irgendwie Learning by Doing mäßig an und ich habe auch da schon Geld verbrannt und so. Also don't listen to me. Aber Do listen to Rich Dad, Poor Dad und dem Thema einfach passives Einkommen zu generieren, indem man investiert. Das ist glaube ich was, was ich, ich bin froh, dass ich es jetzt mache. Ich hätte es mir unglaublich doll gewünscht, dass ich es vor 17 Jahren, also mit 20 schon angefangen hätte.
Joel Kaczmarek: Die Scheiße ist doch, das kriegst du doch in dem Alter schon gesagt und man macht es trotzdem nicht. Wie oft hat mein Vater gesagt, steck das Geld in deine Rente oder mach irgendwas anderes und am Ende des Tages wird es dann doch der Pullover oder das neue Auto oder keine Ahnung.
Lea-Sophie Cramer: Ja, aber ich muss sagen, bei mir ist das glaube ich hauptsächlich, habe ich es deswegen nicht gemacht, weil ich das Gefühl hatte, das Thema ist so komplex, dass ich es erst in Gänze verstehen müsste, bis ich anfange. Wirklich, das war mein Glaube. Ich dachte sozusagen, ich habe es ja noch gar nicht gerafft. Ich muss das in Gänze alles verstehen, bis ich anfangen kann. Und das tue ich bis heute nicht. Und das musst du auch nicht. Du musst einen Teil verstehen und das sind meinetwegen ETF-Sparpläne. Und dann machst du einfach einen ETF. Und haust da dein Geld rein über Monate, jeden Monat ein paar hundert Euro, was auch immer du so machen kannst. Also das war, glaube ich, mein großer Fehltritt bei dem Thema. Noch nicht mal, dass ich unbedingt, ich habe noch nie auf Taschen oder Autos oder irgendwas gestanden und habe da auch nichts anderweitiges mitgemacht, sondern ich habe einfach das Gefühl gehabt, ich habe es noch nicht ganz verstanden und deswegen kann ich jetzt noch nicht anfangen. Und das bereue ich wirklich sehr. Ja.
Joel Kaczmarek: Eigentlich hast du recht, bei mir war es auch mehr ein anderer Umstand, dass ich keine Passion für dieses Thema habe, es dadurch nicht so tief verstanden habe. und dann habe ich immer das Gefühl gehabt, ich bin angewiesen auf Finanzberater und die sind immer provisionsbasiert bezahlt geworden, also hatte ich immer das Gefühl, die verkaufen mir nur was, was ihnen hilft und nicht mir, dann habe ich es gelassen, anstatt dass ich irgendwas mache, ja.
Lea-Sophie Cramer: Hundertprozentig. Und Joel, da kommen wir wieder zu Punkt vier, zu dem inneren Schweinehund. War bei mir nämlich genauso. Und dann habe ich irgendwie gerafft, nämlich vor ein paar Jahren, als ich angefangen habe, was ich machen muss, sodass ich das interessant finde. Und bei mir ist es halt, ich bin Unternehmerin, das heißt, ich brauche unmögliche Ziele. Also ich brauche so eine Vision, die ist zu groß, um sie zu schaffen. Das motiviert mich. Und dann habe ich also mir so eine Rendite ausgerechnet und habe jetzt so einen 100-Jahres-Plan. Also da steht eine absurde Zahl, eine astronomische Zahl, die kann ich nicht erreichen. Und die steht da jetzt als sozusagen mein Vermögensplan. Und dann habe ich diese Zahl da hin zementiert und seitdem habe ich Bock, die zu zementieren. Schlagen quasi und gucke mir jedes Jahr an, was mache ich für eine Rendite und was hätte ich machen müssen? und versuche meine quasi Muss-Rendite zu schlagen. Und seitdem macht es mir plötzlich Spaß, weil ich verstanden habe, wie mein innerer Schweinehund funktioniert. Der braucht halt irgend so ein crazy Goal und es ist gar nicht, weißt du, mir geht es noch nicht mal darum, ich will da gar nichts mit machen mit dem Geld oder so, aber Ich will finanzielle Freiheit auf jeden Fall und ich will schon auch die Möglichkeit haben, diese Welt ein bisschen zu beeinflussen und irgendwie in die Richtung zu lenken, wie ich sie wertetechnisch lieber sehen würde noch. Und wir leben in einer kapitalistischen Welt, das heißt, ich kann mit Kapital Dinge ermöglichen und Einfluss nehmen. Und deswegen ist mir das wichtig, dieses Thema finanzielle Freiheit und auch finanzielles Vermögen aufbauen. Und ich will auch schlau sein und professionell sein, was wir vorhin hatten. Und das ist aber so echt. dieser Punkt vier, als ich gerafft habe, okay, was brauche ich denn, dass ich das spannend finde, das Thema, was ich total langweilig finde, weil ich einfach Geld an sich brauche. Ich finde Unternehmertum toll. Was zu bauen finde ich toll. Mir zu überlegen, wie funktioniert das und so. Ich möchte Dinge in die Welt bringen, die ich da gerne sehen möchte. Mich interessiert es gar nicht, Vermögen anzulegen. Aber mich interessiert es schon, unmögliche Ziele zu ermöglichen. Und dadurch hat es dann geklappt. Also ja, das wäre auch noch so ein Wunsch gewesen für meine 20-Jährige.
Joel Kaczmarek: Karin Kuschik hat mal zu mir gesagt, Geld ist doch nur Energie. Da hat sie ja recht. Also man braucht die Energie erstmal, aber dann kannst du was mitmachen. Ja. Tja, was war das für ein schöner Unterritt. Also liebe Lea, ob das es nicht wieder ein paar Jahre werden, bis wir mal solche schönen Gespräche führen. Das würde mich freuen.
Lea-Sophie Cramer: Vielen, vielen Dank. Gerne.
Joel Kaczmarek: Und toi, toi, toi.
Lea-Sophie Cramer: Danke dir.