Hinter den Kulissen des Erfolgs von RatePay-CEO Nina Pütz

9. Januar 2023, mit Joel Kaczmarek

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Intro: Digital kompakt. Heute aus dem Bereich Selbstoptimierung mit deinem Moderator Joel Kaczmarek. Los geht's.

Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von Digital Kompakt und heute darf ich wieder einer erfolgreichen und gleichermaßen auch intelligenten und charmanten Person auf den Zahn fühlen, nämlich die liebe Nina Pütz ist heute bei mir von Raidpay. So und ich finde ja immer besonders spannend, wenn man als Frau erfolgreich in einer männerdominierten Branche ist, was leider leider die Finanzwelt oft ist, dass man da vielleicht auch nochmal ganz spezielle Learnings hat. Aber insgesamt interessiert mich bei Nina natürlich, was hat sie eigentlich so erfolgreich gemacht? Was versteht sie als Erfolg? Und ich gleiche dann immer gerne ab, wie sieht denn eigentlich Glück und Zufriedenheit auf der anderen Achse aus? Geht das Hand in Hand? Wo sind dann Nähen? Und wenn wir heute fix sind, schaffen wir es vielleicht auch, sie mal so ein bisschen durch einen typischen Arbeitsalltag von ihr zu begleiten, um auf das Thema Work-Life-Balance, weil dabei geht es ja so ein Stück weit, bei Erfolg und Glück hinzukommen. That being said, also, liebe Nina, moin moin, schön, dass du da bist.

Nina Pütz: Herrlich, freu mich.

Joel Kaczmarek: Sowieso das erste Mal, dass wir sprechen, ne? Meistens kenne ich die Form der Leute immer schon in- und auswendig, aber du und ich das erste Mal in mehr Länge.

Nina Pütz: Ja, guck mal. Und jetzt endlich.

Joel Kaczmarek: Meine Kick-off-Frage ist dann auch mal sehr, sehr gerne wie angedroht, was Leute eigentlich unter Erfolg verstehen. Wie ist es bei dir? Was sagst du, wann betrachtest du dich als erfolgreich?

Nina Pütz: Also ich meine, wenn du mal so im Duden guckst, die Definition irgendwie von Erfolg, dass es das positive Ergebnis einer Bemühung ist, kann man jetzt mal wissenschaftlich sagen, so ist es bei mir auch. Aber für mich bedeutet Erfolg, dass ich sowohl meine privaten Ziele, die ich mir stecke, als auch meine geschäftlichen Ziele erreiche und dann irgendwann, also je nachdem, um was es jetzt geht und was ich mir definiert habe, sage, so, jetzt kann ich das von meiner Liste haken. Und das löst bei mir, also ich bin als Typ so ein klassischer J, so ein J in Myers-Briggs. Das heißt, ich kriege sehr viel Energie davon, strukturiert Dinge zu planen und dann Listen zu führen und die dann auch tatsächlich abzuhaken. Und es gibt mir ganz viel, wenn ich irgendwelche Dinge geschafft habe, die ich dann tatsächlich wegstreichen kann. Und das ist im Geschäftlichen zum Beispiel, dass ich die finanziellen Ziele erreiche von der Firma, für die ich jetzt arbeite. Das ist jetzt ganz klar meine Rolle als CEO. Aber früher, so in den ersten Jahren, waren das ganz andere Dinge. Das war dann vielleicht ein Projekt abschließen, ein bestimmtes Umsatzziel zu erreichen, einen bestimmten Händler zu gewinnen, eine bestimmte Kundengruppe glücklich zu machen oder den NPS um so und so viele Punkte zu verbessern. Und im Privaten ist es dann Wenn es jetzt zum Sport geht, ich habe vor ein paar Jahren mal mit Reiten angefangen und das habe ich zwei Jahre durchgezogen. Da wollte ich dann unbedingt ein Reitabzeichen machen oder beim Skifahren das und das machen. Also kommt eben völlig drauf an.

Joel Kaczmarek: Ich spitze es ja immer gerne so zu, dass ich sage, wenn dich morgen ein Bus umfährt und du stehst vor Petrus und der sagt, na wie war's? Und du sagst, ja, erfolgreich, mega. Oder umgekehrt, also alles Gott bewahre, ich klopf auf Holz. Man kriegt eine schlimme Krankheit, liegt auf dem Sterbebett und dann immer so dieser Classic, was Leute dann bereuen, nicht getan zu haben. Was wäre da so deine Bucketlist, wo du sagst, ich bin erfolgreich? Weil was du gerade beschrieben hast, das ist ja so, kannst ja auch als Ziel setzen, du willst die Büroräume um 20 Prozent vergrößern, aber das muss nicht unbedingt ein Erfolg sein. Weißt du, was ich meine?

Nina Pütz: Ja, du hast völlig recht. Also vielleicht müssen wir Erfolg da auch nochmal in Zusammenhang zu persönlichem Glück setzen. Weil für mich liegt es eng beieinander. Also du kannst erfolgreich sein und ganz simpel sagen, wie gesagt, die Büronummer, du ziehst um oder sonst irgendwas. Aber wenn es jetzt ums Sterbebett geht, machen wir uns mal nichts vor, da geht es nicht, also zumindest in meinem Fall jetzt nicht über meine berufliche Karriere, sondern ich bin dann erfolgreich in meinem Leben gewesen. Wenn ich ein Footprint hinterlassen habe und für mich ist es, meine Kinder sind mein größtes Glück, wenn ich das schaffe, dass meine Kinder zufrieden und glücklich und gefestigt durch ihr Leben gehen, dann ist es der Erfolg, allein dafür hat es sich dann schon gelohnt, hier zu sein.

Joel Kaczmarek: Ich überlege ja gerade, ob sich da nicht die Hypothese ableiten lässt, dass du den falschen Beruf hast.

Nina Pütz: Ich habe tatsächlich das ganz, ganz große Glück, dass ich unglaublichen Spaß habe an dem, was ich tue. Und deswegen ist es zwar ein Beruf, den ich mache, aber meine Arbeit kommt mir ganz oft nicht als Arbeit vor. Also ich bin jetzt nicht jemand, der sonntags abends eine Depression kriegt und denkt, oh Gott, jetzt ist wieder Montag und jetzt muss ich wieder ins Büro und wieder arbeiten. Sondern ich kriege unglaublich viel Energie daraus mit meinem Team. um Dinge zu erarbeiten, zu lösen, Probleme zu lösen, wo man drauf guckt und denkt, mein Gott, das ist alles hier Krise, da Krise, hier ein Riesenproblem und dann da einfach anzugehen, so jetzt erst recht und sich dann hinterher zu überlegen, guck mal, das haben wir jetzt gemeinsam erreicht. Insofern verschwimmt es so ein bisschen bei mir. Trotzdem ist so der Mensch Nina Pütz, die Person Nina Pütz definiert sich nicht über ihren Beruf, sondern ganz klar das, was mich ausmacht als Person sind meine Familie, meine Freunde, das ist so mein soziales Umfeld.

Joel Kaczmarek: Warum ist das so? Weil normalerweise sind ja Menschen, die so unternehmerisch tätig sind wie du. Vielleicht bist du aber auch eher über so eine managende Rolle in eine unternehmische Rolle reingewachsen, dass die sagen, ich habe so ein Purpose, ich will Impact hinterlassen, es gibt was, was mich nervt in der Welt, das will ich ändern und dann ist das gleich so eine Mission. Das haben ja ganz viele, die sonst auf solchen Ebenen schweben wie du.

Nina Pütz: Vielleicht liegt es daran, dass ich mir am Anfang meiner Karriere oder im Studium nie gesagt habe, ich möchte CEO werden oder ich möchte gründen oder ich möchte das und das werden, sondern Bei mir war das tatsächlich immer so, ich habe zum Beispiel während meines Studiums unglaublich viele Praktika gemacht und nach jedem Praktikum wusste ich, boah, das möchte ich nicht tun. Und auch nach dem Studium, also ich habe an einer Business School studiert und da sind so die Hälfte der Leute ganz klassisch ins Investmentbanking gegangen und die andere Hälfte hat bei McKinsey oder BCG angefangen. und ich stand da und habe gedacht, boah, nee, also ich habe da keine Lust drauf, das ist nicht das, da lacht mein Herz nicht, das kann ich machen, aber Da richtig glücklich werde ich da nicht. Und dann hatte ich den Vater von meinem damaligen Freund, der mir immer gesagt hat, Nina, such dir nie einen Job aus, nie einen Beruf aus nach dem Geld, sondern entscheide dich immer für das, was dir Spaß macht. Und dann kommt der Rest irgendwann von alleine. Und ich weiß nicht mehr, da war ich Anfang 20. Ich habe das immer beherzigt und ich bin immer sehr, sehr gut damit gefahren. Und natürlich haben mich meine Kommilitonen damals total belächelt und haben gesagt, Gott, jetzt fängst du da an. Im Retail an, was willst du denn da machen, da verdienst du ja gar nichts. Und dann habe ich mir aber gesagt, nee, aber guck mal, ihr habt alle keine Lust auf das, was ihr tut und ich habe riesen Spaß. Und das habe ich immer durchgezogen und habe dann tatsächlich, in so einem Leben hast du bestimmte Scheidewege, wo du rechts und links gehen kannst, ob das jetzt mit bestimmten beruflichen Entscheidungen ist oder anders. oder in meinem Fall auch mal Chefs, denen ich dann ausgewichen bin. Und ich habe aber immer dieses Thema beherzigt, ich mache das, woran ich Spaß habe und ich sage auch mal nein. Dann habe ich auch einfach Glück gehabt und es kam irgendwie mehr und mehr dazu. Und ich hatte dann tatsächlich In meinen 30ern ein Chef, der gesagt hat, Nina, du bist unglaublich gut mit Menschen, in der Führung mit Menschen und du musst da viel mehr machen. Und der hat mich eigentlich zu meinem Glück gezwungen, damals zu Brands for Friends zu gehen und hat mich da wochenlang regelrecht belatschert, dass ich diese Rolle annehme. Und das war insofern mein großes Glück, als dass ich ins unternehmerische Doing gekommen bin und festgestellt habe sehr schnell, dass ich da einen ganz anderen Impact hinterlassen kann, als ich es vorher hatte. Vorher war ich ein Zahnrad im großen Konzern, da macht man sich nichts vor, da sind auch Europachefs zahnlose Tiger, weil sie zwar auf dem Papier eine P&L haben, aber doch nicht wirklich Weil wenn sie eine Entscheidung treffen, tatsächlich das nicht immer unmittelbar in ihrer P&A sehen. Und ich habe dann eben in diesem mittelständischen Umfeld sehr schnell gemerkt, dass ich ganz viel bewegen kann und ganz viel erreichen kann und dass ich da viel Energie draus ziehe. Und so kam eben immer eins zum anderen und ich habe mir nie gesagt, ich will jetzt hier CEO werden. Es kam einfach. Und jetzt habe ich das große Glück, dass ich natürlich auch teilweise ein bisschen wählen kann und mir die Dinge auch aussuchen kann, die ich mache. Aber ich halte immer noch daran fest, dass ich mir eine Rolle aussuche, weil sie mir Spaß macht und nicht, weil das jetzt ein Gehaltspaket von X ist. Wenn es mir darin gehen würde, würde ich ganz was anderes machen.

Joel Kaczmarek: Hattest du denn die ganze Zeit Menschen, zu denen du aufgeschaut hast? So Rollenbilder, Vorbilder oder vielleicht auch nochmal der Zuspitzung MentorInnen?

Nina Pütz: Ja, ich hätte mir mehr Mentoren oder Mentorinnen gewünscht. Ich hatte das große Glück, dass ich viele gute Chefs und Chefinnen hatte, von denen ich lernen konnte. die mich mitgezogen haben, aber es war nie so eine große Überrolle oder so ein Role Model, zu dem ich aufgeschaut habe, sondern ich habe immer

Joel Kaczmarek: früh

Nina Pütz: mir Leute angeguckt und habe mir gesagt, so die Chefin hier, die macht das Thema besonders gut und der Chef hier, der ist darin richtig gut. Und umgekehrt habe ich auch gesagt, diese Themen hier in der Führung, die finde ich nicht gut, so möchte ich es nicht machen, ich möchte es gerne anders machen. Und habe aus einem bunten Blumenstrauß, einem bunten Mosaik von Führungskräften, von Liedern gelernt. Und natürlich gab es so einen, so einen Steve Jobs, wenn der eine Rede gehalten hat und besonders diese berühmte Stanford-Rede, die er damals gehalten hat, die saßen natürlich. Das fand ich auch immer sehr inspirierend. Aber es gibt nicht so die eine Person. Ich bin ja in einer Familie aufgewachsen, in der auch meine Mutter gearbeitet hat. Also ich kannte das von zu Hause. dass ich zwei Eltern habe, die arbeiten gehen, aber meine Mutter war immer fünf Minuten, bevor wir zu Hause waren, von der Schule war die wieder da. Also wir haben es nicht so richtig gemerkt, aber ich wusste schon, da ist jemand und die ist auch selbstständig und hat eine gewisse Form der Unabhängigkeit, die ja für die Generation jetzt nicht so alltäglich war. Insofern habe ich das natürlich zu Hause auch schon ein bisschen mitbekommen.

Joel Kaczmarek: Erzähl mal, wo bist du denn geboren und was war das für eine Familie?

Nina Pütz: Ich bin in Berlin geboren, Ende der 70er Jahre, fast an der Mauer. Also ich kenne noch das geschlossene Berlin mit diesem ewigen Anstehen an der Grenze, wenn wir Ferien hatten. Also Reisen haben immer sehr, sehr lange gedauert. Also du warst auf der Westseite? Und ich habe, wie gesagt, mein Vater ist Arzt. Ich komme aus einer Arztfamilie. Auch mein Großvater ist Arzt. Der hat damals die Kassenärztliche Vereinigung mitgegründet. Meine Mutter hat als MTA auch immer im medizinischen Bereich gearbeitet. Mein Bruder ist Physiotherapeut geworden. Ich bin irgendwie die Einzige, die da anderen Weg gegangen ist. Aber wir haben eben so eine kleine Familie, zwei Kinder, total behütet. So bin ich eben aufgewachsen. Aber mit einer Mutter, die arbeitet und trotzdem es schafft, irgendwie einen großen Freundeskreis zu pflegen und irgendwie einen Haushalt zu machen. Also das habe ich halt gesehen in meiner Kindheit.

Joel Kaczmarek: Was hat das mit dir gemacht?

Nina Pütz: Ja, und es hat bewusst nicht viel gemacht, aber ich habe eben gesehen, dass man das als Frau auch schaffen kann. Ich hatte nie so eine Situation in meinem ganzen Leben eigentlich, dass ich mich gefragt habe, oh Gott, kann ich das jetzt schaffen oder ist das möglich oder so. Sondern ich weiß auch nicht, ich habe so ein ganz tiefes Urvertrauen immer schon gehabt und null Ängste. Ich bin unglaublich angstfrei aufgewachsen. Was mir immer geholfen hat, guck mal was passiert. Ich habe mir immer gesagt, das Schlimmste, was passieren kann, zum Beispiel bei einer beruflichen Entscheidung, ist, dass man mich rausschmeißt. Ja, so what, dann mache ich was anderes. Aber solange ich mir auch immer sagen kann, ich gebe jeden Tag mein Bestes und ich gebe mir Mühe, komme ich damit gut klar. Das ist vielleicht auch so ein Ding aus dem Leistungssport. Also ich habe über viele, viele Jahre Leistungssport gemacht, Segeln. Und das hat mich natürlich auch geprägt. Ich glaube, da habe ich so eine Grundresilienz. habe ich da einfach erhalten. Weißt du, wenn du irgendwie mit elf Jahren bei drei Meter oder dreieinhalb Meter Welle auf der Ostsee in so einer kleinen Nussschale in so einem Optimistensegels und dann kenterst und da kommt diese Dänemark-Fähre immer an und du kenterst in der Fährlinie, da ist keiner, der dich da rausholt, sondern du musst halt zusehen, dass du schnell das Ding aufregst, ausschöpfst und da wegkommst, weil sonst bist du halt weg vom Fenster. Die hält nicht an. Und ich glaube, das hat mich auch immer viel geprägt, dass ich Das ist aber krass.

Joel Kaczmarek: Also ich weiß, Florian Heinemann hat mit mir mal ganz lebhaft darüber diskutiert, dass er meinte, ja, wenn jemand zum Beispiel Schwimmer war in seiner Kindheit, das ist immer ein gutes Zeichen, dass das gute Unternehmer werden, weil die halt so diese Resilienz haben und sich auch quälen können und so weiter und so fort. Also scheint ja was dran zu sein, ja?

Nina Pütz: Ja. Da ist definitiv was dran. Also es ist auch ganz lustig, bei Raidpair haben wir auch ganz viele Sportler in unserem Management-Team. Und du merkst einfach so jemand, der über Jahre so hart trainieren musste und Schule nebenbei und dann irgendwie auf Weltmeisterschaften gefahren ist, die haben ein anderes Durchhaltevermögen. Die gehen anders mit Problemen, mit Krisen um und halten einfach ganz anders durch. Du brauchst ja auch Disziplin. Das lernt man halt über so einen Leistungssport.

Joel Kaczmarek: Bist du ein kompetitiver Typ?

Nina Pütz: Total. Und das ist auch irgendwie, kann man sagen, da bin ich total komisch. Aber bei mir war das schon in der Grundschule so. Da bin ich noch gar nicht, da hatte ich noch gar nicht mit dem Segeln angefangen. Das war schon vorher, dass wir zum Beispiel damals, bist du immer im Leichtathletik 50 Meter gelaufen. Und für mich war klar, ich muss das Ding gewinnen. Es geht nicht, dass irgendjemand anders schneller läuft als ich. Und das hat auch meistens geklappt. Und wenn es nicht geklappt hat, dann war ich nicht so jemand, viele Jungs im Alter, die schmeißen ja die Schläger, da fliegen die Hockeyschläger, die Tennisschläger durch die Gegend. Das war bei mir nicht so, aber ich war so leise kompetitiv. Ich habe mich dann maßlos darüber geärgert, habe aber versucht, es mir nicht anmerken zu lassen.

Joel Kaczmarek: Das ist ja auch so ein Motiv. Ich habe das auch und ich versuche es ja immer mir zu erklären oder ob es eigentlich einen Sinn hat, weil ich bin ja auch großer Formel-1-Fan. Und bei Formel-1 hast du eine charming Sache, das ist sehr ehrlich. Also du rennst gegen die Uhr und die Uhr lügt nicht, nie. Du kannst natürlich ganz viele Sachen haben, das Auto ist schlecht oder es ist so ein Teamless und bla bla, aber es gibt einen Gewinner und gegen die Uhr. Und die sind ja irre. Also ich habe gerade so ein Interview wieder gehört von Nigel Mansell, der eine Saison mit einem gebrochenen Fuß gefahren ist, weil das heilen drei Monate gedauert hätte und er ist Weltmeister geworden. Und dann sitzt du so da und denkst dir so, ist es das eigentlich wert? Warum macht man das eigentlich? Hast du so ein Motiv für dich hinter kompetitivem Verhalten entdeckt?

Nina Pütz: Nee, ich habe da kein Motiv, aber es ist so in mir drin. Also es lachen unsere Freunde immer, dass ich mich zum Beispiel mit meinem Mann beim Skifahren immer bette. Also so, ja, dass wir dann so, wer ist da schneller? Aber das macht mir einfach unglaublichen Spaß. Ich glaube, im beruflichen Kontext hilft es mir ganz stark dabei, Probleme zu lösen und zu sagen, wo andere vielleicht aufgeben, sage ich dann so, jetzt erst recht. Und jetzt will ich hier insofern gewinnen und ich mache jetzt hier einen Fokus und immer mit dem Wettbewerb, mit Spielen, den Konkurrenten irgendwie im Blick, um dann da in meinem Fall auch einen besonderen USP zu erarbeiten. Ich habe es immer schon in mir gehabt. Ich weiß gar nicht, woher es kommt. Es kommt auch bei jedem Persönlichkeitstest, kommt es als Top-3-Merkmal irgendwie raus.

Joel Kaczmarek: Weißt du eigentlich, wo sowas herkommt? Ich muss mich auch so daran erinnern, wenn ich an meine Kindheit oder Jugend auch zurückdenke, ich weiß noch, mein Fahrlehrer hat immer über mich abgekotzt, weil ich immer mit einer Hand gefahren bin. Und dann meinte er, was machst du da? Und dann sage ich, ja, ich fahre Auto. Ja, aber wieso, wo ist denn die zweite Hand? Ich sage, du bist ja hier auf der Schalthebel. Ja, aber nimmst du die mal ans Lenker? Ich sag, wieso? Mein Vater macht das auch nicht. Ja, dein Vater fährt auch schon 30 Jahre Auto und du seit irgendwie drei Tagen. Ich sag so, ja und? Ist doch egal, muss ja können. Ist doch, wenn da die Leistung ist, will ich das machen. Das hat man sich damals nicht so übersetzt, aber ich hab das in so vielen Ebenen, dass ich das hab. Und ich kann aber gar nicht sagen, woher. Weißt du, wo sowas herkommt? Was die Geburtsstunde ist?

Nina Pütz: Ja, das ist tiefenpsychologisch in irgendeiner Form sicherlich ein Streben, Nach Anerkennung oder Geltung wirft mir mein Mann immer im Streit vor, sagt immer, Nina, du hast ein Geltungsbedürfnis, das ist unerträglich. Wo ich dann immer sage, du spinnst ja wohl. Aber nein, es ist tatsächlich so, es gibt ja so wahnsinnig kompetitive Menschen. Und dann guckst du dir Usain Bolt an, da kann man sich auch fragen, wie macht der das? Aber es sind sicherlich unterschiedlichste Faktoren, die da zusammenspielen. Aber einer ist sicherlich auch, dass man Energie daraus zieht, etwas gut abzuschließen und in irgendeiner Sache eben gut zu sein.

Joel Kaczmarek: Was die meisten Leute aber immer vergessen ist, wenn man so erfolgreich sein will, es hat auch einen gewissen Preis. Also in dem Beispiel eben zum Beispiel der Rennfahrer, der eine ganze Saison unter Schmerz mit einem gebrochenen Fuß fährt. Oder vielleicht auch mal die Führungskraft, die immer alleine in der Mensa sitzt. Oder die Gesundheit, die leidet. Oder, oder, oder. Gab es bei dir Preise, die du für deine Erfolge gezahlt hast?

Nina Pütz: Ja, viele. Also wenn wir beim Sport bleiben, Leistungssport bedeutet Verzicht. Ganz normal. Also meine Freunde haben in der Pubertät gefeiert und waren auf Partys und ich bin irgendwo rumgefahren in einer Pampa zu irgendeinem Meer oder einem großen See und bin eine Wettfahrt gesegelt und war um zehn im Bett, damit ich am nächsten Tag fit bin. Und die anderen haben eben Party gemacht. Also auch das ist eine Form von Verzicht. und jetzt in meiner jetzigen Rolle oder auch so im Laufe der Karriere ist es natürlich so, ich habe meinen Job nie in 40 Stunden geschafft. Keine Chance. Also auch das ist automatisch schon Verzicht, weil der Tag hat eben nur 24 Stunden und automatisch je länger, je mehr Zeit du mit deinen beruflichen Sachen verbringst, desto weniger Zeit hast du vielleicht für andere Dinge. Und ich habe zwei Kinder, zwei relativ kleine Kinder noch, also die sind sieben und zehn und ich bin nicht ständig zu Hause. Ich bin halt viel unterwegs und das ist der Verzicht, den ich habe. Oder frag mich mal, wann ich das letzte Mal ein Buch oder super viele Bücher gelesen habe. Ich bin abends so müde, da sitze ich nicht mehr und schaffe noch anderthalb Stunden zu lesen, da schlafe ich ein. Und ich mache auch nicht viermal die Woche Sport, was ich total gerne machen würde, was mir gut tut, sondern ich schaffe eben nicht ganz so viel. Also das ist so eine gewisse Form des Verzichts, die kommt halt damit. Und da habe ich mich phasenweise auch schwer getan, gerade so mit dem Thema, wie bringe ich jetzt Familie und dieses intensive Arbeiten irgendwie in einen Einklang. Und bin damit mittlerweile sehr im Reinen, weil ich für mich akzeptiert habe, dass ich unterschiedliche Rollen spiele. Und ich kann nicht in allen Rollen gleichzeitig zu jeder Zeit perfekt sein. Heißt, wenn ich jetzt in meiner Rolle als Mitarbeiterin oder Chefin oder Kollegin da alles gebe, dann kann ich nicht zeitgleich die perfekte Ehefrau oder die perfekte Mutter sein. Es ist nicht möglich. Es ist aber auch völlig okay, wenn dem nicht so ist. Und wenn ich bei meinen Kindern bin am Wochenende. dann gucke ich auch mal nicht auf. Also ich sehe mein Handy nicht und dann passiert es eben mal ein paar Stunden und dann ist das dann eben jetzt mal nicht da. Also das ist bei mir jetzt ganz klarer Fokus und eine strikte Zeiteinteilung, mit der ich mich gut arrangiert habe mittlerweile.

Joel Kaczmarek: Ich könnte mir vorstellen, dass jetzt ganz viele Frauen, die dir gerade zugehört haben, sich fragen, wie kommst du denn aber von dieser emotionalen Bürde weg? Weil ich beobachte das bei meiner Frau auch oft, genau dieses Streben, das ist ja auch noch in alten Rollenbildern geprägt, also so gefühlt 50er, 60er Jahre angelegt und so, dass man sagt so wie Warum hast du denn dann Kinder, wenn du dann gar nicht für die da bist? Oder ach, so machst du das? Also dieses Gefühl, eine schlechte Mutter zu sein, das ist ja bei ganz vielen so ein Wackerstein auf den Schultern. Also auch für Väter, vielleicht immer nicht nur für Mütter auch, ja, aber wie hast du das denn verarbeitet bekommen?

Nina Pütz: Ja, indem ich mich irgendwann von diesem gesellschaftlichen Druck gelöst habe. Weil den hast du. Also das ist ganz normal. Was meinst du, wie oft ich gefragt wurde in der Kita oder in der Schule, wie jetzt? Du bist nicht da oder du bist nicht in Berlin oder so. Da werde ich abfällig angeguckt. Und dann hast du zwei Möglichkeiten. Entweder du ziehst dir den Schuh an und kannst eigentlich nur noch heulen als berufstätige Frau, weil es alles so schrecklich ist und man nichts gerecht wird. Oder man sagt so, ich habe jetzt so viel Zeit, jetzt bin ich da, jetzt ist die Zeit mit den Kindern oder für die Schule oder für die Schulveranstaltung oder was auch immer das ist, da zu sein. und jetzt arbeite ich. Und du brauchst ein dickes Fell, weil du musst damit klarkommen, dass manche Leute dich doof finden. Die finden mich doof, die finden meinen Erziehungsstil jetzt bei den Kindern doof. Also du bist nicht everybody's darling. Das ist aber auch völlig okay. Und wenn du dann mal aus Deutschland rausgehst und in andere Länder schaust, da ist es ja gang und gäbe. Also ich meine, in Frankreich, da wirst du schief angeguckt, wenn du irgendwie nicht arbeitest als Frau. Meine amerikanischen Kolleginnen, die waren nach sechs Wochen im Büro und die Kinder waren zu Hause, die Babys. Und die sind dann immer alle zwei Stunden abpumpen gegangen auf der Toilette. Und da hat die keiner schief angeguckt. Es war einfach kulturell unruhig. War das schon so akzeptiert? Das ist einfach so. Und da sind wir halt in Deutschland noch ein paar Jahre hinterher und ich sage immer nur jedem, macht euch doch mal frei von diesen gesellschaftlichen Konventionen, sondern macht euer eigenes Ding. Und mittlerweile, also wenn ich mir die junge Generation angucke, die ist da ja schon viel besser. Also die Jeansette zum Beispiel, da ist es ganz klar interessant. Das ist immer Equal Parenting. Man entscheidet sich gemeinsam Kinder zu kriegen und man macht das auch gemeinsam. Wieso geht nur der Mann arbeiten und die Frau bleibt zu Hause und hat den ganzen Stress mit und dann rutscht in die Teilzeitfalle und und und.

Joel Kaczmarek: Neulich hatte ich ein Beispiel, da hat mir auch ein befreundeter Unternehmer erzählt, dass seine Frau irgendwie gerade das dritte Kind gekriegt und die ist dann auch mal Geschäftsreise gewesen. und dann saß sie im ICE von München nach Berlin und pumpte halt ab. Und ich konnte mir das Bild richtig vorstellen, wie er meinte, ja, dann sitzt sie halt in so einem Vierer-Ding da und dann kommt der Nachbar und dann sagt, was soll das, können Sie nicht mal auf Toilette gehen? Dann sagt sie, nee, soll ich jetzt hier 20 Minuten die Toilette blockieren oder was? Ja, aber was soll denn das? Und unangenehm und öh, also das ist so das eine. Und er meinte auch, am würstigsten ist, wenn du am Flughafen bist, wenn die dann da kommt, legt ihre Sachen hin und legt dann die Milchbeutel hin. und dann sagt sie, was ist denn das für eine Flüssigkeit? Ja, das ist meine Milch, die habe ich gerade abgepumpt. Ja, aber wo ist denn das Baby dazu? Ja, deswegen habe ich es doch abgepumpt, sie denn. Also das kann ich mir lebhaft vorstellen. Ja.

Nina Pütz: Ja, aber guck mal, und da sind wir auf einem guten Weg jetzt im Vergleich schon, aber wir haben auch noch einen weiten Weg vor uns.

Joel Kaczmarek: Aber im Prinzip auch ein weiterer Preis eigentlich, den du gerade ganz schön beschrieben hast. So dieses bisschen soziale Sanktionen und vielleicht auch Neid, dann irgendwie so, du bist in einem anderen Wertesystem, als das viele in der Gesellschaft leben und deswegen wirst du bewertet. Wie war das denn bei dir auch mit Neid oder auch mit dem Thema Frau in der Geschäftswelt? War das für dich ein Thema, dass du das Gefühl hattest, ich weiß nicht, du hast es vielleicht schwerer gehabt oder leichter oder es gab mehr Konflikte oder wie fühlte sich das sonst so an?

Nina Pütz: Also ich habe ein ganz, ganz großes Glück gehabt, dass ich in einem amerikanischen Konzern erwachsen geworden bin, 15 Jahre lang, der da schon Anfang der Nullerjahre unglaublich fortschrittlich war. Und da muss man wirklich sagen, es hat nie eine Rolle gespielt, ob ich jetzt eine Frau oder ein Mann bin oder was für eine Kultur ich habe, wer was für eine Nationalität, es war nie ein Thema. Und da war ich in so einer Lucky Bubble drin. Also innerhalb dieses Mikrokosmoses hat es keine Rolle gespielt. Es war aber immer draußen, gesellschaftlich. Und wenn ich mich in meinem engen Freundeskreis umschaue, sind alle top ausgebildet. Die Frauen da, die haben promoviert, die waren an Top-Universitäten. Und die haben bis zu dem Zeitpunkt, wo die Kinder kamen, unglaublich Karriere gemacht und waren auch total ehrgeizig. Und dann haben sie für sich irgendwann aber auch selber die Entscheidung getroffen, ich möchte das jetzt nicht für mich. Ich möchte mir den Stress gar nicht antun. Und die haben dann schon manchmal gesagt, nee, na Mensch, warum mach ich das? Machst du das denn? Also warum tust du dir das denn an? Du könntest dir doch alles viel leichter machen. Und da sage ich immer, nee, ich mache das, weil ich es möchte. Es ist meine Entscheidung. Ich mache das nicht, weil ich es muss, sondern ich möchte das so. Und ich bin damit total glücklich. Ich habe mal vor Jahren ein Buch gelesen. Das heißt Das Geheimnis glücklicher Kinder von Steve Bidulf heißt der. Das kennt man wahrscheinlich heute gar nicht mehr. Habe ich vor 10, 12 Jahren irgendwann mal gelesen. Und der schreibt auch, Und das ist mir auch immer so im Kopf geblieben, sagt, wenn Kinder richtig glücklich sind, können sie, also Kinder können nur dann richtig glücklich sein, wenn die Eltern auch richtig glücklich sind und mit sich im Reinen sind. Und man muss sich als Eltern die Frage stellen, was brauche ich, damit ich als Person jetzt glücklich bin? Und da kommt, sagt, schreibt er in seinem Buch, die Reihenfolge ist immer man selber, erst man selbst, dann der Partner. Und dann die Kinder. Und das, die Fähigkeit zu haben, das fand ich ganz interessant, das Eiskalt durchzuziehen, heißt also, man kommt nach Hause, hat vielleicht einen total stressigen Tag gehabt, ist alles schiefgegangen im Büro, man kommt nach Hause, dann wirst du bestürmt von den Kindern. Und dann Fällt es ja ab, aber er hat immer gesagt, so und jetzt gebe ich jeden Eltern den Rat, setzt euch alleine in eure Küche. Die Kinder können lernen, dass sie dann mal eine halbe Stunde leiser sind oder um euch rum vielleicht am Boden irgendwas spielen. Aber ihr nehmt euch als Eltern die Zeit für euch beide. Und wenn das nur still sitzen heißt, 30 Minuten einfach mal runterkommen, sich anschweigen oder sich den Tag erzählen oder was es ist. Aber er ist dann voller Fokus auf die Kinder. Das heißt nicht, dass ich das mache, aber ich fand die Einstellung total gut. Erst auf sich, dann der Partner, dann die Kinder zu achten. Weil nur dann, wenn alle mit sich im Reinen sind, kannst du auch wirklich gute Eltern sein.

Joel Kaczmarek: Das finde ich echt faszinierend und echt einen befreienden Gedanken. Also man findet sich ja darin wieder. Kommst nach Hause, machst auf dem Heimweg noch deine Telefonate, noch ein bisschen ins Treppenhaus. Mit Mühe und Not kriegst du es an der Tür des Telefons aufgelegt. Dir schwingt die Birne. Nein. Du bist voll alle. Du hast dir zu allen Leuten Mühe gegeben, nett zu sein, weil du ja auch irgendwie was mit assoziierst. Weißt du, ich hast ein Ziel oder, oder, oder. Und dann kommen die Kids und dann, ja, Lego-Duplo-Turm bauen oder dies oder das oder jenes. Und du denkst dir so, ich kann einfach nur mal kurz 30 Minuten über die Wäscheleine hängen und mich irgendwie hier wieder, weißt du, dass mir da die Falten rauskommen. So, ja, deswegen.

Nina Pütz: Welcome to my world. Und das ist ja immer so, hat man einen guten Tag, da kann ich das gut, aber habe ich einen schlechten Tag, dann bin ich auch von allem so überfordert. und da muss man wirklich sagen, dann überfordern mich meine Kinder. Da überfordert mich nicht der Job, aber die Kinder sind dann das, die das fast zum Überlaufen bringen, wo ich dann jegliche Geduld verliere und genau das mache, was ich in der Vergangenheit, in einer Firma, im Unternehmen jeden Tag predigen, unseren Werten, was wir nicht machen sollen. und ich mache es dann bei den Kindern. und dann denke ich mir auch mal, mein Gott, es ist auch menschlich, dann merke ich wieder, dann zoome ich mich so raus und sage so, Nina, jetzt bist du gerade gestresst, jetzt komm mal runter, so für dich, wenn ich dann merke, dass es mich reitet, dann komme ich da schnell wieder raus, aber ich habe auch schlechte Tage, wo es halt nicht geht und auch das ist völlig okay.

Joel Kaczmarek: Geht's dir eigentlich auch so? Ich hatte neulich auch eine coole Lady hier, da meinte ich zu ihr, ich finde Kinder anstrengender als Arbeit. Da meinte sie, ja auf jeden Fall, ich war neulich in der Kita, da meckern die immer alle über ihren Chef und dann zeige ich auf mein Kind und sage, na das ist mein Chef, das ist der Schlimmste, der meckert mich immer an und ich muss immer machen, was er will.

Nina Pütz: Eins zu eins, ich sage mal, ich habe größten Respekt vor Frauen, die 100 Prozent ihrer Zeit Hausfrau sind, die haben den härtesten Job mit Abstand. Ich mache manchmal drei Kreuze, wenn ich im Büro angekommen bin, dann komme ich da aber schon in Schweiß gebadet an. Da bin ich schon einmal komplett durchgeschwitzt und freue mich, jetzt fängt die Entspannung an, jetzt darf ich arbeiten.

Joel Kaczmarek: Nimmst du das den Menschen, by the way, immer ab, die dann sagen, nein, ich gehe total darin auf, für meine Kinder da zu sein. Ich will gar nichts anderes und so. Ich frage mich ja immer, ob das so eine Flucht ist. Also ich weiß es nicht.

Nina Pütz: Ich weiß es nicht. Weißt du, die Leute sind unterschiedlich. Es ist für manche das Richtige. Für mich wäre es nicht das Richtige. Ich muss immer sagen, ich bin glücklich da, wo ich bin und habe mich entschieden, das zu tun. Und dann kann ich mir immer sagen, wo ich bin, will ich sein. Und das ist auch gut so. Und alles andere ist es mir nicht wert genug, es irgendwie zu ändern.

Joel Kaczmarek: Ja, ich finde auch wichtig zu sagen, es heißt ja auch nicht, dass man seine Kinder nicht liebt oder dass solche Leute das irgendwie schlecht machen oder so. Ich finde, jedes Modell trägt, solange es die Leute glücklich lässt und so, alles okay. Aber es ist einfach manchmal auch spannend zu sehen. Und sag mal, wie hast du denn so für dich das Setup gebaut eigentlich? Greifst du zum Beispiel viel zurück auf irgendwie Unterstützungskräfte? Also hast du irgendwie, die Augen werden groß, drei Nannys und irgendwie zig Babysitter? Oder wie macht ihr das bei euch?

Nina Pütz: Also das Wichtigste ist bei uns, dass wir Equal Parenting haben. Also es ist wirklich bei uns gleich verteilt. Ich habe das große Glück, dass mein Mann Unternehmer ist und der hat ein bisschen mehr Freiheiten als ich. Das heißt, in den ersten Jahren, als ich auch noch im Konzern war, da habe ich so ein bisschen mehr die Dinge noch irgendwie gemacht und mittlerweile hat er die Freiheiten und er macht ein bisschen mehr. Aber bei uns trifft dieser Satz total zu, it takes a village, weil wir haben Zwei Großeltern, Paare in Berlin. Wir haben meinen Bruder in Berlin. Wir haben einen Freundeskreis, wir haben drei Babysitter und wir haben mittlerweile eine festangestellte Nanny, die 20 Stunden bei uns angestellt ist die Woche. Die haben wir aber auch erst seit zwei Jahren. Also vorher haben wir das immer so mit Minijobs noch halbwegs hingekriegt, aber das funktioniert jetzt nicht mehr. Und wir brauchen das auch wirklich. Weil für mich war immer wichtig, dass die Kinder, wenn wir nicht da sind, von Menschen betreut werden, denen sie komplett vertrauen. Am besten ist die Familie. Und das ist das größte Glück jetzt für meine Söhne, dass die Omas zum Beispiel haben und meine Mutter macht Minimum mal zwei Nachmittage die Woche. manchmal sogar drei, obwohl wir eine Angestellte Nanny haben. Also nicht trotz, sondern weil der eine hat Fahrservice hier, der andere hat Fahrservice da. Du brauchst teilweise auch zwei Leute, die einmal quer durch die Stadt fahren und einfach bringen. Und es ist aber toll, weil es Familienmitglieder sind. Und unsere Babysitter und auch jetzt unsere Nanny, die gehören zur Familie dazu. Also wir machen da keine Trennung. Insofern ist es, obwohl wir nur zwei Kinder haben, denke ich manchmal, wir leben hier wie so eine italienische Großfamilie. Uns immer laut und immer alles durcheinander und die Bude ist immer voll, weil jeder kommt dann immer irgendwie. Aber das ist unser Modell, was bei uns funktioniert. Aber eine Sache ist mir noch ganz wichtig. Wir haben für uns beide ganz früh festgelegt, haben gesagt, solange wir gutes Feedback aus der Kita, aus der Schule, von den Lehrern bekommen, dass mit den Kindern alles okay ist, läuft das Setup. sobald wir hören würden, da ist irgendwas komisch oder Verhaltensauffälligkeiten oder so, dann würden wir das komplett hinterfragen und ändern. Und da muss eben einer von uns beiden dann zurückstecken, wenn es so wäre. Und bis jetzt, muss man mal sagen, war es immer genau andersrum, dass wir immer super Rückmeldungen bekommen haben, wie selbstständig die Kinder sind, die müssen beim Ausflug immer vorne laufen, weil dann funktioniert alles. Und so andere, tatsächlich, wo die Mütter viel mehr zu Hause sind, die werden dann zum Elterngespräch zitiert und haben dann die Sachen. Also manchmal ist es vielleicht sogar ganz gut, dass wir beide nicht so viel da sind.

Joel Kaczmarek: Ja, da ist, glaube ich, auch irgendwas dran. Also ich glaube, das hat ja auch damit zu tun, dass man sich sicher gebunden fühlt. Da geht ja Eigenverantwortung auch los, wenn man merkt, nehm ich mir jetzt kleiner die Stulle und so. Hast du trotzdem manchmal Angst, dass du was verpasst oder dass deine Kinder was von dir verpassen, dass du Werte nicht so übertragen kannst, dass irgendwie Also dieses Detachment ist, weil ich finde eigentlich irgendwie auf der anderen Es ist so ein tragischer Gedanke, wenn man irgendwie eine tolle Person ist, hat Kinder und man kriegt aber nicht alles transportiert. Weißt du, was ich meine?

Nina Pütz: Ja, und dazu bin ich viel zu gerne Mutter. Also diesen Kompromiss, den würde ich nie eingehen. Weil du darfst eine Sache nicht vergessen. Nur weil ich stundenmäßig nicht so viel da bin wie andere, heißt es nicht, dass ich nicht so eng bin mit meinen Kindern wie andere. Weil, denk immer dran, es kommt auf die intensive Zeit, die man zusammen hat. Wenn du sechs Stunden da bist, aber davon nebenbei in Gedanken abhängen, irgendwas machst und am Handy nebenbei bist, ist es manchmal vielleicht sogar besser, du bist nur zwei Stunden da, aber gibst die volle Aufmerksamkeit. Also ich bin zwar zeitmäßig nicht viel da, aber ich bin sehr, sehr eng und ich bin bei allen wichtigen Veranstaltungen immer da. Und ich meine, ich habe zwei Fußballkinder, ich bin jedes Wochenende, hocke ich da auf dem Fußballplatz von früh bis spät, da bin ich auch immer da. bei diesen Sachen, wo es drauf ankommt. Aber natürlich habe ich auch so eine Zwiegespaltenheit in mir und wenn dann mein siebenjähriger Sohn zu mir sagt, Mama, du bist zu selten da und andere Mütter sind schon wieder alle beim Basteltag da gewesen in der Schule, du aber nicht und dann fängt er an zu heulen, das macht natürlich auch was mit mir. Da bin ich dann auch, da denke ich, mein Gott, ich bin so schlecht, so eine schlechte Mutter, aber bestimmte Dinge gehen nicht. Und dann erkläre ich das und erkläre, warum ich nicht da sein kann, aber was wir dann dafür das andere Sachen dann machen. Aber natürlich könnte ich, zerreißt es mich manchmal auch. Mein großer Sohn ist jetzt fünfte Klasse, da gibt es kein Hort mehr, der kommt jetzt immer alleine nach Hause. Die Nanny ist dann nicht immer da und wenn was ausfällt, ist er halt zwei Stunden alleine und der sagt immer, du, ich bin der Einzige. Wo keine Mutter da ist, das finde ich total schade. Und der kocht sich seine Nudeln selber mit zehn und macht sich sein Mittagessen dann selber, obwohl er an der Schule schon gegessen hat. Aber ist er deswegen jetzt benachteiligt? Nein, sondern ganz im Gegenteil, der ruht halt in sich und hat so eine Form der Selbstständigkeit jetzt schon, die andere vielleicht in dem Alter noch nicht haben.

Joel Kaczmarek: Ich wollte es gerade sagen, man zahlt einen Preis, aber man kriegt auch einen Nutzen. Also da ist ja irgendwie beides so dabei. Ja. Ja, aber ich sage ja, da ist man ja auch wieder bei diesem Verurteilungsthema ganz schnell. Und machst du eigentlich oft Sorgen?

Nina Pütz: Sorgen? Nee, ich mache mir kaum Sorgen. Ich bin unglaublich sorgen- und angstfrei. Und bei mir ist das Glas tendenziell immer halb voll und nicht halb leer. Und ich finde, auch das ist so ein Learning. Das hat mal der ehemalige eBay-CEO zu mir gesagt. Werde ich auch nie vergessen. Das war in dieser Krise, wo eBay, also kurz bevor eBay und PayPal sich gespalten hatten. Und er hat Jahre vorher mal gesagt, wie wichtig das ist, dass diese Firmen zusammenbleiben müssen. Und dann hat er gegen sein Board verloren und wurde overruled und musste jetzt der Welt erzählen, warum das so toll ist, dass eBay und PayPal jetzt getrennte Wege voneinander laufen. Und er hat gesagt, das Wichtigste für ihn ist, in der größten Krise setzt er sich hin und überlegt sich, was es ist, was er aus dieser Krise lernen kann und was er für sich mitnimmt. What's in for me? Das ist Jahre her, aber das praktiziere ich seitdem automatisch. Ich muss es nicht mal überlegen. Das kommt ganz automatisch. Also wenn eine Krise kommt und jetzt mal in meiner CEO-Rolle, ich habe jeden Tag Krisen. Also ich habe wirklich jeden Tag sind irgendwelche Krisen und da könntest du schreiend davonlaufen oder du löst die Dinge eben. Und ich sage mir dann immer, wenn es richtig hart auf hart kommt, sage ich mir immer, so jetzt bin ich aus meiner Komfortzone wieder mal raus. Ich merke gerade, Ich habe Schmetterlinge im Bauch oder ich habe Adrenalin. Ich stelle mich dem und denke so, jetzt guck mal, wie schön, jetzt darf ich lernen. Und was lerne ich jetzt hier gerade davon? Das praktiziere ich mittlerweile so automatisch, dass ich keine Angst mehr habe.

Joel Kaczmarek: Das ist aber cool, weil ich wollte gerade sagen, du musst ja immer Entscheidungen treffen und Entscheidungen können ja richtig oder falsch sein oder irgendwas dazwischen. Und ich finde, man hat ja immer so leicht Kopfkino als Unternehmer. Dass man immer abends im Bett liegt und dann denkt man sich, hätte ich dies, das, jenes gemacht, was könnte passieren? Man malt sich die Strategien aus und so. Hast du alles gar nicht? Kein Kopfkino, nichts?

Nina Pütz: Ich schlafe wie eine Eins. Also ich schlafe, es ist unglaublich. Für mich ist das wie so eine Routine. Ich habe mittlerweile die Fähigkeit, bestimmte Dinge auszublenden. Ich habe einen unglaublichen intensiven Arbeitsalltag. Das sind viele Stunden, glaub mir. Also wenn ich eine ruhige Woche habe, sind es 60 Stunden. Viele Jahre waren es auch deutlich mehr. Und dann, wenn das aber fertig ist, dann schalte ich ab, weil dann kann ich sagen, so jetzt ist meine Abendphase, jetzt denke, mache ich mir da keine Gedanken, das kann ich morgen früh wieder machen und ich kann es komplett wegschieben. Es belastet mich überhaupt nicht. Und bei mir ist immer so, ich glaube, das, was mich reiten würde, ist, solange ich sagen kann, ich habe mein Bestes gegeben, bin ich total fein damit, dann ist es so, dann kann ich sagen, okay, wenn ich es jetzt nicht lösen kann, dann bin ich die Falsche dafür, dann muss es irgendjemand anders machen und deswegen bin ich fein damit. Es gibt tatsächlich nur eine einzige Sache. Wo ich Angst habe, also es gibt ein Angstgefühl und das ist auch total irrational. Ich habe unglaubliche Angst beim Nachtflug, beim Fliegen, wenn Turbulenzen kommen. Da kriege ich plötzlich Kopfkino. Also das ist total irrational. Ich habe da Bücher drüber gelesen, mit Piloten gesprochen und so weiter. Du, Transatlantikflug und du fliegst irgendwie den Nachtflug zurück und hast dann irgendwie zehn Stunden Turbulenzen abgelenkt. Da habe ich Angst. Also das ist wirklich was, wo ich Angst kriege, wo ich auch merke, ich bin total agitated und dann versuche ich, dann meditiere ich für mich, dann beruhige ich mich. Aber es macht trotzdem, macht es was mit mir und ich mache jedes Mal drei Kreuze, wenn ich wieder unten bin.

Joel Kaczmarek: Ja, total verständlich, aber du sagst es so, als wenn es was Ungewöhnliches wäre. Okay, verstanden alles. Und jetzt sag mal, wenn du sagst, du musst eigentlich jeden Tag Brände löschen, es gibt immer was, was im Argen ist und so weiter und so fort. Ich finde ja auch mal spannend, mal zu fragen, wie Menschen Entscheidungen treffen. Hast du einen Weg für dich, nachdem du sowas tust?

Nina Pütz: Nee, das ist eine richtig gute Frage. Das hat mich noch nie jemand gefragt, wie ich Entscheidungen treffe. Ich treffe Entscheidungen oftmals auch nach dem Bauch. Und zwar tue ich mich überhaupt nicht schwer mit Entscheidungen. Also vielleicht so vom Persönlichkeitsprofil. Kennst du die Insights-Farben? Da bin ich tiefrot. Das ist so ein rotes Profil. Das heißt, ich bin eher so jemand, ich ramme eine Fahne rein. Der Flock ist eingerammt. Das ist die Marschrichtung. Die grobe, die gebe ich vor. Damit ist es so die erste Entscheidung, die gefallen ist und dann marschieren wir erstmal los, aber es kann sein, dass ich auch vielleicht zu früh entschieden habe und wir müssen nochmal kurskorrekten, weil wir bestimmte Informationen nicht hatten. und wenn wir die dann haben und sagen, nee, jetzt müssen wir doch justieren, dann justieren wir. Und es gibt ja auch Leute, wenn die einkaufen gehen und dann im Klamottenladen sich anziehen und dann drei Stunden brauchen, ob sie jetzt Diag oder Diag nehmen, das war noch nie so. Ich gehe da rein, bam, Entscheidung, das möchte ich, das, ich gehe raus. Also irgendwie, ich tue mich da überhaupt nicht schwer.

Joel Kaczmarek: Ich kenne das, meine Mutter ist Sternzeichen Waage und die sagt immer, das ist die Waage in mir, ich kann mich nicht entscheiden. Ich hab das mal richtig vor Augen, so diese Hände links und rechts, die hoch und runter gehen. Okay, aber interessant. Also lerne ich auch ein bisschen draus, für dich sind am Ende des Tages Entscheidungen oftmals auch gar nicht so irreversibel. Also man sagt ja immer so, choose your battles.

Nina Pütz: Das stimmt, choose your battles. Nee, Entscheidungen kannst du auch justieren. und also klar brauchst du bestimmte Informationen zu entscheiden, aber das ist ja so ein typisches deutsches Phänomen wieder, wo wir immer nach rückwärts gerichtet uns angucken, was analysieren wir, was ist nicht gut gelaufen und so. Wir haben so eine Tendenz immer alles zu überanalysieren und uns sehr schwer mit Entscheidungen zu tun. Jetzt mache ich übrigens richtig fies Schubladendenken. und dann gucken sie die Amerikaner dagegen an, die sind immer eher forward looking gerichtet, die nehmen so High-Level-Infos und Grober Case, so ja, alles klar, wir marschieren los. Und das sind so die beiden großen Extreme. und bei mir ist einfach so, auf Basis der Informationen, die man hat, wird entschieden. und wenn wir bessere Informationen kriegen, mehr lernen, dann passen wir eben wieder an.

Joel Kaczmarek: Wir können es ja mal zuspitzen, am Ende des Tages geht es ja bei Entscheidungen auch um Komplexität. Also wie gehst du denn mit Komplexität um?

Nina Pütz: Ich versuche, die Komplexität für mich einfach zu strukturieren. Das heißt, du kannst ja auch ein ganz großes, komplexes Thema, kann man ja in kleine Einzelbestandteile zerlegen und oftmals kann man was ganz Komplexes auch in Worten für Kinder erklären. Und wenn man das beherzigt, fällt, finde ich, eine Entscheidung auch nicht schwer. Und ich finde immer so eine Kultur, also die haben wir bei RedPay ganz stark, du musst halt, also nur aus Fehlern lernen wir und Und es ist wichtig, aus Fehlern zu lernen. Man sollte denselben Fehler nicht mehrfach machen. Du kannst immer wieder neue Fehler machen, aber aus einem Fehler, den braucht man nicht nochmal machen. Aber ich finde, was auch wichtig ist, dass man schnell Fehler macht. Das heißt, wenn du eine Entscheidung getroffen hast, man fängt an, man merkt, läuft nicht, dann ist dieses Thema fail fast und dann wird wieder justiert. Das finde ich immer sehr erfolgreich, weil gerade jetzt mal in so einem Bereich, in dem ich bin, was ja technisch hochgradig komplex ist, passiert uns auch manchmal, dass wir die Komplexität ein bisschen unterschätzen. Und es sieht auf den ersten Blick alles ganz einfach aus. Wir machen, ja, ja, alles klar, schaffen wir im nächsten OKR-Cycle drei Monate, zack, zack, fertig. Und dann stellt sich irgendwann raus, wenn du einmal richtig angefangen hast, oh, das ist hochgradig komplex und dauert noch sechs Monate weiter. Ja, dann ist es aber so. Aber zu dem Zeitpunkt, wo wir entschieden hatten, hatten wir bestmögliche Informationen und die haben eben zu dieser Entscheidung geführt.

Joel Kaczmarek: Jetzt haben wir schon aufgearbeitet, wer dir in deinem privaten Leben so hilft. Wie machst du es denn im Beruflichen? Hast du da Coaches oder Experten oder Sparringspartner, mit denen du arbeitest?

Nina Pütz: Ich habe ein paar Menschen, mit denen ich Dinge bespreche. Aber es ist tatsächlich so, was mir auffällt, es wird ein bisschen einsam so. Also es wird Es wird einsamer jetzt. Früher war das ein größerer Kreis, auf den ich irgendwie zurückgreifen konnte. Ich habe das ganz große Glück, dass ich in der Rolle jetzt ein ganz tolles Management-Team habe, mit dem ich tatsächlich ganz, ganz viel besprechen kann. Und da gibt es keine Geheimnisse und wir streiten uns hart über Inhalte und wir kämpfen dafür, aber wir haben trotzdem blindes Vertrauen auch in die unterschiedlichen Kompetenzen, die alle haben. Insofern, das hilft schon mal massiv, weil ich habe da einen geschützten Raum, in dem wir Dinge besprechen können und auch die Abwägung rechtsextrem, linksextrem gehen können. Dann gibt es aber auch ein paar Menschen außerhalb, die bei mir eine ganz hohe wahrgenommene Kompetenz genießen. die ich für bestimmte Dinge, die wahnsinnig gut können, sehr schätze. Und wenn es eben an diese Bereiche geht, dann rufe ich an und frage. Und das hilft mir auch immer. Also es gibt so ein Trusted Circle von anderen CEOs, die wir, dann rufen wir uns an und sagen, guck mal, ich habe gerade das und das Problem. Wie gehen wir jetzt damit um? Oder was würdest du jetzt an der Stelle machen? Und meine Erfahrung war immer, kannst du ja nur machen, wenn du ein gutes Netzwerk hast. Und ich habe am Anfang meiner Karriere nie strategisches Netzwerken betrieben. Das war mir immer zu wider. Ich habe immer gesagt, warum soll ich jetzt mit jemandem essen gehen? Ich will mit dem gar nicht essen gehen, nur weil der jetzt irgendwie einen interessanten Job macht. Ich möchte das gar nicht. Und habe dann irgendwann aber auch gemerkt, naja, das muss man tatsächlich nicht machen, aber man kann schon in so einer gewissen Form strategisch netzwerken. Und was ich dann immer gemacht habe, ist, ich habe immer angefangen, erst zu geben. Nicht zu fragen, sondern mein Handeln war immer, erst geben und dann gibst du. Manchmal gibst du auch zwei, drei Jahre, aber irgendwann, wenn du gibst, kommt zurück. Und ich bin jetzt in der Phase, es kommt ganz viel zurück. Und das ist wirklich toll, weil ich habe da ein ganz tolles Netzwerk von Frauen und Männern, die wir uns gegenseitig helfen, uns beraten, ob das jetzt Jobs sind oder Mitarbeiter referieren wir da gegenseitig, guck mal hier, bei dir wäre der vielleicht noch besser als bei mir, schau dir die Person mal an. Oder ja, ich habe vor, ich muss überlegen, wie ich so die bestimmte Phasen der Transformation gestalte, dann sprechen wir darüber. Und das Schöne ist, es macht richtig Spaß. Es ist total bereichernd, weil ich freue mich immer, wenn ich so unterschiedliche Perspektiven noch auf die Dinge bekomme, die mich dann in meinem eigenen Gut feel, also ich bin auch da eher Bauchmensch, die mich dann bestärken.

Joel Kaczmarek: Ich freue mich gerade total. Ich baue nämlich gerade einen Business-Club und habe mir vorgenommen, dich nach unserem Gespräch zu fragen, ob du da nicht was machen möchtest. Und ich habe das Gefühl, meine Chancen sind gerade gestiegen. Ja. Okay, und jetzt, was ich ein bisschen rausgehört habe, war, an der Spitze ist es einsam, so der Classic, den man dann gerne mal so sagt. Wie ist denn das mit dem Thema Neid? Also man sagt ja immer, auch ein anderer schöner Satz, je höher man kommt, desto schärfer werden die Messer. War das was, was dir in deinem Leben oft begegnet ist? Und dann finde ich ja mal spannend zu fragen, wie gehst du mit Neid oder auch mit sowas wie Konflikten eigentlich um?

Nina Pütz: Also bestimmt gibt es Neider. Und wie gesagt, bestimmt finden mich ganz viele Leute auch total doof. Aber damit musst du klarkommen. Also wenn du in meiner Rolle damit nicht klarkommst, dann ist es die falsche Rolle. Also wenn man Everybody's Darling sein will, dann darf man nicht große Teams führen. Das funktioniert einfach nicht, weil du musst harte Entscheidungen treffen zum Wohl des Unternehmens und die passen nicht jedem Einzelnen. Die stoßen Einzelnen manchmal ganz schön vom Kopf. Aber ich handel eben zum Wohl des Unternehmens. Ich hatte in meiner ganzen Karriere, hatte ich mal zwei Personen, an die ich reported habe, mit denen das so ein Thema war, die da wahrscheinlich die Probleme in gewisser Form mit mir hatten und da habe ich mir einfach gesagt, so aussitzen bringt nichts, ich ändere da einfach was, ich verlasse dieses Team, ich gehe dann einfach und das habe ich auch immer gesagt, also wenn wir merken, du bist im Konzern und das läuft eigentlich ganz gut und Menschen neiden das und man merkt, jetzt komme ich nicht weiter, weil mir zu viele Menschen irgendwas neiden hier und ein Thema damit haben, dann muss man sich die Entscheidung treffen, will ich das aussitzen? Habe ich eine Chance, das auszusitzen, weil die vielleicht irgendwann gehen? Oder muss ich was ändern, wenn ich da hin will? Und da muss man für sich dann eben entscheiden, was in der Situation das Richtige ist. Genau, richtig.

Joel Kaczmarek: Wie ist es mit Konflikten? Wie handhabst du Konflikte?

Nina Pütz: Da habe ich über die Jahre wahnsinnig viel gelernt, weil tatsächlich so früh in meinen frühen 20er Jahren war ich total konfliktscheu. Ich habe Konflikte gehasst, ob die im Job waren oder auch im Freundeskreis. Ich war der totale Konfliktvermeider. Und interessanterweise über die Jahre, durch den Job, habe ich viel mehr gelernt, auf mich zu hören und auch konsequent das zu verfolgen, was ich möchte und mich nicht von anderen fremdbestimmen zu lassen. Was ich irgendwann mal dieses Gefühl hatte mit Anfang 20, ich habe irgendwann gesagt, ich will das gar nicht, ich werde hier gerade total fremdbestimmt. Und irgendwann habe ich das begriffen und habe gesagt, nee, das möchte ich jetzt nicht und habe es geändert. Und mittlerweile ist es so, dass ich überhaupt nicht mehr konfliktscheu bin. Es ist nur die Art und Weise, wie man Konflikte führt. Und ich finde, es ist unglaublich wichtig, einen Konflikt in der Sache zu führen. Also wie gesagt, in unserem Management-Team, wir streiten uns hart in der Sache, aber nie in der Person. Und dann ist das, finde ich, ein ganz sicherer Raum, in dem man auch wirklich hart diskutieren kann. Aber keiner fühlt sich angegriffen und es rutscht nicht ab. Habe ich mit meinen Kindern übrigens nicht. Also da rutscht es dann ins Persönliche ab, weil da werde ich dann übelst beschimpft.

Joel Kaczmarek: Ja, kenne ich. Was sich ja daraus auch ganz interessant ableitet, ist dann auch wiederum die Frage, wie handhabst du denn das Thema Vertrauen? Bist du ein Mensch, der schnell vertraut?

Nina Pütz: Ja, sehr. Und auch das ist vielleicht manchmal zu schnell. Also auch das ist so, ich glaube immer, dass Menschen vom Prinzip her gut sind und nicht bösartig sind und das Herz am richtigen Fleck haben. Das ist so mein Urvertrauen. Ich weiß auch nicht, ich habe einfach so ein ganz tiefes Urvertrauen, dass die Welt gut ist, die Menschen gut sind. Das Glas ist halt immer eher Halb voll als halb leer. Aber ich bin damit natürlich auch schon auf die Nase gefallen. I learned my lesson. Aber trotzdem ist es ja so, Vertrauen ist nicht grundgegeben. Vertrauen entsteht über Zeit, aber Vertrauen entsteht viel schneller, wenn man gibt. Es gibt so diese typische Pyramide, wie Teams erfolgreich werden und da ist der Grundbaustein. Der heißt Vulnerability Based Trust, also Vertrauen, das aus einer Verletzlichkeit heraus entsteht. Und bei mir hängt es ganz stark auch mit der Wertschätzung für Authentizität zusammen. Also ich persönlich, mir ist das total wichtig. dass wir auch in unserem Arbeitsumfeld alle authentisch sein können. Und in dem Moment, wo sich jemand verstellen muss, weil er oder sie glaubt, nur über das Verstellen in diesem Umfeld erfolgreich zu sein, läuft irgendwas schief. Und deswegen ist es auch ganz wichtig, jeder bei mir in der Firma weiß, was die Pütz kann und was sie nicht kann. Also ich bin ja ein Mensch mit Ecken und Kanten, ich bin nicht rund und es gibt total viele Dinge, die mir nicht liegen, wo ich schlecht bin, wo andere viel, viel besser sind. Das kann aber auch ruhig jeder wissen. Und es gibt Sachen, natürlich bin ich automatisch, dadurch, dass ich zwei Kinder habe, bin ich total verletzlich. Weil in dem Moment, wo du Kinder hast, bist du einfach verletzlich. Ist aber auch okay so. Du reifst dadurch ja auch wieder.

Joel Kaczmarek: Was ist denn die Ableitung, dass du meinst, wenn man Kinder hat, ist man verletzlicher?

Nina Pütz: Kinder machen halt was mit einem. Also es tut was. Und wie gesagt, bei mir, da könnte die Welt zusammenbrechen. Ich kann das alles super ab. Man könnte mich sonst wie feuern oder mir im Beruf ganz übel mitspielen. Da gehe ich nicht dran zugrunde. Ganz im Gegenteil, das würde mich stärken. Aber wenn was mit meinen Kindern wäre, da irgendwas Schlimmes passieren würde, das würde mich brechen. Das ist so, glaube ich, die einzige richtige Verletzlichkeit, die ich habe.

Joel Kaczmarek: Was hast du denn ansonsten so für Leadership-Principles? Weil ich habe so den Eindruck, du hast ja schon ein ganz gutes Set beisammen.

Nina Pütz: Ob das gut ist, da kannst du mal die RedPay-Mitarbeiter fragen. Also auch da gibt es so Höhen und Tiefen. Aber ich glaube, das, was mir, wie gesagt, ganz wichtig ist, ist, ich bin authentisch. Ich habe eine hohe Empathie, aber natürlich bin ich sehr leistungsbezogen. Ich habe wahnsinnig hohe Erwartungen an mich selber. Ohne dass ich die jetzt ausspreche und das passiert natürlich automatisch mit dem engsten Umfeld, aber das Wichtige ist, finde ich immer, dass wir bei all dem, was wir da beruflich tun, ganz viel Spaß haben, dass es ein vertrauensvolles Umfeld ist und dass jeder die Möglichkeit hat, sich zu entfalten, wie sie oder er es eben individuell möchte. Das ist, glaube ich, das Allerallerwichtigste.

Joel Kaczmarek: Wie gehst du denn mit Menschen um, die deinen Leistungsansprüchen nicht gerecht werden, in welchem Maße auch immer?

Nina Pütz: Da tue ich mich ganz schön schwer mit. Mittlerweile habe ich auch über die Jahre gelernt, dass mein Anspruch nicht für alle Gültigkeit haben darf. Und ich kann nicht von jedem verlangen, dass er oder sie so eine hohe Leidenschaft für das hat, was ich tue. Nur weil ich meinen Job liebe, heißt es noch lange nicht, dass alle anderen ihren Job auch lieben müssen. Das musste ich über die Jahre wirklich lernen. Und ich bemühe mich halt ganz stark, eine Kultur zu schaffen, in der Leute Lust drauf haben, auch zu performen. Also du kannst ja den Menschen Steine in den Weg legen oder kannst ihnen größtmögliche Freiräume lassen, eben so wie jeder es individuell benötigt. Und das versuche ich ganz stark. Aber auch da ist es so, du kennst das Phänomen vom Quiet Quitting. Ich habe auch viele Mitarbeiter bei mir in der Organisation, die Quiet Quitting machen. Und ich kann da, ich selber kann da nichts tun. Ich kann versuchen, ein tolles Büro zu schaffen, ein sicheres Arbeitsumfeld. Ich kann mit den People-Leadern, so wie wir sie nennen, also Leute, die andere Menschen fühlen, kann ich arbeiten und da einen bestimmten Standard etablieren. Aber trotzdem ist es so, dass viele halt sagen, nee, das ist für mich ein Job und ich habe, andere Dinge sind mir eben wichtiger und das ist Auch okay. Für mich ist immer nur die Frage, wie schaffe ich es, möglichst viele Leute um mich rum zu scharren, die ähnlich wie ich ticken, sodass die dann ein bisschen in der Mehrzahl sind.

Joel Kaczmarek: Und was sind die Derailer von Nina Pütz? Womit bringt man dich auf die Palme? Was macht dich wütend? Wo hast du dich nicht mehr unter Kontrolle?

Nina Pütz: Der einzige Mensch, der mich wirklich so triggert, dass ich die Kontrolle verliere, ist mein älterer Sohn. Keiner schafft es sonst. Ich habe noch nie im Beruf die Kontrolle verloren. Gar nicht, weil es ist so, es triggert mich nicht. Ich habe da so einen Abstand, das bringt mich nicht auf die Palme. Aber mein Sohn bringt mich auf die Palme. Und da verliere ich die Kontonanz. Da muss ich ganz stark an mir arbeiten, weil das darf mir eigentlich nicht passieren.

Joel Kaczmarek: Glaube ich dir nicht.

Nina Pütz: Was, dass ich die Kontenance verliere?

Joel Kaczmarek: Vielleicht bist du Profi, dass du auf der Arbeitswelt immer gute Mien nochmal zum bösen Spiel machen kannst und so, aber es muss doch Dinge geben, die dich ärgern.

Nina Pütz: Ja, ärgern ja, aber die Kontenance verliere ich nicht. Es gibt viele Dinge, die mich ärgern. Also klar, es gibt Dinge, die mich ärgern, wo ich denke, meine Güte, das nervt mich jetzt tierisch, das geht mir auf den Sack. Und so, das habe ich oft, aber ich nehme es nicht mit nach Hause, weißt du, ich gehe damit jetzt nicht schwanger, sondern ich schaffe das einfach, es zieht mich nicht runter. Ich ärgere mich dann darüber, weißt du, das ist wie so im Leistungssport, wenn du ein wichtiges Tennisspiel verlierst, da geht es auch danach weiter. Du ärgerst dich dann und da muss man sagen, okay, komm, jetzt habe ich mich geärgert, jetzt Fokus, jetzt geht es wieder weiter.

Joel Kaczmarek: Okay, habe ich auch gerade gedacht, als du es erzählt hast, die zwölfjährige Nina Pütz, die den 50-Meter-Lauf dann als zweite abgeschlossen hat und sich stillgeärgert hat und sich nicht als anmerken lassen, die ist jetzt in die Berufswelt sozusagen.

Nina Pütz: Ja, aber natürlich gibt es Sachen, die mich ärgern. Aber es ist ja schade, wenn man seinen Tag damit verbringt, sich zu ärgern, weil es ist ja negative Energie. Also ich versuche immer, mich davon freizumachen und mich an den schönen Dingen zu freuen. Und es gibt so viele, auch an so einem ganz miesen Tag, wo man denkt, das ist ja wirklich kein doller Tag, gibt es aber trotzdem total viele schöne Dinge, die das dann auch wieder ins richtige Licht rücken. Die Fähigkeit zu haben, glaube ich, Die zeichnet so ganz resiliente Leute aus. Also deswegen glaube ich zum Beispiel, ich wäre nie Burnout gefährdet, weil ich nicht in der Situation wäre, keinen Sinn mehr in den Dingen zu sehen. Die ich tue. Ich würde es immer ändern vorher. Wenn ich so eine Unzufriedenheit hätte, würde ich sagen, gut, ich kündige, ich mache was ganz anderes. Es macht mich nicht mehr glücklich, also gehe ich.

Joel Kaczmarek: Und was bringt dich aber in so eine Mitte rein? Also hast du auch irgendwie so Techniken, sowas wie Meditation oder Sport oder mentale Modelle, mit denen du arbeitest, dass du so ausgeglichen bist?

Nina Pütz: Ja, ich mache Perspektivenwechsel. Also es ist keine Meditation, sondern ich nehme halt bewusst eine andere Perspektive ein. Also zum Beispiel, wir beide haben einen harten, richtigen Streit über irgendwas. Und du willst irgendwas, was ich machen soll und ich sage, nee, ich möchte es, was du machen sollst. Dann mache ich irgendwann, wenn ich merke, ich komme jetzt nicht mehr weiter, dann nehme ich einen wirklichen, bewussten Perspektivenwechsel ein und sage Was ist es, was du jetzt gerade möchtest? Und ich versuche die Situation komplett aus deiner Perspektive zu betrachten, mich völlig aus meiner zu lösen. Das hilft mir dann. mich nicht mehr zu ärgern und irgendwie so einen Streit, wenn es so wäre, dann zu lösen.

Joel Kaczmarek: Mega. Und kennst du dann in dem Kontext das Phänomen, dass man sich in etwas reinversetzt hat, weil es hat so ein ganz gutes Feeling, was da passiert. Und es gibt manchmal, finde ich, Momente, da benimmt man sich reif und richtig und es fühlt sich trotzdem kacke an, weil es sich irgendwie ungerecht anfühlt. Weißt du, was ich meine? Der andere nimmt sich dann, vielleicht geht das nicht diesen Empathieweg, Kennst du das Phänomen?

Nina Pütz: Ja, kenne ich. Aber auch das ist dann eine bewusste Entscheidung von mir, den Konflikt auf die Art und Weise zu lösen. Also auch das ist wieder, da muss man sich manchmal von sich selber mal frei machen und sagen, du kannst nicht immer alles zu deiner vollsten Zufriedenheit lösen, weil das funktioniert so nicht. Es ist ja immer, es menschelt überall. Das heißt, das Ganze ist ja Sowohl im Beruf als auch im Privaten immer ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Und manchmal gibt man und manchmal nimmt man. Und damit musste dann der Glocken. Ich habe ganz oft Sachen, die löse ich dann und denke, naja, wenn es jetzt ganz nach mir gegangen wäre, hätte ich das anders gemacht. Aber das ist jetzt ein wirklich guter Kompromiss und mit dem kann ich auch leben.

Joel Kaczmarek: Lass uns mal abschließend noch so ein Stück weit auf deine Arbeitsstruktur eingehen. Also ich finde ja immer spannend, wie Menschen sich so ihren typischen Tag strukturieren, was so ihre Prinzipien sind, um organisiert zu sein. So, jetzt haben wir schon ein bisschen gelernt, okay, du hast viel Hilfe, um irgendwie zwei Kinder, einen anstrengenden Job und auch noch einen Unternehmer-Ehemann abzufedern. Also zwei unternehmende Personen in einer Familie ist ja auch durchaus fordernd. Aber vielleicht, wenn wir mal so durchtauchen, was ist so ein typischer Tag bei dir? Wann geht der los? Wie fängst du an?

Nina Pütz: Also der typische Tag geht bei mir um 7.15 Uhr los und ist relativ spät. Dann ist absolute Hektik, bis die Kinder nach Schule sind. Also ich bringe die Kinder jeden Morgen in die Schule. Wir haben das große Glück, dass die Schule um die Ecke ist und ich wirklich um drei vor acht hektisch, rennend, laut werdend aus dem Haus gehe. Das Gute ist, ich muss keine Brote morgens schmieren, das macht alles mein Mann. Also der macht morgens die Brote und das Frühstück. Das heißt, ich muss nur Kinder Anziehsachen rauslegen, die anziehen, mich anziehen, los geht's. Also wenn die Hektik vorbei ist, dann bin ich erstmal nass geschwitzt und kann mich entspannen. Und dann fahre ich in mein, wenn ich ins Büro gehe, fahre ich in meinem Café vorbei und hole mir erstmal einen Kaffee und ein Croissant und ein Müsli oder sowas. Also das ist auch immer die Routine. Und dann bin ich irgendwas so um halb neun, kurz nach halb neun bin ich im Büro.

Joel Kaczmarek: Ihr frühstückt aber auch nicht zusammen als Familie?

Nina Pütz: Nee, wir frühstücken nicht zusammen. Die Kinder frühstücken, die sitzen, aber mein Mann und ich frühstücken beide nicht. Mhm. Also am Wochenende frühstücken wir immer zusammen, aber nicht unter der Woche. Wir haben nur das Abendessen als das gemeinsame Essen. Und dann ist es eigentlich so, entweder schon ab halb neun, aber allerspätestens ab neun gehen meine Termine los und an vielen Tagen ist es back to back bis 18 Uhr, dass ich entweder so alle halbe Stunde Oder eine Stunde immer die Slots habe. Ich habe bestimmte Tage, wo ich meine 1 zu 1, also die Gespräche mit meinen Mitarbeitern habe, die sind dann noch mehr getaktet, weil es dann immer diese halbe Stunde Slots hintereinander sind. Und das sind so die schlimmen Tage. und da fange ich um 18 Uhr an, meine 300 E-Mails, die ich habe, irgendwie zu beantworten. Da sage ich immer so, jetzt fange ich an zu arbeiten, was natürlich nicht stimmt, ja. Sondern dann fängt so dieses jetzt Delegieren, Verteilen und so, das fängt dann an. Und dann ist es normalerweise so, dass einer von uns, haben wir die Regel, ist zu Hause und bringt die Kinder ins Bett. Das heißt, es ist immer wichtig, dass jemand von uns um halb acht irgendwann zu Hause ist bei den Kindern. So, wenn das mein Mann ist, dann habe ich Open End und kann dann eben Sachen noch wegarbeiten, telefonieren noch, oftmals telefonieren. Gerade so zu den Hochzeiten in Corona habe ich ja wirklich um 23 Uhr mit meiner CFO immer noch telefoniert, also es ist dann schon intensiv. An den Tagen, wo ich die Kinder habe, bin ich um halb acht zu Hause, esse mit den Kindern Abendbrot, bringe die ins Bett, vorlesen und dann komme ich irgendwann jetzt mittlerweile um halb zehn, zehn aus dem Kinderzimmer raus. Und wenn ich Glück habe, ist der Tag dann zu Ende. Und wenn ich Pech habe, habe ich dann nochmal drei bis vier Stunden, in denen dann noch Sachen fertig gemacht werden müssen. Das ist dann so zu Budgetphasen oder wenn so intensive Projekte gerade sind, ist es nochmal so. Oder irgendeine ganz krasse Krise gerade ist und wir dann nochmal alle wichtigen Stakeholder brauchen, dann telefonieren wir halt um 22 Uhr nochmal. Aber mittlerweile kommt es häufiger vor, jetzt bin ich ja schon zwei Jahre in der Rolle, dass ich auch mal frei habe dann. Und dann unterhalte ich mich mit meinem Mann oder telefoniere mit einer Freundin, dann gehe ich ins Bett. Irgendwann zwischen 0.30 Uhr und 1 Uhr gehe ich ins Bett.

Joel Kaczmarek: Mittagessen lässt du aus?

Nina Pütz: Mittagessen versuche ich immer zu machen. Entweder wir bestellen was im Büro, dann ist es so Working Lunch, aber ich habe meistens im Kalender keine Mittagspause. sondern ich treffe irgendjemanden, mit dem ich Dinge bespreche und dabei esse. Das ist so unserem Büro ein bisschen geschuldet, was wir jetzt Gott sei Dank verlassen haben, weil da ist direkt vor der Tür kein Restaurant. Das heißt, wir mussten immer viel bestellen und wenn wir rausgegangen sind, brauchst du immer mindestens eine Stunde, weil du musst irgendwie ewig weit laufen und dann mit bestellen und so weiter. Deswegen haben wir im alten Büro immer eher bestellt. Im neuen Büro, wo wir ab Mitte Januar hinziehen, ist alles vor der Tür. Da gehst du mal schnell raus, holst dir was, gehst dann wieder rein. Und mein Ausgleich ist dann Sport. Ich bin so eine Motorik-Person. Ich mache auch häufig, dass ich Meetings dann im Spazierengehen mache. Also wenn wir im Büro sind, gehe ich raus und wir gehen dann eine Runde laufen. Also nicht joggen, sondern wir gehen spazieren und laufen rum. Und wenn ich aber so Tage habe, ich habe natürlich auch manchmal Tage, wo ich überhaupt nicht an die Luft komme, das merke ich dann schon, das frustriert mich dann. Dann habe ich Frust, dann denke ich, meine Güte, ich habe heute nicht Luft eingeatmet draußen. Und dann merke ich auch, jetzt muss ich was tun. Und ich habe eine Sache, die mir wahnsinnig heilig ist. Ich gehe jeden Sonntag in den Wald mit einer Gruppe von ein paar Frauen, ein paar Männern mit einem Personal Trainer. Das mache ich jetzt seit zwei Jahren. Und das ist eine Stunde mit so Hanteln, Bändern, so ein Allround-Training bei Wind und Wetter. Und da gehe ich bei Schnee, bei minus 10 Grad oder auch im Dauerregen. Also das mache ich jeden Sonntagmorgen, egal wie spät ich Samstag im Bett war. Ich gehe da immer hin, wenn ich in Berlin bin.

Joel Kaczmarek: Und sag mal, ohne dass du dich jetzt bewertet fühlen sollst, aber wann hast du eigentlich noch Zeit für deine Partnerschaft? Weil egal, ob man jetzt mal sagt, man will mal die nackte Brezel machen oder noch sich unterhalten oder einen Wein zusammen trinken oder, oder, oder. Das ist jetzt nicht so geil eigentlich zwischen 22 und 24 Uhr sich nur gegenseitig reinzupressen und vielleicht am Wochenende noch, oder?

Nina Pütz: Ja, aber it is how it is. Also auch das, es gibt halt Zeiten, die sind halt so. Und also bevor wir Kinder hatten und noch nicht so in unseren Karrieren waren, hatten wir natürlich viel mehr Zeit irgendwie für uns. Und das sind jetzt halt Jahre, wo es nicht so ist. Bei uns ist immer gut, wir machen ja auch, das klingt jetzt alles so schrecklich, aber wir machen viel Urlaub zusammen, wir verbringen die Wochenenden zusammen und wir besprechen dann tatsächlich unter der Woche, gibt es so Tage, wo wir dann so, ach da hast du halt keine Zweisamkeit, da wird schnell geplant. Dann wird besprochen, okay, Fußballturnier am Wochenende da, wie organisieren wir das, wie machen wir jetzt das? Das ist nicht doll für Partnerschaft. Und wir hatten auch schon Zeiten in Corona, da habe ich immer gescherzt, es war sowas von eine romantische Ehe, weil wir beide nachts am Esstisch uns gegenüber saßen, jeder mit seinem Computer und da reingetipset hat. Und ich habe auch immer gesagt, sag mal, Wenn uns hier einer sieht, es geht gar nicht irgendwie so gerade, wie das läuft. Aber da werden wir uns dann bewusst, ich denke, das sind Phasen, aber wichtig ist, das meine ich, jetzt halte ich es wieder mit Steve Bedulf, man fängt bei sich selber an, dann der Partner, dann die Kinder. Das heißt, es ist auch wirklich wichtig, sich um die Partnerschaft zu kümmern. Bei uns funktioniert es gut, weil wir können es mal ein paar Wochen und vielleicht auch mal ein paar Monate schleifen lassen, aber dann ist wieder wichtig, dass wir auch Zeit für uns brauchen.

Joel Kaczmarek: Und jetzt hilf mir mal zu verstehen, wenn du es mal übersetzt. Wir haben vorhin darüber geredet, welchen Preis man für seinen Erfolg zahlt. Also die Kostenseite haben wir irgendwie verstanden. Was ist die Ertragsseite? Also wofür tust du das eigentlich?

Nina Pütz: Ich bin ja glücklich in dem, was ich tue. Weißt du? Und das ist es ja schon wert. Also ich bin ja nicht unglücklich. Ich mache es ja nicht aus Zwang, sondern es ist eine freiwillige Entscheidung umgekehrt. das zu tun. und bei all dem Ganzen, was so im Beruf vielleicht intensiv ist, ich habe so einen tollen Freundeskreis auch noch und wir haben trotzdem Zeit, unsere Freunde am Wochenende zu sehen und haben, also ich finde immer, wir haben ein ganz tolles Leben, also ich bin total, das klingt jetzt so komisch, aber ich habe wirklich das ganz große Glück, einen Beruf machen zu dürfen, der mir Spaß macht, einen Partner zu haben, der mich dabei unterstützt, weil der natürlich, das hat ja auch Themen für ihn, der muss ja auch ran bei bestimmten Sachen und hat einen Verzicht, Wie im Leistungssport, den man dann irgendwie hat, wenn er die Kinder holen muss und bestimmte Dinge auch nicht tun kann. Aber es ist es total wert. Aber in dem Moment, wo ich merken würde, in dem Moment, wo ich mich hinterfragen würde und sagen würde, so jetzt frustriert mich das. und jetzt bin ich genervt. und jetzt bin ich zunehmend genervt. Und da ich möchte als Beispiel, ich möchte nicht so oft abends noch einen Computer anmachen müssen und da sitzen. dann müsste ich was ändern. Und ich würde es aber auch sofort tun, weil ich habe in meinem Kopf die Freiheit, jederzeit die Dinge ändern zu können.

Joel Kaczmarek: Aber ich habe dir aufmerksam zugehört und du hast mir gesagt, Erfolg ist für dich, wenn du dir Ziele setzt und das ja erreichst und Glück ist für dich, Zeit mit deiner Familie zu verbringen. Und wenn wir aber durch deinen Tag tauchen, stellt man eigentlich fest, es sind eher so zwei Siebtel, die auf Family gehen und trotzdem sagst du, du bist glücklich. Also ist es ein bisschen dieses enge Zeit. und dann Quality oder woran liegt das?

Nina Pütz: Ja, es ist totale Quality-Zeit. Du guck mal, es ist doch für mich das größte Glück, wenn ich meinen Sohn abends ins Bett bringen darf und dem Buch vorlesen kann. Und dann kuscheln wir oder der liegt hier irgendwie halb auf mir drauf. Das ist so schön. Allein dafür ist es schon wert. Wäre ich jetzt glücklicher, wenn ich jetzt ihn jeden Nachmittag abholen müsste und von A nach B fahren müsste und die Hausaufgaben mit ihm machen müsste? Ich glaube nicht, dass ich glücklicher dann wäre. Sondern es sind, finde ich, immer Die schönen Momente, die man hat, die dann ganz viel tun. Weißt du, für mich ist auch, das klingt jetzt auch total blöd, aber für mich ist ein riesengroßes Glück, auch am Wochenende auf dem Fußballplatz zu stehen. Ich stehe da in einer Schweinekälte, es ist arschkalt, weißt du, du musst um sieben Uhr aufstehen, die Taschen packen, da hinfahren, da hast du da irgendein Turnier, stehst da vier Stunden am Rand. Aber die Kinder spielen, die haben Spaß, die bewegen sich, du riechst den Rasen, bist an der Luft, redest mit irgendwelchen Eltern, das ist doch herrlich. Also wo ich immer sage, für mich ist immer so, wo ich bin, will ich sein.

Joel Kaczmarek: Das ist doch ein super geiles Schlusswort und ein schönes Zitat zum Mitnehmen. Also, liebe Dina, es hat mir sehr, sehr viel Spaß gemacht. Unser erster intensiver Talk hier. Es werden bestimmt noch weitere folgen. Und vielen, vielen Dank dir. Bleib gesund und auf bald mal wieder.

Outro: Vielen Dank. Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.