
Hinter den Kulissen des Erfolgs von Signavio-Gründer Gero Decker – Teil 1: Work-Life-Balance
28. Juli 2022, mit Joel Kaczmarek
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Intro: Digital kompakt. Heute aus dem Bereich Selbstoptimierung mit deinem Moderator Joel Kaczmarek. Los geht's.
Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digital Kompakt und heute habe ich einen alten Bekannten an meiner Seite, dessen Säulen des Erfolgs ich heute kennenlernen möchte. Das ist ja so eine Formatrichtung, die ich gerade einschlage, wo ich versuche, erfolgreiche Menschen besser zu verstehen. Das heißt, wie bewegen sie sich durch ihren Alltag? Was ist die Basis für ihren Erfolg? Wir reden über Glück, wir reden über Zufriedenheit, über Erfolg, über Work-Life-Balance, aber auch über Dinge wie zum Beispiel Gesundheit, Ernährung, Sport, einiges in dieser Art. So und heute ein alter Bekannter, wie gesagt, der liebe Gero Decker. Den kennt ihr ja aus unserem Sales-Format, aber vor allem ist er ja im richtigen Leben CEO von Signavio, hat das ultra erfolgreich verkauft an SAP. Und wenn man Gero kennt, weiß man, der ist ein bisschen manchmal getickt wie so ein Algorithmiker im Kopf. Der ist halt gelernter Informatiker, der macht Sachen immer sehr strukturiert. Also wenn Gero was macht, dann hat es meistens Hand und Fuß. Und deswegen war ich natürlich total neugierig von ihm mal zu lernen, wie er sich so durchs Leben bewegt. So, aber that being said. Moin Gero, schön, dass du da bist.
Gero Decker: Hallo Joel.
Joel Kaczmarek: So, ich erkläre am Anfang immer ganz gerne, wie die Leute situiert sind. Dann kriegt man so mal so ein Feeling, wovon man eigentlich redet, wenn man sagt Work-Life-Balance. Also, du mit Kind und Kegel versehen, zwei Kids, zwei Jungs, drittes im Anmarsch, habe ich gerade gelernt. Nochmal herzlichen Glückwunsch on air. Hast eine Frau, hast eine Firma, wo du jetzt glaube ich ein bisschen kürzer trittst, weil dein Kind kommt, aber per se eigentlich Fulltime am Arbeiten und natürlich super ambitioniertes Startup-Life. Deine Frau ist auch selber Gründerin, also da geht es dann auch bestimmt mal zur Sache, wer muss heute die Kinder abholen und wer nicht. Also das mal so als dein Background, halbwegs richtig wiedergegeben?
Gero Decker: Genau.
Joel Kaczmarek: So, fangen wir vielleicht mal ganz bodenständig an. Wie hast du denn bis dato diese beiden Welten, also eine wirklich anspruchsvolle Firma, wo du ja richtig hart hustlen musstest und eine Familie und dann auch noch eine anspruchsvolle Frau, also die selbst auch Karriere machen will, bis dato so unter einen Hut gekriegt?
Gero Decker: Ja, das ist eine gute Frage. Also damals, als der erste Sohn auf die Welt kam, da haben wir uns das aufgeteilt. Ich habe damals angefangen, nachmittags nicht mehr so lange zu arbeiten, dafür dann abends wieder, sobald das Kind dann wieder im Bett ist. Das war einfach super anstrengend. Dann haben wir die zweite Phase versucht, einfach maximal zu nutzen, das, was es an Betreuungsangebot da draußen gibt. Also wir waren dann immer die, die das Kind als Letzte aus der Kita abgeholt haben und dann nochmal die Sommersonderbetreuung auch. gerne genutzt haben und haben das gut genutzt. Wir haben das Glück, dass die Eltern von meiner Frau, die arbeiten nicht mehr und haben auch viel Spaß damit, bei uns zu sein. Die kommen vom polnischen Dorf. Das heißt, wenn die anrücken, dann rücken die nicht nur für einen Tag an, sondern dann gerne auch mal wochenweise und helfen uns dort. Inzwischen leisten wir uns einen Luxus und wir haben eine Haustelle drin tatsächlich, die uns hilft, die Woche über, weil meine Frau und ich, wir arbeiten doch ziemlich viel.
Joel Kaczmarek: Ich habe mit Florian Heinemann da mal ein ganz intensives Gespräch darüber geführt, dass er gesagt hat, alles was man auslagern kann, was kein Quality-Time-Prozess ist, sollte man auch auslagern. Also sein Beispiel war zum Beispiel, dass die Kinder zum Training fahren, zum Fußballtraining meinetwegen, kann die Nanny machen, am Samstag beim Spiel sollte der Papa an der Seitenlinie stehen. Das war so seine Haltung. Ist das bei euch ähnlich?
Gero Decker: Also die Wochenenden halte ich mir komplett frei. Ich arbeite am Wochenende gar nicht. Samstag nicht, Sonntag nicht. Ich versuche es auch zu vermeiden, dass ich irgendwie Sonntagabend schon mal irgendwo hinreisen muss oder so. Das versuche ich dann wirklich erst auf den Montag zu legen und das Wochenende unberührt zu lassen. Früher war das viel extremer. Da war ich viel in den USA. Da bin ich dann häufig erst Freitagabend wieder zurückgeflogen. Das heißt, man kommt dann Samstagmittag erst zu Hause an, ist dann irgendwie einen halben Tag total gerädert vom Jetlag und hat dann erst den Sonntag für die Familie. Das halte ich mir jetzt komplett frei. Und ja, Quality Time, wir haben gemerkt, dass es am besten ist für uns alle Beteiligten, wenn wir Zeit damit verbringen, mit Dingen, die uns allen gemeinsam Spaß machen. Und nicht nur sozusagen dem Hobby des Kindes nachzulaufen. Ja, klar, man kann die zum Sport bringen und so weiter. Aber wir haben uns auch dediziert Hobbys gesucht, wo wir gemeinsam Spaß haben und wo es für keinen jetzt eine Bürde ist, damit Zeit zu verbringen.
Joel Kaczmarek: Ich glaube, das ist einer deiner smartesten Moves, ist so mein Verdacht. Also gleich muss ich dich nochmal zu eurer Haushälterin löchern, aber was habt ihr euch denn für Hobbys gesucht? Also da muss man ja auch gucken, wie alt sind deine Kinder jetzt gerade?
Gero Decker: Sechs und neun.
Joel Kaczmarek: So, da kannst du ja jetzt irgendwie manche Dinge noch nicht so gut machen, oder doch?
Gero Decker: Also das, was wir für uns gefunden haben, war während Corona Fahrrad fahren, also erst Touren zu fahren und dann sind wir irgendwie aufs Mountainbiken gekommen. In Berlin haben wir nur ein paar Hügel, wo man auch fahren kann, aber meistens geht es dann am Wochenende in die Berge. Also zum Beispiel heute Abend fahre ich dann noch mit so einem Mann nach Tschechien und fahre dann dort in einen Bikepark. Jetzt ist langes Wochenende und da sind wir dann mehrere Tage mit dem Fahrrad unterwegs.
Joel Kaczmarek: Ich meine, das heißt bei euch aber auch richtig Fahrradfahren, ne? Also ich erinnere mich, wie du mir mal erzählt hast, dein Kind ist irgendwie in der Rampe hochgefahren, hat auf der Hälfte sozusagen die Schwungkraft verreckt und dann fiel der rückwärts runter und das Rad auf ihn. Also wir reden da jetzt nicht so von flat Stadtfahrrad, sondern eher so Downhill.
Gero Decker: Genau.
Joel Kaczmarek: Und wie hast du deine Frau dazu gekriegt, da mitzumachen?
Gero Decker: Und erst war sie mit dabei, hat so ein bisschen zugeguckt und du brauchst natürlich auch das richtige Fahrrad. Du kannst jetzt nicht mit einem Straßenfahrrad irgendwie da den Berg runterheizen, das geht nicht. Und hab dann einfach mal, hoffend, dass ihr das auch Spaß machen wird, dann ein gutes, leichtes Mountainbike besorgt. Und als sie dann das erste Mal damit gefahren ist, war das eine totale Offenbarung für sie und meinte, oh, das ist ja richtig cool. Und dann muss man halt einfach die Trails suchen, die für alle fahrbar sind. Also der Sechsjährige kann jetzt auch noch nicht alle Pisten fahren, alle Trails fahren, die der Größere und ich fahren. Dort gibt es wie beim Skifahren, gibt es blaue, rote und schwarze Trails. Mit dem Kleinen und mit meiner Frau tun wir uns eher auf den Blauen und dann mit dem Größeren fahren wir die Roten und Schwarzen.
Joel Kaczmarek: Ja, also ich bin neulich mal irgendwie am Teufelsberg da mit dem Rad nur die normalen Wanderwege rumgefahren, also gerade im Wald, wenn es so uneben ist, da muss man schon gucken, ne? Aber anyway, ich finde es einen schlauen Move. Wie bist du darauf gekommen? Ich erinnere mich so dunkel, du hast mir mal erzählt, dass das ein Kollege von dem mal dir beigebracht hat, oder? War das so?
Gero Decker: Fahrradfahren, irgendwie hat sich das so ergeben. Die Kinder haben Fahrradfahren gelernt, sind in der Nachbarschaft viel gefahren und wie das dann bei Jungs gerne mal so ist, dann springen sie die Bordsteinkante runter und so und suchen sich ein Terrain, was ein bisschen holpriger ist.
Joel Kaczmarek: Ich meine, du hattest einen Kollegen, den hast du angefragt, warum bist du eigentlich immer so glücklich? und hat der zu dir gesagt, Gero, weil ich am Wochenende so entspanne, oder? Habe ich das richtig in Erinnerung?
Gero Decker: Ja, der hatte mir genau, das war ein Kollege aus Israel und der hat vier Kinder. Der arbeitet wirklich hart viel und der ist immer super entspannt. Dann habe ich ihn gefragt, Vitali heißt der, Vitali, was machst du eigentlich, dass du immer so entspannt und ausgeglichen bist? Dann hat er gesagt, ich habe mir ein Hobby gesucht, was die ganze Familie gerne macht und so verbringen wir unsere Wochenenden.
Joel Kaczmarek: Also erstens sehr schlaues Learning. Ein zweites Thema, was du ja schon angedeutet hattest, Haushälterin. Also normalerweise kennt man das ja, dass Leute irgendwie Babysitter oder Nannys oder sowas haben. Und du bist aber All-In-Gang. Also du beschäftigst richtig bei dir im Haushalt eine Person, die ist quasi bei dir angestellt?
Gero Decker: Genau.
Joel Kaczmarek: Wie findet man so jemanden?
Gero Decker: Über Agenturen gibt es Spezialisierte.
Joel Kaczmarek: Beschreib mal so den Prozess. Also habt ihr da irgendwie 20 Leute kommen lassen müssen? Wart ihr jedes Mal schockiert oder war das so gleich? die dritte und lieber auf den ersten Blick?
Gero Decker: Wir haben uns da über mehrere Jahre herangetastet. Also man startet ganz klassisch mit Babysittern, die kommen dann mal für einzelne Tage oder für ein paar Stunden. Und das funktioniert manchmal gut, manchmal weniger gut. Dann merkt man, vielleicht will man nicht die 18-Jährige oder 20-Jährige, sondern vielleicht die oder den, der 50, 55 Jahre alt ist, den nichts mehr schocken kann. Und dann tastet man sich ran, Au-pair oder Teilzeit. Und dann haben wir gemerkt, dass wir einfach jemanden brauchen, der sich auch voll auf uns konzentrieren kann. Und wir haben das Glück, uns das leisten zu können und haben dann jeden Nachmittag Unterstützung bei uns zu Hause.
Joel Kaczmarek: Und ich überlege gerade so, wenn man jetzt ältere Menschen hat, da ist ja so, wenn du zwei Kids hast, sechs und neun, die geben ja richtig Gas. Muss man da so ein bisschen Sorge haben, dass man die auf zwei, drei Jahre hat und dann kommen die nicht mehr mit und churn sozusagen raus?
Gero Decker: Nö, also ich sage mal so perfektes Alter, 40, 50 plus, da haben die meisten Leute ja noch wirklich viel Energie und Spaß und die kann nichts aus dem Ruder bringen und haben auch einfach viel selber schon erlebt im Leben. Vielleicht selber Kinder oder in Berufen gearbeitet, wo man viel mit Kindern zu tun hat. Also da machen wir uns wirklich keine Sorgen.
Joel Kaczmarek: Kannst du mal, also du bist ja wohlhabend, darf man ja glaube ich sagen, ist ja kein Geheimnis, wenn man eine Firma verkauft hat auch, aber wenn du jetzt mal an Menschen denkst, die vielleicht in normalen Managementrollen auch situiert sind, was kostet das denn ungefähr, sich so jemanden zu behalten und kann man das vielleicht auch über seine Firma irgendwie abrechnen? Also ihr macht das glaube ich privat, ihr macht das sicherlich nicht über Signavio, könnt ihr gar nicht bei SAP, bin ich mir sehr sicher, aber siehst du da Mittel und Wege, dass man sowas vielleicht als Perk für sich raushandelt, wenn man irgendwie beim großen Arbeitgeber ist oder, weil ich habe gar nicht so ein Gefühl, was man solchen Menschen zahlt.
Gero Decker: Also ich glaube, Arbeitgeber bezahlen sowas nicht. Wo die vielleicht noch helfen, ist, wenn man für eine große Firma arbeitet, so jemanden zu finden. Also ich weiß, die großen Beratungen, die haben da Services, um Haushaltshilfen und so weiter zumindest zu organisieren. Aber abrechnen, nein, das ist alles immer privat und sauber und alles. Über welche Preise redet man? Au-pair, glaube ich, ist so, das sind ein paar hundert Euro pro Monat. Aber man muss natürlich Kostenlogie, also irgendwie Unterkunft, ein Zimmer haben oder wenn man das selber nicht hat, halt irgendwo ein WG-Zimmer entsprechend mitfinanzieren. Das ist sozusagen auf die Stunde gerechnet wahrscheinlich die günstigste Variante. Dann, wenn ich Leute Teilzeit angestellt habe Irgendwas zwischen 10 und 20 Euro ist so die Range, die man bezahlt. Da kommen dann Arbeitgeberbeiträge und so weiter noch oben drauf. Und wenn man jemanden Vollzeit einstellt, dann steht das natürlich in Konkurrenz zu Jobs, die man draußen hat mit Ausbildung und allem Pipapo. Also da redet man über ein volles Gehalt.
Joel Kaczmarek: Sind es dann so zweieinhalb, dreieinhalb Tausend Euro so in der Range? Also ich frage mich, wenn ich so Pädagogen oder Erzieher mir angucke, die verdienen nicht viel Geld.
Gero Decker: Ja, also da geht's los. Ja, es kann gerne auch noch ein bisschen mehr sein.
Joel Kaczmarek: Und was macht so eine Person für euch? Also ich habe so diesen Begriff Family Manager kennengelernt, den finde ich irgendwie ganz geil. Also manchmal auch, kocht die, putzt die, kauft die ein, holt die die Kinder ab, was ist so da der
Gero Decker: Volles Familienmitglied und alles von Haushalt inklusive Wäsche und Mittagessen, Kinder abholen aus der Schule, Hockey zum Fußball hinbringen. Bei Hausaufgaben helfen, da ist alles dabei.
Joel Kaczmarek: Und da kommt ja dann aber typischerweise immer so die Frage auf. Ich beobachte das öfters eher bei Frauen, die sowas sagen. Also bei meiner Frau war das auch so, als sie ganz begeistert ist. Ja, der Gero, der hat da was ganz Tolles. Dann kommt dann mal so, ja, aber ich mache doch nicht Kinder, um mir dann irgendwie jemanden anzustellen, der sich darum kümmert. Und ich gebe die doch nicht einem Fremden. Und ich muss doch, wenn ich eine gute Mama sein will, mich selber kümmern. Wie habt ihr diese Ängste bei euch prozessiert?
Gero Decker: Und diese Diskussion gibt es ja auch in der Familie. Also ich erinnere mich noch an Sprüche auch von meiner Schwester, die dann sagte, ja warum habt ihr denn Kinder, wenn ihr dann euch Infrastruktur baut noch und nöcher, um sozusagen, ihr verbringt gar nicht so wahnsinnig viel Zeit mit den Kindern. Warum habt ihr denn welche? Und das hat meine Frau damals total mitgenommen. Ja, bin ich jetzt eine schlechte Mutter? Das muss man halt selber immer mit sich ausmachen, was sind die Punkte, wo man auch den besten Beitrag leisten kann, wo man am meisten viel Spaß hat, wo man den Kindern am meisten mitgeben kann. Und wir haben halt gesagt, also Einkaufen oder Wäsche machen, das sind jetzt nicht die Punkte, die für uns jetzt differenzierend sind in der Eltern-Kind-Beziehung, sondern das sind halt andere Punkte. Ich bringe die Kinder meistens ins Bett und ich bin der Erste, den die morgens sehen und die in die Schule bringt und die Wochenenden miteinander verbringen und so weiter und so fort. Also da muss man sich dann auch nicht schlecht fühlen, dass man sich jetzt aus manchen Tätigkeiten in der Familie auch rauszieht.
Joel Kaczmarek: Also ich lerne so ein bisschen ein entspannter Daddy und eine entspannte Mami am Wochenende, die quasi die unangenehmen Aufgaben delegiert haben, sind mehr wert als eine Mami, die da mal präsent ist, aber eigentlich nur gestresst.
Gero Decker: Stress wirkt sich ja auch auf die Kinder aus und dann hast du als Kind noch im schlimmsten Fall das Gefühl, dass du irgendwie zur schlechten Situation deiner Eltern beiträgst. So soll es ja nicht sein. Aber rausziehen kannst du dich und sollst du dich natürlich auch nicht. Also du bist immer noch der, der die Regeln setzt und du bist der, der die schwierigen Gespräche führt und du bist der, der aufpasst, dass alles in die richtige Richtung läuft. Also du kannst ja nicht komplett alles outsourcen. Das geht ja nicht und soll auch so nicht sein. Aber es heißt nicht, dass ich die ganze Zeit immer dauerpräsent sein muss.
Joel Kaczmarek: Und ich meine, es gibt ja oft den Fall, dass man so diese klassischen Familienbilder hat. Also der Mann will Karriere machen, die Frau denkt über Kinder nach. Das ist ja mittlerweile, finde ich, viel diskutiertes Thema, auch zu Recht. Was war denn so dein Rollenverständnis als Mann und Vater in einer Beziehung?
Gero Decker: Also ich sage mal so, es ist natürlich als Mann, wenn man Lust hat am Arbeiten und Dinge schaffen, ist natürlich total praktisch, wenn die Frau sagt, ich stecke jetzt zurück und ich kümmere mich jetzt um die Familie und halte uns hier den Rücken frei in der Familie. So ist unsere Familie nicht gebaut. Meine Frau, die erinnert mich immer daran, dass ich die gleiche Rolle zu spielen habe. Das, was ich nicht machen kann, ist stillen, aber ansonsten alles andere schon. Und dass sie genau so ein Anrecht hat, beruflich sich voll auszuleben und auch die Dinge zu machen, die ihr Spaß machen. Und bei uns war es jetzt so, ich habe Signavio gegründet und da gab es dann zwischendurch immer wieder die Situation, dass man so das Gefühl hatte, genau jetzt kann ich nicht zurückstecken, wo dann das ein ums andere Mal meine Frau dann doch mehr gemacht hat. Aber jetzt sagt sie, Gero, jetzt ist Zeitenwende.
Joel Kaczmarek: Was macht das mit dir?
Gero Decker: Ist okay, ja, also sie hat ja recht.
Joel Kaczmarek: Gab es da sicherlich trotzdem mal Konflikte, oder? Wie bist du damit umgegangen?
Gero Decker: Man spricht drüber und versucht sich in den anderen rein zu versetzen und so, ja, die üblichen Dinge, die man so macht. Aber sie hat ja absolut recht, also wie gesagt, das Stillen kann ich nicht abnehmen, aber bei allem anderen gibt es ja jetzt keinen Grund, warum etwas auf die Mutter oder auf den Vater fallen sollte.
Joel Kaczmarek: Habt ihr euch Hilfe geholt? Also habt ihr mal ein paar Therapeuten zum Beispiel auch gehabt oder einen Coach oder Beratung oder irgendwas in der Art?
Gero Decker: Nö, das haben wir alles schön selber ausgetüftelt.
Joel Kaczmarek: Okay und jetzt kann man ja sagen, es war ja bei dir auch gut investierte Zeit, also es hat ja einen sehr hohen Ertrag gegeben. Habt ihr den 50-50 geteilt? Also war es dann auch so, dass du gesagt hast, das was ich da irgendwie für uns erlöst habe und erreicht habe als Familie, das gehört dir zu gleichen Teilen, weil du mich irgendwie entlastet hast oder was habt ihr da für ein Deal für euch?
Gero Decker: Das ergibt sich ja ganz automatisch aus der vertraglichen Konstellation, die man hat. Wir sind nun mal verheiratet seit zehn Jahren, also seit Anfang der Firma und wie es so schön heißt, in Zugewinngemeinschaft. Da muss man nichts anderes regeln. Natürlich ist alles 50-50 geteilt.
Joel Kaczmarek: Okay, ich habe irgendwie gelernt beim Notar, dass man so eine komische Schaukel machen kann. Kennst du das?
Gero Decker: Ja, die Schaukel ist dafür da, dass, also jetzt wird es technisch. Sollen wir da wirklich hingehen, Joel? Ja, eine Minute. Okay, eine Minute. Also das ist ja jetzt das Dubiose. Also wenn du, also ich war Gründer und durch einen Unternehmensverkauf kommt nun mal eine gewisse Stange Geld dort dabei rum. Ich bin offiziell der Eigentümer davon und meine Frau nicht. Das heißt, ich kann jetzt nicht einfach Geld nehmen von meinem Konto auf das Konto meiner Frau überweisen, weil in dem Moment müsste ich Schenkungssteuer bezahlen. So, aber es gibt Möglichkeiten, dass man eine sogenannte Schaukel macht. Das heißt, man löst die Zugewinngemeinschaft für einen kurzen Moment auf. Dann wird quasi wie im Moment der Scheidung alles 50-50 dividiert und dann dreht man es wieder zurück und ab dem Moment ist wieder Zugewinngemeinschaft. Aber das ist ja alles Kokolores, weil auf welchen Namen jetzt ein Konto läuft, ist ja nun wirklich gleichgültig. Sozusagen, falls jemandem irgendwas Schreckliches passieren sollte, man sich doch scheiden lässt, dann wird sowieso alles aufgeteilt.
Joel Kaczmarek: Und hast du es eigentlich geschafft, trotz dieses Balanceaktes eine anspruchsvolle Firma zu führen, eine Familie mit zwei Kindern zu haben, auch Freundschaften zu pflegen?
Gero Decker: Ja.
Joel Kaczmarek: Wie machst du das?
Gero Decker: Also zum Beispiel mit den Kollegen aus der Schulzeit, aus dem Abitur, machen wir auch Dinge regelmäßig. Jetzt zum 1.5., ein Freund hat immer Geburtstag zum 1.5., das ist praktisch, kann man sich merken und ist immer frei. Und das kann man sich natürlich dann im Kalender schon mal markieren. Das kommt dann nicht als Überraschung. Und da gibt es auch jedes Jahr dann das traditionelle Grillen und Zusammensein und das ist dann eine Gelegenheit, sich zu treffen. Und solche Momente zu haben. oder wir machen hin und wieder Reisen zusammen, wo wir für ein paar Tage irgendwo gemeinsam hinfahren und das halt schon seit vielen, vielen Jahren. Also ich bin jetzt ja über 20 Jahre aus der Schule raus und das hält immer noch genauso wie damals.
Joel Kaczmarek: Wie kommunizierst du denn eigentlich so in deinem Privatleben? Bist du jemand, der andere Menschen oft anruft und dann redest du mit eine Stunde mit denen? oder bist du so ein WhatsApp-Sprachnachrichten-Onkel? oder bist du eher so jemand, dass du sagst, ich treffe mich mit den Menschen und dann bin ich wirklich präsent, aber dann tauche ich auch mal wieder ab?
Gero Decker: Wahrscheinlich eher letzteres. Also ich bin jetzt nicht irgendwie ständig auf Social Media oder auf WhatsApp die ganze Zeit unterwegs oder muss jetzt jeden Tag, jede Woche telefonieren, so nicht. Aber wenn man so alle paar Wochen oder alle paar Monate seine Touchpoints hat und dann Zeit miteinander verbringt, das hält zusammen.
Joel Kaczmarek: So und jetzt die Zeitenwende hast du ja gesagt. Jetzt ist deine Frau schon wieder schwanger. Ist dann die Zeitenwende verschoben?
Gero Decker: Nee, sie ist lustig. Sie hat mich letzte Woche gefragt, Gero, wann ist denn eigentlich Zeit aufzuhören zu arbeiten vor der Geburt? Und da meinte ich ja, wahrscheinlich vor ein paar Wochen wäre das schon gewesen. Und dann meinte sie, oh, ich habe aber noch so viel zu tun. Also sie steht da voll im Saft und plant auch nach der Geburt relativ schnell dann wieder weiterzumachen. Und wie gesagt, ich werde mich jetzt ein bisschen zurücknehmen die nächsten Monate. Und zum Glück haben wir ja auch Unterstützung, wie gesagt, durch Schwiegervater zum Beispiel und durch unsere Haushälterin. Also das kriegen wir alles schon hin, aber mit jedem Kind mehr wird es natürlich aufwendiger, klar.
Joel Kaczmarek: Würdest du denn sagen, dass dein Leben mit Familie sich stark verändert hat mit Geld versus ohne Geld?
Gero Decker: Du hast mehr Freiheiten. Geld ist halt kein Constraint mehr. Also es gibt so ein schönes Gleichnis. Damals, da war ich als Student in einem Praktikum und da haben wir in einer WG gewohnt und einer hat schon gearbeitet. Der hat ein richtiges Gehalt verdient, wir waren alle Studenten. Und dann wollten wir wissen, wie ist das denn, wenn man jeden Monat Geld auf dem Konto hat und nicht ständig immer nur knapsen muss. Und dann meinte er, du musst dir das so vorstellen, du kannst in den Supermarkt gehen und du kaufst dir im Supermarkt einfach die Dinge, die dir am besten schmecken. Ohne auf den Preis zu gucken. So muss man sich das vorstellen, wie das Leben mit Geld ist. Also du hast sozusagen ein Constraint weniger. Machst du dadurch grundlegend andere Dinge? Nein. Musst du jetzt deswegen dir eine Yacht kaufen und die Weltmeere schippern, nur weil das reiche Menschen machen? Nein, natürlich nicht. Sondern man macht immer noch die gleichen Dinge und lebt ein sehr, sehr ähnliches Leben. Dieser Constraint ist halt weg. Also du kannst zum Beispiel sagen, ja, vielleicht können wir ja die Schwiegereltern mit in den Urlaub nehmen, weil dann können sie sich manchmal um die Kinder kümmern und wir haben mehr Zeit für uns und wir können denen einfach das Hotel mitbezahlen. Da wäre halt vorher eine riesenlange Diskussion gewesen, in welches Hotel geht man denn jetzt und wer bezahlt was? und haben wir denn jetzt hier die Urlaubskasse sauber getrennt und so. Der stresst dann halt weg und sagt hier, wir übernehmen das alles für euch, wir würden uns freuen, wenn ihr dabei seid, ihr entscheidet euch und dann sind solche Dinge manchmal einfacher.
Joel Kaczmarek: Ich glaube aber nicht, dass das normal ist, so bodenständig zu bleiben. Ich erinnere mich an viele Gründer, die sich als erstes irgendwelche dusseligen goldenen Uhren gekauft haben oder ein Porsche. Also nicht, dass das jetzt irgendwie was Blödes ist, sowas zu tun, aber was hält dich denn so am Boden? Weil also, wenn man die Geschicke deiner Firma verfolgt, dann weiß man, dass du wahrscheinlich jeden Monat dir irgendwie hier fast so ein halbes Einfamilienhaus kaufen könntest und merkst es nicht mal, weil du es aus Zinsen zahlst. Und wenn man dich aber kennt, also ich finde das maximal bodenständig, wie du agierst. Wo kommt das her? Wie hast du dir das bewahrt?
Gero Decker: Das hast du aber jetzt sehr nett gesagt, Joel. Keine Ahnung, weiß ich nicht. Man lebt so, wie man Spaß hat und auch so, wie es kompatibel ist mit den Menschen um einen drumherum. Und warum sollte man dann ganz grundlegend ganz andere Dinge tun?
Joel Kaczmarek: Wie bringst du denn deinen Kindern den Umgang mit Geld eigentlich bei?
Gero Decker: Also erstens, sie kriegen Taschengeld. Der Sohnemann, der sechs ist, ist in der ersten Klasse, der kriegt 50 Cent pro Woche. Und der Große ist in der dritten Klasse, der bekommt zwei Euro pro Woche. Und das können sie entweder sparen oder da können sie sich was von kaufen. Sie sparen meistens und studieren immer den Lego-Katalog ganz fleißig. Und überlegen dann, wie viele Wochen müssen sie sparen, um sich ein bestimmtes Lego-Set zu kaufen. Und so ein bisschen natürlich dieses unternehmerische Denken, dann brainstormet man schon so ein bisschen zusammen, weil sie fragen, wie kann ich denn, ich würde mir jetzt gerne ein größeres Lego-Set kaufen, wie kann ich das denn machen? Und dann überlegt man sich Ideen und so. Könnte ich vielleicht für Nachbarn am Sonntagmorgen Brötchen besorgen und dann irgendwie für ein paar Cent mehr, als dass ich sie einkaufe, sozusagen dann die Brötchen an die Nachbarn weiterverkaufe? Oder mache ich jetzt einen Flohmarkt mit den Dingen, die ich vielleicht nicht mehr ganz so dringend brauche? Was sind denn da realistische Preise? Was sind denn da Leute bereit für auszugeben und so? Also solche Dinge sind halt ganz plastisch und ganz anfassbar für die Kinder. Ansonsten, naja, die kriegen halt schon mit, dass man in einen schönen Urlaub macht zum Beispiel. Das fällt den Kindern natürlich schon auf, aber es ist jetzt nicht so, ich sage mal, bei uns wahrscheinlich jetzt nicht so wahnsinnig offensichtlich anders als bei den Freunden, die unsere Kinder kennen. Also insofern würde ich mal vermuten, dass unsere Kinder nicht den Eindruck haben, dass es bei uns grundlegend anders ist als bei anderen.
Joel Kaczmarek: Woher nimmst du denn aber die Disziplin? Also mir geht es ja manchmal so, mein Sohn stand jetzt gerade darauf, von Lego so ein Super Mario Set zu haben. Da denke ich so, oh ja, da hätte ich selber Bock, mit dem zu spielen. Und dann weißt du, das kostet so 30, 40 Euro. Also wenn ich mir alleine so sein Taschengeld ausrechne, dann weiß ich, das dauert eine Weile, bis er sich das verdient hat. Dann denke ich immer so, also das erfordert ja echt Disziplin. Dann nicht zu sagen, ja, hier komm, nimm die Kreditkarte von Papa und wir gehen mal schnell in den Lego Store.
Gero Decker: Die Antwort ist immer ganz einfach. Man kann sagen, du kannst dir alles wünschen bei deinem nächsten Geburtstag oder zu Weihnachten. Ob du es dann bekommst, steht auf einem anderen Blatt. Aber du kannst dir alles wünschen. Und ich kann dir sagen, wenn du dir ein Lego-Set wünschst zu deinem Geburtstag, dann ist die Wahrscheinlichkeit eher höher, dass es auch tatsächlich kommt, als dass es nicht kommt. Und dann sagen, ja, aber mein Geburtstag ist ja noch neun Monate hin, dann sagst du, ja gut, dann kannst du ja eine Liste machen und die Tage abstreichen, bis dein Geburtstag kommt, ja. Also die haben nicht den Anspruch, die haben nicht das Bedürfnis, dass immer sofort alles kommt. Es gibt so Dinge, da sind wir sehr spendabel, also jetzt zum Beispiel alles rund um Fahrrad, ja. weil ich weiß, es ist gut für die, ist gesund, alles. Oder, keine Ahnung, haben mit einem neuen Sport angefangen und dann stattet man die halt ordentlich aus, dass sie da auch einen vernünftigen Schläger haben oder was auch immer. Das sind dann nicht die Dinge, wo ich dann anfange zu knapsen oder Dinge künstlich zu verknappen. Aber alles, was so, keine Ahnung, Lego, wie gesagt, dafür gibt es dann Anlässe. Und wenn sie sagen, ich hätte jetzt gerne meine Freunde, die haben jetzt eine Spielekonsole, dann sage ich, ja, das ist ja schön. Dann kannst du ja die häufiger besuchen und vielleicht könnt ihr ja zusammenspielen.
Joel Kaczmarek: Ich bewundere deine Disziplin, da bin ich echt schlecht. Ich bin dann immer so, dass ich denke, oh, ich habe eigentlich selber gut drauf. Geht dir nicht so, dass du dir selber verfühlst, dass du selber denkst, oh, den Lego Technik Porsche, den würde ich jetzt selber gerne bauen und so?
Gero Decker: Also wo ich bei Lego Technik schwach werde, ist, weißt du, so Zusatzteile kaufen. Also wir haben letztens so Motoren gekauft mit einer Fernbedienung dabei, weil das ist cool. Das trainiert die Kreativität ungemein und dann können die damit eigene Sachen bauen. Aber ansonsten, wenn ich mir allein die Menge an Lego angucke, die meine Kinder eh schon haben und die haben auch einen Teil meines alten Legos zum Beispiel bekommen, als ich ein Kind war. Also die sind jetzt nicht bei null gestartet. Da kann ich so viele tolle Sachen draus bauen, da brauche ich jetzt nicht ständig ein neues Set.
Joel Kaczmarek: Du hast mir übrigens ja mal beigebracht, als ich gestöhnt habe, du gibst wöchentlich Taschengeld, dass das viel besser sei. Ich habe monatlich immer schon Probleme, weil ich daran denken muss. Warum ist es wöchentlich besser, Taschengeld zu geben als monatlich?
Gero Decker: Weil du hast häufiger einen Touchpoint einfach mit dem Thema Geld. Das sind gleichzeitig kleinere Beträge. Du siehst, wie es sich sozusagen kontinuierlich entwickelt. Und die Gefahr ist jetzt nicht bei uns, dass sie sofort das alles immer ausgeben. Aber wenn, manche Kinder sind so gebaut, dass sie alles immer sofort ausgeben. Und dann ist es halt schon schmerzhaft, wenn du einen Punkt im Monat hast, wo du Geld ausgeben kannst und den Rest des Monats nicht. Da ist es dann wochenweise praktischer, weil dann ist es nicht ganz so unerträglich lang, bis das nächste Mal Cash Injection von 50 Cent kommt.
Joel Kaczmarek: Ja, das ist echt plausibel. Aber deswegen sage ich, du bist so ein bodenständiger Typ. Also ich habe mir angewohnt, meinen Kindern nach Alter Geld zu geben. So mit vier Jahren kriegt sie vier Euro im Monat und mit sieben Jahren eher sieben. Oder du hast mir mal erzählt, dass ich glaube, wenn die die Hecke bei dir mähen oder sowas, dann gibt es Geld.
Gero Decker: Ja, die können sich auch was dazu verdienen. Genau. Also jetzt im Sommer im Garten gibt es immer was zu tun. Hecke geschnitten werden oder Unkraut jäten oder irgendwelche Sachen neu pflanzen oder irgendwie den Brunnen säubern oder was auch immer. Und dann gibt es so eine Staffel. Also Hecke schneiden und einsammeln, das ist schon sehr aufwendig. Das ist dann so, sagen wir mal, ein Euro oder anderthalb oder zwei Euro wert. Unkraut jäten, da sind es dann meistens nicht so lange dabei. Das kommt selten über 50 Cent oder ein Euro hinaus.
Joel Kaczmarek: Aber ich sage ja, ich finde das krass diszipliniert, wie du das machst. Da ziehe ich echt meinen Hut vor. Und haben die wirklich Verständnis dann? Also, weil ich merke das so bei meinen Kids, mein Sohn fängt an zu rechnen, aber da merke ich schon so, dem klarzumachen, so, hey, 80 Euro für so einen fucking Linear-Kotrachen ist richtig scheiße viel Geld. Das sind so und so viele Monate Taschengeld. So, oh ja, ich habe immer so das Gefühl, das versendet sich so.
Gero Decker: Also, schwierig wird es, wenn es um größere Dimensionen geht. Also, die wollen dann auch wissen, wie viel kostet denn ein Auto? Oder wie viel kostet ein Haus? Und da verstehen sie noch, dass das viel Geld ist, weil das kauft man ja und hat dann für lange Zeit. Oder wie viel kostet denn eine Nacht im Hotel? Dann wird es unverständlich, wenn auf einmal eine Nacht im Hotel wesentlich mehr kostet als ein Lego-Set.
Joel Kaczmarek: Und was ist dein Plan, um dafür zu sorgen, dass deine Kinder sich im Leben anstrengen? Man darf ja bei dir sagen, wahrscheinlich müssen deine Enkel, vielleicht sogar deine Urenkel nicht mal mehr arbeiten. Wie willst du es schaffen, dass dein Nachwuchs noch eine Motivation hat, durchs Leben zu gehen, sich wirklich anzustrengen und was zu bewegen, obwohl sie wahrscheinlich nicht müssten, jetzt aus wirtschaftlicher Absicherungssicht?
Gero Decker: Das ist eine sehr gute Frage und die habe ich, glaube ich, noch nicht abschließend beantwortet. Für den Moment gibt es ja eine tolle Institution, die heißt Schule und da lernt man ja auch viele sinnvolle Dinge. Meine sind ja jetzt erste und dritte Klasse und da ist es wichtig, ordentlich mitzumachen und sich anzustrengen und das nicht schleifen zu lassen. Einer der beiden, der tut sich da leichter, der andere ein bisschen schwerer. Ich sage jetzt nicht welcher. welches ist, aber sozusagen so ein bisschen Basis, Grundstock, die Schule, im wahrsten Sinne des Wortes, durch die alle durch müssen, müssen die natürlich auch durch und es gibt so eine gewisse Grundanforderung dort, was getan werden muss. Ansonsten ist natürlich wichtig, auch rauszukitzeln, was macht den Kindern Spaß und worin können sie sich entfalten und wo können sie auch eine Motivation entwickeln, einen spannenden Beitrag zu leisten. Also es ist jetzt noch ein bisschen früh, aber man kann so Bei unseren beiden Jungs schon sehen, einer, der ist sehr, ich sage mal, sozial interessiert, den interessiert, dass es anderen Leuten gut geht. Der andere ist eher, ich sage mal, so dinglich kreativ. Der mag es gerne, Dinge zu bauen oder zu verstehen, wie Dinge funktionieren. Also keine Ahnung, wenn man das extrapoliert, keine Ahnung, wo das dann genau hinläuft. Aber das wird natürlich eine schwierige Nummer, diese Balance zu finden, dass man nicht das Gefühl hat, egal wie sehr ich mich in meinem Leben anstrenge, Es wird nie sozusagen einen signifikanten Impact haben über das hinaus, was ich vielleicht familiär schon mitbekommen habe. Und dann ist natürlich auch die Frage, wie viel und zu welchem Zeitpunkt gebe ich Dinge weiter an die Kinder. Es gibt ja auch die Schule, die sagt, an Kinder soll finanziell gar nichts weitergegeben werden. Sie sollen eine vernünftige Ausbildung bekommen, die sollen mit Selbstvertrauen ins Leben geschickt werden, die sollen darin unterstützt und bestärkt werden, was sie interessiert und was sie antreibt. Aber Geld, das wird schön bis zum letzten Cent gespendet oder sonst irgendwie und geht gar nicht an die Kinder weiter, weil es sie nur kaputt macht oder falsches Levelset. Da sind wir jetzt noch nicht in der Situation, uns da entscheiden zu müssen.
Joel Kaczmarek: Wäre das eine Überzeugung, die du auch anhängst?
Gero Decker: Ich meine, man kennt es ja von sich selber. Stell dir vor, du kommst aus der Schule raus und sagen wir mal, jetzt gehst du an die Uni, das ist der Weg, den ich gegangen bin. Und stell dir vor, du hast dann schon einen Startpunkt von x Millionen Euro. So, dann kannst du dir ausrechnen, wenn ich in den Job gehe, der durchschnittliche Startjob aus der Uni heraus, sagen wir mal, Einfaches Rechenbeispiel, 50.000 Euro verdiene ich im Jahr minus Steuern und Sozialabgaben und vielleicht entwickelt sich das über die Jahre ein bisschen. Und ich habe auf der anderen Seite da x Millionen Euro stehen. Das steht ja niemals, es wird niemals im Verhältnis stehen, was ich mit meiner eigenen Arbeit schaffen kann. Das ist dann womöglich ein Prozentpunkt dessen, was ich in einem Jahr beitragen kann gegenüber dem, was ich schon sozusagen geschenkt bekomme. Das ist ja schon Krass, wenn ich weiß, dass egal, wie sehr ich mich anstrenge, in meinem Leben lang weniger verdienen werde als das, was ich gerade geschenkt bekomme. Also da einfach reinversetzt kann ich mir vorstellen, dass das einfach sehr, sehr schwierig ist. Auf der anderen Seite, wenn ich das Gefühl habe, da passiert auch was Sinnvolles mit dem Geld und das wird sinnvoll eingesetzt, also in meinem eigenen Fall. hätte ich jetzt wahrscheinlich auch kein Problem gehabt, Geld anzunehmen, wenn ich zum Beispiel meine eigene Firma gründe und ein Teil der Finanzierungsrunde kommt sozusagen aus privater Quelle und ein anderer Teil wird aufgefüllt durch professionelle Geldgeber, hätte ich jetzt auch kein moralisch-ethisches Problem, das anzunehmen. Und es hätte jetzt wahrscheinlich auch keine riesen Auswirkungen auf meine Motivation gehabt oder auf den Ansatzpunkt. Aber das jetzt sozusagen so einfach rein subjektiv aus meinem Weg heraus.
Joel Kaczmarek: Ich habe von meiner Notarin neulich mal gelernt, das ist eigentlich ganz interessant, dass sie meinte, hat mir so meine Frau gesagt, Maike, Geld ist auch eine Last. Und ich meinte, wieso denn? Aber wenn man Geld hat, hat man doch gar keine Sorgen. Und dann meinte sie so, ja, du kannst dir vielleicht alles leisten, aber Geld ist eine Belastung. Und dann meinte sie, was meinst du denn damit? Naja, die Leute fangen an darüber nachzudenken, was kann ich tun, damit das mehr wird und um Gottes Willen nicht weniger. Wie gebe ich das meinen Kindern? Mache ich was Sinnvolles mit dem Geld? Hast du diese Erfahrung auch gemacht, dass Geld und Besitz manchmal Last ist?
Gero Decker: Nee. Das belastet mich nicht.
Joel Kaczmarek: Aber man versteht den Gedanken, oder?
Gero Decker: Naja, es gibt vielleicht andere Überlegungen im Sinne von zum Beispiel persönliche Sicherheit. Wollen jetzt irgendwie andere Leute mir was Böses, weil ich mehr Geld habe? Und ja, nachdem wir Anteile verkauft haben, hat meine Frau auch gesagt, hey, lass uns nochmal eine Überwachungskamera vor dem Haus installieren. Ich habe gesagt, das ist doch totaler Wumpitz. In Berlin passiert nichts. Wir sind ja nicht hier irgendwo sonst wo, in Mexico City oder so. Aber das ist auch so das Einzige.
Joel Kaczmarek: Gut, lieber Gero, auch wenn es mir schwer fällt, mich für heute zu trennen, soll es das erstmal gewesen sein, weil ich glaube, es ist ein ganz guter Zeitpunkt, um mal einen Break zu machen. und beim nächsten Mal, du hast ja schon gesagt, du kommst nochmal wieder, das ist cool, da freuen wir uns drauf, reden wir mal ein bisschen darüber, wie sieht eigentlich so ein typischer Tag bei dir aus, wir wollen mal ein bisschen mit dir über deinen Führungsstil reden, vielleicht schaffen wir auch das Thema Burnout mal anzureden, weil ich habe gelernt, da bist du ja total immun gegen und wie du das machst und wie du eigentlich so Lernen, Ziele setzen und all das verbindest, da bin ich total neugierig drauf. und für heute schon mal ganz lieben und herzlichen Dank, lieber Gero und bleib gesund.
Outro: Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.