Age Diversity 👵 : Diskriminierung in Unternehmen vermeiden
17. Juli 2023, mit Joel Kaczmarek, Lunia Hara
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Intro: Digital kompakt. Heute aus dem Bereich Führung mit deinem Moderator Joel Kaczmarek. Los geht's.
Joel Kaczmarek: Hallo Leute, mein Name ist Sherkat Schmarek, ich bin der Geschäftsführer von Digital Kompakt und heute habe ich wieder die liebe Lunja an meiner Seite, Lunja Hara. Und ihr wisst, wenn Lunja von Diconium da ist, dann geht es darum, wie schaffen wir denn eigentlich einen Arbeitsplatz, der möglichst empathisch und im besten Fall vielleicht auch divers ist. Und heute haben Lunja und ich uns überlegt, wir sollten auch mal über das Thema Age Diversity reden. Und da haben wir mit Irenki Luby einen super tollen Gast. Die ist nämlich die Initiatorin von Joint Generations, wo sie uns gleich noch ein bisschen mehr von erzählen wird. Und von ihr wollen wir mal lernen, wie funktioniert das eigentlich mit Age Diversity. Was habe ich davon als Unternehmen? Warum sollte ich das unbedingt tun? Was sind so typische Szenarien? Und was ist denn eigentlich Altersdiskriminierung? Passiert das nur bei Alten oder auch bei Jungen? Also da ist, glaube ich, ganz viel drin heute und da freuen wir uns schon sehr drauf. Von daher, schön, dass ihr beide da seid. Moin, moin.
Irene Kiloubi: Moin, moin, wie man in Hamburg sagt, oder? Wir sagen den Bayern Servus.
Joel Kaczmarek: Servus, okay, dann passen wir uns für dich heute an. Servus, Irene. Hallo, Lunja. Hallo, Joel.
Lunia Hara: Hallo, Irene. Freut mich sehr, dass wir dich endlich hier haben. Wir haben ja schon sehr oft über dein Thema unterhalten und bin da sehr gespannt. Aber bevor wir starten, vielleicht stellst du dich erst mal vor.
Irene Kiloubi: Genau, ich bin Irene Kiloubi, wie Joelle schon angekündigt hat. Ich bin Initiatorin von Joint Generations, unser Kredos-Programm. Die Zukunft ist jung und alt. Wir bauen Brücken zwischen verschiedenen Generationen. Das heißt, wir bringen sie interaktiv zusammen, weil wir nachhaltig deren Kommunikation und Zusammenarbeit fördern wollen. Und das haben wir uns so auf die Fahne geschrieben.
Joel Kaczmarek: Und macht ihr Beratung für Unternehmen oder was ist sozusagen euer Produkt?
Irene Kiloubi: Also wir bieten verschiedene analoge und digitale Formate an, klassischerweise Beratung, Coaching, Training und initiieren auch verschiedene Events, wo verschiedene Generationen zusammenkommen. Aber wir haben auch zwei Apps entwickelt. Einmal die Reverse Mentoring App, dort kehren wir das traditionelle Mentoring um, das heißt jüngere Mitarbeitende. sind die Mentorinnen von älteren, erfahrenen Mitarbeitenden und brechen sozusagen das Senioritätsprinzip auf, wo auch junge Menschen sich einfach mal trauen können, ihre Erfahrungen an ältere Generationen weiterzugeben und andersrum Ältere sich nicht übervorteilt fühlen. wenn sie auch mal was von den Jüngeren gesagt bekommen. Und dann, das ist auch so ein Schwerpunktthema von uns, das Thema Innovation, das ist ja so auch ein bisschen mein Background, weil ich aus diesem Umfeld komme. Vor meiner Zeit bei GenGenerations war ich ja angestellt in verschiedenen Technologieunternehmen, weil wir einfach sagen, das ist so wichtig, verschiedene Generationen Innovationsprozesse mit einzubinden, um verschiedene Perspektiven, Erfahrungsschätze damit einzubinden. Wichtig aus zwei Perspektiven. Einmal intern, dass auch erfahrene Mitarbeitende eingebunden werden in wichtigen Innovationsprozesse und in Richtung Kundinnen da draußen. Unsere Gesellschaft Alter, demografischer Wandel lässt grüßen, sodass auch Produkte in Zukunft entstehen, die auch die Bedürfnisse, Erwartungen von erfahrenen Mitbürgerinnen berücksichtigen.
Joel Kaczmarek: Ja, war total spannend. Da sind wir ja schon mal mittendrin, weil hast du vollkommen recht, dass man das nach innen und ausdenken muss. Und hol uns doch mal ab, wenn wir jetzt über Age Diversity reden, was ist denn in Unternehmen so der Status Quo? Also wo stehen da die meisten? Wo knarzt es im Gebälk? Was ist so die Problemwelt? Ja.
Irene Kiloubi: Also die zwei größten Herausforderungen, die Unternehmen oder Organisationen zurzeit haben, einmal Fachkräftemangel und der demografische Wandel. Das wird natürlich auch in Zukunft den War for Talent nochmal zuspitzen. Warum? Weil Unternehmen sind gefordert, auf der einen Seite irgendwie sich attraktiv zu machen für Nachwuchskräfte und andererseits, wie können sie nachhaltig und langfristig das Wissen und die Kompetenzen von erfahrenen Mitarbeitenden langfristig sichern. Ich kann euch ein Beispiel geben. Der öffentliche Sektor wird bis 2027 knapp 700.000 freie Stellen haben, weil die alle in Pensionierung gehen. Und da sind einfach die Unternehmen sehr, sehr schlecht aufgestellt. Einerseits natürlich, wie kommen wir an talentierte Kräfte ran? Und andererseits natürlich das Wissens- und Kompetenzmanagement, beziehungsweise Transfer von Wissen. Und Wissensmanagement ist da noch sehr dünn besiedelt. Und da besteht auf jeden Fall Und wir merken, wenn Unternehmen auf uns zugehen, dass sie ganz bewusst sagen, uns ist das bewusst, dass wir eine elterne Belegschaft haben. Aber auf der anderen Seite kommt ja auch wenig nach. Was können wir da letzten Endes tun? Und ich merke aber, dass der Fokus sehr stark immer ist, wie können wir uns interessant machen für die Generation Z? Die Frage kommt so häufig. Und ja, vielleicht schmeiß mal den Ball an euch rüber. Was glaubt ihr?
Lunia Hara: Woran denkst du?
Irene Kiloubi: liegt das? Genau, ich stelle dann eine Gegenfrage. Was glaubt ihr, was ich dann antworte, wenn die Frage kommt? Ja, also hast du richtig erkannt, woran liegt das? Ja, da komme ich auch nochmal gleich drauf zu sprechen.
Joel Kaczmarek: Naja, also vermutlich würdest du sagen, dass das Pendel zu sehr in eine Richtung schwingt, oder? Dass es nicht die Lösung sein kann, immer nur Junge reinzuholen, wäre so meine Vermutung.
Irene Kiloubi: Ja, sehr gut. Da gehörst du zu den 1%, Joel. Ich sage da immer, das ist die falsche Frage. Sie dürfen nicht die Frage stellen, was ist interessant für GenZ, sondern wie kann ich eine Unternehmenskultur schaffen, die notwendigen Arbeitsbedingungen herstellt, wo sich die gesamte Belegschaft wohlfühlt. Ja, weil stell dir vor, ja, Luña, Joel, da kommen jetzt ganz viele Gen-Settler und man richtet alles nach denen aus. Aber da sind ja auch noch erfahrene Mitarbeitende, mit denen müssen wir auch zusammenarbeiten, mit denen müssen wir auch zurechtkommen. Ja, und deswegen entsteht auch immer so der Frust von den Erfahrenen. Das hatte ich auch neulich, da habe ich einen Workshop gehalten. Da hat ein Kollege gesagt, dass es ihm wirklich auf die Nerven geht, dieses Ganze. Ja, immer nur die Jungen und kriegen die ganzen Programme, Juniorprogramme, Talentprogramme, Exzellenzprogramme. Der hat gesagt, Ich bin über 50 zwar, aber ich bin auch exzellent. Ich habe auch mehrere Jahre schon für das Unternehmen gearbeitet und ich habe auch noch ein paar Jahre an Arbeitsleben vor mir. Wo bleibt denn meine Karriereentwicklung?
Joel Kaczmarek: Das ist total krass. Wie ist denn das eigentlich, wenn man so über Altersdiskriminierung in Unternehmen redet? Richtet sich das eher gegen die Jüngeren oder gegen die Älteren? Weil ich hätte auch aus dem Bauchgefühl heraus gedacht, dass es vor allem die älteren Generationen sind, die altersdiskriminiert werden.
Irene Kiloubi: Also das geht absolut in beide Richtungen. Und das ist auch da, wo ich auch gerne Aufklärungsarbeit leisten möchte. Diese Begrifflichkeit, da fängt es schon mal an. Also wenn wir über Altersdiskriminierung sprechen, dann müssen wir differenzieren zwischen Ageism und Adultismus. Ageism, das heißt ganz klar Diskriminierung gegenüber älteren Mitmenschen. Das heißt, denen werden gewisse Kompetenzen nicht mehr zugesprochen oder man traut ihnen nicht mehr zu, diese überhaupt noch erlernen zu können, weil sie schon im fortgeschrittenen Alter sind. Dann haben wir Adultismus, das heißt, ich spreche Menschen gewisse Kompetenzen, wie zum Beispiel Verantwortungsbewusstsein oder Kompetenz, richtige Entscheidungen zu treffen, weil sie noch zu jung sind. Und deswegen, ich kann euch da ganz viele Beispiele nennen, in welchem Bereich man gerade im Arbeitsleben mit Altersdiskriminierung als Oberbegriff sich auseinandersetzen muss. Also es fängt bei der Bezahlung an, dann geht das Thema über Einstellung, Aus- und Weiterbildung, Leistungsbewertungen, Beförderung. und Entlassungen, Wohlstand, dann Karriereentwicklungsmöglichkeiten, dann was das ganze Leadership, Führungskräftekompetenz anbelangt. und generell, wenn man das zusammenfasst, haben wir auch natürlich ganz stark mit Stereotypisierung zu tun.
Lunia Hara: Wenn ich dir so zuhöre, habe ich ja das Gefühl, dass die Unternehmen eher ein Konzept brauchen, wie man Mitarbeitende möglichst lange im Unternehmen halten soll, weil wenn nach unten hin weniger nachkommen, ist es ja für jeden, der oder die in Frührente geht, eigentlich ein Problem.
Irene Kiloubi: Absolut.
Lunia Hara: Ist das den Unternehmen so schon bewusst?
Irene Kiloubi: Natürlich. Also vor den genannten zwei großen Herausforderungen, dem europäischen Wandel und dem Fachkräftemangel, werden Unternehmen in spätestens zehn Jahren, da bin ich von überzeugt, froh sein, wenn sie auf eine offene Position überhaupt zwei qualifizierte Bewerbungen bekommen. Es hat auch jemand mal vor kurzem unter einem Artikel von mir kommentiert, meinte so, also wir haben kein Problem. Ich habe neulich gesehen, irgendwie, wir haben auf eine Stelle 183 Bewerbungen bekommen. Da habe ich gesagt, ja, sie werden noch mit Bewerbungen überschüttet. Also das kann immer noch durchaus sein, wenn sie ein attraktiver, industrieattraktiver Arbeitgeber sind. Aber wie viele sind letzten Endes relevant? Ich kann aus dem Kundenbeispiel sagen, das waren jetzt nicht so viele, ich glaube, das waren 121 oder 122 Bewerbungen. am Am Ende waren nur drei relevant und trotzdem mit Ach und Krach wurde dann eine Person eingestellt, obwohl man hätte drei gesucht. Also allein die Zahl, wie viele sich bewerben, davon kann man nicht ausgehen. Deswegen betone ich qualifizierte Bewerbungen, die passend sind.
Lunia Hara: Wie geht man eigentlich mit diesem Vorurteil um, was so in Unternehmen greift, dass natürlich seniorige Mitarbeitende eher teuer sind und man eher dann jüngere sucht? Und wenn jetzt jemand, sage ich mal, 50 plus sagt, hallo, wo bleibt denn jetzt mein Karriereplan? Welche Möglichkeiten haben da Unternehmen überhaupt zu aktivieren?
Irene Kiloubi: Ja, also da bin ich auch ganz offen, Lunja. Also du hast es angesprochen. Ich fange mal mit dem ersten Aspekt Kostenfaktor an. Ich gehe mal davon aus, dass die meisten Recruiter da draußen in renommierten Unternehmen kluge Köpfe sind und gar nicht mal so dem Vorurteil unterliegen, dass fahrende Mitarbeitende irgendwie nicht mehr kompetent sein oder nicht mehr lernfähig oder lernbereit sind, weil Studien genau das Gegenteil belegen. Das ist tatsächlich ein Kostenfaktor. Natürlich jemand, der 50 plus ist, schon gewisse Erfahrungen mitbringt, auch vielleicht ein gewisses Netzwerk, einfach teurer ist als jemand, der Mitte 20 ist. Deswegen sage ich, es wird auch manchmal so als Grund vorgeschoben, dass man denkt, dass Jüngere leistungsfähiger sind. Dann hast du ja nochmal diesen zweiten Aspekt angesprochen. Also man muss wirklich gucken, dass man schon Pläne mit denen ausschmiedet und auch überlegt, Was wollen die denn noch erreichen? Das sind ja immer noch 15 Jahre, die ja noch bevorstehen. Dass man ganz klar mit denen spricht, auch so eine Karrierelaufbahnplanung macht. Das haben auch Studien bewiesen, dass Unternehmen, weil ab 50 geht man in Unternehmen schon als alt. Also das ist de facto so. Weil die Frage kommt oft, ab wann bin ich denn eigentlich im Arbeitsleben? Ab 50. Und Karrierelaufbahnplanungen werden mit Mitarbeitenden bis 40 gemacht und dann liegt man so bei zwei Drittel. Ab 50 liegt es nur noch bei knapp 12 Prozent. Also nur, wenn du 50 bist, gehörst du nur zu 12 Prozent, die vielleicht eine Karrierelaufbahnplanung brauchen. Ganz klassisch, warum wird es weniger? Dass man wirklich mit den Mitarbeitenden spricht und sagt, was willst du nachher erreichen? Wo möchtest du noch hin? Und denen auch die Chance gibt, auch in anderen Bereichen Fuß zu fassen. Das erlebe ich sehr oft als Rückmeldung, dass die sagen, in den ganzen Innovationsthemen, mit neuartigen Projekten, dass die da ausgegrenzt werden und meistens immer nur noch eine abarbeitende Funktion haben und gar nicht mehr in Karriereentwicklungslaufbahnen mit involviert werden. Und wir haben da zum Beispiel einen Kunden, die haben natürlich noch nicht so einen sexy Namen dafür, aber die nennen es Vorruhestandsplanung, dass man sagt irgendwie, was passiert denn noch? Aber das machen wir mit 55+. Was passiert denn jetzt noch in den nächsten fünf bis zehn Jahren? Weil wir müssen auch unterscheiden, sind das gewerbliche oder kaufmännische Angestellte, die meistens dann auch schon mit 60 aufhören? Was passiert denn jetzt in den nächsten fünf bis zehn Jahren? Und was den Unternehmen vor allen Dingen sehr, sehr wichtig ist, dass das Wissen dann nicht verloren geht die letzten Jahre. Wie kann so ein Wissenskompetenztransfer passieren? zu den Jüngeren und wenn die Mitarbeitenden ausscheiden und trotzdem immer noch arbeiten? sämtliche Maßnahmen im Bereich Gesundheitsmanagement für die auch nochmal implementieren, dass die auch bis ins Rentenalter hinaus leistungsfähig bleiben und auch trotzdem noch an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen weiter partizipieren können. Da werden in jüngere zum Beispiel 86 Prozent investiert und ab 50 plus sind es nur noch 44 Prozent.
Lunia Hara: Das ist ja echt ein gravierender Unterschied.
Irene Kiloubi: Also im Endeffekt ein ganz einfacher Tipp, das, was ihr vorher mit euren Mitarbeitenden gemacht habt oder Jüngeren, genau das Gleiche auch für erfahrene Mitarbeiter anbieten. Warum hört es dann auf einmal auf mit 50? Es hört sich ganz banal einfach an, aber das ist leider die Realität. Als ob man die Uhr stellt, ab 50 kriegst du nicht die gleichen Maßnahmen, kriegst du nicht die gleiche Vorsorge oder Fürsorge wie jemand, der vielleicht Mitte 30 ist.
Joel Kaczmarek: Ich habe vor kurzem einen Podcast mit Kurt Krömer gehört und hat erzählt, dass seine Mutter bei ihm wohnt. Und ich betone, ich wohne nicht noch bei meiner Mutter, sondern ich habe sie zu mir geholt. Weil irgendwie haben wir in der Gesellschaft so die Eigenart, wir alle werden älter, das droht uns allen. Und irgendwie schieben wir die Leute aber so aufs Abstellgleis, wenn man ein gewisses Alter erreicht.
Irene Kiloubi: Absolut. Und das kann ich auch immer wieder betonen. Alter ist die einzige Dimension, die wir alle gemeinsam haben. Also ich bin de facto in diesem Leben eine Frau. Du bist de facto ein Mann. Das können wir nicht ändern. Aber wirklich, wir sind alle Babys, Kinder, Jugendliche. Wir gehen in Lehre, Ausbildung, sind Erwachsene, irgendwann mal Seniorinnen, Omas und Opis. Freue ich mich auch schon drauf. Das blüht uns allen. Und das ist einfach das Menschliche in uns. Jemand, der 20 ist, der kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass er irgendwann mal 50 oder 60 ist. Und jemand, der 50 und 60 ist, hat vergessen, wie hat es sich angefühlt, als ich noch 20 war. Wie habe ich getickt? Welche Bedürfnisse hatte ich gehabt?
Joel Kaczmarek: Und hast du mal einen Tipp, wie man diese Reibung reduziert? Weil ich habe auch so, ich habe heute mit Lunia telefoniert in Vorbereitung auf den Podcast und habe ihr so erzählt, als ich damals in der D-School war, hier die School of Design Thinking, da hast du immer so diverse Teams, aber das war vor allem auf die Disziplinen ausgerichtet. Und es hat sich mir wirklich eingebrannt, wie ich als mit 20er mit jemandem diskutiert habe, der so mit 60er war, da hatten wir auch ein Paar. Ich bin irre geworden, da hat mich wirklich irre gemacht, diese Pace, dieser Unterschied in der Geschwindigkeit. Während wir schon immer drei Schritte weiter waren, die Jungen so, ja, das macht man so, das so und so und so, hatte so, der ältere Part der Gruppe hatte halt immer so dieses, na, Bedenkenträgertum, so haben wir es damals empfunden, aber eigentlich ist es ja ganz wertvoll, dass man auch mal sagt, okay, Ihr seid jetzt vorausgerauscht. Ich habe aber nochmal, ich habe ein bisschen Erfahrung. Lass uns auch mal zwei, drei Sachen nochmal ein bisschen tiefer durchdenken, bevor wir losrödeln. Ich habe das aber als extrem anstrengend damals empfunden. Von daher, was sind denn so deine Tipps, um so diese Reibung rauszukriegen zwischen alt und jung?
Irene Kiloubi: Du gibst ja schon direkt die Steilvorlage, wenn du den Begriff Reibung nutzt. finde ich super. Weil ich finde, Reibung ist gar nichts Verwerfliches. Reibung ist doch schön. Weil wo Reibung ist, entsteht Wärme. Und Wärme ist doch was Positives. Also wir dürfen auch nicht immer erwarten, dass alles immer reibungslos funktioniert. Also das braucht es ja auch letzten Endes. Und das erinnert mich auch so ein bisschen an mich. Vielleicht ein bisschen umgekehrt. Als ich nach dem Studium ins Arbeitsleben eingetreten bin, mit Mitte 20, da war nächst ältere Kollege 18 Jahre älter. 43. Also dazwischen gab es nichts. Da war ich mit 24, 25. Und das hat mich immer genervt, ja, also die kamen auf mich so, ja, du bist ja noch jung und mach das mal ein paar Jahre, natürlich bist du total motiviert, du denkst, du kannst noch die Welt verändern, aber hier kannst du gar nichts bewegen, du musst dich nur anpassen. und ich war auch teilweise, wenn ich Aufgaben bekommen habe, einfach schnell, da hat mich mein Kollege zur Seite genommen, renn hier, wenn du eine Aufgabe kriegst, lass die Zeit, ja, und brauchst nicht so schnell erledigen, weil es Es tut sich eh nichts. Und ich habe dann für mich, weiß ich noch so, das ist doch total traurig. Ich möchte doch nicht so enden irgendwie. Ja, weil ich habe gedacht, wir verbringen echt 80 Prozent der Zeit unseres Lebens auf der Arbeit und wirklich so zur Arbeit gehen zu müssen und zu denken, ich kann eh nichts bewegen und ich mache Dienst nach Vorschrift, ist doch eigentlich total schade. Also fände ich echt traurig. Aber um auf deine Frage zurückzukommen, Joelle. Aber das ist ja gerade das Bereichernde. Also beispielsweise ist es so, natürlich, wenn man jung ist, dann ist man vielleicht etwas stürmischer und sagt einfach, ich packe mal die Sachen an. Und jemand, der erfahrener ist, hat das vielleicht mal durchlebt und sagt, hey, der Approach ist vielleicht nicht so sinnvoll. Lass uns doch mal irgendwie die Mitte zwischen beiden finden. Wir gucken trotzdem, dass wir irgendwie das Problem greifen, an der Wurzel packen, aber gleichzeitig auch Kreativität den Raum lassen.
Lunia Hara: Aber ist das nicht genau das eigentlich ein Vorurteil jetzt an beide Richtungen von euch, dass man halt jetzt den Jüngeren jung, dynamisch, agil zuschreibt und Älteren langsam bedacht und vielleicht nicht mehr so agil. Aber ich kenne ja genauso gut junge Menschen, die ich einfach nur schnarchig finde und denke, also komm doch mal zu Potte. Aber auch wiederum überraschen mich auch andere Ältere, wo ich denke, oh wow, was für eine Dynamik, schnellig gestaltet, schnell im Denken etc. Dass da eigentlich nur dieses Fatale, dass man aus dem Äußeren heraus, weil jemand halt schon vielleicht silbergraues Haar hat, älter aussieht, man schon sagt, ah ok, kann ja gar nicht mehr per se, schon vom Aussehen her gar nicht mehr jung, dynamisch sein. Und jemand anderes, der jünger aussieht, dann entsprechend klassifiziert wird.
Irene Kiloubi: Ja, ich bin völlig bei dir. Aber ich glaube, das, worauf wir angesprochen haben, war eher, dass jemand aus deiner Erfahrung heraus resultierend vielleicht degradiert hat und dann denkt irgendwie, ach, das kenne ich schon, das habe ich schon tausendmal gemacht, das wird nicht funktionieren etc. Und ich glaube, der Grund, weshalb eigentlich Konflikte zwischen Generationen entstehen, ist Angst. Nicht mehr und nicht weniger. Ein erfahrener Mitarbeiter hat Angst, von einer jüngeren Person übervorteilt zu werden und eine jüngere Person hat Angst, von einer älteren oder erfahrenen Person als nicht ernst genommen zu werden. Und dadurch entstehen dann vielleicht so Kommunikationsmissverständnisse, Verhaltensweisen, weil man immer mit der Annahme hingeht, die Person denkt ja aufgrund meines Alters so von mir. Und jetzt muss ich mich aber beweisen und zeigen, nee, ich bin doch vielleicht nicht so, wie das vernotet wird. Und das ist einfach die menschliche Angst, die es da zu überwinden gilt. Und danke, dass du es ansprichst, Luna, weil das ist für mich wirklich das Thema. auch Stereotype-Kategorisierung ist auch nochmal ein sehr wichtiger Faktor. Ich finde, das ist wirklich die Basis. Also wenn wir überhaupt anfangen, mit Organisationen zu arbeiten, da sagen wir, wir müssen da erstmal anfangen und ansetzen, dass das erstmal geklärt und aufgeräumt wird. Dass wir uns angucken, wie nehme ich überhaupt die anderen Generationen wahr? Und das ist echt sensationell, aber wirklich sehr erstaunlich, wie sich die Leute teilweise öffnen und wie tief teilweise Vorurteile vorherrschen. Mehr, als du dir jemals vorstellen kannst. Also das erlebe ich. Immer wieder, das ist so krass, wie wir geprägt sind von Stereotype und Vorurteilen und unbewussten Vorurteilen auch.
Lunia Hara: Das glaube ich dir, dass vor allem Ageism eins der akzeptiertesten Vorurteile sind, wo wir Dinge laut aussprechen, ohne darüber nachzudenken.
Joel Kaczmarek: Ich würde ja sogar vermuten, also ganz ehrlich, da tappt man sich doch auch selbst bei, dass wenn ältere Menschen dabei sind, dann rede ich irgendwie langsamer, dann rede ich irgendwie lauter, weil man so diese ganze, man hat sofort so ein Bild im Kopf, kriegt ja noch mit, was ich sage, hört ja vielleicht schwer. Also das ist eigentlich echt krass so und dann nehme ich mich auch nicht aus.
Irene Kiloubi: Also es ist auch spannend, was du sagst, weil das habe ich tatsächlich mal in dem Projekt beobachtet. Da hat die Verantwortliche, als sie das wirklich, sag ich mal, es war ein Beratungsprojekt, als sie das den Junior-Consultants und Consultants erklärt hat, so zack, zack, zack, mit gar nicht viel Info, so mach mal, so nach dem Motto, mach mal einen Vorschlag. Und bei Erfahrenen hat sie viel langsamer geredet. Sie hat auch teilweise sich zwei-, dreimal wiederholt. Da dachte ich mir auch so, hm. Und das war für mich irgendwie so total strange. Und bei mir ist es eigentlich so, das ist mir eigentlich immer gleich, ich rede mit allen gleich. Wenn du es nicht verstehst oder zu schnell bist, dann sag mir das einfach. Aber ich verstehe nicht, warum ich Personen anders das erklären soll. Ich erkläre es allen gleich, wenn ich das Gefühl habe, wir sind auf einem Projekt und für alle ist das Thema irgendwie neu. Aber das war spannend für mich zu beobachten, wie sie da herangegangen ist.
Joel Kaczmarek: Wir haben ja jetzt schon einiges auch davon besprochen, aber damit vielleicht sich die Zuhörenden auch nochmal irgendwie so ein schönes Bild machen können, hast du nochmal so ein paar typische Beispiele für typische Situationen, wo Altersdiskriminierung eigentlich in Unternehmen passiert?
Irene Kiloubi: Ja, also es gibt viele. Ich kann anfangen bei der Bezahlung. Also es ist ja oftmals so, dass jüngere Arbeitnehmende schlechter bezahlt werden als Erfahrene. Das ist ja auch so ein Thema, was wir haben. Es wird ja jungen Leuten immer Loyalität abgesprochen. Da sage ich Natürlich, wir müssen uns auch immer den Kontext angucken. Unsere Elterngenerationen, die hatten sichere Arbeitsverträge, längerfristige Arbeitsverträge. Heutzutage wird man halt mit kurzfristigen Arbeitsverträgen konfrontiert, mit geringerer Bezahlung. Also die Generation heute kann sich ja noch nicht mal ein Eigenheim leisten. Die leben länger bei ihren Eltern zu Hause. Das ist schon mal eine Form von Diskriminierung. Dann, was kann ich noch sagen? Also klassischerweise bei der Einstellung, da hatte ich auch noch mal ein Gespräch gehabt mit einer Personalerin. Die hat zu mir gesagt, es ist natürlich so, wenn ich Bewerbung habe von jemanden, der 60 ist und jemanden, der 35 ist, wenn die die gleiche Qualifizierung haben, natürlich stelle ich dann die Person ein, die Mitte 30 ist. Also warum? Da war für mich auch wieder klar, es war einfach, es ist nun mal so als Vorurteil, die wir in uns tragen, dass wir ältere, erfahrene Menschen, das ist weniger produktiv. Weniger formbar, das höre ich ganz oft. Gerade in der Startup-Szene, wo ich mich auch so ein bisschen bewege. Junge Menschen kann man noch formen. Die gehen auch die extra meine. Und die sind auch vielleicht nicht so unternehmens- oder konzernverdorben. Also ganz klassische Fall. Aus- und Weiterbildung habe ich auch noch mal gesagt. Also ältere Mitarbeitenden haben de facto nicht die gleichen Ausbildungs- und Weiterbildungsvoraussetzungen. Dann kann es passieren bei der Leistungsbewertung, dass zum Beispiel erfahrene Mitarbeiter kritischer bewertet werden, auch wenn die Leistung gleichwertig ist. Beförderung und Entlastungen. Also ab 50 sieht es schwierig aus mit Beförderungen.
Joel Kaczmarek: Das ist ja schon eine ganze Masse. Wenn du jetzt einen Kunden vor dir hast, ein Unternehmen, was jetzt zu den Sehenden gehört, ja, so okay, ich habe das erkannt, ich habe es verstanden. Was sind die Werkzeuge, die du mit denen als erstes in die Hand nimmst, um diese Problemwelten aufzulösen?
Irene Kiloubi: Genau, da gibt es auch wieder verschiedene Maßnahmen. Also erstmal Sensibilisierung, durch Schulungen, Workshops, Ressourcen, sich unbewusster vorurteile, bewusster zu werden. Also vordergründig erstmal, aber das sind sich die Unternehmen meist bewusst, wie sieht denn überhaupt unsere Altersstruktur aus? Also vor welchen Herausforderungen stellt mich überhaupt die Altersstruktur, die ich vorfinde? Dann fängt es an, wenn wir mit den Mitarbeitenden zusammen arbeiten, die an Bord holen, Sensibilisierung, ganz klar. Und dann kann man natürlich auch Arbeitsplatzdaten erheben. Also man identifiziert so gewisse Muster. wie ich eben versucht hatte zu erklären. Man guckt sich zum Beispiel die Einstellungsbeförderungsraten an. Gibt es da gewisse Biases? Oder gibt es auch bestimmte potenzielle Unterschiede oder Verzerrungen, die wir da identifizieren können? Dann ganz klassisch, finde ich immer sehr, sehr spannend, auch Feedback einfach einzuholen von den Mitarbeitenden. Ich kann euch ein Beispiel geben. Wir hatten so eine Diversity-Umfrage gemacht bei einem Kunden. Und da haben wir auch zum Beispiel die Mitarbeitenden gefragt, welche Diversitätsdimension kommt euch zu kurz? Da haben knapp 50 Prozent gesagt, das Thema Altersdiversität kommt uns zu kurz. Aus den genannten verschiedenen Gründen. Also da kamen wirklich Stimmen laut, die gesagt haben, zum Beispiel einer, das werde ich nicht vergessen, hat auch gesagt so, es stört ihn wirklich, dass ihm jetzt so eine junge Führungsraffe die Nase gesetzt wurde, die noch nicht mal gecoacht oder gementort wurde und keine Ahnung hatte, so ungefähr. Dann kam eine andere Person, hat gesagt, ja, die jungen Arbeitskräfte oder Fachkräfte, die jetzt reinkommen, die findet er total abgeroben. Die fragen schon nach Work-Life-Balance, nach Sabbatical und sowas an, bevor sie überhaupt angefangen haben zu arbeiten. Und das fand ich spannend. Mein Appell an Unternehmen, holt nicht nur Feedback ein, sondern hört auch darauf. Weil das erlebe ich auch, die Da kommt immer, wir haben schon Umfragen erstellt und das und das. Und was haben sie dann mit dem Feedback gemacht? Nichts. Das ist mein Appell. Ja, auch wirklich darauf hören und darauf eingehen. Dann Durchführung von Audits. Also ich schaue mir meine Arbeitsplatzrichtlinien, Arbeitsplatzpraktiken an und gucke mir auch, das Thema auch hier wieder an. Wie sehen denn meine Auswahlprozesse aus? Wie sehen meine Onboarding-Prozesse aus? Deswegen finde ich das Thema auch Employee Lifecycle Management so, so spannend, weil was viele Unternehmen gerade die etablieren gut können, gute Fachkräfte an sich zu locken, aber das ist ja erst die halbe Miete. Wie kann ich die langfristig binden und auch motiviert halten? Darum geht es ja auch letzten Endes. Und da muss ich auch immer wieder meinen regelmäßigen Abständen Audits durchführen und dann auch gucken, welche Maßnahmen wichtig sind und welche Maßnahmen auch zielführend sind, die ich dann auch ergreifen kann. Da spielt für mich auch das Thema Proaktivität eine ganz große Rolle. Also nicht erst agieren, wenn es schon fast zu spät ist, sondern so wirklich auch proaktiv dagegen angehen. Das sind so die ersten Ansätze, die ich empfehlen würde.
Joel Kaczmarek: Könnt ihr stundenlang zuhören, Irene. Also so traurig das Thema ist, ich finde das echt faszinierend, weil sich da so eine Welt aufmacht, die man irgendwie kennt, aber nie gesehen hat. Und du hast ja auch, als du dich selbst vorgestellt hast, am Anfang von diesen Reverse-Mentorings gesprochen. Vielleicht ist das auch so ein Instrument, was in solchen Kontexten hilft?
Irene Kiloubi: Absolut, weil unser Fokus ist ja bei Joint Generations die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Generationen. Bevor ich Joint Generations gegründet hatte, hatte ich einfach festgestellt, es gibt sehr, sehr viele Organisationen, Initiativen, die sich um die Belange von Kindern und Jugendlichen kümmern. Wenige, die sich um die Belange von Seniorinnen kümmern und noch weniger, die gesagt haben, hey, warum schauen wir nicht, wie wir verschiedene Generationen zusammenbringen. Und deswegen ist auch Joint Generations entstanden. Und unser Fokus ist ganz stark die Zusammenarbeit zwischen den Generationen. Wir sagen nicht, wir favorisieren diese Zielgruppe oder das ist unser Fokus oder die Älteren, sondern wirklich, wie können die effektiv zusammenarbeiten langfristig. Und Reverse Mentoring ist eine der Maßnahmen, die man ergreifen kann. Ich gebe euch ein paar Beispiele. Es gibt ja noch andere Maßnahmen, Methoden. Die nennt man Personalentwicklungsmaßnahmen on the job. Und das trägt auch unsere Arbeit so ein bisschen Rechnung, dass wir sagen, es reicht nicht aus, dass man immer nur Dialog hat, alle paar Monate mal sich austauscht, sondern wirklich aktiv zusammenzuarbeiten, wo auch Reibung entstehen darf. Und das sind solche Maßnahmen, wie zum Beispiel, dass man Job-Tandems bildet, auch so Job-Shadowing, wo eine Generation der anderen mal über mehrere Monate über die Schulter schaut. Und ein Thema, wo ich auch glaube, also die USA ist da schon ein Schritt weiter, Jobcrafting, dass Mitarbeitende ihren Arbeitsplatz auch autark mitgestalten dürfen. Was haben wir noch? Dann gibt es natürlich so projektbezogene Methoden, wie zum Beispiel Working Out Loud propagiere ich ganz gerne und ganz stark. Dann auch in Innovationsprojekten, wo ich auch so ein bisschen herkomme, dass man auch wirklich mit verschiedenen agilen Methoden und Ansätzen auch zusammenarbeitet. Und da lernen sogar die verschiedenen Generationen was, weil ich merke auch gerade, was diese Methoden, Maßnahmen im Bereich New Work anbelangt, da sind die meisten so auf dem gleichen Level. Egal, ob ich jetzt jung oder alt bin, aber dann per se schon zu sagen, nee, du bist zu alt, ich grenze dich da aus diesen Innovationsprojekten raus, ist der falsche Ansatz meiner Meinung nach.
Joel Kaczmarek: Kannst du mir nochmal erklären, was Working Out Loud heißt?
Irene Kiloubi: So, Working Out Loud, das ist eine Methode von John Stepper, ins Leben gerufen. Da kommen in der Regel so vier bis fünf Personen als seine Gruppe zusammen und die kommen für zwölf Wochen, also drei Monate zusammen. Und jeder kommt mit einem konkreten Ziel, was er nach drei Monaten erreichen möchte oder an ein Ziel, an dem er arbeiten möchte. Und er hat dann eine ganz konkrete, strukturierte Systematik entwickelt. Jede Woche trifft man sich für circa eine Stunde, geht dann halt diese Systematik durch, bearbeitet ein paar Aufgaben, kommt dann in dieser einen Stunde zusammen und bespricht den Fortschritt. Was hast du erreicht? Was hast du in der letzten Woche erzielt und wo möchtest du hin? Und man gibt sich gegenseitig Feedback über den Entwicklungsfortschritt. Und das ist die Working-out-loud-Methode. Also es ist eine sehr spannende Methode. Kann ich wirklich nur jedem empfehlen.
Lunia Hara: Was erzählst du von einem unterbrasilianischen Unternehmen? Und da haben sie halt erzählt, da ging es halt auch über Wissenstransfer, dass ältere Mitarbeitende ab einem bestimmten Alter 30 Prozent ihrer Zeit freigestellt bekommen. Und die 30 Prozent sollen sie nur nutzen, um mit anderen jüngeren Mitarbeitenden teilzunehmen. zu sprechen, zu coachen und Wissen weiterzugeben.
Irene Kiloubi: Was ich davon halte? Was glaubst du, was ich davon halte? Ich finde es super. Also das ist doch das Beste. Das ist auch das, das trägt auch diesen Job-Shadowing-Rechnung, oder? Und warum auch nicht so diese Job-Tandems? Also ich habe ein erfahrenes Und eine jüngere Person, die teilen sich einfach mal den Job. Dieser Ansatz, den gibt es ja schon, was jetzt, sag ich jetzt mal, Führungskräfte anbelangt. Die jetzt zum Beispiel sagen, die möchten jetzt nicht Vollzeitführungskraft sein, nur Teilzeit. Aber wieso macht man das nicht auch mit Jung und Alt? Ich finde das auch ganz spannend. Da ist ein großer deutscher Telekommunikationsanbieter. Die haben auch so eine Art Shadowboard eingeführt. Also so einen erweiterten Vorstand, bestehend aus jungen Leuten. Und bevor der eigentliche Vorstand überhaupt eine Entscheidung fällen darf, wird der erweiterte Vorstand angehört.
Lunia Hara: Oh, das finde ich ja spannend. Aber die Frage ist, wie viel ist es wirklich nur ein obligatorisches Anhören, Political Correctness, oder wird es wirklich ernst genommen, was beanstandet oder gesagt wird und das auch eventuell übernommen? Also ist es so ein Greenwashing, sage ich mal, nur dass man sagt, wir haben es gemacht, aber letztendlich interessiert uns das gar nicht.
Irene Kiloubi: Das ist eine völlig berechtigte Frage. Das frage ich mich sowieso bei ganz vielen Themen. Diversitätsinitiativen, die da gemacht werden. Genauso auch, du wirst ja wissen, du bist ja auch Expertin für Leadership und Führung. Es ist was anderes, ob ich das auf dem Papier stehen habe, wir haben eine super Führungskultur, oder ob ich das auch aktiv wirklich lebe. Ich sage immer, die Hoffnung stirbt zuletzt, Ich werde nicht müde, immer zu propagieren, Awareness dafür zu schaffen. Und ich bin auch ganz ehrlich, ich merke ganz schnell, wenn Unternehmen auf mich zukommen und sagen, hey, wir möchten mit euch zusammenarbeiten, wir möchten das Thema angehen. Ich merke auch schon sehr schnell und durch gezielte Fragestellung, ist es jetzt etwas so check in the box oder ist es wirklich, meinen die das ernst oder nicht? Aber letzten Endes sage ich, unabhängig davon, dass ich trotzdem, also wir dürfen trotzdem nicht aufgeben und dafür einzustehen. Und das mache ich letzten Endes, weil ich treffe dann andere. auf eine Gruppe von Menschen, du wirst immer Leute haben, die kommen dann mit ihren Vorurteilen, die kommen dann mit ihrer Sichtweise und finden vielleicht blöd und sagen, wozu braucht es das? Und dann stellt sich heraus, es war doch wichtig und wertvoll. Und ich finde, dann hat man wirklich gute Arbeit geleistet, auch als Führungskraft oder sowas. Wenn du es dann trotzdem schaffst, die Leute abzuholen, die Leute zu motivieren. Und das ist so ein bisschen meine Mission, damit ich nicht in Frust verfalle. Manchmal gehe ich auch nach Hause und denke so, Boah, warum sehen die das nicht ein, dass es wichtig ist und dass die das machen müssen? Und ich sage, was ich machen kann, ist einfach hingehen und den Leuten das aufzuzeigen, wie sie es richtig machen können, in der Hoffnung, dass sie nicht beratungsresistent sind und wirklich was initiieren und umsetzen. Und das Schönste für mich ist immer, wenn wirklich diejenigen, die die sturköpfigsten waren und so sagen, Rocky Luby, sie hatten recht oder ich habe es probiert und ich sehe es jetzt ein. Ich werde zwar nicht von heute auf morgen alles umkrempeln können, aber ich habe jetzt einen guten Willen.
Joel Kaczmarek: Und ich meine, ihr habt ja nun ja auch einen interessanten Punkt angesprochen, Irene, dem Wissenstransfer. Hast du auch Werkzeuge, wie man quasi so, was du beschrieben hast, das Wissen der älteren Generation im Unternehmen halten kann und wie man vielleicht auch von jung nach alt in beide Richtungen Wissen gut transportiert kriegt?
Irene Kiloubi: Es fängt schon an, gemeinsame Fort- und Weiterbildungen, weil ihr werdet es vorfinden in den meisten Unternehmen, da gibt es Fortbildung, Weiterbildung für Auszubildende, dann gibt es Ausbildung für Praktikantinnen, Leadership, Executive Schulungen. Warum kommen die denn nicht alle mal zusammen in der Schulung? Und dann ohne Werbung machen zu müssen, das ist zum Beispiel jetzt gerade sehr starker Trend in der HR-Tech-Branche, da kommen immer mehr Tools raus, die wirklich darauf aussitzen, dass die Unternehmen nicht nur Excel-Dateien nutzen, um das Wissen irgendwie zu speichern, zu storen und langfristig zu erhalten, sondern auch, das fängt auch schon an, wenn eine Person eine Stelle inne hat. wirklich dokumentiert über einen langen Zeitraum über verschiedene Tools, was sie eigentlich macht, wo die ganzen Informationen herkommen. So, dass wirklich jemand, wenn er ausscheidet oder sie ausscheidet, jemand, der danach die Stelle besetzt, genau im Bilde ist, was zu tun ist. Der Fehler, den Unternehmen machen, ist, die kümmern sich drum, wenn feststeht, dass die Person ausscheidet, dann hat die vielleicht irgendwann mal, kriegt die eine Meldung, du musst irgendwie deine Themen, deine Dokumente etc. weitergeben, übergeben und das ist der falsche Ansatz, weil das wird dann lieblos gemacht, das Allernotwendigste, ihr kennt das bestimmt sicherlich auch, wenn ihr irgendwie einen Stellenwechsel hattet. Ja, ihr müsstet Informationen suchen, wiederfinden etc. pp. Und das sind halt so für mich die zwei Ansätze, also wirklich gemeinsame Fort- und Schulungsmaßnahmen und wirklich geeignete Tools wirklich anwenden, wo das Wissen aufrecht erhalten wird. Und ganz wichtig, bei aller Liebe zu dem Wissen, was man hat, was wir feststellen in vielen Unternehmen, dass auch wenn Wissen da ist, oftmals nicht geteilt wird. Unternehmen sind da gefordert, gefragt. Ich sage immer, das ist so ein Dreiklang. Dialog, Raum und Kultur. Das passiert durch, ich teile mein Wissen, weil ich irgendwie menschennah bin, mit denen irgendwie ein Dialog trete. Das kann ich aber nur, wenn ein gewisser Raum oder Rahmen dafür geschaffen wird. Und auch so eine Art Wissenskultur, dass es geschätzt wird, honoriert wird, wenn ich mein Wissen teile. Und daran scheitert es meistens. Bei allen Tools und Methoden, die man hat, also wirklich Mitarbeitende motivieren, dass sie auch gewillt sind, ihr Wissen zu teilen. Und Wissen wird als zu selbstverständliche Unternehmen wahrgenommen. Und auch Transparenz schaffen, weil viele haben dann auch Angst, ihr Wissen zu teilen. Angenommen jetzt, stellen wir uns das einfach mal ganz bildlich vor. Da ist jetzt eine Person, weiß ich, sie ist 55, da kommt jemand mit Mitte 20 und dann wird gesagt, so, das wird jetzt deine neue Führungskraft. Jetzt teile mal dein Wissen mit der Person. Erstens Angst, was macht die mit meinem Wissen? Wird die jetzt noch belohnt, dass ich jetzt Wissen mit der Person teile? Und vor allen Dingen, und hinzu kommt auch noch, dass viele Menschen wissen auch gar nicht, wie teile ich überhaupt Wissen? Wie gebe ich überhaupt Wissen weiter? Das ist ja auch eine Fähigkeit, die man besitzen muss. Ich kenne so viele Menschen, die haben so viel Wissen, so eine Kompetenz, aber die können es einfach nicht vermitteln. Und ich finde, das wird auch in Zukunft so eine ganz, ganz wichtige Future-Skill-Kompetenz sein. Die Fähigkeit zu besitzen, das, was ich hier in meinem Kopf habe, auch weitergeben zu können. Und das auf eine leicht verständliche, strukturierte Art und Weise.
Lunia Hara: Deine Ausführungen echt richtig, richtig gut. Also vor allem auch das Thema generationenübergreifende Fortbildungen. Das ist genauso, wie du es beschrieben hast. In keinem Unternehmen habe ich es anders erlebt. Aber wie wichtig es da eigentlich ist. Also und gerade wenn du jetzt sagst, hier Führungskräftetrainings oder Schulungen, schadet es ja überhaupt nicht. Also gerade da wäre es wichtig, eigentlich levelübergreifend das zusammenzumachen, weil für die einen ist es sowieso auch nochmal schon Ausblick, was lernen die Führungskräfte? Lernen sie das, was ich wirklich brauche? Dann hättest du wirklich nochmal ein Gegenüber. Dass sie das halt direkt spiegeln, weil was jetzt in diesen Schulungen geht, ist ja, dass die Führungskräfte dann selber anfangen zu überlegen, naja, die Mitarbeitenden brauchen ja das oder würden vielleicht so agieren. Aber hol sie doch rein, dass sie selber sagen können, ob das überhaupt zielführend ist oder ob das überhaupt, eventuell diskutiert man am Thema vorbei und sagen, hey, schön, dass ihr das lernt, eigentlich brauchen wir nochmal was ganz anderes.
Irene Kiloubi: Schön, dass ihr über uns, mit uns redet. Ja, für mich eine super Inspiration.
Joel Kaczmarek: Ging mir genauso, liebe Irene. Also das war heute ein Werkzeugkasten gepaart mit irgendwie auch so viel Erleuchtung. Ich schreibe immer mit bei meinen Podcasts und so viel wie diesmal habe ich selten mitgeschrieben. Und dein Motto, die Zukunft ist jung und alt, finde ich eigentlich auch dann ein schönes, jetzt hier nochmal zu zitierendes Schlusswort. Von daher gilt dir heute unser herzlicher Dank, genau.
Lunia Hara: Vielen, vielen Dank.
Joel Kaczmarek: Danke euch auch.
Outro: Danke fürs Zuhören beim Digital Kompakt Podcast. Du merkst, hier ziehst du massig Wissen für dich und dein Unternehmen heraus. Wenn du mit uns noch erfolgreicher werden möchtest, abonniere uns auf den gängigen Podcast Plattformen. Und hey, je größer wir werden, desto mehr Menschen können wir helfen. Also erzähl doch auch deinen Kolleginnen und Kollegen von uns. Bis zum nächsten Mal.
Diese Episode dreht sich schwerpunktmäßig um Diversity: Lasst uns Organisationen neu, offen und tolerant denken! Nachdem wir anfangs die Organisationsentwicklerin Marina Löwe und Ratepay-Gründerin Miriam Wohlfarth wiederholt vor dem Mirko hatten, um dich für Diversity zu sensibilisieren, diskutiert Joel mittlerweile regelmäßig mit Lunia Hara (Diconium) zu Themen rund um Leadership und Diversity. Dabei geht es den beiden explizit nicht um Mann oder Frau, sondern um die Schaffung von Empathie füreinander sowie ein ganzheitliches Bild und Verständnis für verschiedene Rollen und Perspektiven.