Xenia Meuser: 5 Dinge, die ich gerne mit 20 gewusst hätte

7. Januar 2025, mit Joel Kaczmarek

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**Joel Kaczmarek:**Hallo Leute, mein Name ist Joel Kaczmarek. Ich bin der Geschäftsführer von digital kompakt und heute habe ich einen besonderen Menschen am Start, der mir erzählen wird, was denn ihre fünf Dinge sind, die sie gerne schon mit 20 gewusst hätte. Und zwar ist das die liebe Xenia Meuser. Ich kann euch sagen, Xenia hat in Sachen HR schon so gut wie alles gesehen. Zuletzt war sie nämlich CHRO bei RTL, dann war sie bei New Work lange, bei Xing, bei Otto, bei Chibo, also wer so viel Personal gemacht hat, der hat glaube ich einiges erlebt. Und vor allem ist sie ja jetzt mittlerweile mit ihrer eigenen Beratung für den Mittelstand am Start. Die heißt Hummingblocks und konzentriert sich darauf, die Wirksamkeit von HR zu erhöhen. Dann habe ich mir gedacht, okay, Xenia hat so viel mit Personal gesehen. Wenn die nicht lauter Sachen hat, die sie gerne schon früher gewusst hätte, ich weiß nicht, wer dann. Deswegen bin ich heute total neugierig und freue mich sehr. Hallo, liebe Xenia.

Xenia Meuser: Ja, vielen Dank, Joel. Danke für das nette Intro.

Joel Kaczmarek: Und ich bin ja neugierig, deine fünf Punkte, die gleich kommen, was ist das so für eine Richtung, die du gewählt hast? Also sind es mehr berufliche Sachen, sind es mehr zwischenmenschliche, privates, was ist es geworden?

Xenia Meuser: Ich glaube, es ist eine Mischung, weil ich glaube ja nicht an dieses getrennte privat und beruflich. Sicherlich sind viele Learnings, die ich dann beruflich angewandt habe, die sich aber auch aus privaten ergeben haben. Also ja, wie gesagt, ich glaube, man ist eine ganzheitliche Person und die wenigsten trennen das wirklich. Also sie glauben das vielleicht zu trennen, aber du zeigst ja deine Facetten im Privaten und im Beruflichen.

Joel Kaczmarek: Das stimmt, das stimmt. Ist dir schwer gefallen, fünf Sachen rauszusuchen oder sind dir sogar mehr Sachen eingefallen? Wie war es bei dir?

Xenia Meuser: Also ich habe das so erstmal ganz spontan runtergeschrieben für mich und dann habe ich nochmal so ein bisschen angefangen zu korrigieren und dann habe ich es mir aber heute Morgen nochmal angeguckt und bin dann doch bei dem spontan, weil ich glaube, häufig ist das, was so intuitiv kommt, auch wirklich das, was dich bewegt sozusagen. Also insofern ist es mir, glaube ich, relativ leicht gefallen und ich bin aber auch eine reflektierte Persönlichkeit.

Joel Kaczmarek: Okay, dann lüfte mal den Vorhang. Was ist denn dein erster Punkt?

Xenia Meuser: Also als ich 20 war, war ich ja noch mitten in meinem dualen Studium und ich habe das gehasst. Nicht, weil ich das Studium gehasst habe, sondern weil ich, ich habe wie gesagt ein duales Studium gemacht, in der Firma immer dachte, okay, das ist ja ganz nett bei meinen Praxisaufenthalten, aber das will ich ja nicht mal nebenlang machen, weil meine Mutter war Apothekerin, mein Vater Beamter und meine Vorstellung war so, oh Gott, das muss ich mal nebenlang machen. Und wenn ich mir überlege, wie ich mich da durchgequält habe und letzten Endes meine Jobs immer spannend war und ich mich nie wegen Abwechslung irgendwie beschweren musste, hätte ich den Druck gerne rausgehabt, weil ich habe lange überlegt, immer wieder breche ich das Studium ab, mache ich wirklich weiter und hatte das nachher dem Dozenten wirklich zu verdanken, der mich so auf das Personalthema gemengt hat. und ich glaube, das hätte viel Stress aus meinem Studium genommen, wenn ich nicht diese Angst vor Routine und mein Leben lang denselben Job machen müssen gehabt hätte. und das ist Das war mir damals noch gar nicht so klar, aber wie wichtig für mich wirklich Abwechslung ist, weil ich so eine hohe Anreizbarkeit habe. Und das ist, glaube ich, die Gefahr, dass ich jemals in was Routinenhafte lande, eh nicht besteht. Also das hätte ich, glaube ich, gern mit 20 gewusst, dann hätte ich mehr Spaß im Studium gehabt.

Joel Kaczmarek: Okay, also deine Angst war, dass quasi du in so einen Gleichklang kommst, dass du immer dasselbe machst, keine Abwechslung hast und immer nur same, same.

Xenia Meuser: Genau, richtig, weil ich bin als Kind manchmal mit meiner Mutter an den Ferien mit in die Apotheke gegangen und das war gefühlt für mich immer das Gleiche. Ja, das fand ich als Kind ganz witzig, Seimis abwiegen und so weiter. Aber ich habe gedacht, oh Gott, du willst doch nicht, wenn ich in irgendeiner Abteilung war, du willst doch nicht dein Leben lang jetzt morgens hier durch die Tür gehen und irgendwie Zahlen rein analysieren. Also das war vielleicht eine naive Vorstellung, aber es kam sicherlich sehr durch die Prägung, berufliche Prägung meiner Eltern. Diese Vorstellung, ja, wenn du dich jetzt entscheidest, musst du das dein Leben lang machen. Und ich bin eigentlich total gut in Entscheidungen. Warum sage ich eigentlich? Mir fällt das total leicht, im Beruf Entscheidungen zu treffen. Aber so Dinge, wo ich das Gefühl habe, long lasting, da überlege ich dann doch länger privat. Und ich glaube, daher kam das im Studium. Dieses muss ich mich wirklich mit 20 schon festlegen, was ich mein Leben lang machen möchte. Und das ist ja Quatsch. Du kannst ja immer wieder was Neues beginnen. Also mache ich ja jetzt gerade, wenn du so willst.

Joel Kaczmarek: Ich wollte gerade sagen, ist es denn eigentlich so, dass wenn man was studiert, dass man dann so festgeschrieben ist? Also ich kann jetzt natürlich sagen, wenn ich irgendwie Ingenieurswesen studiere und bin dann irgendwie, keine Ahnung, bei einem Autobauer und darauf spezialisiert, keine Ahnung, die Reifenstellung oder sowas von Fahrzeugen zu kontrollieren, dann bin ich natürlich relativ fix, möchte man schon meinen. Oder wenn ich mir ein paar Jahre Pharmazie aufgehuckt habe, dann kommt jenseits von Medikamentenanmischung und irgendwie Apotheke nicht so viel, möchte man meinen. Aber es ist ja heute ganz anders. Es ist ja eigentlich genau dein Feld sogar, ne?

Xenia Meuser: Ja, absolut. Ich glaube schon, dass wir in Deutschland es querwechselnd noch weiterhin sehr viel schwerer machen, als du das so in England oder Amerika siehst, weil die Deutschen häufig so über den Lebenslauf gehen, was häufig auch bedeutet, ich frage bei Top-Managern gar nicht mehr rein, ob sie das wirklich können, weil haben sie ja irgendwie mal gemacht. Also deswegen, ich merke schon, gerade heute, wo sich viele Leute damit beschäftigen, habe ich eigentlich vor 20 Jahren den richtigen Weg eingeschlagen, wie viel Energie es kostet, wenn du dann wirklich nochmal ganz wechseln willst, also deine Prozesse. Ich habe letztens mit jemanden länger gesprochen, die hat ganz lange Zeit Vertrieb gemacht und möchte jetzt ins Personalwesen und hatte eher so die Idee, Erwachsenenentwicklung zu machen. Und da habe ich zum Beispiel gesagt, Mensch, guck doch lieber, was ist eigentlich das, was du als Vertrieblerin gelernt hast und wo wird das im Personal gefragt? Und habe sie eher auf die Recruiting-Schiene gebracht, weil ich da wirklich ähnliche Kompetenzen sehe. Und ich glaube, dieses ganze Thema Kompetenzen und Skills müssen wir tatsächlich neu denken. Also ich finde es total spannend, eher in Clustergruppen zu denken, wo du dann sozusagen unabhängig von den Inhalten und der Profession gucken kannst, was ist eigentlich das, was dieses Cluster können muss? und dann, glaube ich, kannst du Querwechsel noch sehr viel einfacher machen. Branchenwechsel, glaube ich, gehen immer noch in Deutschland, aber wirklich zu sagen, ich war vorher Marketingspezialist und werde jetzt Data Analyst, das ist, glaube ich, immer noch schwierig in Deutschland. Kostet halt Kraft und du musst bereit sein, finanziell auch vielleicht ein paar Jahre wieder einen Rückschritt zu machen.

Joel Kaczmarek: Ja, das wollte ich nämlich gerade als nächstes fragen, ob du glaubst, dass es heute anders ist als früher. Also bei deinen Eltern war das vielleicht wirklich so, dass was die studiert haben, war dann so ihr Leben lang ihr Job und man war dann früher immer noch, keine Ahnung, 40 Jahre bei der Siemens oder sowas. Das gibt es ja bei uns aber gar nicht mehr. Also ich würde fast denken, unsere Kinder werden das genaue Gegenteil haben, oder?

Xenia Meuser: Das glaube ich ehrlich gesagt auch. Und du siehst ja auch immer mehr, wie Leute ihre berufliche Profession splitten. Gestern habe ich mit jemandem telefoniert, die ist Professorin und nebenbei macht sie Headhunting. Also klar, ihr Schwerpunkt ist irgendwie Personal, aber fand ich irgendwie auch ganz cool, dass sie sagt, nee, nur an der Uni zu sein, ist mir zu langweilig, ich baue mir jetzt so ein Beratungsbusiness auf. Also Ich glaube, dadurch, dass dieses ganze Thema Purpose und Calling wichtiger wird, dass die Leute auch merken, die Zufriedenheit kommt daraus, indem du Dinge machst, die dir wirklich Spaß machen, Mehrwert liefern, sind die Leute, glaube ich, bereit, mehr zu experimentieren und eben nicht mehr nur für Geld morgens rein und abends raus zu gehen. Also dieses Compensation finde ich manchmal einen ganz guten Begriff, weil ich glaube, viele kriegen wirklich Kompensation für einen Job, den sie eigentlich gar nicht mehr mögen, weil sie in irgendeinem goldenen Käfig stecken. Und ich bewundere Leute sehr, die sich aus dem goldenen Käfig bewegen. Und ich glaube, unsere Kinder sind da viel flexibler, weil dieses klassische Karriere, so wie ich noch erzogen wurde, höher, weiter, schneller, Das ist, glaube ich, bei vielen wirklich nicht mehr der Antrieb, sondern eher, was macht mich Spaß, wie kann ich meine Persönlichkeit in etwas Berufliches einbringen, um mich möglichst wenig zu verbiegen.

Joel Kaczmarek: Ich denke gerade so an diese Steve Jobs-Rede in, ich weiß gar nicht, Oxford oder Harvard oder wo das war, wo der, oder wahrscheinlich Stanford war es, glaube ich, wo er ja gesagt hat, stay hungry. Und wenn ich jetzt gerade überlege, wenn du jetzt so in der Situation wärst Du triffst quasi auf dein jüngeres Ich, du hältst so eine Rede vor so einer Universität und sollst den Leuten irgendwie so eine Motivation geben. Würdest du zu denen sagen, hey Leute, beruhigt euch, ihr macht das nicht euer Leben lang, ihr habt immer noch die Freiheit oder würdest du sozusagen so einen Zwischenweg wählen?

Xenia Meuser: Ne, ich glaube, was ich denen sagen würde, findet wirklich raus, was eure Stärken sind und was euch in den Flow bringt. Also im Sinne von, was ist eigentlich die Challenge, die mir Spaß macht und welche Kompetenz habe ich, um diese Challenge durchzuführen. Also das ist auch eines der Sachen, die ich mir hier aufgeschrieben habe. Das hätte ich auch gerne mit 20 gewusst, dass Arbeit echt Spaß machen sollte. Ich wurde halt eher so erzogen, nur wenn es hart ist, ist es gut und so weiter. Und ich glaube, ich würde denen wirklich mehr mitgeben, verstehe, wer du bist, verstehe deine Stärken, was ich jungen Leuten immer mitgebe. Verstehe aber auch deine Schwächen, weil Schwäche heißt für mich, es lohnt sich nicht, daran zu arbeiten. Und ich merke immer wieder, wie dann alle aufatmen und sagen, okay, es ist also echt okay, Schwächen zu haben. Ja, such dir halt ein Feld, wo diese Schwäche egal ist und such dir vielleicht für die Momente, wo man das eigentlich bräuchte, halt Hilfssysteme, tolle Kollegen, denen du vertrauen kannst, die das dann für dich machen und dafür unterstützt du sie in deiner Stärke so. Und das würde ich denen glaube ich sagen. Und ich habe mir damals viel zu wenig Gedanken gemacht, wer bin ich eigentlich, was macht mich aus, was motiviert mich und was heißt das für meinen zukünftigen Job. Das habe ich erst im Job gelernt. Also wenn ich meinem heute 20-jährigen Ich sagen könnte, was macht mich eigentlich aus, was sind meine Treiber, dann glaube ich, hätte ich mir ein paar Schleifen und vielleicht sogar Tränchen in meinem Leben echt erspart.

Joel Kaczmarek: Also dein zweiter Punkt ist quasi, Arbeit sollte echt Spaß machen.

Xenia Meuser: Ja, genau. Ich habe das genannt, es ist okay, mit dem Flow zu gehen. Also ich habe wirklich, glaube ich, erst eine Weiterbildung, eine zweijährige Weiterbildung sehr intensiv bei INSEAD gemacht, wo es sehr stark um deine Persönlichkeit, wer bist du eigentlich als Manager und wie kannst du über deine Fähigkeiten Organisationsentwicklung betreiben. Und da ist mir das das erste Mal, und ich meine, da war ich irgendwie Anfang 40 klar geworden, warum suche ich mir eigentlich immer Challenges, die eigentlich echt super kalt sind, super out of comfort zone, obwohl ich mittlerweile so einen großen Fundus an Wissen habe und auch weiß, was ich wirklich gut kann. Und da ist mir erst klar geworden, bei mir ist so stark dieser Treiber streng dich an und sei stark. dass ich gar nicht gemerkt habe, hey, heute kann ich mir echt Sachen aussuchen, die einfach Spaß machen, wo ich im Flow bin, wo auch meine Organisation viel mehr davon hat, weil ich dann ja immer besser performen werde, als wenn ich mich total abmühen muss. Und bei mir kommt noch dazu, das ist mir damals dann auch klar geworden, wenn ich vor etwas Respekt habe, dann gehe ich noch mehr in die Energie. Also Leute würden denken, oh, die ist ja super motiviert, aber bei mir ist mein Stressmuster dann noch mehr aufzudrehen sozusagen und mir eher die Challenge noch ein bisschen größer zu machen. Und das meine ich auch mit Flo, sich auch zu erlauben, ab und zu zu sagen, okay, es reicht vielleicht auch mal der 100 Meter Lauf und es muss jetzt nicht der Marathon sein. Also ein bisschen fürsorglicher mit sich selber umzugehen. Ich glaube, das hätte ich gerne meinem 20-Jährigen gesagt.

Joel Kaczmarek: Ich habe da lustigerweise öfters schon mit Leuten drüber geredet, zuletzt auch mit Gero, der bei mir auch im Podcast war, der halt auch meinte, verfolg deine eigenen Träume und nicht die anderer Menschen. Weil ansonsten fühlt es sich so an wie Arbeit, was ich total eingängig fand. Und da stellt sich natürlich immer die Frage, viele Leute trauen sich das ja nicht. Also vielleicht haben sie eine Passion, die vielleicht auch als brotlos gilt beispielsweise, ja. Was rätst du denn da? oder was ist so dein Zugang, den du gefunden hast, diesen Passionen auch Vertrauen zu schenken, dass das ja in was münden kann, was trotzdem dich glücklich macht und vielleicht im besten Fall auch noch gleichzeitig erquicklich ist?

Xenia Meuser: Also ich glaube, wichtig ist erstmal, auch Feedback und Reflexion von außen zu bekommen. Weil Leute, die etwas richtig gut können, die schätzen das meistens selber nicht wert. Nach dem Motto, wieso, das ist doch ganz normal. Und von außen zu hören, nee, das ist eine Stärke und ich bewundere dich dafür oder immer, wenn ich das und das Problem habe, rufe ich dich an. Das hat mir total geholfen, wirklich auch, ich sage mal, eine gewisse Wertschätzung für meine eigenen Stärken zu bekommen. Das ist, glaube ich, erst mal das Wichtige. Die andere Frage ist, wie monetarisiere ich das dann? Und da gibt es, glaube ich, tatsächlich Leute, die gerade im künstlerischen Bereich da manchmal hadern, weil es halt, wie du sagst, es gibt brotlose Kunst. Ich habe da einige Leute im Bekanntenkreis, die dann sagen, okay, was ist das, was ich tun muss, um meine eigentliche Passion finanzieren zu können. Das ist zwar auch immer ein Spagat, ja. trotzdem hilft denen das, also ich habe gerade mit einer Freundin darüber gesprochen, bei der das so ist, sie sagt halt, mir hilft dieser Frame, weil ich sage, okay, das eine muss ich machen, um meine eigene Leidenschaft leben zu können und die hat auch die klare Gewissheit, daraus wird deswegen irgendwann auch was Großes entstehen, also da stellt sich gar nicht die Frage, sollte ich was anderes machen, weil ich da mehr Geld verdienen würde? und das kommt natürlich auch wieder auf deine Treiber an, wie wichtig ist dir Status, wie wichtig ist dir Geld? und Ich habe für mich schon erkannt, dass ich sehr lange, auch durch meine Sozialisierung und Erziehung, mir das schon wichtig war, was für einen Titel habe ich. Ja, gutes Geld zu verdienen, macht auch Spaß. Aber it comes with a price. Und ich kann für mich sagen, in meinem Alter habe ich irgendwann gemerkt, welchen Preis bin ich denn noch bereit zu zahlen und welchen eben auch nicht. Und das kann auch bedeuten, dass man dann eben partiell oder auch dauerhaft auf Geld verzichtet. Ich glaube aber, dass Job und Berufung zu wichtig ist, als dass ich mich zum Beispiel in einem goldenen Käfig einsperren lassen würde. Aber das ist natürlich auch leichter gesagt, wenn man auch schon ein gewisses Niveau, sage ich mal, an finanzieller Sicherheit erreicht hat.

Joel Kaczmarek: Ich meine, ich beobachte das auch oft, dass viele Menschen ihr Berufsleben wie so eine Art Söldnertum betreiben. Also dass die halt sagen, ja, das bezahlt mir meinen Urlaub oder ich kriege dann irgendwann Rente dafür, dass ich 40 Jahre dies, das, jenes mache, habe aber gar keinen Spaß dran. Und es ist aber trotzdem so verankert. Was glaubst du, woher kommt das?

Xenia Meuser: Also das kann sicherlich durch so eine Erziehung kommen, wie ich sie genossen habe. Nach dem Motto, es ist nur gut, wenn es hart ist. Also nach dem Motto, deine Bedürfnisse und Motivation spielt gar nicht so eine Rolle. Hauptsache, du bist versorgt oder kannst dich und andere versorgen. Ich glaube, es liegt auch daran, dass wir im deutschen Bildungssystem viel zu wenig ressourcenorientiert Kinder ausbilden. Wir kriegen ja alle Also ich bin jetzt überhaupt kein Bildungsexperte, aber wir kriegen alle die gleiche Grundausbildung, unabhängig von unseren Stärken. Und ich erlebe das ganz selten auch bei meinen Kindern, dass Lehrer sich wirklich die Mühe machen zu verstehen, was macht dieses Kind eigentlich aus und was kann es und denen das wiedergespiegelt wird. Wir gehen, glaube ich, häufig in unsere Berufswahl, ohne zu wissen, wer wir sind. Und deswegen glaube ich, und dann hängt das ja sehr von Mut und Persönlichkeit ab, ich bin einfach ein Mensch, bei mir ist Autonomie und Unabhängigkeit ein totaler Treiber und ich habe deswegen wenig Angst sozusagen, wenn du aber jemand bist, der eher sicherheitsbedürftig ist. und du bist dann erstmal im Job und hast einen sicheren Job und so weiter, dann ist es, glaube ich, echt schwierig, aus der Mühle rauszutreten. Gleichzeitig, wenn man den neuesten Umfragen glauben darf, ist das Thema Sicherheit im Job immer weniger relevant. Witzig finde ich aber gleichzeitig, dass das Thema Gehalt weiter eine hohe Relevanz hat und das Thema Purpose in diesen Abfragen gar nicht so stark auftaucht, wie ich es vermuten würde. Und ich glaube, da haben wir einen Generationsshift. Wie wichtig ist dir das Thema Purpose? Und ich glaube, ich habe für mich dieses Thema Purpose auch erst erkannt durch meine Arbeit, und zwar meine Arbeit an mir selber als Person, aber natürlich, weil du dich als HRler auch viel mit dem Thema Purpose und Kultur auseinandersetzt.

Joel Kaczmarek: Wie hast du denn an dir gearbeitet?

Xenia Meuser: Also ich habe ganz naiv mit Mitte 20, weil ich bin so ein neugieriger Mensch und beim Strength Finders Learner bei mir an 1 habe ich eine Coaching-Ausbildung gemacht. Total naiv so. Und da habe ich, glaube ich, das erste Mal mich selbst erfahren, in Anführungsstrichen. Ich hatte immer so das Gefühl, ich komme ja ganz gut durchs Leben und okay, ich habe vielleicht manchmal mehr Stress als andere und so, aber da habe ich das erste Mal verstanden, was sind eigentlich meine Treiber, was sind meine Stresspunkte und so weiter. Und dann bin ich ein sehr analytischer Mensch, der ja seit über 20 Jahren Diagnostik macht und habe einfach angefangen, stark in Mustern zu denken, wenn ich Leute kennengelernt und beobachtet habe, weil ich immer gemerkt habe, oh, da sind Ähnlichkeiten irgendwie. Und ich glaube, deswegen bin ich mittlerweile in der Selbstreflexion sehr gut, aber auch in der Reflexion von anderen. Und ich hatte zum Glück nie das Thema Kritikempfindlichkeit. Also ich habe Feedback, wenn es jetzt auf Augenhöhe und konstruktiv gegeben wurde, immer als Chance gesehen, mich damit auseinanderzusetzen. Das heißt nicht, dass ich jedes Feedback dann umgesetzt habe. Manchmal gibt es ja auch so Geschenke, wo du denkst, also es ist nicht meins und auch in drei Tagen ist es nicht meins. Aber so Feedbacks, die mich echt getroffen haben, aber eher mein Ego getroffen haben, weil sie meinem Selbstbild nicht entsprachen, die haben mich, glaube ich, am weitesten gebracht. Aber das braucht, glaube ich, wirklich diese Offenheit und Neugierde und auch zu sagen, hey, ich muss nicht perfekt sein. Also das war bei mir auch ein Weg, zu Schwächen stehen zu können und auch nicht empfindlich zu sein, wenn ich Kritik bekomme.

Joel Kaczmarek: Was glaubst du denn, wie kann man denn Menschen, die durch all die Punkte, die du gerade genannt hast, vielleicht so in diese Söldnerdenke reingeraten sind, was ist für die ein praktikabler Weg, den Zugang zu sich selbst und ihren Stärken und ihren Purpose zu finden?

Xenia Meuser: Also erstmal braucht es ja einen Schmerz. Also wenn jemand sich das so gut geframed hat, dass er sagt, ich gehe halt irgendwie die acht Stunden, neun Stunden zur Arbeit, aber dafür habe ich ein tolles Privatleben und Reise und so weiter und hätte gar keinen Schmerz, dann würde ich sagen, der muss, sollte nicht wachgeküsst werden. Also weil manchmal ist ja Erkenntnis auch etwas, was dich eher unglücklich macht. Leute, die wirklich einen Schmerz verspüren. Da ist es, glaube ich, hilfreich, einmal in sich einzukernen und sich zu fragen, was ist das, was den Schmerz auslöst? Und ich habe häufig erlebt, dass Leute bei der Arbeit zu Themen gezwungen werden, die entweder nicht ihren Stärken sind, das heißt, die großen Stress auslösen, weil ich mich ständig anpassen muss, also mein natürliches Verhalten ständig an die Erwartungen anpassen muss. Das kann sein, weil ich auf den falschen, also auf dem Job sitze, dessen Kompetenzen ich nicht habe. Aber viel öfter habe ich erlebt, dass sie sich eigentlich von der Unternehmenskultur und der Führungskultur kümmern. unter Druck gesetzt fühlen und gegängelt fühlen und nicht als Mensch gesehen fühlen. Und ich habe Unternehmen erlebt, wo der Mitarbeiter wirklich wie ein Kind behandelt wird. Und das merken Erwachsene, ob sie plötzlich verkindlicht werden. Und ich glaube, da sich mit auseinanderzusetzen, woher kommt dieser Schmerz? Wo ist das, was das Umfeld mir bietet, nicht passend zu meinen Werten und nicht passend zu meinen Stärken und Interessen? Und dann sehr klar herauszufinden, was sind denn meine Stärken und wo werden die gebraucht? Ich habe ehrlich gesagt etwas Ähnliches gerade gemacht, als ich bei RTL raus bin und mir irgendwie klar wurde, ich möchte echt mein eigenes Ding machen. Also dieser Unabhängigkeitstreiber und auch, ich sage mal, skalierbarer HR irgendwie zu unterstützen, zu enablen. Da habe ich mir auch ein Coaching genommen, um nochmal klarzumachen, was ist denn mein USP, der sich aber eben auch monetarisieren lässt. Und ich glaube, da mutig zu sein, aber auch selbstbewusst, dass man was zu bieten hat sozusagen. Und ich glaube, viele werden halt als Kind, aber auch als Erwachsener in der Firma häufig nicht so sozialisiert, stärkenbasiert zu schauen, was sie können, sondern eher defizitorientiert. Es gibt ja immer noch Beurteilungsbogen, mit Fünfer-Skala und das ist die Schwäche und so, wo ich denke, ja, wenn jemand ganz viele Kreuze ganz schlecht hat, dann ist es halt einfach nicht der richtige Job so, ja. Und ich finde es viel spannender, über Potenziale und Lernfelder und Stärken zu reden und dann kannst du darüber auch deinen Weg finden. Aber das bedeutet Arbeit und das bedeutet auch sich in Unsicherheit begeben.

Joel Kaczmarek: Ja gut, spannend. Dann lass uns mal zum dritten Punkt kommen. Was ist das bei dir?

Xenia Meuser: Dritter Punkt ist das Thema Kind und Karriere gewesen. Also ich wollte immer Kinder haben, aber ich habe mich sehr gequält mit dem richtigen Zeitpunkt. Und dann bin ich eigentlich zufällig schwanger geworden, als ich gerade meinen ersten Führungsschopf hatte. Und ich war total unglücklich und mir war das total unangenehm meinem Arbeitgeber gegenüber. Also total peinlich. Ich habe das, glaube ich, erst im vierten Monat dann erzählt und so weiter. Und im Nachhinein habe ich mir da Gedanken gemacht, die alle absurd waren. Also meine Karriere ist danach genauso weitergegangen und es war eigentlich viel wichtiger, sich mit meinem damaligen Mann auseinanderzusetzen. Wie wollen wir das als Paar machen? Wie lange geht wer in Elternzeit? Wie stellen wir uns das Betreuungskonzept vor? Und Ich erlebe viele junge Frauen, die dieses Thema haben. und wenn ich dann sage, ganz ehrlich, es gibt eh nicht den richtigen Zeitpunkt, aber wenn dir Karriere machen, was auch immer das bedeutet, wichtig ist, ja, also für mich bedeutet das Führung und darüber mehr Einfluss zu bekommen, dann wirst du das auch mit Kind schaffen, ja, du musst dich halt damit auseinandersetzen, so. Und ich glaube, das hätte mich, also vielleicht ist 20 da nicht die wahre Antwort, weil mit 20 habe ich mich damit noch nicht so beschäftigt, aber so mit 26, 27 hat mich das sehr gequält, wann soll ich eigentlich keinen kriegen, wann ist der richtige Zeitpunkt und wie kriege ich das hin, Mutter und arbeitende Person zu sein.

Joel Kaczmarek: Also so diese typischen Blocker, die man aber im Kopf hat, also weiß ich nicht, du bist zeitlich eingeschränkt, dein Schlafverhalten ändert sich, deine Sozialisierung mit anderen Menschen verändert sich, dein Fokus verändert sich, vielleicht auch deine Belastbarkeit, das hast du alles gar nicht sozusagen, da siehst du gar keinen Unterschied?

Xenia Meuser: Also sagen wir mal so, damit habe ich mich weniger auseinandergesetzt. Das kam eher, als das Kind dann da war, dass ich sehr froh war, dass meine damaligen Chefin gesagt hat, nee, nimm mal ein Jahr Elternzeit, wenn du früher zurückkommen willst, haben wir schon Projekte für dich. Weil meine erste Tochter hat überhaupt nicht durchgeschlafen und da wäre ich gar nicht arbeitsfähig gewesen. Aber das waren nicht die Dinge, über die ich mir vorher Gedanken gemacht habe. Ich habe eher so gedacht, wie ernst nimmt man mich, wenn ich dann Mutter bin. Wie kann ich überhaupt in Teilzeit, wie schaffe ich das? Und ich meine, ich muss sagen, auch da, ich habe schon meinen Preis bezahlt. Also ich habe immer 80 Prozent gearbeitet, aber das hieß natürlich, wenn das Kind im Bett war, habe ich abends wieder gearbeitet. Ich habe das trotzdem gerne gemacht, weil ich dadurch Jobs hatte, die mir halt mega Spaß gemacht haben. Aber ich will das jetzt nicht leicht reden, aber meine Blockaden im Kopf, was denken die anderen und so, die hätte ich mir nicht machen müssen, sondern wirklich eher, wie baue ich ein Hilfssystem auf. Also ich habe ganz spät zum Beispiel, erst als ich zur RTL gegangen bin, weil ich da ja gependelt bin, habe ich mir sozusagen eine Haushälterin gegönnt, also die auch Einkäufe gemacht hat, Wäsche geworfen hat, wo ich im Nachhinein gedacht habe, warum hast du das nicht längst gemacht? Also ich bin so jemand, ich kann gut tausend Bälle, aber den Stress, da hätte ich mich echt von freikaufen können. Und ich glaube, das sind eher so die Dinge zu gucken, wie kann ich dann ein Umfeld schaffen, dass es für mich und die Kinder gut handelbar ist und ich das, was ich aber auch mit meinen Kindern erleben möchte, erleben kann. Und das waren zum Glück schon Sachen, also zum Beispiel, als ich zu Quingen gegangen bin, war ich ganz klar, ich arbeite nur 80 Prozent, ich würde zwei freie Nachmittage haben. Deswegen wollten die zuerst den Prozess beenden und ich habe gesagt, okay, verstehe ich total, aber das ist mir halt wichtig. und dann, na gut, doch mit 80%. Und das sage ich den Leuten heute eher, werdet euch halt klar, was sind eure Boundaries? und wenn ihr da selbstbewusst in die Gespräche geht, das merkt das Gegenüber. Also es hat keine drei Minuten gedauert, dann hat der damalige CEO gesagt, ja okay, wenn wir dich nur mit 80% kriegen, dann sind es halt 80%. Und das ist glaube ich viel wichtiger. und eben sich gut zu überlegen, wie organisiere ich das, wie kann ich mich entlasten, wer kann mich unterstützen und das heißt natürlich auch als Paar diese Diskussion zu führen.

Joel Kaczmarek: Okay, also wenn ich es mal im Kopf noch mal auseinandersortiere, worüber du dir viel Gedanken gemacht hast, war eher die Wahrnehmung, also wie wirkst du auf andere und wie wirkst du auf dein Umfeld mit Kindern, wo du sagst, hatte gar keinen Impact?

Xenia Meuser: Nee, hatte keinen Impact. Also es hatte zumindest im Beruflichen keinen Impact. Das ist vielleicht ganz witzig. Oder ich fand es eigentlich gar nicht witzig. Ich war dann ja so in Krabbelgruppen. Und die einen haben mich ganz mitleidig angeguckt, nach dem Motto, Gott, die Arme muss wieder. Also einer hat wirklich gesagt, ja, ich finde das unmöglich. Die Kinder sollten drei oder vier sein. Dann habe ich irgendwann gesagt, ich gehe in einer Woche wieder arbeiten. Meine Tochter ist noch ein Jahr alt. Und dann sagte sie so, ich will dir nicht zu nahe treten. Wenn man arbeiten muss finanziell, ist das natürlich etwas ganz anderes. Und dann habe ich gesagt, naja, ich müsste nicht, aber ich möchte. Und da dachte ich, wow, also ich war damals 31, dass jemand Anfang 30 denken kann, dass Frauen nur arbeiten gehen, weil sie müssen. Und ich hatte auch Freunde, wirklich gute Freunde, die gesagt haben, oh, findest du nicht, dass sie echt zu klein ist, um sie zu einer Tagesmutter zu geben? Also dieses Überhöhen der deutschen Mutterrolle, was ja in Deutschland leider, glaube ich, wirklich sehr stark in der Nazibereitszeit geprägt wurde und nie so richtig aufgearbeitet wurde. Das fand ich sehr belastend, wie andere Mütter mit mir umgegangen sind. Im Job hatte ich, glaube ich, ein einziges Mal eine männliche Führungskraft, der sagte, oh Frau Meuser, Ihre Tochter tut mir echt leid, dass Sie jetzt schon wieder zurück sind. Aber das war ein einziges Mal, dass das passiert. passiert ist und der hat ein tradiertes Rollenmodell, der hat viel gearbeitet, die Frau war zu Hause, hat die drei Kinder versorgt, so. Das ist mir aber im Job tatsächlich nie aufgekommen. Also was du manchmal merkst, wenn ich dann irgendwann erzähle, dass ich Kinder habe, dass die Leute eher überrascht sind, weil der eine oder andere mich sicherlich in so eine Schublade, ah ja, Karrierefrau und nur Karriere und sonst gibt es nichts. und dann merken sie plötzlich, oh, das ist ja ein soziales Wesen irgendwie, ja. Das gibt es sicherlich auch. Aber ich glaube, das sind manchmal so Stereotypen, die es in der Arbeitswelt gibt, um das Gegenüber abzuwerten. Und das sind halt bei Frauen dann manchmal genau diese Bilder. Entweder bist du Karrierefrau oder Mutter.

Joel Kaczmarek: Dass man beides sein kann, ist quasi gar nicht im Kopf verankert.

Xenia Meuser: Ich glaube, das kommt mehr und mehr, aber guck dir auch an, wie wenig weibliche Geschäftsführer oder Vorstände wir haben oder Aufsichtsräte. Ich glaube, da ist viel noch in der deutschen Sozialisierung zu tun. Also wenn du dir unsere Freundin in Frankreich anguckst, da gehen die meisten Frauen gleich nach ein paar Wochen wieder arbeiten. Die wissen überhaupt nicht, was für ein Thema wir da in Deutschland haben. Also ich glaube, da bräuchte es nochmal Aufarbeitung unserer Historie und Geschichte.

Joel Kaczmarek: Wobei, wir schweifen da ein bisschen ab, aber geht's dir manchmal auch so? Ich finde, es gibt ja auch immer so Extreme, also wenn ich da manchmal Frauen sehe, die ihr Baby vor den Bauch schnallen und dann ein Meeting vor zehn Leuten machen mit einem Baby vor dem Bauch, das finde ich dann irgendwie auch krass, weil ich mir dann auch so denke, also ein Kind hat dann nichts von beidem, hat nicht so die Mutter und die Nähe, hat aber auch nicht die Ruhe, weißt du, was ich meine? Also ist eigentlich aber wirklich ganz interessant, da mal drüber nachzudenken, wie kann man, also es ist ja gar nicht, ob man beides vereinen kann, sondern eigentlich nur wie.

Xenia Meuser: Ja, sondern wie, also mein Credo war immer, wenn es der Mama gut geht, geht es auch den Kindern gut und das glaube ich. Und ich glaube, was man sich als Mutter überlegen muss, was sind so Sachen, also jedes Elternteil kriegt irgendwann so eine Abrechnung von den Kindern, das fand ich immer blöd an dir. Und die Frage ist ja, was davon kannst du bezahlen? oder sagst, ja, ist okay, damit kann ich leben und was nicht. Und meine kleine Tochter hat zum Beispiel irgendwann gesagt, als sie krank war, Mama, kann ich einfach mal krank sein und du bleibst bitte hier und organisierst nicht irgendwas. Und das war für mich echt so, okay, shit, ich priorisiere die Arbeit immer drüber und ab. da war ich zu Hause, wenn sie krank war. Ja, das war ein super wichtiges Feedback. Und dieses, was du gerade beschreibst, Meeting und Kind vor dem Bauch und so weiter, da habe ich eher gedacht, okay. Da muss man glaube ich als Team drüber sprechen. Also es gibt ja auch Menschen, die davon überfordert sind, wenn jemand im Büro die Brust gibt und so weiter. Ich finde, das sind eher so Themen, wie geht man miteinander um, wie viel Privates können die Kollegen irgendwie auch vertragen, weil es ist ja was sehr Intimes, wie du mit deinem Kind umgehst. Ich glaube, das wären wahrscheinlich eher die Gespräche, die ich führen würde. Was ich bei Xing immer super cool fand, wenn ich eine Videokonferenz hatte und meine Tochter ist mal kurz reingerauscht und hat dann auch noch so einen Bildschirm gemacht, haben sich alle gefreut. Also das fand ich eher cool, dass das total akzeptiert war, dass du eben auch ein Familienleben hast. Was aber auch klar war, wenn du arbeitest, sind deine Kinder betreut. Ja, die können mal kurz reinwinken, aber ich finde es schwierig, wenn du arbeitest, nebenbei deine Kinder betreust. Eins von beiden leidet auf jeden Fall.

Joel Kaczmarek: Ja, hast du eigentlich recht. Mir geht's auch mal so, dass ich das, also ich finde das dann eher unangenehm, weil ich dann die ganze Zeit auch abgelenkt bin, wenn jemand sein Kind vom Bauch hat und wir machen ein Meeting. Also ich hab wirklich, ist mir jetzt gar nicht so aktiv passiert, aber ich bin dann so bei dem Kind im Kopf, dass ich immer denke, ah, das Arme und das mit der Intimität hast du auch recht. Also ich erinnere mich an meine eine Mutter, die hat ihr Kind auf so ein 100-Personen-Netzwerkevent mitgenommen, ihr Baby, es schnallte vom Bauch und hatte ihre Nanny noch dabei. Und dann hast du abends mit ihr aber noch Debatten geführt, dass das Kind ja gerade so schlecht schläft. Also ich dachte, ja, guess why?

Xenia Meuser: Gut, klar, da werden dann natürlich persönliche Werte und Landkarten irgendwie miteinander vermischt. Und ich glaube, da hilft es dem Team einfach nur, drüber zu reden. Also ich finde ja immer gut, miteinander zu reden und nicht übereinander zu reden. Und manchmal erklären sich dann ja Dinge auch, was da vielleicht für eine Not gerade hinter steckte, dass sie das so gemacht hat. Genau.

Joel Kaczmarek: Gut, jetzt haben wir den ersten Teil schon ein bisschen auseinander genommen, also auf der Arbeit war es gar nicht so, wobei interessanterweise, vielleicht kannst du es ja wirklich nochmal präzisieren, viele Frauen haben doch glaube ich so die Sorge, dass sie mit Kindern auch einfach bei Beförderungen zum Beispiel übergangen werden, gerade aus dem heraus, was du gesagt hast, ich kann nur 80 Prozent machen, ich kann manchmal nicht die Abendstunden machen, ich will früher anfangen als alle anderen etc. etc. Es gibt ja schon so ein paar Boundaries, die sich so ein bisschen verschieben und das hast du aber gar nicht erlebt, sowohl bei deiner als auch anderen Karrieren?

Xenia Meuser: Also ich glaube, ich hatte bei Otto, da habe ich ja mein erstes Kind bekommen, super Glück, dass ich eine Chefin hatte, die selber relativ spät Kinder bekommen hat und die mir, glaube ich, auch wirklich aus so einer Haltung, weil sie mich gut kannte, dieses super Ambitionierte einfach gesagt hat, hey, ich verstehe das, aber guck mal. Und deswegen hat sie mich überzeugt, mir ja Elternzeit zu nehmen. Ich hatte halt Angst, oh Gott, wenn ich ja raus bin und Ich habe dann so die wilde Idee gehabt, ich komme immer zu den wöchentlichen so Fixes. Ja, was soll das? Du bist überhaupt nicht drin, du störst nur, du hast andere Themen im Kopf. Und ich war ihr nachher super dankbar. Also ich glaube, es hilft auch, sich mal mit Müttern, die vielleicht im Rollenmodell leben, was man selber interessant findet, auseinanderzusetzen und auszutauschen. Und die hat mir ganz viele hilfreiche Tipps gegeben. Und deswegen, glaube ich, war das Thema Teils halt nie ein Thema bei Otto. Da muss man aber auch ehrlich sagen, ich bin eigentlich auf einen Job zurückgekommen mit 60 Prozent. Das war so ein Team-Lead-Job für Business-Partner und das wäre auch gegangen, weil es war ein High-Performing-Team, super kleines Team und so weiter. Und dann hat man mich ganz kurz nach meiner Elternzeit gefragt, kannst du das Recruiting übernehmen? Und das wäre an 60 Prozent halt nicht gegangen. Und ich meine, da habe ich dann den ersten Kompromiss gemacht und bin auf 80 Prozent gegangen. Das heißt Ich glaube, was ich mir als Mutter, die einen Job haben will, wo sie Spaß hat, Impact hat, überlegen muss, was sind meine persönlichen Boundaries? Und wenn ich zum Beispiel nur vormittags arbeiten kann, dann wird es wahrscheinlich mit gewissen Rollen auch schwierig. Da geht es ja nicht nur um Führungsrollen. Und da finde ich schon wichtig, für sich selber klar zu sein, wo setze ich jetzt meine private Priorität? über das, was der Beruf mir geben kann. Und das kann ich dann meinem Arbeitgeber nicht vorwerfen. Und ich kann mir vorstellen, dass es wirklich auch noch Arbeitgeber gibt, die Frauen in Teilzeit gar nicht haben wollen, genauso wie Männer nicht in Teilzeit. Aber die werden sicherlich weniger, weil du kannst ja dieses Potenzial in Deutschland nicht verschenken. Und ich finde es eher krass, ich habe letztens eine Umfrage gelesen, dass 70 Prozent der Akademikerinnen immer noch das tradierte Rollenmodell bevorzugen, wo ich so denke, wow, wir bilden für teures Geld tolle Frauen aus. Und 70 Prozent sagen, danach möchte ich erstmal zu Hause bleiben. Finde ich total verrückt. Aber Ja, scheint immer noch Deutsch zu sein.

Joel Kaczmarek: Gut, lass uns doch mal bei dem Punkt so abschließend vielleicht auch noch mal ein paar Tipps und Tricks von dir einsammeln. Wir haben ja zwei Komponenten aufgemacht. Also du hast gesagt, die eine Sorge war ja Arbeit, Reaktion, Wirkung, Effekte. Gar nichts eingetreten. Die andere war aber eigentlich Lebensumgebung. Wie gestalte ich die? Wie kasperle ich das mit meinem Partner ab? Wo einigt man sich? Wie verhandelt man? Welche Systeme etabliere ich mir? Was waren denn so die wichtigsten Punkte für dich in dieser zweiten Ebene?

Xenia Meuser: Also ich glaube, das Wichtigste war wirklich, was viele Paarchen nicht machen, dass mein damaliger Mann und ich vorher, bevor wir überhaupt schwanger wurden oder ich schwanger wurde, wirklich diskutiert haben, wie stellen wir uns das vor. Also welches Rollenmodell, welchen Part übernimmt er, was übernehme ich, wie lange bleibe ich in Elternzeit, wer arbeitet Teilzeit und so weiter. das einmal echt hart ausdiskutiert haben. Das waren schon Streitereien, weil wir aus ganz unterschiedlichen Welten kamen. Seine Mutter hat nie gearbeitet, meine Mutter hat immer gearbeitet und so weiter. Und das war aber nachher total hilfreich, weil wir dann im Alltag diesen Konflikt nicht mehr hatten. Das ist das Erste, dann wirklich schnell gucken, wie kann ich mir ein soziales Netz aufbauen? Sei es Tagesmutter, sei es Freunde, Eltern und so weiter. Da hatten wir Glück, weil wir eine tolle Tagesmutter hatten, die Schwiegereltern, die auch bei Krankheitsfallen aufgepasst haben. Und zu schauen, Was gibt der finanzielle Rahmen her? Also was kann ich mir noch an Erleichterung holen? Kann ich mir jemanden holen, der meine Wohnung sauber macht? Kann ich mir das leisten? Kann ich mir einen Babysitter leisten? Das sind alles so Themen, wo ich glaube, dass es gut ist, das vor der Schwangerschaft sich zu überlegen.

Joel Kaczmarek: Wie ist das Thema Mental Load bei dir? Also das ist ja, ich kriege das bei meiner Frau immer mit, die sagt dann immer, weißt du, Arbeit mache ich ja auch wie du, aber bei mir das Thema Mental Load mit dem Familienplanung, für die Schule das besorgen, für die Kita dieses, das ist, was mich so killt, was können wir denn da tun? Hast du da irgendwie einen Zugang?

Xenia Meuser: Ja, ich glaube, da ist mein Glück. Ich kann einfach total viele Bälle in der Luft halten und das gibt mir auch Energie. Also meine Tochter hat irgendwann mal gesagt, Mama, ich kenne niemanden, der so effizient ist wie du, weil wenn du eine Sache machst, machst du nebenbei schon drei weitere. Und das ist auch so, wenn ich irgendwie einkaufen gehe und ich weiß, in fünf Wochen ist Ostern, dann packe ich da und ich sehe was Nettes, packe ich das nebenbei schon mal ein. Ich habe natürlich schon gemerkt in deinen ruhigen Stunden, boah, das ist ganz schön viel, was ich alles so organisiere. Und auch da sich vielleicht klar zu werden, wo muss man Themen abgeben? Wo muss deine Frau vielleicht dich bitten, gewisse Sachen zu organisieren und zu machen? Ich habe da nur eine sehr hohe Schmerzgrenze. Also ich würde sagen, auch leider, weil manchmal mache ich es mir vielleicht auch schwerer. Aber ich bin es so gewohnt, einfach ganz viele Sachen zu machen. Und irgendwie gibt mir das scheinbar auch was.

Joel Kaczmarek: Geht dir bestimmt auch so, also mir ist es in meinem Familienleben so, wenn man was so richtig gerne macht, Arbeit, dann sind es halt so diese Rückschritte, zu denen man dann manchmal gezwungen ist, so heute krank zu Hause bleiben oder nein, heute reden wir mal eine Stunde über Elternabendplanung, bla. Ich finde, das ist richtig körperlicher Schmerz.

Xenia Meuser: Du, Elternabend ist für mich bis heute körperlicher Schmerz und meiner kleinen Tochter ist das mega wichtig und deswegen gehe ich da auch hin. Aber jedes Mal bin ich innerlich und dann werden da Fragen gestellt, wo ich denke, habt ihr echt keine anderen Sorgen? Also was ich schon wahrnehme, dass Eltern, die auch arbeiten, ihren Kindern mehr Freiheitsgrade geben. Also es sind selten die Helikopter-Eltern. Deswegen würde ich jedem raten, geh auch arbeiten, das tut auch deinem Kind gut, weil Kinder wollen ja auch ihre Freiheitsgrade und sich ausprobieren und so.

Joel Kaczmarek: Cool. Aber finde ich cool, dass wir da so einen kleinen Exkurs gemacht haben. Jetzt bin ich neugierig auf deinen vierten Punkt.

Xenia Meuser: wenn ich alles gut plane, wenn ich mich anstrenge, wenn ich alles richtig gut mache, kriege ich alles hin. Und dann kam dieses kleine Wesen und ich habe alles gemacht, wie, also ich weiß nicht, ob du dieses Buch Jedes Kind kann schlafen lernen kennst. Ich habe es gehasst. Ich habe alles gemacht, wie es da dritt stand und dieses Kind schlief trotzdem einfach nicht. Und ich war in so vielen Dingen verkrampft als Erstlingsmutter, weil ich halt so dachte, naja, ich habe das ja im Griff. Und diese Fremdbestimmtheit, die ist mir so schwer gefallen. Und meine damalige Chefin hat gesagt, Xenia, jeder kriegt das Kind, was es in dem Moment braucht. Und darüber habe ich ganz viel nachgedacht und habe dann immer gedacht, was quält dich gerade so und was will dieses Kind dir beibringen? Und das war wirklich loslassen und mehr auch darauf zu vertrauen, dass ich über Erfahrungswissen und Intuition schon die richtige Lösung finden werde und mich weniger so stoisch an irgendwelche Regeln von außen zu halten. Und das hat tatsächlich auch mein Führungsverhalten verändert, weil ich war damals ja ganz junge Führungskraft und dachte halt auch, ich muss immer schon einen Plan haben. Wenn jemand gekündigt hat, wollte ich das immer erst erzählen, wenn ich schon die Nachfolge hatte und so. Und da zu merken, nee, im Flow sein, sagen, was gerade ist, sagen, was der Plan dahinter ist, aber noch nicht für alles eine Lösung haben und auch die Leute um dich herum nutzen, deren Erfahrungswissen. Also, dass du nicht alles alleine steuern und schaffen musst. Das habe ich sehr stark über meine erste Tochter gelernt und das hat mich auch im Beruflichen sehr entspannt. Also, ich werde wahrscheinlich immer jemand sein, der planerisch ist, weil das ist auch meine Form von Struktur. Ich habe immer das Gefühl, ich bin kopf so wuselig, dass ich irgendwie planen muss. Aber diese Entspannung zu haben, ich muss nicht fünf Szenarien durchdenken, weil wahrscheinlich wird nicht eins davon kommen. Ich muss nicht auf alles sofort eine Antwort haben. Das hat mich in vielen Lebensbereichen wirklich entspannt. Und auch einfach mal sagen zu können, ich weiß es auch gerade nicht. Aber das war damals für mich heftig, weil ich halt gewohnt war, dass ich mit Mühe, Anstrengung und Planung alles hinbekomme. Und da hat meine Tochter mir so richtig gezeigt, nee Mutti, so funktioniert es nicht.

Joel Kaczmarek: Also ich finde, da steckt ja auch noch der Punkt des Fühlens drin. Also so ein bisschen ins Fühlen kommen, oder?

Xenia Meuser: Ja, absolut. Und da kommen wir schon eigentlich zu meinem, ich glaube, dann auch fünften Punkt. Nämlich viel stärker auf die Intuition zu hören. Und das hat sich sicherlich dort auch entwickelt. Intuitiv besser zu spüren, was braucht mein Kind, was brauche ich aber auch gerade. Und das auch im beruflichen Alltag. Weil ich habe gemerkt, wann immer ich beruflich gegen meine Intuition gehandelt habe, war es im Nachhinein falsch. Und ein klassisches Beispiel, was ich vielen bringe, ist bin wirklich eine sehr gute Diagnostikerin und manchmal gibt es aber Interviews, wo ich sage, ich kann es analytisch nicht herleiten, aber bei dieser Person ist irgendwas, irgendeine Unwucht und eigentlich sollte ich die nicht einstellen. Und früher habe ich die Leute dann trotzdem eingestellt und am Nachhinein habe ich mich jedes Mal geärgert, weil es jedes Mal eine Fehleinstellung war. Und heute sage ich, wenn ich dieses starke Bauchgefühl habe, dann ist es auch okay, mich nicht für diese Person zu entscheiden, selbst wenn ich es analytisch nicht belegen kann. Ich habe letztens einen Podcast gehört von der Stefanie Stahl, die gesagt hat, richtig gute Entscheidungen werden zwar analytisch fundiert, aber letzten Endes intuitiv getroffen, weil dieses Erfahrungswissen, das wir haben, Das unterschätzen wir halt. Und das ist heute was, worauf ich ganz stark fuße auf meinem Erfahrungswissen und auf Mustern, die ich kennengelernt habe. Und natürlich muss man das auch immer wieder challengen und hinterfragen. Also das wirklich als Hypothese erst mal betrachten. Aber das ist was, was ich meinem 20-Jährigen mitgeben würde. Hör auf deine Intuition und du hast eine gute Intuition. Und das nimmt viel Stress und gibt Sicherheit.

Joel Kaczmarek: Ja, die Stefanie Stahles ist doch, glaube ich, die hier dieses Thema so groß gemacht hat mit dem, das Kind in dir muss Heimat finden.

Xenia Meuser: Ja, genau. Ist ja vielleicht auch ein ganz passendes Thema dazu.

Joel Kaczmarek: Wenn du das Buch kennst, 50 Sätze, die das Leben leichter machen, von meiner Freundin Karin Kuschik. Nee, kenn ich nicht. Super Buch, dann schenke ich dir mal eins. Ich habe das, glaube ich, schon 20 Mal verschenkt. Karin sagt auch mal, einer der 50 Sätze ist, ich weiß nicht, heißt immer nein. Nein. Und das ist so ganz lustig, weil manchmal kommt man ja an den Punkt so, vielleicht genau wie du es gerade beschrieben hast, so analytisch sitzt du da und denkst, wie ist da alles richtig? Fachlich kann die Person, was ich will, guter Lebenslauf, gut gekleidet, macht einen guten Eindruck, aber irgendwie, ich weiß nicht. Und das heißt dann eigentlich immer nein.

Xenia Meuser: Ja, und ich habe auch angefangen, also Sprache ist ja ein Verräter. Und wenn ich selber eigentlich sage oder andere Leute, dann sage ich immer, und was ist uneigentlich? Weil dahinter steckt irgendwas, was wir manchmal eben noch nicht in unserer, in unserem rationalen Denken haben, aber es ist kein Zufall, dass wir dann eigentlichen oder so oder solche Themen einbauen. Und was ich immer wieder feststelle, wenn ich mit Top-Managern unterwegs bin, dass die diese Verbindung zwischen Ratio und Emotion fast verloren haben, dass die kaum noch Zugang zu ihren Emotionen haben und dass es dann häufig führt, dass sie in Stresssituationen dann so völlig aus der Rolle fallen. Der cholerische Chef oder der, der plötzlich alle überbügelt und einfach entscheidet, weil da irgendwas in ihnen brodelt, zu dem sie aber gar keinen Zugang mehr haben. Und dann passiert es halt einfach. Es passiert mir und ich bin nicht mehr Herr meiner Lage und kann nicht mehr, ich sage mal, bewusst steuern, verhalte ich mich jetzt so oder nicht. Und ich glaube, Leute, die eine gute Intuition haben, sind auch besser in Stresssituationen zu überlegen, ist mein Verhalten jetzt gerade angemessen oder ist es eigentlich unangemessen. Weil die besser zwischen ihren Emotionen und das, was tatsächlich in der Situation ist, unterscheiden können.

Joel Kaczmarek: Das wäre so meine nächste Frage gewesen. Wenn ich mich nicht selber spüre, wenn ich keinen Zugang zu dem habe, was auf der Non-Logik-Ebene ist, wie kommt man da hin? Hast du da ein Toolset für gefunden?

Xenia Meuser: Also ich coache auch und das sind die Leute, die ich häufig zwinge, erstmal zu sagen, wie fühlt sich das, also wenn die mir eine Situation zum Beispiel schreiben, ja, wie hast du dich gefühlt? Und dann kommt, hä, wie gefühlt? Ich sage, ja, geh mal rein. Wie hast du dich gefühlt? Ja, wütend. Okay, wo saß die Wut? Also bewusst auch aufs Körperliche zu lenken, ja. Und die Leute sind dann überrascht, weil sie plötzlich merken, oh ja, meine Wut sitzt hier. Oder meine Wut sitzt im Bauch. Und die, wo es hier sitzt, das sind häufig die, die dann sprachlos sind, die, die es im Bauch sitzt, die explodieren dann irgendwann. Und dann eine Herleitung zu bekommen, dass mein Gefühl körperlich in mir steckt und wenn ich das unterdrücke, dann platzt es halt irgendwann. Und dann im nächsten Schritt auch rauszufinden, woher kommen denn diese Gefühle? Und das sind ja meistens irgendwelche alten Situationen, die da hervorgerufen werden und die wir verwechseln mit der Situation, in der wir uns gerade befinden. Auch interessante Frage, wie alt bist du jetzt gerade, wenn du das zu mir sagst? Oder wen siehst du hier gerade? Sprichst du jetzt eigentlich mit mir oder mit deiner Mutter? Also Welche Personen sitzen eigentlich am Tisch? Das ist auch immer eine schöne Übung. Inneres Team. Wen hast du alles bei dir am Tisch und wer ist eigentlich immer der Lauteste? Und darüber, ich habe gerade bei Top-Managern erlebt, die mögen nicht so rumpsychologisieren. Denen helfen so Modelle, um das greifbarer zu machen. Und das innere Team zum Beispiel ist ein Modell, womit viele, die nicht so die Emotionen für sich spüren und da vielleicht auch ein bisschen Angst vor haben, weil da geht es häufig um Kontrollverlust, die können zum Beispiel mit dem Modell ganz gut leben. Und was auch total gut hilft, sich auf den Stuhl des anderen zu setzen. Okay, du hast mir die Situation beschrieben mit deiner Chefin, jetzt setze ich mal auf ihren Stuhl. Wie würde sie mir die Geschichte erzählen? Und plötzlich passiert da irgendwas. Also dieses auch zu verstehen, wir haben andere Landkarten, interpretieren Dinge anders und so weiter. Aber auch da gilt wieder, habe ich einen Schmerz. Und ich erlebe ganz häufig bei sehr erfolgreichen Managern und ManagerInnen, dass die halt so lange so erfolgreich waren, dass die Angst, da reinzugehen, größer ist als der Schmerz, den sie vielleicht ab und zu erleben. Weil sie sind ja erst mal damit erfolgreich gewesen. Dass das irgendwie mit dem Preis kommt, sei es, dass ich vielleicht privat unglücklich bin oder dass meine Mitarbeiter Angst vor mir haben oder mein Aufsichtsrat mich hasst, keine Ahnung. Also ich glaube, ganz wenigen gelingt es, Mit sich und der Situation im Einklang zu sein.

Joel Kaczmarek: Das ist ja eine gute Einsicht. Der Schmerz ist geringer als die Angst sozusagen, was man verliert, wenn man darauf eingeht, diese Kontrollverluste zu gefährden.

Xenia Meuser: Ja, also ich hatte meinen Kollegen, der hat mich nach fünf Jahren angerufen. Ich war ganz überrascht. Also wir hatten fünf Jahre nicht mehr zusammengearbeitet. Und er sagt, ich komme immer an so einen Punkt, immer wieder das Gleiche in meiner Karriere. und ja, wir haben uns ja nicht so gut verstanden, weil du hast mich ja immer so an ein, zwei Stellen kritisiert, die ich irgendwie nicht nehmen konnte, aber jetzt gib mir doch nochmal Feedback. Und ich war so ein bisschen, boah, nach fünf Jahren und meinte, also jetzt wirklich, ich krame jetzt mal so ein bisschen in meinem Gedächtnis rum. Und dann habe ich ihm so ein paar Sachen benannt, die ich früher gesehen habe, warum ich auch glaube, dass das nicht hilfreich war für ihn und seine Entwicklung als Führungskraft und so weiter. Und dann fragte er mich, würdest du mich denn auch coachen? Also meine Frage ist, willst du überhaupt gecoacht werden? Weil mein Eindruck ist, dass du dich weiterhin von anderen nicht verstanden und nicht gesehen fühlst, aber dass du das Problem eher bei den anderen siehst und nicht bei dir. Und das Coaching bringt ja nur was, wenn du dich verändern möchtest. Und dann habe ich ihn sozusagen nach Hause geschickt und habe gesagt, nimm dir mal drei, vier Wochen rein und fühl mal rein, ob es da überhaupt einen Zugewinn für dich gäbe, wenn du in die Themen reingehen würdest. Und der hat sich nie wieder gemeldet. Und das war auch meine Hypothese. Der hatte immer noch dieses Bild, die anderen sehen mich nur falsch, die interpretieren das falsch. Der wollte sich nicht wirklich verändern. Und das ist ja auch okay. Also ich meine, wir alle handeln aus einem Good Intent, weil wir glauben, dass es für uns gut ist. Und das ist ja auch eine Coping-Strategie, gewisse Themen einfach mal liegen zu lassen und sich vielleicht auch nicht anzuschauen.

Joel Kaczmarek: Und was du beschrieben hast, die Angst vor Kontrollverlust, was sagt denn deine Erfahrung, wenn ich auf die Intuitionsebene gehe, verliere ich denn dann wirklich Kontrolle?

Xenia Meuser: Also nach meiner Erfahrung nicht. Ich habe eher die Kontrolle immer verloren, wenn ich meine Intuition verdrängt habe, weil ich kann das nur auf körperlicher Ebene, das war bei mir wie so ein Zerreißen irgendwie. Also ein ganz großer Druck, ich muss ja jetzt, aber irgendwas im Körper, was sagt, boah, das solltest du jetzt echt nicht tun. Und dieses sich selber Druck machen, die körperliche Reaktion unterdrücken, die hat für mich eher nachher was Bedrohliches gehabt, weil ich gemerkt habe, ich bin in irgendeinem Karussell und merke schon, dass mir das nicht gut tut, aber ich kann dieses Karussell nicht anhalten. Und zu verstehen, warum konnte ich dieses Karussell eigentlich nicht anhalten und was wäre mein Zugewinn, wenn ich es anhalten könnte. Das war zum Beispiel mein Weg, stärker auf meine Intuition zu hören. Und ich hatte eigentlich schon immer eine ganz gute Intuition, aber es gab gewisse Themen und da ging es eigentlich immer, wenn ich mir eine Challenge gesucht hatte, die einen Tick zu groß war und so dieses Gefühl hatte, ich muss das jetzt aber. Ja, das ist meine Verantwortung. Dann kam dieses Thema ganz stark bei mir hoch. Und das für mich zu verstehen, warum nehme ich mir überhaupt solche Challenges, warum habe ich dieses hohe Verantwortungsgefühl, das war mein Weg, da reinzukommen und stärker auf meine Intuition zu hören. Und auch da natürlich wieder Erfahrungswissen, weil ich gelernt habe, wann immer ich es nicht getan habe, war es im Endeffekt doof.

Joel Kaczmarek: Ich habe neulich so einen guten Satz gehört, da sagte eine Coachin über Trauma, da meinte die, Trauma ist verkörperter Schrecken und man kann sowas aber auch nur über den Körper wieder lösen, weil es ist ja verkörpert, das heißt es ist ja nicht vergeistigt, also kannst du eigentlich nur über diese körperliche Ebene gehen. und es ist echt irgendwie ganz interessant, warum wir uns irgendwie aber in der Führungsebene immer so auf das Kopfdenken beschränken, weil…. Genauso wie ich jetzt mit dir über das Thema rede, hatte ich Pip Klöckner im Podcast und dann hat er gesagt, ja, früher habe ich immer gedacht, es sei ganz wichtig, dass man super schnell und super gut denken kann. Dann dachte ich, ah, jetzt kommt, und jetzt weiß ich, dass das Fühlen ist. Dann sagte er nein und was bei ihm aber kam war, und heute weiß ich, es kommt auch auf die Informationen an. Es geht nicht nur um den Prozessor, es geht auch um die Festplatte. Dann saß ich so da und meinte, wo ist für dich Gefühl? Hat er gesagt, Gefühl, so Gutfeeling, das ist für mich geistiges Prozessieren, was der Körper aber noch nicht übersetzt hat. Also das Gehirn hat schon prozessiert, aber es ist nicht ins Bewusstsein reingegangen. Da meinte ich so, ja, aber es gibt ja trotzdem manchmal Feeling. Also du fühlst ja mit Leuten was, du wusstest ja das. Und was ist so deine Hypothese, woran liegt das, dass wir so ein unglaubliches Diktat des Kopfes haben, dass alles, was wir vergeistigen können, belegen, analytisch betrachten, dass es wertvoll ist und alles, was halt nicht so ist, ist irgendwie auch gleichzeitig wertlos?

Xenia Meuser: Das ist echt eine große Frage. Also nur mal ein paar Hypothesen in den Raum geworfen. Ich glaube, das eine ist Erziehung. Da gibt es, ich weiß leider nicht von welchem Professor, echt einen tollen Vortrag, wo er sozusagen erklärt, wie sich neuronale Netze bilden. Und wenn dein Kind eine Süßigkeit nimmt und du schreist es an, dann lernt das Kind, oh, hab was gemacht, soll ich nicht wieder machen, außer ich will angeschrien werden. Und wir sind ja eigentlich Schmerzvermeider sozusagen. Und so bringst du deinem Kind ja ständig bei, was richtig ist und was falsch ist. Also angeblich richtig oder falsch. Wenn du aber jetzt zum Beispiel ein sehr freiheitsliebendes, lautes Kind hast und du sagst dem immer, sei nicht so laut, sei nicht so laut, lernt das, okay, das ist ein Teil meiner Persönlichkeit, der nicht gut und nicht erwünscht ist. Und bis zur Abkopplung dieser Persönlichkeit oder andere gehen in die Revolution und werden dann erst so richtig laut. Aber deswegen glaube ich, viel ist Erziehung und sich mit seinen Kindern, ich sage jetzt mal, auch wirklich auseinanderzusetzen. Und was hat meine Erziehung damit zu tun, wie ich als Mutter bin? Ich hatte gerade ein Gespräch mit meiner Tochter und die sagte so, ja, Mama, wie hast du das geschafft, Dinge, die du an deiner Mutter nicht gut fandst, anders zu machen? Und dann sage ich, das Erste ist, sich klar zu werden, was fand ich eigentlich nicht so gut. Und das Zweite ist, bewusst daran zu arbeiten. Und dann meinte ich zu ihr, das kann aber auch manchmal schief gehen, weil meine Mutter war jetzt nicht besonders fürsorglich. Und ich hatte immer totale Angst, als Mutter nicht fürsorglich genug zu sein. Meine Kinder werben mir heute vor, dass ich zu fürsorglich sei. Also man muss darauf achten, dass das Pendel nicht zu weit auseinanderschwingt. Und um auf deine eigentliche Frage zurückzukommen, neben dem Thema Sozialisierung, also was ist sozusagen anerkannt in der Gesellschaft? Also ich glaube, Eltern, die sehr abhängig davon sind, was das Äußere glaubt, sozialisieren ihre Kinder, glaube ich, strenger so, ignorier mal deine Gefühle oder das, was du gerade fühlst, ist nicht richtig. Also das ist jetzt wahrscheinlich eine wilde Hypothese, wenn Psychologen vielleicht sagen, das ist Schwachsinn, aber das ist so meine Erfahrung. Und ich glaube, dass wir in Deutschland eben im Bildungssystem noch ganz viel auf Kognition setzen, auf Fleiß und Kognition. Also guck dir das an, was meine Kinder auswendig lernen müssen. Da geht es noch wenig, also es fängt ja so ein bisschen an in den Schulen, aber es geht eigentlich wenig um Sozialverhalten. Es geht wenig darum, auszufinden, was ist in dieser Situation gerade, was macht dich wütend, was überfordert dich und so weiter. Genau.

Joel Kaczmarek: Interessant. Was hat es denn eigentlich mit diesem inneren Team auf sich, von dem du eben gesprochen hast?

Xenia Meuser: Das innere Team ist sozusagen die Überlegung, dass wir ja in unserer Persönlichkeit mehrere Facetten haben und sogenannte Stimmen, die zu uns sprechen. Also zum Beispiel Jens Korsen nennt das den Quatschi. Also du sagst, ich mache jetzt einfach eine Weltreise und der Quatschi kommt und sagt, bist du denn verrückt, eine Weltreise und weißt du, was das kostet? Und so hast du halt im inneren Team verschiedene Teile, die dich in einer Situation sozusagen, positiv könnte man sagen, beraten, aber vielleicht auch manchmal begrenzen. Also das kann zum Beispiel der innere Zweifler sein, der immer wieder sagt, oh Joelle, bist du dir wirklich sicher? Das kann aber auch das freudvolle Kind sein, die sagt, ist doch egal, lass uns einfach Quatsch machen, lass uns jetzt echt mal dumme Sachen machen, ich hab da voll Bock drauf. Das kann die strenge Mutter sein, die sagt, oh, wenn du dich so benimmst, ist Mutti aber ganz traurig. Und da mal zu gucken, welche, was sind eigentlich die Hauptstimmen, die mich treiben und die mich vielleicht auch manchmal begrenzen, also dazu führen, dass ich mein Potenzial und das, was ich eigentlich möchte, nicht voll auslebe, ja, also wenn ich eigentlich dieses Joyfulness in mir habe und vielleicht auch deswegen gerne im Job mal kreative, verrückte Dinge machen würde, aber ich habe ganz stark auch diese Stimme, oh sei aber vorsichtig und wenn wir uns nachher nicht ernähren können und so weiter, ja, Die Idee dahinter ist eigentlich zu verstehen, welche Stimme ist in welcher Situation gerade hilfreich und welche Stimme ist vielleicht zu laut und sollte durch jemand anderen am Tisch ab und zu mal unterbrochen oder vielleicht sogar ersetzt werden.

Joel Kaczmarek: Und macht man das dann teilweise, also hast du das in deiner beruflichen Karriere so gemacht, dass man dann das sogar teilweise auf so ein Team übertragen kann, dass du dann sagst, okay, Xenia, ich bin jetzt mal dein Sparringspartner. Ich glaube, dein Quatschi ist hier ein bisschen zu laut gerade. Nimm den mal ein bisschen runter. Oder ist das eher was, was man mit sich selber ausmacht?

Xenia Meuser: Also ich glaube, dass ich das unbewusst in meiner Führungsarbeit schon nutze, aber nicht so, dass ich jetzt sage, also was ich schon, ich finde den Jens Korsen, der hat einfach so ein paar Sprüche, die echt gut sind und ich habe bestimmt schon mal zu einem Mitarbeiter gesagt, okay, wer redet dir denn das gerade ein, wer ist denn da der Quatschi, wenn ich das Gefühl hatte, dass die Leute ihr eigenes Potenzial nicht sehen und ihre Stärke nicht leben. Aber das innere Team, so eins zu eins, habe ich noch nie auf ein Team übertragen. Ich glaube, was schon wichtig ist, wenn du Mitarbeiter führst, auch immer wieder auf diese Ebene zu gehen. Also weil, was ich in meiner beruflichen Erfahrung erlebt habe, ist, dass wir ganz viele Themen postrationalisieren, dass aber ganz viele Entscheidungen eigentlich auf emotionalen Treibern beruhen. Und das kann sein Macht, das kann Angst sein, das kann Wunsch nach Durchsatz sein, ja, es geht gar nicht darum, mache ich das Richtige, Hauptsache ich bestimme, was gemacht wird und ich habe gelernt, wenn du da dein Gegenüber besser lesen kannst und Hypothesen bildest, dann kannst du eine Taktik wählen, deine Themen durchzubekommen, indem du die Treiber des Gegenübers sozusagen bedienst, aber trotzdem versuchst, das aus deiner Sicht Richtige fürs Unternehmen durchzubringen. und deswegen glaube ich, Also so kriege ich häufig kognitive, sehr rationale Menschen, dass ich sage, du solltest dich damit beschäftigen, weil dein Gegenüber hat halt auch Emotionen. Und je besser du die Emotionen vorahnen kannst oder voraussehen kannst, desto besser kannst du deine Taktik sozusagen. Und dann sind die meisten so, oh, Taktik, das klingt interessant. Und das ist ja, glaube ich, immer das, was Geschäftsführer an mir wertgeschätzt haben, dass ich denen häufig für sie irrationales Verhalten von anderen Stakeholdern erklären konnte und dann mit ihnen eine Taktik machen konnte. Das kam ihnen nicht zu nahe, das war nicht zu psychologisch. Aber so, ah, okay, jetzt verstehe ich, warum der sich aus meiner Sicht so unsachlich verhält oder irrational. Und dann lass uns mal eine Taktik bauen. Und das sind auch die Themen, die mir total Spaß machen, weil ich da halt ein ganz gutes Gespür für habe, was ist eigentlich in diesem Raum gerade los.

Joel Kaczmarek: Es ist total lustig. Also zum einen habe ich gerade mal realisiert, es gibt das Wort Postrationalisieren, aber es gibt nicht das Wort Postgefühllisieren oder sowas. Genau. Ist eigentlich ganz interessant, ne? Und wie charmant ironisch ist es eigentlich, dass jemand nicht in der Lage ist, sich selbst zu spüren und da sozusagen zu verstehen, was in ihm vorgeht. Und man macht es ihm schmackhaft, indem man ihm anreizt, zu verstehen, was in anderen vorgeht.

Xenia Meuser: Ja, ja. Ja, weil es ist ja immer einfacher, bei den anderen zu starten, als bei sich selber sozusagen. Also das finde ich auch total spannend. Ich weiß gar nicht, ob das was Deutsches ist, aber ich erlebe häufig so Abwertungen anderer aus eigener Schwäche heraus oder aus Angst, dass andere meine Schwächen erkennen könnten. Und das finde ich zum Beispiel auch total spannend. wenn jemand auch im Team so abwertend unterwegs ist, dann höre ich eigentlich nie auf die Abwertung, sondern ich überlege mir, okay, was ist das Thema, dass er die Person oder sie die Person abwerten muss? Was ist eigentlich das Thema bei der anderen Person? Und das kann auch ein guter Weg sein, Mitarbeitende dazu zu bringen, mal mehr darüber zu reflektieren. Also wie sie so auf das Team schauen, was sie eigentlich für einen Beitrag leisten und was das mit ihren Ängsten und crazy Fantasies zu tun hat sozusagen.

Joel Kaczmarek: Vor allem sind ja manchmal auch die Wege interessant, die da irgendwie hinführen. Also manchmal gibt es Situationen, finde ich, da merkst du, Menschen werden so emotionaler Beifahrer. Also dann sitzt du so da, guckst dich so an und denkst so Bist ja gar nicht mehr im Steuer, du fährst ja jetzt nur noch mit mit deinen Gefühlen, so was ist denn mit dir los? Dann gibt's so Situationen, also ich hab so einen gerade, so einen Manager-Typen im Kopf, der macht jetzt mal so ganz viel über so bitterbösen Sarkasmus und Ironie, also wenn dann mal so stichelnde Witze kommen, dann gibt's so die Aggressiven, die irgendwie alle Leute einfach überfahren und so dominieren wollen, also es ist ganz ulkig, was es da eigentlich so für Technik und Taktiken gibt, ja.

Xenia Meuser: Jeder hat so seine Stressmuster und Coping-Strategien. Und es gibt einen schönen Spruch, Humor ist das letzte Loch, aus dem die Wahrheit pfeift. Also wenn ich Team-Sessions habe und ich merke, die gehen sehr sarkastisch miteinander um, dann nehme ich schon diesen Humor auseinander und sage, was steckt denn dahinter? Und dann, wow, gar nicht. Doch, da steckt immer irgendwas hinter. Und dann hast du plötzlich die Situation, über die gesprochen werden kann. Also es gibt ja auch häufig diese rosa Elefanten im Raum und keiner mag sie ansprechen und der Erste, der sie anspricht, hat Angst, den Kopf zu werfen und so weiter. Und deswegen glaube ich, ist es auch echt gut, sich bei Team-Geschichten Moderatoren zu holen, die eben viel eher den Erlauben haben, solche Themen zu spiegeln. Also ich habe gerade gestern mit einem Geschäftsführer gesprochen, der so eine Team-Session machen möchte und dem habe ich auch empfohlen, hey, holt euch danach jemanden, der euch regelmäßig in euren Führungsmeetings begleitet und spiegelt. Weil so ein Tag Team-Event ist super und dann schreibt man sich ein paar Swots auf, aber danach ist man selten so diszipliniert, sich wieder daran zu bewerten, halten wir eigentlich das, was wir uns vorgenommen haben, ein. Und gerade so Team-Dynamik, Team-Muster, glaube ich, da braucht es häufig einen Externen, der das spiegelt und da reingeht.

Joel Kaczmarek: Abschließende Frage, alles was du gerade beschrieben hast, so dieses in die Intuition kommen, sich selber finden, wo lerne ich sowas oder brauche ich dafür einen Coach? und wenn ich einen Coach brauche, was ist das eigentlich für einer? Weißt du, was ich meine? Also wenn jetzt Menschen zugehört haben und sagen, da packe ich aber mal an, wo mache ich das?

Xenia Meuser: Da gibt es viele Wege. Einmal Feedback von außen sich zu holen, wie nämlich eigentlich andere waren. Also ich finde, das ist häufig ein guter Anfang. Um Klarheit zu kriegen, sind meine Stärken wirklich meine Stärken, werden die von anderen auch so wahrgenommen und meine Schwächen rauszuarbeiten. Und das mache ich am besten, indem ich so Selbstbild, Fremdbild mache. Also wirklich erstmal Feedbacks einholen. Und wenn man selber fehlt so ein bisschen Angst und selber schon sehr kritisch mit sich ist, sollte man vielleicht erstmal von Leuten Feedback einholen, die einem wohlgesonnen sind. Ja, also man muss ja nicht gleich die ganze Keule und Schmerz sofort so. Und dann kann man mit der Zeit mutiger werden, bewusst Leute fragen, die man selber auch blöd findet. So einfach mal umzugucken, wie gucken denn Leute, die so fürchterlich anders sind als ich, auf mich auf. Das ist, glaube ich, ein guter Einstieg. Dann gibt es natürlich 100.000 Bücher, also zum Beispiel die Stefanie Stahl hast du angesprochen, die hat auch so ein Working Book, habe ich auch Leuten schon empfohlen, ja, wo du dich mit deinem inneren Kind beschäftigst. Meine Erfahrung ist jetzt im Business-Alltag, dass ich den meisten Leuten wirklich einen Coach empfehle, also dass ich mit denen rausarbeite, also wenn es Mitarbeiter von mir waren, was ist denn das Thema eigentlich dahinter und dann einen sehr bewussten Coach, der spitze auf das Thema geht, also wenn du jetzt gerade so einen Entwicklungshemmer hast, ja. weil da braucht es häufig wirklich externe Beratung und da helfen Trainings auch nicht so viel, weil du da ja sehr tief auf dich selber zurückgeworfen wirst. Und ich meine, das kann Coaching sein, es gibt Leute, denen würde ich am liebsten sagen, eine Therapie wäre vielleicht auch nicht schlecht, aber das kann man anmaßen. Also es gibt doch diesen Spruch, es ist nie zu spät für eine schöne Kindheit oder glückliche Kindheit. Und ich merke einfach auch, wenn ich in meinen Freundeskreis gucke, Das ist, glaube ich, auch was, was so in der zweiten Lebenshälfte bei vielen einfach nochmal hochkommt. Bei mir kam es früher, weil ich halt so naiv in diese Coaching-Ausbildung gegangen bin. Aber ich glaube, viele fangen an, so mit 40, zweite Lebenshälfte, mal so ein Resümee zu ziehen. Was ist eigentlich gut in meinem Leben? Was ist so, wie ich es mir vorgestellt habe? Was macht mich glücklich? Und auch so ein bisschen davon abzukommen, was waren meine Ziele? Weil wir setzen uns ja häufig zu Zielen und glauben, wir sind dann glücklich. Also bei mir war es zum Beispiel so, ich wurde so erzogen, ich muss ganz schnell Eigentum haben. Und da hatte ich mit 26 mein erstes Haus und fühlte mich nicht glücklicher als vorher. Und ich glaube, diese Erkenntnis, dass Ziele alleine dich nicht glücklich machen, sondern wirklich die Frage, wer bist du eigentlich, als wer warst du gemeint und wie kannst du das ins Leben bringen? Und das klingt jetzt sehr philosophisch, Aber das ist etwas, was aus meiner Erfahrung häufig dann zu Zufriedenheit und Glück führt, was aber natürlich bedeutet, dass du vielleicht auf Dinge verzichten musst, dass du plötzlich merkst, Leute in deinem Umfeld tun dir nicht gut oder der Job ist eigentlich nicht das Richtige. Also dahinter steht immer ein Wort, was natürlich auch einen Preis hat.

Joel Kaczmarek: Für mich klingt das gar nicht mal nur so philosophisch, sondern vor allem nach einem sehr schönen Schlusswort. Von daher, ich habe das sehr genossen und es schreit nach einer Fortsetzung. Also hast du dir das eingebrockt, Xenia?

Xenia Meuser: Sehr gerne, immer wieder. Mit dir macht es sehr viel Spaß, Joel.

Joel Kaczmarek: Likewise. Und dann ganz, ganz herzlichen Dank. Vor allem werde ich natürlich aus der Ferne verfolgen oder vielleicht sogar manchmal aus der aktiven Nähe, was es mit den Hummingblocks bei dir so macht, wie das wird. Wo kommt denn der Name eigentlich her? Das möchte ich zum Abschluss gerne noch wissen.

Xenia Meuser: Ach du, das war eine Mischung. Ich wollte gerne was irgendwie Plastisches, was auch deutlich macht, dass wir einen Bauplan sozusagen für HR haben. Also wir haben ja ein Operating Model, das so zwischen 1000 und 3000 Mitarbeitenden passt, entwickelt, was so aus einzelnen Bausteinen, dass du auch eine gewisse Flexibilität da reinbringst, besteht. Und mein ehemaliger Chef Thomas Vollmüller und der heute auch für mich Mentor ist, der sagte auch nochmal, nee, ihr müsst irgendwas Plastisches, was nachher so ein Brandmark irgendwie wird, ja, für den Mittelstand, so, hast du schon die Blocks irgendwie, ja, so. Und so kamen wir auf Blocks und dann haben wir Building Blocks und so weiter. und meine Partnerin, Stefanie von Elmbach, die hatte irgendwie das Thema Kolibri und das fand ich aber viel zu weiblich, weil unsere Persona ist eher so männlicher Mittelstandsgeschäftsführer, Mitte 40, traditionell eher Engineering-Typ, also Ingenieurswesen, also eher Left Brainy, so. Und dann meinte sie irgendwann, ah ja, mit dem Hummingbird ist echt total schade. Und dann meinte ich, ja, Hummingblocks, das ist es doch. Weil was wir ja reinbringen wollen, also viele HRler haben ja so das Gefühl, sie werden nicht erkannt, sie haben keinen Einfluss, es ist alles so schwer und so. Und was wir sozusagen, wir machen Reframing, zu sagen, hey, du musst die Sprache des Businesses sprechen, du musst deren Probleme verstehen und dann macht es auch wieder Spaß, dann wird es auch wieder leicht. Und das ist dieses Humming, das Schwirrende, Flirrende. Und das sollte HR ja auch sein. Ein bisschen der Social Glue, der dazu führt, dass die Organisation resilient ist, dass die Leute stärkenbasiert das Beste fürs Unternehmen bringen und gleichzeitig dabei Spaß haben. Und so ist Hummingbox entstanden.

Joel Kaczmarek: Guck, bei dir ist es sogar geil, bei einer Namensfindung zuzuhören. Also.

Xenia Meuser: Aber wie gesagt, große Credits an die Steffi, die mich da auch groß gechallenged hat, sozusagen. Sie sind ein gutes Team im Sinne von die Dinge auszubreiten.

Joel Kaczmarek: Sehr gut. Dafür ganz viel Erfolg, so wie für alles andere. und für heute ganz, ganz herzlichen Dank.

Xenia Meuser: Sehr gerne.

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Selbstoptimierung

Diese Folge stammt aus unserem Podcast „5 Dinge mit 20“: Bei [5 Dinge mit 20](https://lnk.to/5Things20) trifft Joël Kaczmarek bekannte, erfolgreiche und interessante Menschen und befragt sie, was ihre 5 Dinge sind, die sie gerne schon mit 20 gewusst hätten. Auf diese Weise leiten diese inspirierenden Personen ihre wesentlichen Learnings und Lebenseinsichten ab und bescheren dir echte Wissensabkürzungen. 💛 Hat dir die Episode gefallen? Dann abonniere „5 Dinge mit 20“ auf Plattformen wie Apple Podcasts oder Spotify. Beachte, dass wir nur ausgewählte Folgen auch auf Digital Kompakt veröffentlichen. Abonniere dort, um Zugang zu mehr und früheren Episoden zu erhalten!